Warum es im höheren Bergland (oft) kälter ist

Ganz naiv gedacht könnte man vielleicht auf die Idee kommen, dass die Temperatur doch mit der Höhe zunehmen muss … schließlich kommt man der Sonne mit dem Aufstieg der Sonne immer näher. Natürlich wird es prinzipiell wärmer, je mehr man dem Himmelsgestirn näherkommt. Die Sonne ist aber 150 000 000 km weit entfernt, während die höchsten Berge eine Höhe von gerade einmal knapp 9 km haben. Man merkt also schnell, dass diese Argumentation sehr an den Haaren herbeigezogen ist. Es gibt noch eine andere Überlegung, bei der erneut die Sonne ins Spiel kommt. Ein Teil der von ihr ausgesendeten kurzwelligen Strahlung erreicht den Erdboden und wird von ihm aufgenommen (absorbiert). Gleichzeitig sendet (emittiert) der Erdboden langwellige Wärmestrahlung aus. Diese Strahlung sorgt für eine Erwärmung der unteren Luftschichten. Vor allem an heißen Sommertagen kann man diese Strahlung sogar als eine Art Flimmern über asphaltierten Straßen erkennen.

Aber ist das der eigentliche Grund dafür, dass die Luft mit der Höhe kälter wird? Würde man dieser Argumentation folgen, dann müsste es auf den Bergen ebenfalls warm werden. Schließlich wird auch dort kurzwellige in langwellige Strahlung umgewandelt. Natürlich hat der beschriebene Prozess einen gewissen Einfluss auf die Temperatur am Erdboden. Wäre dem nicht so, würde es zwischen Tag und Nacht keine Temperaturunterschiede geben. Als Antwort auf die Ausgangsfrage, ist diese Begründung allerdings nicht verwendbar.

Was ist denn nun aber die eigentliche Ursache? Es hat gar nichts mit der Sonne zu tun, sondern mit unserer Atmosphäre und der physikalischen Definition von Temperatur. Die Luft besteht aus kleinen Teilchen, die sich bewegen. Durch die Bewegung kommt es zu Reibung und Zusammenstößen zwischen den Teilchen. Damit wird Wärme erzeugt. Je schneller sich die Teilchen bewegen, desto höher ist demnach die Temperatur.

Nun muss man noch bedenken, dass die Masse an Luft in der Atmosphäre einen gewissen Druck auf uns alle ausübt. Und da liegt die Lösung des Rätsels. Der Druck nimmt nämlich mit der Höhe ab. Dies ist recht verständlich, schließlich lässt man so einige Luftmoleküle unter sich, wenn man auf einen Berg steigt.

Soweit so gut, aber was hat das nun mit der Temperatur zu tun? Ganz einfach: Je mehr Druck ausgeübt wird, desto schneller bewegen sich die Teilchen. Eine schnellere Bewegung führt aber wiederum zu einer höheren Temperatur und damit schließt sich der Kreis. Anschaulich lässt sich dieses Phänomen auch mit einer Luftpumpe nachvollziehen. Wenn man bei einer Luftpumpe drückt, dann wird diese bekanntlich wärmer.

Also: Da der Luftdruck mit der Höhe abnimmt, verlangsamt sich die Teilchenbewegung und damit nimmt die Temperatur ab.

Wer sich allerdings in den vergangenen Tagen auf den Weg gemacht und von den Tälern auf die Berge gestiegen ist, der könnte auf die Idee kommen, dass dies alles gar nicht stimmt. Beispiel am gestrigen Samstag: Das Maximum in Mainz und Wiesbaden lag nur bei 7 Grad Celsius, auf dem Feldberg im Taunus wurden hingegen 10 °C gemessen und auf dem Hoherodskopf im Vogelsberg sogar 12 °C. Dabei handelt es sich um ein Phänomen, das besonders in der kalten Jahreshälfte unter Hochdruckeinfluss auftritt. Man spricht dann von einer Inversionswetterlage, wobei eine Inversion eine Temperaturumkehr mit der Höhe darstellt.

Grundlegend dafür sind zwei Dinge. Da ist zum einen die Absinkbewegung der Luft durch den Hochdruckeinfluss. Wenn Luft absinkt, dann erwärmt sie sich. Diese Erwärmung kann sich aber auf der anderen Seite nicht bis zum Boden durchsetzen. Die Ursache dafür liegt in der schwachen Luftströmung infolge der geringen Luftdruckgegensätze im Zentrum von Hochdruckgebieten. Der Wind hat normalerweise, die Aufgabe die Luft in den bodennahen Schichten (Grenzschicht) mit den höheren Luftschichten zu durchmischen. Fehlt er aber, dann wird die Grenzschicht von den darüber liegenden Luftschichten entkoppelt. Es bleibt also in den untersten 100 Metern kalt und auch die „schwache“ Sonne kann daran im Herbst und Winter nicht viel ändern. Oberhalb der Grenzschicht liegt in der Folge die warme Luft wie ein Deckel auf der schwereren kalten Luft darunter. Leider sammeln sich dadurch bei länger andauernden Hochdruck- und Inversionswetterlage auch zunehmend Schadstoffe, zum Beispiel durch Holzöfen.

Gerade bei austauscharmen Wetterlagen empfiehlt sich also immer ein Aufstieg in höhere Berglagen um der kalten und manchmal stinkenden Luftmasse zu entkommen.

