Die Orkanserie im Jahre 1990 – Ein Vergleich mit Februar 2022

Seit Ende Januar und bis vor wenigen Tagen erlebten wir mit kurzen Unterbrechungen über dem Nordatlantik und Europa eine sehr ausgeprägte Westwetterlage. Angetrieben von einem starken Jetstream (Starkwindband in etwa 10 Kilometern Höhe) rauschten Tiefs wie am Fließband über Europa hinweg und brachten uns nasses und teils stürmisches Wetter – eine Wetterlage prädestiniert für ausgewachsene Orkane. Ende Januar machte Orkantief NADIA den Anfang und blies im Norden und Nordosten Deutschlands mit Böen zwischen 90 und 100 km/h (Beaufort 9-10), an den Küsten gab es Orkanböen über 120 km/h (Bft 12). Auch im Februar ging es stürmisch weiter. Richtig spektakulär wurde es ab dem 17. Februar, als kurz hintereinander die Orkantiefs YLENIA und ZEYNEP für Furore sorgten. YLENIA fegte mit Böen zwischen 90 und 110 km/h (Bft 10-11) über weite Teile Deutschlands hinweg. An den Küsten, vereinzelt auch im Binnenland, kam es zu Orkanböen über 120 km/h. ZEYNEP suchte vor allem den Norden mit verbreiteten Böen zwischen 100 und 140 km/h heim und bescherte Hamburg die erste „sehr schwere Sturmflut“ seit 2013. ANTONIA komplettierte die Serie mit einem stürmischen Kaltfrontdurchgang in der Nacht zum 21. Februar.

Dem Autor kam dabei die bisher stärkste Orkanserie seit Messbeginn aus dem Jahre 1990 in den Sinn, an die er sich (damals im Kindergartenalter) aber nur noch in wenigen Bruchstücken erinnern kann.

Los ging es auch seinerzeit Ende Januar. Orkantief DARIA zog über die Britischen Inseln, erreichte über der Nordsee einen Kerndruck von etwa 945 hPa und wütete am 25. und 26. Januar vor allem in der Nordwesthälfte Deutschlands und Teilen der Mitte mit verbreiteten Böen zwischen 110 und 150 km/h. Selbst über das Binnenland fegten extreme Orkanböen (z.B. Aachen: 150 km/h, Bückeburg: 154 km/h) hinweg, in Cuxhaven wurden 161 km/h erreicht und auf dem Brocken wurden Böen bis 230 km/h gemessen. 94 Todesopfer in Europa, davon 8 in Deutschland, waren die traurige Bilanz des Orkans.

Bereits am 3. und 4. Februar zog Orkan HERTA als Schnellläufer (kleinräumiges, sehr schnell ziehendes Tief) von der Biskaya über den Ärmelkanal und Niedersachsen zur Ostsee. Südlich dieser Zugbahn fegte ein heftiges Sturmfeld über den Süden, die Mitte und den Osten Deutschlands hinweg. Bis ins Flachland kam es zu Böen zwischen 100 und 130 km/h, die vor allem im Saarland, in Rheinland-Pfalz und Hessen große Schäden hinterließen. Selbst am Main wurden (extreme) Orkanböen gemessen (z.B. Würzburg: 148 km/h, Offenbach: 133 km/h). Sieben Tote und 770 Mio. Euro versicherter Schaden waren die Folge.

Das nächste Orkantief ließ nicht lange auf sich warten. JUDITH brachte am 8. Februar dem Norden, Westen und der Mitte verbreitet Böen zwischen 90 und 120 km/h oder mehr, auf dem Brocken wurden erneut 230 km/h registriert. Am 14. und 15. Februar folgte schließlich Orkan POLLY, dessen Sturmfeld Deutschland mit Ausnahme des Nordostens überquerte. Besonders über den Südwesten und das Alpenvorland zogen Orkanböen (z.B. Stuttgart-Echterdingen: 135 km/h), auf dem Wendelstein wurden 200 km/h erreicht. POLLY hatte im Süden auch heftigen Dauerregen im Gepäck. Es kam zu großflächigen Überschwemmungen sowie einem Hochwasser an Saar, Mosel, Rhein und Donau.

Den fulminanten Höhepunkt dieser Orkanserie bildeten aber die Orkane VIVIAN und WIEBKE zwischen dem 26. Februar und dem 1. März. VIVIAN zog am 26. und 27. Februar als Orkantief von Schottland über die Nordsee nach Schweden, erreichte dort einen Kerndruck von etwa 940 hPa und hatte an der Südseite ein riesiges Sturmfeld im Schlepptau. Durch den Orkan kamen 64 Menschen ums Leben, 15 alleine in Deutschland. Hamburg musste gleich mehrere Sturmfluten verkraften und zahlreiche Karnevalsumzüge mussten abgesagt werden. Nahezu landesweit wurden Böen zwischen 100 und 140 km/h gemessen. Über die Nord- und Ostseeküste traten über mehr als einen Tag lang extreme Orkanböen (z.B. Strucklahnungshörn: 160 km/h) auf, aber selbst im Binnenland wurden vergleichbare Böen erfasst (z.B. Hameln: 152 km/h). Am 27. Februar verlagerte sich das Hauptsturmfeld in den Süden, wo ebenfalls extreme Orkanböen (z.B. Friedrichshafen: 143 km/h) verheerende Schäden anrichteten. Auf dem Wendelstein wurden unglaubliche 265 km/h registriert.

Nach einer nur kurzen Verschnaufpause bildete sich am 28. Februar über der Nordsee ein Randtief, das bis zum 1. März nach Polen zog. WIEBKE war das letzte Orkantief dieser schlimmen Serie. Vor allem im Westen und Süden Deutschlands sowie in den angrenzenden Nachbarländern tobte ein weiterer schwerer Orkan. Böen zwischen 100 und 140 km/h oder mehr verursachten schwere Verwüstungen, der versicherte Schaden in Deutschland betrug wie schon bei Orkan VIVIAN 1,5 Mrd. Euro. Weitere 35 Todesopfer waren zu beklagen. Selbst in den Flussniederungen von Rhein, Ruhr, Main und Donau kam es verbreitet zu Orkanböen (z.B. Essen: 141 km/h, Würzburg: 135 km/h, Ulm: 143 km/h). In Waging am See wurde sogar eine extreme Orkanböe von 155 km/h gemessen; Feldberg (Schwarzwald), Zugspitze und Wendelstein erreichten über 200 km/h.

Wie wir eindrucksvoll erkennen, war die damalige Orkanserie eine ganz andere Hausnummer als jene in diesem Winter. Beiden Wetterperioden gemein war allerdings die stramme Westströmung, die milde und feuchte atlantische Meeresluft zu uns schaufelte, was man auch gut an den Monatsbilanzen festmachen kann. Mit 5,7°C war der Februar 1990 der bisher wärmste seit Messbeginn und mit 100 mm fiel mehr als das Doppelte des durchschnittlichen Monatsniederschlags. Der Februar 2022 war mit 4,4°C ebenfalls viel zu mild und mit rund 80 mm deutlich zu nass. Mit den Werten von 1990 kann er allerdings nicht mithalten, was nochmals die Besonderheit der damaligen Wetterlage unterstreicht. Bleibt zu hoffen, dass wir eine solch verheerende Orkanserie so schnell nicht mehr erleben müssen.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 28.02.2022

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DWD Die Orkanserie im Jahre 1990 Ein Vergleich mit Februar 2022

Hoch „Kai“ lässt den meteorologischen Winter freundlich und trocken ausklingen!

Nach einem grau trüben Jahresbeginn und turbulenten Zeiten im bisherigen Februar meldet sich pünktlich zum Ende des meteorologischen Winters ein Sonnenhoch! Denn Hoch KAI kommt mit Macht von Westen und nistet sich über Mitteleuropa ein. Das schwächelnde Tief BIBI über Nordeuropa hat da kaum etwas entgegenzusetzen und muss den Weg nach Nordwestrussland antreten. Auch dessen Ausläufer sind nur noch wenig zu spüren und streifen allenfalls den äußersten Osten Deutschlands. Da der Schwerpunkt des Hochs aktuell über den Beneluxstaaten bzw. Westdeutschland liegt, kann von Norden jedoch Luft polaren Ursprungs zu uns einsickern.

Doch was bedeuten diese Luftdruckverteilungen und Strömungen beim Wetter?

Durch die schwache nördliche Strömung wird die Luft heute zunächst noch am Erzgebirge und am östlichen Alpenrand gezwungen aufzusteigen, sodass Niederschläge generiert werden. Diese fallen in der kalten Polarluft bis in tiefe Lagen als Schnee, nennenswerte Neuschneemengen sind aber nicht zu erwarten. Zudem könnte der Streifschuss von BIBIs Tiefausläufer im südlichen Brandenburg und Ostsachsen auch abseits der Berge heute noch kurze Schneeschauer bringen. Ansonsten schläft der Wind im direkten Einflussbereich von Hoch KAI von Westen her fast ein und die Luft kann aus größeren Höhen kräftig absinken. Da diese auch sehr trocken ist, bildet sich in den kommenden Tagen entgegen der vergangenen Wintermonate überwiegend keine Hochnebeldecke aus, sodass die Sonne zunächst im Norden und Westen, ab Sonntag nahezu im ganzen Land länger scheinen kann. Nachts ist es verbreitet klar. Einhergehend kann sich die bodennahe Schicht stark auskühlen. Resultierend muss mit leichtem bis mäßigem Frost, über Schnee lokal auch strengem Frost gerechnet werden. Eine gewisse Nebel- und Hochnebelgefahr gibt es dann doch in Teilen Ostdeutschlands, wo die Luft aufgrund des Tiefausläufers inklusive potentieller Niederschläge noch etwas feuchter ist.