Dipl.-Met. Marcus Beyer

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 31.10.2021

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DWD Warum es im hoeheren Bergland oft kaelter ist

 

 

Unterwegs auf dem globalen Wasserhighway oder: Die thermohaline Zirkulation

Im Thema des Tages vom 20.09.2021 ging es um die sogenannten Kipppunkte unseres Klimasystems, also Schwellenwerte, deren Überschreitung unumkehrbare Veränderungen mit sich bringt. Als einer dieser Kipppunkte wurde die thermohaline Zirkulation genannt, ein globales Strömungssystem des Meerwassers. Es vereint Oberflächenströmungen wie beispielsweise den Golfstrom, der warmes Oberflächenwasser aus dem Golf von Mexiko in den Nordatlantik führt, und entsprechende Bewegungen in der Tiefe.

Entscheidend sind dabei Temperatur und Salzgehalt des Wassers (daher auch der Begriff „thermohalin“), da sie dessen Dichte bestimmen. Diese nimmt ab, je höher die Temperatur bzw. je niedriger der Salzgehalt des Wassers ist. Kühlt das Wasser dagegen ab oder nimmt der Salzgehalt zu, erhöht sich die Dichte des Wassers. Wie für Luft gilt auch für Wasser, dass sich Schichten mit geringerer Dichte über solche mit größerer Dichte schieben bzw. aufsteigen und umgekehrt.

Wenden wir diesen Zusammenhang doch am besten gleich mal an und begeben uns auf eine Reise durch die Weltmeere – beginnend im Nordatlantik. Das mit dem Golfstrom herangeführte Wasser kühlt dort zum einen stark ab (z.B. durch das Überströmen kalter Luftmassen) und besitzt zum anderen durch Verdunstung einen erhöhten Salzgehalt. Bei der Verdunstung geht nämlich nur das Wasser in Wasserdampf über, das Salz aber bleibt zurück. Durch die Kombination aus Abkühlung und „Versalzung“ nimmt die Dichte des Oberflächenwassers im Nordatlantik somit stark zu, welches in der Folge absinkt. Im Anschluss durchquert diese Tiefenströmung den gesamten Atlantik bis sie an dessen Südausgang in den sog. Zirkumpolarstrom mündet. Dabei handelt es sich um eine Strömung, die im Uhrzeigersinn um die Antarktis verläuft.

Über diesen Wirbel gelangt nun ein Teil des Tiefenwassers in den Indischen, ein anderer Teil in den Pazifischen Ozean. Im Pazifik angekommen, wird das Wasser unter allmählicher Erwärmung nordwärts über den Äquator geführt und steigt wieder auf. Als warme Oberflächenströmung geht es nun, getrieben von den Passatwinden, an Indonesien vorbei in den indischen Ozean. Dort „wartet“ bereits ein Teil des nun ebenfalls erwärmten und aufgestiegenen Wassers, das zuvor im Zirkumpolarstrom eine Ausfahrt früher genommen hatte. Zusammen führt die Reise weiter um die Südspitze Afrikas quer durch den Atlantik bis zum Golf von Mexiko und als Golfstrom wieder zurück in den Nordatlantik. Dort endet schließlich das Abenteuer – aber nur für uns. Denn durch die Abkühlung und Verdunstung (höherer Salzgehalt!) des Golfstromwassers sinkt dieses wieder ab und beginnt die lange Reise von neuem.

Das war nun natürlich eine sehr grobe Beschreibung dieser an sich höchst komplexen Zirkulation. Denn nicht nur Salzgehalt und Temperatur, auch Wind und Erddrehung haben einen großen Einfluss auf die Meeresbewegungen (Stichwort Ekman-Transport). Das würde an dieser Stelle allerdings den Rahmen sprengen. Einige erklärende Sätze dazu finden Sie zum Beispiel im Thema des Tages vom 17.10.2020 unter .

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 30.10.2021

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DWD Unterwegs auf dem globalen Wasserhighway oder Die thermohaline Zirkulation

 

Kalte Schale, warmer Kern: Im Auge des Sturms APOLLO

Bereits Anfang dieser Woche waren in den Medien zahlreiche Fotos und Videos von heftigen Überschwemmungen auf Sizilien zu sehen. Straßen in der Hafenstadt Catania verwandelten sich in reißende Flüsse, nachdem dort in nur 48 Stunden die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge (knapp 600 l/qm) gefallen war.

Während sich die Situation in den letzten Tagen etwas entspannte, war diese Beruhigung – man könnte sagen – trügerischer Natur oder „nur die Ruhe vor dem (nächsten) Sturm“. Denn bereits am gestrigen Donnerstag sorgten neue Unwetter auf Sizilien für abermalige heftige Regenfälle mit 100-200 l/qm in 24 Stunden, die noch bis Samstagabend andauern werden.

Der Verursacher ist auf dem Satellitenbild schnell zu erkennen: Südöstlich von Sizilien wirbelt das Tiefdruckgebiet APOLLO, das sich in den kommenden Stunden weiter verstärkt und vor allem von den Medien auch gerne als „Medicane“ bezeichnet wird. Doch wie kam es zu der Sturmbildung und welche Eigenschaften hat dieses tropensturm-ähnliche Tief?

Es war Donnerstagmorgen, als sich ein Höhentief von der „Westwindautobahn“ der mittleren Breiten löste und begann, über dem Mittelmeer östlich von Malta seine Kreise zu ziehen. Da sich mit dem Höhentief Kaltluft über das sehr warme Meereswasser schob, stellte sich ein starker vertikaler Temperaturgradient ein. Diese rasche Temperaturabnahme mit der Höhe ermöglichte vertikale Umlagerungen in Form von Schauern und Gewittern.

Durch die Gewittertätigkeit unter dem sich kaum verlagernden Höhentief wurde und wird die Luft zum einen immer feuchter. Zum anderen wird in dem Gewittersystem Luft von unten nach oben befördert und nach außen weg transportiert, sodass der Luftdruck über der Meeresoberfläche sinkt.

Diese beiden Vorgänge verstärken bereits das Tief – doch es kommt noch ein weiterer Effekt hinzu: Eine geringe vertikale Windscherung. Das bedeutet, dass die Unterschiede zwischen den Windgeschwindigkeiten und -richtungen in verschiedenen Luftschichten nur gering sind. Eine solche geringe vertikale Windscherung hilft, eine gebündelte zirkulare Struktur zu erhalten. Wäre die Windscherung zu stark, würde es den Sturm „zerreißen“ und ihn angreifbar machen für trockenere Luftmassen aus der Umgebung.

So aber können sich die Schauer und Gewitter spiralförmig um das Tief herum anordnen und es nochmals deutlich verstärken. Die immer schneller um den Tiefkern rotierende „Gewitterspirale“ erinnert dabei schon rein optisch an einen tropischen Wirbelsturm. Doch auch thermodynamisch hat das System Ähnlichkeit mit einem tropischen Sturm wie einem Hurrikan: Zum einen lässt sich ein warmer Kern bis in die höheren Troposphärenschichten finden (bedeutet: die Temperatur im Zentrum ist in allen Höhenschichten wärmer als in ihrer Umgebung. Dadurch findet dort Wolkenauflösung statt und es ergibt sich ein wolkenarmes „Auge“). Zum anderen gibt es keine Warm- und Kaltfronten – wie es bei „normalen Tiefs“ der mittleren Breiten der Fall ist.

Bei solchen Tiefdrucksystemen über dem Mittelmeer, die anfangs vor allem außertropische, später zunehmend tropische Eigenschaften aufweisen, wird auch von einem „Medistorm“ (mediterranean tropical storm) gesprochen – oder, vor allem in den Medien, auch von einem „Medicane“ – einer Wortzusammensetzung aus „mediterranean“ und „Hurricane“.

Und wie geht es weiter? APOLLO zieht am morgigen Samstag gen Süden ab und trifft am Sonntagabend bei Bengasi auf die Küste Libyens. Dort sind ebenfalls Sturmböen, Starkregen und hoher Wellengang bis 3 m möglich, nach jetzigem Stand schwächt sich der Sturm jedoch insgesamt ab.

Auch wenn Hochdruckwetter für uns Meteorologen und Wetterberaterinnen normalerweise eher in die Kategorie „langweilig“ fällt, so ist man in Anbetracht der derzeitigen Bilder aus Sizilien doch ziemlich froh um des ruhigen, warnarmen Wetters hierzulande…

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 29.10.2021

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DWD Kalte Schale warmer Kern Im Auge des Sturms APOLLO

 

Blockierungslagen

Atmosphärisches Blocking ist ein wichtiger Aspekt der Wettervariabilität in den mittleren Breiten und wird häufig mit extremen Wetterlagen wie Hitzewellen und Kälteperioden in Verbindung gebracht. Die physikalischen Prozesse, die an der jeweiligen Blockbildung beteiligt sind, sind noch nicht vollständig verstanden. Die Entstehung und Aufrechterhaltung blockierender Antizyklonen (Hochdruckgebiete) bleibt damit auch weiterhin eine Herausforderung für numerische Wettervorhersagen und Klimamodelle.

Ende September hat das überregionale Forschungsprojekt „Waves To Weather“ einen komplett online-organisierten Workshop veranstaltet, um Spezialisten aus den Bereichen Atmosphären- und Klimawissenschaft zusammenzubringen, den aktuellen Stand der Forschung zu überprüfen und die wichtigsten offenen Fragen zum Thema Blocking zu diskutieren.

Die Themenschwerpunkte dieses Online-Workshops lagen unter anderem auf dem besseren Verständnis der physikalischen Prozesse beim atmosphärischen Blocking, mit besonderem Augenmerk auf der Rolle dynamischer Prozesse bei der Entstehung, Aufrechterhaltung und Auflösung von Blockierungslagen.

Daneben spielten auch so genannte Telekonnektionen (z.B. Fernwirkungen tropischer Phänomene wie ENSO) und externes Forcing bzw. Antriebe (z.B. im Winterhalbjahr Einfluss des jeweiligen Zustands der Stratosphäre und des Stratosphärischen Polarwirbels) auf die Entstehung von Blockings eine größere Rolle.

Viel diskutiert wurde während des Workshops auch über die Modelldarstellung und Vorhersagbarkeit der Blocking-Dynamik durch die numerische Wettervorhersage (Kurz-, Mittel- und Langfristvorhersagen) und der dabei mehr oder weniger berücksichtigten physikalischen Prozesse.

Eine wesentliche Erkenntnis der Diskussionen und Beiträge lief darauf hinaus, dass Blocking ein sehr komplexes Phänomen darstellt, an dem eine Reihe verschiedener Prozesse beteiligt sind. Es gibt nicht nur einen Prozess, der dominiert, sondern von Fall zu Fall eine starke Variabilität der Blocking-Entstehung. Die Wechselwirkungen zwischen Tropen und mittleren Breiten wurden bereits angedeutet, diese wiederum können Einfluss haben auf die Dynamik planetarer Wellen (Amplitude und Wellenlänge) in den mittleren Breiten. Oft äußern sich solche Wechselwirkungen durch polwärts gerichtete Wärme- und Feuchtefllüsse, die ihren Ursprung mitunter in tropischen Oszillationen (Zirkulationen) haben. Beispiele dafür sind neben ENSO auch die Madden-Julian-Oscillation (MJO) oder auch der Indisch-Ozeanische-Dipol (IOD). Oben angedeutete Faktoren sind nichtsdestotrotz nur ein kleiner Ausschnitt aus der Vielzahl der beim Workshop angesprochenen Themen und Forschungsschwerpunkte. Summa summarum wurden bei dem Online-Workshop nahezu 60 Abstracts (Beiträge) von Wissenschaftlern aus allen Teilen der Welt eingereicht, und mit mehr als 170 Teilnehmern war der Workshop ein voller Erfolg.