Insgesamt überwiegt zum Ende des meteorologischen Winters jedoch der freundliche, wenngleich auch recht kühle Wettercharakter. Die eingeflossene Polarluft kann sich tagsüber nur zögerlich erwärmen. Nachts rauschen die Temperaturen sogar nochmals verbreitet in den leichten bis mäßigen, regional sogar strengen Frostbereich. Einen Hauch von Frühling gibt es bevorzugt im Westen und dort entlang des Rheins oder im Lee der Berge. Bei Höchsttemperaturen zwischen 9 und 13 Grad und Sonnenschein kann man dieses Jahr die „dollen Tage“, sofern diese stattfinden, auch im Freien verbringen. Damit steht das Ende des Februars ganz im Gegensatz zum Rest des letzten Wintermonats. Dieser ist verbreitet viel zu warm und zu nass ausgefallen. Ein Indiz z.B. die Anzahl der Eistage, also die Tage an denen Dauerfrost herrschte. Frost rund um die Uhr gab es demnach allenfalls an 18 Stationen im DWD-Messnetz, die zudem alle in Höhen oberhalb von 700 Metern zu finden sind. Dagegen reihen sich deutlich zu milde Stationen im Vergleich zu den Referenzperioden wie an einer Perlenschnur, sodass der Februar egal welchen Vergleichszeitraum man betrachtet deutlich zu warm ausgefallen ist. Besonders nass war es im Norden des Landes. In Schleswig-Holstein regnete es wiederholt kräftig, sodass dort an zahlreichen Wetterstationen neue Februarrekorde bezüglich des Monatsniederschlags aufgestellt wurden. Entsprechend des vieljährigen Mittels ist teilweise fast die fünffache Regenmenge zu verzeichnen gewesen. Weitere Informationen können Sie in den in den kommenden Tagen folgenden Newslettern und Ausführungen entnehmen.

Das ruhige und vielerorts sonnige Spätwinterwetter soll dank Hoch KAI auch mindestens bis Dienstag, also bis in den meteorologischen Frühling hinein anhalten. Da KAI über Mitteleuropa nur auf der Durchreise ist und sich langsam nach Ost- bzw. Nordosteuropa verlagert, verringert sich zur neuen Woche aber allmählich sein Einfluss. Dabei will er Mittel- und Nordwesteuropa nicht ganz aus den Augen verlieren und schickt einen Ableger zu den Britischen Inseln und der Nordsee. Zwar kann Hoch KAI damit vom Atlantik nachrückende Tiefs blocken, aber deren Einfluss auf West- und Teilen Mitteleuropas kann er nicht ganz verhindern. Schon am Dienstag versucht der Ausläufer eines Tiefs über dem Ostatlantik auf den Nordwesten des Landes überzugreifen. Ob es klappt oder ob es ein Versuch bleibt, kann aus heutiger Sicht noch nicht abschließend prognostiziert werden. Am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag ist es dann das Tief selber, welches nach Osten drängt, aber nur wenig Raum gegen KAI gutmachen kann. Es könnte aber reichen, dass im Westen und Südwesten Deutschlands dicke Wolken mit ersten Niederschlägen aufziehen.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 26.02.2022

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DWD Hoch Kai laesst den meteorologischen Winter freundlich und trocken ausklingen

 

Wetterumstellung in Sicht

Mehrere Stürme hatten West- und Mitteleuropa in den vergangenen Tagen fest im Griff. Seit einigen Wochen herrscht eine Westwetterlage vor, bei der wiederholt Tiefdruckgebiete vom Atlantik kommend in rascher Abfolge über England, die Nordsee und Südskandinavien gezogen sind. Dabei brachten deren Ausläufer besonders im Norden immer wieder Sturm und viel Regen. Im Wesentlichen blieb diese Wetterlage den ganzen Winter über stabil. Kurze Kaltlufteinbrüche wechselten sich mit wärmeren Phasen ab. So wurde es nur in den Alpen und in den Mittelgebirgen winterlich, sonst dominierte vor allem in den tiefen Lagen überwiegend milde Atlantikluft. Hochdruckphasen mit frostigen Nächten sind eine Seltenheit geblieben, sodass der Winter bisher deutlich zu mild ausfällt.

Diese Wetterlage wird sich nun umstellen. Die Kaltfront, die uns gestern mit Sturmböen und Graupelgewittern überquert hat, markiert das vorläufige Ende der Westwetterlage. Rückseitig fließt heute mit nordwestlicher Strömung hochreichend kalte maritime Polarluft ein, in der es zu zahlreichen Schneeregen- und Graupelschauern, mitunter auch zu kurzen Gewittern mit teils stürmischen Böen kommt. Im Bergland und an den Alpen wird es wieder winterlich. Ab dem Wochenende setzt sich dann ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa und Osteuropa fest, dass die West-Ost-Zugbahn der Tiefdruckgebiete blockiert. Deshalb spricht man auch von einer Blockadelage. Im Nordosten hält sich noch längere Zeit hochnebelartige Bewölkung. Ansonsten wird mit einer östlichen Strömung mäßig kalte, aber trockene Kontinentalluft herangeführt. Dadurch gibt es ab dem Wochenende viel Sonnenschein. Da wir an der Westflanke des Hochs liegen, erreicht uns die sibirische Kaltluft allerdings nicht. Abgesehen vom Westen bleiben die Höchstwerte dennoch meist „nur“ im einstelligen Bereich. In den Nächten muss man verbreitet mit leichtem bis mäßigem Frost rechnen. In den Gipfellagen der Mittelgebirge und in den Alpen erwartet uns dann tagsüber herrliches Skiwetter.