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 28.10.2021

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Halloween – passendes Gruselwetter?

Am kommenden Sonntag, den 31. Oktober 2021, jährt sich der Reformationstag zum 504. Male. Laut Überlieferung soll Martin Luther im Jahre 1517 am Abend vor Allerheiligen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg seine Thesen zu Ablass- und Bußpraktiken in der Kirche angeschlagen haben. Damit leitete Luther die Reformation der Kirche ein, welche schlussendlich in der Abspaltung der evangelischen von der katholischen Kirche mündete. Im Laufe der Zeit verfestigte sich der 31. Oktober in den reformierten Gebieten als offizieller Gedenktag. In Deutschland ist in den östlichen sowie seit 2018 auch in den nördlichen Bundesländern der Reformationstag ein gesetzlicher Feiertag.

Das auf den Reformationstag folgende Allerheiligen beruht auf einem noch älteren geschichtlichen Hintergrund. Die zunehmende Zahl an Heiligen in der christlichen Kirche bedurfte seit dem 4. Jahrhundert nach Christus eines Tages, an dem aller Heiligen gedacht werden kann. Nach anfänglich wechselnden Tagen im Jahr, wird seit vielen Jahrhundert Allerheiligen am 1. November begangen. In den mehrheitlich katholischen geprägten Bundesländern im Süden und Westen ist Allerheiligen ein gesetzlicher Feiertag. Auf den Abend des Reformationstages und die Nacht auf Allerheiligen fällt schließlich noch das inzwischen weitverbreitete und begangene Volksbrauchtum „Halloween“. Das Wort Halloween ergibt sich durch die Verschmelzung von All Hallow’s Eve, dem Abend vor Allerheiligen. Der Brauch stammt ursprünglich aus dem katholischen Irland und fand über die vielen irischen Einwanderer seinen Weg über den Atlantik in die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Ursprünge des Halloween-Brauchs basieren eher auf keltischen oder vorchristlichen Traditionen. So glaubten die Kelten, dass an diesen Abenden die Grenze zwischen den Welten offen sei und die Toten auf die Erde zurückkommen, um ihre Verwandten zu besuchen. Auch die Sitte, Kürbisse zu verzieren und aufzustellen, hat den Ursprung in Irland. Die Kürbisse mit ihren Fratzen sollten böse Geister abschrecken und im Eingangsbereich der Häuser etwas Licht spenden. In Nordamerika entwickelte sich Halloween im Laufe der Zeit zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Auch in Mitteleuropa und in Deutschland wird seit gut 20 Jahren zunehmend Halloween gefeiert – Kommerzialisierung inklusive.

Am Sonntagabend ziehen also wieder Kinder und Jugendliche in Hexen-, Vampir- oder Skelettkostümen um die Häuser, klingeln mit dem Spruch „Süßes oder Saures“ an Haustüren und fordern Süßigkeiten dafür, keine Streiche zu verüben. Ob nun um die Häuser ziehend oder die älteren Semester auf dem Weg zur Gruselparty, so sind doch alle auch vom Wetter abhängig. Wie sehen die Prognosen derzeit aus?

Das Bundesgebiet liegt am Sonntag vorderseitig eines kräftigeren Tiefs über den Britischen Inseln in einer südlichen bis südwestlichen Strömung. Jenes Tief führt vermehrt mehrschichtige Bewölkung in die westlichen und südwestlichen Landesteile. Die genaue Position des aufkommenden Niederschlagsgebietes ist zwischen den Modellen derzeit noch strittig. Mit Einbruch der Nacht, die durch die Zeitumstellung von Samstag auf Sonntag nun noch schneller erfolgt, dürfte zwischen Baden-Württemberg und dem westlichen Niedersachsen jedoch anfangs nur wenig Regen vom Himmel fallen. Wer allerdings ausdauernder feiern möchte, sollte zum Schutze seiner kostbaren Kostüme für die zweite Nachthälfte einen Regenschirm einpacken, denn die Niederschläge werden sich intensivieren. Außerdem sollten Hüte oder Perücken gut fixiert werden, denn der Süd- bis Südwestwind lebt spürbar auf und bringt teils starke Böen, im höheren Bergland auch stürmische Böen. Die Osthälfte merkt von alldem noch nicht allzu viel. Hier sind in den Abend- und Nachtstunden meist nur hohe und mittelhohe Wolkenfelder unterwegs. Zwischendurch könnten für die bessere Halloweenstimmung bei größeren Wolkenlücken zeitweise auch mal die Sterne hindurchfunkeln.

Unter oder über das Kostüm muss bei milden Abendwerten zwischen 11 und 16 Grad nicht zwingend zum dicksten Pullover gegriffen werden. Nur entlang der östlichen Mittelgebirge ist es mit 8 bis 12 Grad etwas frischer. Wer jedoch etwas länger auf den Halloweenpartys verweilt, sollte dennoch eine (dickere) Jacke einstecken. Bis zum Morgen geht die Temperatur auf 3 Grad am Bayerischen Wald und 11 Grad am Niederrhein zurück.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 27.10.2021

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DWD Halloween passendes Gruselwetter

Quo vadis Klima?

Eine der aktuell drängendsten Fragestellungen lautet: Wie schaffen wir es als Individuum, als Familie, Gemeinde, Land und natürlich auch als Weltgemeinschaft uns so zu verhalten und eben auch umzustellen, dass wir die Welt in der wir leben nicht immer weiter ausbeuten und belasten?