Auch zu Beginn der neuen Woche setzt sich das ruhige Hochdruckwetter bei etwas steigenden Temperaturen fort. Am Faschingsdienstag könnte eine schwache Front mit Wolken und etwas Regen das Hochdruckwetter im Nordwesten, am Aschermittwoch auch in den übrigen Landesteilen etwas trüben.

Schaut man in die Ensemblevorhersagen der Wettermodelle, so scheint diese Umstellung der Wetterlage doch nachhaltig zu sein. Ein Großteil rechnet mit dem Fortbestand der blockierenden Hochdruckwetterlage mit frostigen Nächten und tagsüber nur mäßig warmen Temperaturen. Etwas unsicher bleibt noch das Temperaturniveau. Hier könnte in einigen Lösungen kurzzeitig kalte Kontinentalluft bis nach Mitteleuropa vordringen. Auch wenn andere Lösungen eine wärmere Variante bevorzugen, so richtig frühlingshaft warm werden einen die Temperaturen bei mäßigem Ost- bis Nordostwind dann doch nicht vorkommen.

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 25.02.2022

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DWD Wetterumstellung in Sicht

Madagaskar – Von Wirbelstürmen gebeutelt

Madagaskar – der größte Inselstaat Afrikas und die viertgrößte Insel der Welt dürfte vielen wohl als Naturparadies oder aus einem computeranimierten Trickfilm, der sich um eine abenteuerliche Reise von New Yorker Zootieren dreht, bekannt sein. Allerdings ist der paradiesische Eindruck in vielen Bereichen nur Schein. Die Insel gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, mehr als 75% der Bevölkerung leben in extremer Armut. Insbesondere der Süden des Landes kämpft seit Jahren mit einer schweren Hungersnot. Seit 2016 führte das Ausbleiben ausreichender Niederschläge zu der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren. Die Folge waren Ernteausfälle, Staubstürme und Versandung.

Nahezu jedes Jahr wird das Land jedoch auch von tropischen Wirbelstürmen heimgesucht. Nachdem in dieser Zyklon-Saison bereits Ende Januar der tropische Sturm „Ana“ über den Nordteil Madagaskars hinweggezogen ist, folgte Anfang Februar der zweite Sturm „Batsirai“. Dieser traf insbesondere den Südteil der Insel. Beide Stürme forderten Menschenleben! Beide Stürme sorgten für verheerende Schäden! Bei Windgeschwindigkeiten von teils über 200 km/h wurden zahlreiche Häuser zerstört sowie Strommasten und Bäume umgeknickt. Sintflutartige Regenfälle überfluteten darüber hinaus ganze Landstriche, Straßen und Brücken wurden beschädigt. Viele Menschen verloren ihr Zuhause und wurden in Notunterkünften untergebracht. Zu allem Überfluss folgte in der vergangenen Woche ein weiterer tropischer Sturm „Dumanko“, der glücklicherweise jedoch nicht ganz so stark ausfiel wie „Batsirai“. Der Sturm war allerdings in Anbetracht der prekären Lage des Landes eine weitere Herausforderung.

Nun sind Wirbelstürme nicht unbedingt außergewöhnlich für dieses arme Land, herrscht doch von November bis April sommerliche Zyklon-Saison. Dennoch ist es schon bemerkenswert, dass mehrere Wirbelstürme innerhalb kurzer Zeit in Madagaskar auftraten. Bereits nach den ersten drei Stürmen schaffte es das Land nicht aus eigener Kraft, die Aufräumarbeiten und den Wiederaufbau zu schultern. Es fehlte an allem: An Nahrungsmittel, sauberem Trinkwasser, Elektrizität, aber auch an der Infrastruktur, um Hilfsgüter in abgeschnittene Regionen zu verteilen. Entsprechend wurde in der Zwischenzeit um internationale Hilfe gebeten, dem auch das deutsche THW (Technisches Hilfswerk) nachkam und ein Team zur Bedarfsermittlung und Ablaufkoordinierung entsandte.

Als wäre das jedoch nicht schlimm genug für das von den bisherigen Stürmen schwer getroffene Madagaskar, kündigte sich im Laufe der vergangenen Woche ein weiterer tropischer Wirbelsturm „Emnati“ an. Dieser traf am vergangenen Dienstagabend (22.02.2022) als Kategorie-1-Wirbelsturm erneut auf den Südteil der Insel und sorgte zumindest anfangs mit Orkanböen bis 200 km/h und Starkniederschlägen für weitere Verwüstungen. Auf seiner südwestlichen Zugbahn über den Süden Madagaskars schwächte sich „Emnati“ am Mittwoch rasch zu einem tropischen Sturm ab und erreichte am gestrigen Mittwochabend bereits die Straße von Mosambik. Da bereits im Vorfeld über 30.000 Menschen evakuiert wurden, bleibt zu hoffen, dass Nachrichten von Toten auch weiterhin ausbleiben.

Unter dem Thema des Tages finden Sie das Satellitenbild von Dienstagmittag kurz vor dem Landgang von „Emnati“ auf Madagaskar. Darüber hinaus wurden die jeweiligen Zugbahnen von „Ana“, „Batsirai“, „Dumanko“ und „Emnati“ im Bereich Madagaskars skizziert.

Auch die Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes unterstützen in Zusammenarbeit mit dem GMLZ (Gemeinsames Lagezentrum Deutschland) das THW-Team vor Ort auf Madagaskar sowie die WMO (Weltorganisation für Meteorologie) mit Vorhersagen.

MSc.-Met. Sebastian Schappert

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 24.02.2022

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DWD Madagaskar Von Wirbelstuermen gebeutelt

 

Noch ’ne Kaltfront

Die Ruhe nicht vor, sondern nach dem Sturm. Oder besser gesagt: Nach den Stürmen, denn insgesamt gleich drei Sturm- beziehungsweise Orkantiefs hielten das Land in den vergangenen Tagen in Atem. Am heutigen Mittwoch (23.02.2022) hat sich aber nun endlich einmal Zwischenhocheinfluss breitgemacht und sorgt für ein mittlerweile ungewohntes Bild: Die Sonne scheint. Und das nicht zu knapp, denn Hoch „Jannis“ sei Dank bleibt es heute den ganzen Tag vor allem in der Südwesthälfte Deutschlands längere Zeit wolkenfrei.

Aber es wäre auch zu schön gewesen, könnte man dieses Wetter länger genießen. Dem macht aber morgen bereits das nächste Tief einen Strich durch die Rechnung. Dieses zieht von der isländischen See über Schottland vor die norwegische Küste, wo es dann im Laufe des Tages zum Liegen kommt. Dabei erreicht die zugehörige Kaltfront im morgigen Vormittagsverlauf zunächst den Nordwesten und zieht dann bis Mitternacht südostwärts bis an den Alpenrand.

Wie schon die letzten Frontdurchgänge in der Nacht zum Samstag (Tief „Zeynep“) und Montag (Tief „Antonia“) wird auch dieser wieder deutlich spürbar, allerdings trotzdem nicht ganz so heftig bezüglich der erwarteten Windgeschwindigkeiten. Nichtsdestotrotz treten mit der Kaltfront erneut verbreitet Sturmböen mit bis zu 80 km/h auf. Dazu regnet es zeitweise kräftig, wobei die stärksten Niederschläge in Norddeutschland zu erwarten sind. In der zweiten Hälfte der Nacht zum Freitag zieht die Kaltfront dann ostwärts ab.

Rückseitig fließt dann am Freitag polare Meeresluft nach. In der Höhe (1500 Meter) sinken die Temperaturen auf bis zu -6 Grad, sodass es dann in Schauern im Tagesverlauf auch mal kurz bis in tiefe Lagen graupeln oder schneien kann. Auch das ein oder andere kurze Gewitter lässt sich nicht ausschließen. Bezüglich der Temperaturen macht sich die eingeflossene Kaltluft anschließend vor allem nachts bemerkbar. Unter erneut einsetzendem Hochdruckeinfluss zum Wochenende klart es dann auf und die Temperaturen sinken rasch in den Keller. Verbreitet ist dann zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder mit leichtem bis mäßigem und an den Alpen sogar mit strengem Frost zu rechnen.

M.Sc. Felix Dietzsch

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.02.2022

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DWD Noch ne Kaltfront

Ganz schön viel Wasser im Norden

Die Sturm- bzw. Orkantiefs YLENIA, ZEYNEP und ANTONIA waren in der vergangenen Woche und eingangs dieser Woche in aller Munde. Sie brachten, wie bereits in einigen vergangenen Themen des Tages berichtet, verbreitet schwere Sturmböen, teils sogar Orkanböen. Doch auch die Niederschlagsmengen waren nicht gerade zu verachten.

Auswertungen von Stationsdaten sowie von Radardaten haben ergeben, dass innerhalb der letzten Woche vor allem im Nordwesten und Norden des Landes doch erhebliche Niederschlagssummen zusammengekommen sind. Verbreitet fielen dort 60-80 l/qm. In Teilen Schleswig-Holsteins sowie in Ostfriesland prasselten 80-110 l/qm, punktuell auch rund um Rendsburg bis 140 l/qm, vom Himmel. Zur Einordnung muss gesagt werden, dass in diesen Gebieten im gesamten Februar normalerweise nur 40-60 l/qm Niederschlag fallen. Damit lässt sich konstatieren, dass dort teilweise das drei- bis vierfache der Monatssumme bereits innerhalb einer Woche an Niederschlag gefallen ist!

Damit einhergehend sind in Schleswig-Holstein verbreitet die Hochwassermeldestufen überschritten worden. Gebietsweise herrscht großes Hochwasser, vereinzelt sehr großes Hochwasser. Zudem müssen die Deiche überwacht werden, denn stellenweise sickert Wasser durch sie hindurch. Zu einer Verschärfung der Lage haben zusätzlich zu den gefallenen Niederschlägen auch mehrere teils schwere Sturmfluten gesorgt, denn dadurch konnte das Wasser nicht mehr aus dem Binnenland in die Nordsee abfließen und staute sich auf. Demzufolge sind unter anderem oftmals landwirtschaftlich genutzte Flächen überschwemmt.