Zu dieser Welt gehört auch die uns umhüllende Atmosphäre, das Kernthema der Meteorologie und ein wesentlicher Bestandteil des Erdklimas. Ohne Atmosphäre wäre ein Leben auf der Erde nicht möglich. Sie gleicht unter anderem Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht aus und schützt das Leben auf der Erde vor schädlicher UV-Strahlung oder reduziert sie zumindest.

Die Erdatmosphäre gerät durch die menschlichen Aktivitäten seit Beginn der Industrialisierung ab der Mitte des 18. Jahrhunderts mehr und mehr in ein Ungleichgewicht hinsichtlich ihrer zumeist gasförmigen Bestandteile. Die sogenannten Treibhausgase wie Wasserdampf, aber vor allem auch Kohlendioxid, Methan oder Stickoxide (Lachgas), die das Leben auf der Erde erst ermöglichen, sammeln sich durch unsere Aktivitäten in Industrie, Landwirtschaft und unserem alltäglichen Leben (Heizen, Verkehr, usw.) zunehmend an. Das hat Auswirkungen auf das gesamte Erdklima und das Leben auf der Erde. Dieser anthropogene, menschengemachte Klimawandel ist wissenschaftlich klar belegt und unumstritten und die Auswirkungen sehen wir immer wieder in zunehmend extremen Hitzewellen und langen Dürreperioden, aber auch in schmelzenden Gletschern, einem Anstieg des Meeresspiegels oder auch gehäuft auftretenden, extremen Regenfällen.

Ein Weg aus dieser Klimakrise kann nur als gemeinschaftliche Anstrengung der Weltgemeinschaft gelingen. Deshalb stehen (endlich) mal wieder Verhandlungen auf politischer Ebene an. Im Rahmen der 26. UN-Klimakonferenz (COP26, COP=Conference of the Parties, die vom 31. Oktober bis zum 12. November 2021 im schottischen Glasgow stattfindet, soll über Klimaschutzmaßnahmen der Staatengemeinschaft verhandelt werden. Wie kann die Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau realisiert werden? Dieses 2-Grad- oder eigentlich 1,5-Grad-Ziel stammt aus dem Weltklimaabkommen von Paris, das im Rahmen der COP21 in Paris im Jahr 2015 verhandelt wurde.

Wie dringend deutlich größere Anstrengungen zur Reduktion der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre sind, zeigt sich auch in der Veröffentlichung des Treibhausgas-Bulletins der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) von gestern. Demnach hat die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre – Kohlendioxid, Methan, Lachgas – im vergangenen Jahr (2020) einen neuen Höchstwert erreicht und das sogar mit einer größeren jährlichen Steigerung als im Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2020. Auch der COVID-19-bedingte ökonomische/industrielle Rückgang der Neu-Emissionen (Ausstoßung) von Treibhausgasen zeigte keinen nennenswerten Effekt in der Treibhausgaskonzentration der Atmosphäre bzw. der Wachstumsrate. Die WMO äußert in ihrem Bericht auch deutlich: „So lange es Emissionen gibt, so lange wird die Temperatur global ansteigen. Aufgrund der Langlebigkeit von Kohlendioxid wird das bereits beobachtete Temperaturniveau einige Jahrzehnte bestehen bleiben, auch wenn die Emissionen sehr schnell auf im Prinzip Null gesenkt werden würden.“ So weit nur ein kleiner Auszug aus dem WMO-Bulletin – lesen lohnt sich… Das Bulletin zeigt aus wissenschaftlicher Sicht die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen auf und kann als Appell an die Teilnehmer des COP26 in Glasgow gesehen werden.

Dipl.-Met. Sabine Krüger

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 26.10.2021

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Schritte aus der Konfusion

Die Namensgebung von Hoch- und Tiefdruckgebieten, wie sie uns täglich in den Wetterberichten aus Funk, Fernsehen und heutzutage auch in den sozialen Medien vorkommen („Hashtag-Kultur“), hat langjährige Tradition. Seit 1954 werden in der Berliner Wetterkarte zur besseren Verfolgung von Druckgebilden diese mit Namen versehen. Initiatorin war die damalige Studentin am Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin, Karla Wege, vielen später als ZDF-Meteorologin am Ende der heute-Sendung bekannt.

Seit 2002 kommen die Namen nicht mehr aus institutseigenen alphabetisch sortierten Listen, sondern aus der Öffentlichkeit: Im Rahmen der Aktion Wetterpate. Dies ist ein Kooperationsprojekt des Vereins Berliner Wetterkarte e.V. mit der Freien Universität Berlin zur finanziellen Unterstützung der studentischen Ausbildung an der Wetter- und Klimastation Berlin-Dahlem, der einzigen Lehrstation, die in das Wettermeldenetz der WMO regelmäßig automatisch erfasste Daten, ergänzt um Augenbeobachtungen schickt. Aus dieser Kombination heraus wird den Studierenden ermöglicht, erlernte Theorie in der Praxis anzuwenden und bereits während des Studiums wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Getauft werden alle Druckgebilde, die in irgendeiner Weise Einfluss auf das Wetter in Mitteleuropa haben. Was bedeutet „Einfluss“? Es sollte der mitteleuropäische Raum entweder im Zirkulationsbereich des Druckgebildes liegen oder Fronten Mitteleuropa überqueren und wetterwirksam sind. Daher werden auch weit entfernte Tiefdruckgebiete zum Beispiel über dem Nordkap, getauft, deren Fronten aber bis nach Deutschland reichen. Auch besondere Wettererscheinungen sowie die zu erwartende Lebensdauer spielen eine Rolle. Basis für die tägliche Taufe sind die Bodenwetterkarte des Deutschen Wetterdienstes in der Analyse von 00 UTC und die Prognose für den Folgetag, 12 UTC, also 36 Stunden später.