Im Westen und in der Mitte des Landes kommt es ebenfalls regional zur Überschreitung von Hochwassermeldestufen. Meist handelt es sich jedoch nur um kleine Hochwasser. Die Niederschlagsmengen der vergangenen Woche belaufen sich in den genannten Regionen sowie nördlich von Berlin auf 40-70 l/qm. Vor allem im Bereich der westlichen Mittelgebirge (Bergisches Land, Rothaargebirge, Sauerland), des Harzes sowie rund um den Thüringer Wald fielen in Staulagen 70-100 l/qm, lokal auch bis 140 l/qm.

Im restlichen Deutschland war es in den letzten sieben Tagen ebenfalls nass, doch die Regensummen belaufen sich dort in den meisten Regionen „nur“ auf 20-50 l/qm. Lediglich in den Mittelgebirgen wurde teilweise noch etwas mehr Niederschlag gemessen.

In den kommenden Tagen regnet es zwar zeit- und gebietsweise noch etwas, große Niederschlagsmengen kommen jedoch nicht mehr zusammen. Mehrheitlich werden bis zum Wochenende 5-20 l/qm erwartet. An den Alpen sind 20-40 l/qm möglich. Jedoch fällt dort oftmals Schnee. Da sich im Laufe des Wochenendes Hochdruckeinfluss durchsetzt, bleibt es im weiteren Verlauf bis auf Weiteres niederschlagsfrei. Damit ist also glücklicherweise eine Entspannung der Hochwasserlage im Norden in Sicht.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.02.2022

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Wetterberuhigung in Sicht?!

Die Kaltfront von Sturmtiefkomplex ANTONIA (genauer genommen ANTONIA III) ist in der Früh des heutigen Montags südostwärts abgezogen. Sie griff gestern Nacht etwa zwischen 22 und 23 Uhr auf den Nordwesten des Landes über und kam rasch südostwärts voran. An ihr entwickelte sich ein gut ausgeprägtes Band aus teils kräftigen Schauern und einzelnen Gewittern, in deren Nähe es zu schweren Sturm- bis orkanartigen Böen kam. Beispielsweise meldete Lüdenscheid um 1 Uhr 117 km/h, Chemnitz um 5 Uhr 110 km/h und Roth südlich von Nürnberg um 6 Uhr 113 km/h. Nach 7 Uhr sorgte die Kaltfront im äußersten Südosten Bayerns noch für teilweise schwere Sturm- und orkanartige Böen. Die Station Frasdorf-Greimelberg meldete beispielsweise um 9 Uhr 107 km/h. Die stärksten Böen wurden standesgemäß auf exponierten Berggipfeln registriert. Auf dem Brocken und dem Feldberg im Schwarzwald kam es zu extremen Orkanböen über 140 km/h.

Dazu gab es mancherorts eine ‚weiße Überraschung‘. Oberhalb von 300 bis 400 m konnte sich vorübergehend eine dünne Neuschneedecke ausbilden, in Verbindung mit kräftigeren Schauern kamen teilweise sogar in tiefen Lagen nasse Flocken an.

War’s das jetzt in Sachen Sturm? Nein! Zwar lässt der Wind hinter der Front vorübergehend nach, legt gegen Mittag von Westen her aber bereits wieder zu. Dann kommt Tief ANTONIA I (ältester Teil des Komplexes) nämlich höchstpersönlich vorbei, bzw. zieht von der Nordsee kommend ost- südostwärts über Norddeutschland – allerdings unter Abschwächung. Das bedeutet, dass es zunächst einmal stürmisch bleibt, besonders in der Nähe von Schauern bzw. einzelnen Gewittern, in exponierten Lagen und auf den Bergen sind auch wieder schwere Sturmböen zu erwarten.

Gegen Abend lässt dann der Wind von Westen her aber deutlich nach, im Norden tut er das – mit Herannahen bzw. Überqueren des Tiefkerns – bereits am Nachmittag. Es bleibt zwar auch in der kommenden Nacht noch windig, Sturmböen beschränken sich dann aber zunehmend auf die Hochlagen der Berge und die Nordsee.

Ähnlich sieht’s auch am Dienstag aus. Mit BIBI steht nämlich bereits das nächste Tief in den Startlöchern, allerdings thront es über Island und ist schwächer ausgeprägt als die Vorgänger. Der Wind bleibt also ein Thema, fällt aber deutlich gedämpfter aus als in den vergangenen Tagen und heute. D.h. es wird erneut windig, stürmisch aber nur in höheren Berglagen, an der See und in Alpennähe.

Tja und mit Blick auf den Mittwoch – man glaubt es kaum: Hochdruck! Weiten Teilen des Landes steht ein sehr freundlicher und überwiegend trockener Tag ins Haus, im Osten wird es zwar zumindest bis zum Nachmittag einmal mehr recht windig, im Südwesten dagegen sogar windschwach.