Beim Blick über die Landesgrenzen hinaus offenbart sich, dass auch der Norwegische Wetterdienst längst die Namensvergabe – allerdings nur von Stürmen – für sich entdeckt hat. Die tatsächlichen Namenslisten sind anders als bei der Aktion Wetterpate von der Berliner Wetterkarte und FU Berlin im Vorfeld jedoch so geheim, dass erst bei der Taufe versiegelte Kuverts geöffnet werden. Insbesondere mit Aufkommen der sozialen Medien entdeckten auch der Irische (Met Eireann) und Britische Wetterdienst (UKMET) die Vorteile der Namensvergabe von Stürmen. Durch die inhaltliche Verknüpfung von Warnungen mit diesem Namen werden Aufmerksamkeit und Reichweite in der breiten Öffentlichkeit, den zuständigen Behörden sowie beim Katastrophenschutz erhöht beziehungsweise verbessert.

Nun zeigte sich allerdings bis dato in Europa ein ziemlich konfuses Bild, was die Einheitlichkeit betraf. So ist der hierzulande als „CHRISTIAN“ bestens bekannte Orkan vom 28. Oktober 2013, der in Norddeutschland massive Schäden verursacht hat mit Böen jenseits von 120 km/h, auch unter St. Jude’s Storm (Weather Channel), Allan (Dänischer Wetterdienst, DMI), Simone (Schwedischer Wetterdienst, SMHI) und Carmen (Europäisches Sturmzentrum) bekannt.

Um diese Konfusion in Zukunft zu vermeiden, hat man im Rahmen der Vereinigung europäischer Vorhersagemeteorologen (siehe auch www.euroforecaster.org) vor einigen Jahren eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich genau mit diesem Thema beschäftigt. Unter dem Dach des EUMETNET (Netzwerk aus 26 nationalen Wetterwarndiensten in Europa) werden nun bereits vergebene Namen von den anderen kooperierenden Wetterdiensten und auch von der Berliner Wetterkarte/FU Berlin übernommen und erhalten den Zusatz „int.“. International getauft wird allerdings nur dann, wenn es sich um ein großräumiges, schadensträchtiges Tiefdruckgebiet handelt – in erster Linie im Verbund mit schweren Sturmböen oder Orkanböen, im Einzelfall aber auch im Zusammenhang mit ergiebigen Niederschlägen und Überschwemmungen. Letzteres ist vor allem im Mittelmeerraum mehr Regel als Ausnahme.

In der angehängten Beispielgrafik ist das vom Griechischen Wetterdienst (HNMS) benannte Tief „BALLOS“ über dem Ionischen Meer zu sehen, dessen Name in schwarz dazugeplottet ist. Die Regelung für tropische Stürme und Hurrikans bleibt derweil bestehen. Diese behalten ihren vom National Hurricane Center in Florida vergebenen Namen und werden bei der Umwandlung in ein außertropisches Tief (auch bei Relevanz für Mitteleuropa) wie gehabt mit dem Zusatz „EX-“ versehen. Die Taufe von Hochdruckgebieten verbleibt exklusiv bei der Berliner Wetterkarte.

Auch wenn in der aktuell europaweiten, schon sehr lebhaften Sturmsaison 2021/2022 sicherlich noch gewisse Startschwierigkeiten zu erwarten sind, so ist doch unter dem Strich ein hoher Nutzen der gemeinsamen Vereinbarung erkennbar. Wer zukünftig Recherchen betreibt, sollte dann hoffentlich bei nur einem Namen fündig werden. Bleibt zu hoffen, dass dies den Auftakt einer weiteren langjährigen Tradition bildet und Europa zumindest auf meteorologischer Ebene wieder mehr miteinander verbindet.

Dipl.-Met. Petra Gebauer, Robert Hausen

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 25.10.2021

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DWD Schritte aus der Konfusion

 

Inversionswetterlage

Das Wort Inversion stammt vom lateinischen inversio und bedeutet Umkehr. In Bezug auf die Atmosphäre heißt das, dass sich die vertikalen Temperaturverhältnisse umkehren. Da der Luftdruck mit der Höhe abnimmt, nimmt normalerweise auch die Temperatur mit der Höhe ab. Bei einer Inversion befindet sich aber eine wärmere Luftschicht über einer kühleren, sodass die Temperatur ab einer bestimmten Höhe vorübergehend wieder ansteigt.

Es gibt verschieden Arten von Inversionen, die sich durch ihre Entstehung unterscheiden: Die häufigste Art von Inversion ist die Boden- oder Strahlungsinversion. Diese ist besonders in klaren Herbst- oder Winternächten ausgeprägt. Der Boden strahlt Wärmestrahlung (Infrarot-Strahlung) ins All ab. Gibt es keine Wolkendecke, die die Abstrahlung blockiert, so kühlen die Erdoberfläche und mit ihr die bodennahen Luftschichten in der Nacht stärker aus. Da kalte Luft eine höhere Dichte als warme Luft hat, oder anders gesagt, da kalte Luft schwerer ist als warme Luft, bleibt die kalte Luft am Boden liegen. Die darüber liegende Luftschicht kühlt weniger stark aus und es entsteht eine schwache Inversion, die als Sperrfläche wirkt. Dadurch wird der Austausch und die Durchmischung mit der darüber liegenden Warmluft unterbunden. Somit können die bodennahen Luftschichten weiter auskühlen und sich die Inversion im Laufe der Nacht weiter verstärken. Dies funktioniert umso besser, je schwächer der Wind ist. Tagsüber reicht im Winterhalbjahr oft die Sonnenstrahlung nicht aus, um die kalten bodennahen Luftschichten soweit zu erwärmen, dass die Inversion beseitigt wird, wodurch sie auch tagsüber erhalten bleibt.

Eine weitere Inversionsart ist die Absinkinversion. In Hochdruckgebieten sinken Luftschichten großflächig von höheren Schichten in tiefere ab. Beim Absinken steigt der Luftdruck und die Luft wird zusammengedrückt. Dadurch erwärmt sich die Luft. Die Temperatur eines Luftpaketes wird umso höher, je weiter es absinkt. Dadurch verändert sich die Temperaturschichtung mit der Höhe. Besonders im Winter bildet sich dann oft ein scharfer Temperaturgradient mit warmer und sehr trockener Luft in der Höhe und kühlerer feuchterer Luft am Boden.

Die letzte Inversionsart ist die Aufgleitinversion. Hier wird in höheren Luftschichten warme Luft herangeführt, die auf eine kalte, schwerere bodennahe Luftschicht aufgleitet. Dies ist vorwiegend bei winterlichen Warmfronten häufiger der Fall. Nicht selten entsteht dann in der höhenwarmen Schicht Regen, der in die darunterliegende Kaltluftschicht fällt. Liegt die Temperatur dabei am Boden unter 0 °C, so führt dies zu Glatteis.

Durch Inversionen wird der vertikale Luftaustausch unterbunden. Feuchtigkeit und Abgase sammeln sich unter der Inversionsschicht in der bodennahen Kaltluft. Häufig bildet sich an der Grenze zur Warmluftschicht dichter Nebel, aus dem die Berge wie Inseln herausschauen.

Auch aktuell haben wir eine ausgeprägte Inversionswetterlage, wie die Auswertung des Wetterballonaufstiegs von Stuttgart von heute früh in der Abbildung zeigt. Die blaue Kurve zeigt den Temperaturverlauf mit der Höhe. Die grüne gestrichelte kurve ist die Taupunkttemperatur. Das ist diejenige Temperatur, auf die man die Luft abkühlen muss sodass Feuchtesättigung eintritt. Sie ist somit ein Maß für die Luftfeuchtigkeit. Zu erkennen ist eine Bodeninversion mit einer darüber liegenden stark ausgeprägten Absinkinversion, die mit sehr trockener Luft einhergeht und von absinkender Luft durch das aktuelle Hoch über Mitteleuropa verursacht wird. Auch in der kommenden Woche überwiegt das Hochdruckwetter, sodass sich vielerorts wieder eine Inversion bildet oder sich verstärkt. Allerdings führt ein Tiefausläufer am Montag und Dienstag deutlich feuchtere Luft heran, sodass die Nebelneigung unter der Inversion deutlich zunimmt. Die Taupunkt- und die Temperaturkurve werden dann recht nahe beieinanderliegen.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.10.2021

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Tag der Bibliotheken

In Zeiten von Wikipedia und Google hat sie fast ausgedient: die Bibliothek oder auch Bücherei. Es gibt sie aber noch in nahezu jeder Stadt. An ca. 9000 Stellen in Deutschland kann man Bücher oder Zeitschriften ausleihen und lesen, sich quasi analog weiterbilden. Einige haben sich inzwischen auf bestimmte Themen spezialisiert. Damit sie nicht ganz in Vergessenheit geraten und auch den jüngeren Generationen im Gedächtnis bleiben, findet seit 1995 jährlich am 24.10. der Tag der Bibliotheken statt.

Auch der Deutsche Wetterdienst hat eine eigene Bibliothek: die Deutsche Meteorologische Bibliothek. Sie ist die größte Spezialbibliothek für Meteorologie in Deutschland und eine der größten und ältesten weltweit. Gegründet wurde sie 1847 als Handbücherei des Königlich Preußischen Meteorologischen Instituts in Berlin, das 1934 in den Reichswetterdienst übergegangen ist. Der Bestand geht zurück bis in die Anfänge der Meteorologie als eigenständige Wissenschaft in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Bibliothek besitzt 20 Inkunabeln (Wiegendrucke), die im Gesamtkatalog der Wiegendrucke verzeichnet sind.

Eine direkte Ausleihe vor Ort ist nur für Wetterdienstangehörige und mit der Bibliothek in enger Kooperation stehenden Institutionen möglich. Andere Interessenten können die Veröffentlichungen im Lesesaal einsehen. Dieser bietet 14 Arbeitsplätze, wovon 5 mit PC und Internetzugang ausgestattet sind. Zu sehen und nachzuschlagen gibt es eine große Auswahl an Standardwerken der Meteorologie und Klimatologie sowie einiger Randgebiete. Außerdem gibt es Zugang zu allen Veröffentlichungen des DWD und etlichen Online-Zeitungen. Diese gibt es inzwischen zu einem großen Teil frei verfügbar im Internet. Eine Übersicht über diese Zeitschriften sowie die Verlinkung finden Sie auf den Webseiten des DWD.

Von Zeit zu Zeit finden im Lesesaal Ausstellungen und Vorträge statt. Aufgrund der Corona-Beschränkungen ist es momentan leider nicht möglich, die Bibliothek zu besuchen. Sie haben aber die Möglichkeit, den deutschen Leihverkehr zu nutzen. Die Fernleihe ist eine kooperative Einrichtung der Bibliotheken, die den Austausch von Publikationen für wissenschaftliche Zwecke ermöglicht. Hierzu wenden Sie sich bitte mit Ihrem Bestellwunsch an Ihre nächstgelegene Bibliothek. Das Bibliothekssiegel des DWD lautet B23. Ausgenommen von Ausleihen sind unter anderem amtliche Gutachten, Atlanten und Bände, die älter als 100 Jahre sind.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.10.2021