Das ändert sich aber bereits am Donnerstag wieder, wenn der nächste Tiefausläufer von Westen auf Deutschland übergreift und vor allem in der Westhälfte für einen windigen Tag sorgt. Diesen wird es am Freitag unter Tiefdruckeinfluss dann wohl generell in der Nord- und Nordwesthälfte geben, ehe sich nach aktuellem Stand pünktlich zum Wochenende erneut ein Hochdruckgebiet über Deutschland aufbaut. Wie lange es das aber dieses Mal bei uns aushält, ist noch unsicher.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.02.2022

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DWD Wetterberuhigung in Sicht

 

 

 

Einer geht noch…

Nach dem Sturm ist bekanntlich vor dem nächsten Sturm oder ein Sturm- bzw. Orkantief jagt das nächste. So oder so ähnlich kann man wohl die zweite Hälfte der heute zu Ende gehenden Woche zusammenfassen. Den Auftakt machte Orkantief YLENIA, das am Donnerstag aufhorchen ließ. Verbreitet wurden insbesondere entlang einer Kaltfront und einem nachschwenkenden Bodentrog schwere Sturm- bis Orkanböen gemessen. Als wäre das nicht genug gewesen, schlug schon am Freitag Orkantief ZEYNEP vom Atlantik kommend auf den Britischen Inseln auf und zog bis zum Samstagmorgen rasch ins Baltikum. Dessen Sturmfeld erfasste erneut Deutschland und brachte vor allem in der Nordhälfte vielfach Orkanböen um oder über 120 km/h. Hierzulande wurden wohl historische Rekorde nach einer ersten Sichtung kaum übertroffen. Nichtsdestotrotz sorgten beide Ereignisse für einige Behinderungen durch umgestürzte Bäume, umherfliegende Gegenstände oder beschädigte Gebäude. ZEYNEP forderte zudem in Deutschland leider auch drei Menschenleben.

War’s das nun endlich mit Sturm bei uns? – Wer bereits einen Blick auf unsere Warnkarte geworfen hat, wird feststellen: Mitnichten! Auch am heutigen Sonntag und morgigen Montag wird es erneut stürmisch. Doch der Reihe nach.

Alles auf Anfang – zumindest was die alphabetische Benennung des neu folgenden Orkantiefs betrifft. Ein Tief namens ANTONIA zieht bis heute Abend vom Nordatlantik ins Seegebiet nördlich von Schottland. Die korrespondierende Warmfront breitet sich in diesen Stunden schon von West nach Ost unser Land aus und beschert einen ziemlich verregneten Sonntag. Vor allem in den West- und Nordweststaulagen der nördlichen bis zentralen Mittelgebirge schüttet es bis Montag sogar ergiebiger, sodass bis in den Montag hinein bereits Warnungen vor Dauerregen laufen. Nur ganz im Süden bleibt es wohl tagsüber noch trocken, sonst ist das ganze wohl eher Marke „Couchwetter“ statt „Sonntagsspaziergang“. Mit der übergreifenden Warmfront kommt auch kräftige Warmluftadvektion über Südskandinavien und Mitteleuropa auf. Im Zusammenspiel mit positiver Vorticityadvektion wird über dem Skagerrak östlich des eigentlich Kernbereichs von ANTONIA kräftiger Druckfall induziert, sodass sich dort rasch ein Teiltief bildet.

Was heißt das nun konkret für den Wind? Die Drängung der Isobaren (der Linien gleichen Luftdrucks) über Deutschland nimmt wieder zu und dementsprechend frischt auch der Wind wieder auf. Tagsüber werden – mit Ausnahme des Nordostens – starke bis zeitweise stürmische Böen (55 bis 70 km/h), im Bergland bei stabiler Schichtung (geringe Temperaturabnahme mit der Höhe) verbreitet Sturmböen oder schwere Sturmböen (80 bis 100 km/h), in den exponierten Gipfellagen zunehmend wieder orkanartige Böen oder Orkanböen (zwischen 100 und 130 km/h) erreicht.

Die Teiltiefbildung über dem Skagerrak hat auch noch einen anderen Effekt. Sie beschleunigt die Kaltfront ANTONIAs, die am späten Abend auf den Nordwesten Deutschlands übergreift und bis zum Montagmorgen den Südosten des Landes erreicht. Mit Passage der Kaltfront legt der Wind in deren Umfeld vorübergehend noch einmal einen Zahn zu. Sturm- und schwere Sturmböen zwischen 80 bis 100 km/h sind im Bereich der von Nordwest nach Südost ziehenden Kaltfront zu erwarten. Zudem kann es entlang der Kaltfront zu schauerartigen Verstärkungen und einzelnen Gewittern kommen. Dann besteht vereinzelt auch Unwettergefahr durch orkanartige Böen bis 115 km/h. Diese Entwicklung wird auch von der aktuellen Böenvorhersage des hochaufgelösten ICON-D2 Modells unterstützt (siehe beigefügte Abbildungen für die Zeitpunkte 01 und 07 Uhr für Montagnacht). Es ist somit wieder Vorsicht geboten! Herabfallende Äste, umherfliegende Gegenstände oder umstürzende Bäume (welche durch die vorangegangenen Sturmereignisse bereits geschwächt sind) können zur Gefahr werden und örtlich zu neuerlichen Einschränkungen im morgendlichen Berufsverkehr führen.