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DWD Tag der Bibliotheken

Nach dem Sturm kehrt Ruhe ein

Am gestrigen Donnerstag hielt uns der erste ausgewachsene Herbststurm des Jahres ganz schön in Atem. Ursache war ein kräftiges Sturmtief, das sich von Mittwochabend bis Donnerstagmittag rasch von Cornwall über die Ostfrischen Inseln nach Südschweden verlagerte. Durch die starken Druckunterschiede an der Südwestseite des Tiefs entstand ein ausgeprägtes Sturmfeld, das quer über die Mitte Deutschlands von West nach Ost durchzog. Der Sturm ging bereits am frühen Morgen im Westen los, am Mittag erreichten die stärksten Böen dann den Osten Deutschlands. Fast das gesamte Bundesgebiet wurde ordentlich durchgepustet, eine satirische Online-Platform rief mit Augenzwinkern sogar Personen mit Segelohren dazu auf, das Haus nicht zu verlassen. Nur am unmittelbaren Alpenrand und teils auch im norddeutschen Binnenland ging es etwas ruhiger zu. Im windgeschützten Garmisch-Partenkirchen wehte meist nur ein laues Lüftchen, mit 41 km/h erreichte die stärkste Windböe des Tages gerade einmal Beaufort 6 (starke Böe). Aber auch Itzehoe im sonst so winderprobten Schleswig-Holstein kam mit 47 km/h nicht über Windstärke 6 hinaus.

Im großen Rest des Landes blies allerdings über mehrere Stunden hinweg ein starker Südwestwind, sodass Leute mit Langhaarfrisuren wohl trotz Anwendung von „Drei Wetter Taft“ zerzauste Haare bekamen. Das Diagramm in beigefügter Abbildung bezieht sich auf die maximal gemessenen Böen an DWD-Wetterstationen am gestrigen Donnerstag. Über 80% der Stationen meldeten Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten von mindesten 75 km/h, wobei an 38% der Wetterstationen Sturmböen (Beaufort 9, 75-88 km/h) und an weiteren 28% sogar schwere Sturmböen (Beaufort 10, 89-102 km/h) gemessen wurden. Das sind durchaus beachtliche Werte für einen Sturm zu dieser Jahreszeit.

Doch damit war noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht (von denen in Deutschland wohl auch ein paar zum Opfer fielen). Immerhin rund 11% der Windmasten des DWD-Messnetzes registrierten als Windspitzen sogar orkanartige Böen (Beaufort 11, 103-117km/h). Das betraf bei weitem nicht nur die exponierten Lagen der Mittelgebirge. Vor allem in einem breiten Streifen über der Mitte Deutschlands, ausgehend vom Saarland und dem südlichen Rheinland-Pfalz über Südhessen und Unterfranken bis nach Thüringen, das südliche Sachsen-Anhalt und Sachsen traten schwere Sturmböen und orkanartige Böen vermehrt bis ins Flachland auf (siehe Karte in der Abbildung). So wurden in Trier-Petrisberg 116km/h, in Würzburg 113km/h und in Chemnitz 109km/h gemessen, um nur einige Beispiele zu nennen. Aber auch abseits dieses Hauptsturmfelds kam es vereinzelt zu orkanartigen Böen wie in Wuppertal mit 117km/h.

Immerhin an knapp 4% der DWD-Stationen wurden sogar Orkanböen (Beaufort 12, >118km/h) aufgezeichnet, wobei sich diese mit Ausnahme von Dresden-Klotzsche (119km/h) auf die Kammlagen der Mittelgebirge beschränkten. Spitzenreiter waren hierbei wie so oft der Feldberg im Schwarzwald mit 166km/h und der Brocken mit 151km/h.

Der beachtliche Herbststurm blieb natürlich nicht folgenlos. Große Äste oder ganze Bäume fielen zu Boden und es türmte sich das herabgewehte Herbstlaub am Boden. Straßen waren durch Bäume, umgerissene Straßenschilder und Baugerüste blockiert, teils kippte der Sturm sogar fahrende LKWs um. In manchen Orten fiel zeitweise der Strom aus und auch das obligatorische Bahnchaos lies in einigen Regionen nicht lange auf sich warten.

Nun ist der Sturm aber erstmal vorbei und die Atmosphäre gönnt sich eine gewisse Ruhephase. Am heutigen Freitag weht zwar in der Nordosthälfte nochmals ein ruppiger Wind mit stürmischen Böen, bei kräftigen Schauern sind vereinzelt auch schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. Ab dem Wochenende ist es damit aber vorbei. Hoch „Quedlinburga“ macht sich auf den Weg nach Mitteleuropa. Sie scheint eine recht ruhige und etwas verträumte Zeitgenossin zu sein. Auf der einen Seite sorgt sie für viel Sonnenschein am Wochenende (insbesondere am Sonntag), andererseits aber auch für morgendliche Nebelfelder in den Niederungen, die sich jedoch am Vormittag meist auflösen sollten. Zum Beginn der neuen Woche verabschiedet sich „Quedlinburga“ zwar schon wieder aus Deutschland und zieht weiter nach Osteuropa. Trotzdem geht es in der kommenden Woche wettertechnisch ruhig weiter. Es stellt sich nämlich eine antizyklonale Westlage ein. Wir gelangen damit wieder in eine westliche Strömung, die recht milde Meeresluft zu uns führt. Der Süden profitiert dabei vom nach Norden verschobenen Azorenhoch, welches über eine Hochdruckbrücke Kontakt mit „Quedlinburga“ aufnimmt. Somit kommt zeitweise die Sonne zum Vorschein und Regen ist Mangelware. Der Norden kommt bei dieser Wetterlage meist nicht so gut weg. Dort ziehen immer wieder schwache Frontensysteme mit Wolkenfeldern und zeitweiligem Regen durch. Wind ist aber nur ganz im Norden und insbesondere an den Küsten ein Thema. Der nächste Sturm lässt also erst einmal auf sich warten.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.10.2021

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