Der Montag selbst – nun ja – er bleibt stürmisch. Nachdem sich die Kaltfront am Morgen nach Österreich verabschiedet und das obengenannte Teiltief als eigenständiges kräftiges Tief ins Baltikum zieht, nimmt der Wind nur vorübergehend etwas ab. Denn nachfolgend quert das ursprüngliche Tief ANTONIA von der Nordsee kommend nun in Form eines Bodentrogs die Nordhälfte des Landes. In den mittleren und südlichen Landesteilen muss man sich dann wieder vermehrt auf Sturmböen, in exponierten Lagen auch auf schwere Sturmböen einrichten.

M.Sc.-Met. Sebastian Altnau

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 20.02.2022

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DWD Einer geht noch...

 

 

 

Orkan ZEYNEP – Ein regional historisches Naturereignis

Schon am Mittwoch nahm ZEYNEP ihren Ursprung als kleine „Welle“ an der Polarfront über dem zentralen Nordatlantik – zu einem Zeitpunkt, als YLENIA als ausgewachsener Orkan bereits ihr Stelldichein über Westeuropa gab. ZEYNEP profitierte in der Folge von einem gewaltigen Energiereservoir, gespeist aus der Dynamik eines ungewöhnlich starken Jet-Streams (Starkwindfeld in ca. 8 bis 10 km Höhe) und der Wärme der südlich der Polarfront lagernden, sehr feuchten Subtropikluft. Der minimale Luftdruck im Zentrum des Tiefs fiel zwischen Mittwoch- und Freitagabend von rund 1025 Hektopascal auf etwa 965 Hektopascal, also um 30 Hektopascal pro Tag oder mehr als 1 Hektopascal pro Stunde. Damit waren die Bedingungen einer sogenannten „Rapiden Zyklogenese“ (Tiefdruckverstärkung oder -entstehung) erfüllt. Mit ordentlich „Rückenwind“ des Jet-Streams legte ZEYNEP binnen dieser 3 Tage erstaunliche 4000 Kilometer zurück und erreichte zum Höhepunkt ihres stürmischen Daseins am Freitagvormittag Irland und den Süden Großbritanniens. Von dort aus überquerte sie die Nordsee und Dänemark und zog bis zum heutigen Samstagmorgen bereits bis in die mittlere Baltische See weiter.

Am heftigsten wütete der Orkan über dem Süden und Südwesten Englands und in Wales sowie an den Küsten von Nordfrankreich, Belgien und den Niederlanden. Verbreitet traten dort orkanartige Böen und Orkanböen zwischen 110 und 140 km/h (Bft 11 bis 12) auf, teilweise bis weit in das Binnenland und über einige Stunden hinweg. Auf der Isle of Wight, einer der britischen Südküste vorgelagerten Insel, wurde eine Böe von 196 km/h gemessen und damit ein neuer englischer Rekord aufgestellt. Auch wenn es sich dabei um eine extrem exponierte Station handelt und in den anderen Ländern ebenfalls nur punktuell neue Rekordwerte für die höchste Windgeschwindigkeit erreicht wurden, dürfte ZEYNEP in diesen Regionen zu den stärksten Stürmen der jüngeren Vergangenheit angehören.

Und wie sah es in Deutschland aus? zeigt eine Auflistung der stärksten Böen, die im Zuge des Orkans bei uns zwischen Freitagnachmittag und Samstagmorgen registriert wurden. Vor allem Stationen im Norden Deutschlands waren am heftigsten betroffen. Nicht selten lagen die maximalen Windgeschwindigkeiten zwischen 120 und 130, vor allem an der Nordsee stellenweise bei über 140 km/h. Während am Leuchtturm Alte Weser (Niedersachsen) mit 162 km/h eventuell ein neuer Rekord aufgestellt worden sein könnte (Prüfung steht aus), blieben die Böen sonst mehr oder weniger deutlich hinter den Allzeitrekorden zurück. An der Nordsee kann sich vor allem Orkan CHRISTIAN aus dem Oktober 2013 viele Rekorde auf die Fahne schreiben. Aber auch die Orkane ANATOL (1999), VERENA (1993), VIVIAN und DARIA (1990) aus den generell sehr stürmischen 90er-Jahren übertrumpfen ZEYNEP zumindest im Küstenumfeld. Über dem norddeutschen Tiefland bleiben die Orkane QUIMBURGA (1972) und CAPELLA (1976) oft das Maß der Dinge.

Während die Nordhälfte unmittelbar von ZEYNEP’s Sturmfeld beeinflusst wurde, beschränkten sich nennenswerte Böen in der Südhälfte auf die rasch südostwärts schwenkende Kaltfront und fielen meist deutlich geringer aus. Nur punktuell reichte es für Orkanböen wie beispielsweise am Flughafen Frankfurt mit 122 km/h.

Bezogen auf Deutschland war ZEYNEP also „nur“ ein starker, weniger ein historischer Sturm, während sie Teilen Westeuropas wohl durchaus länger als extremes Naturereignis in Erinnerung bleiben wird.

Dipl.-Met. Adrian Leyser

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.02.2022

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DWD Orkan ZEYNEP Ein regional historisches Naturereignis

 

 

Erst ZEYNEP und dann?

Heute Nachmittag erreicht Orkantief ZEYNEP (international EUNICE) mit seinem Sturmfeld Deutschland. Das Tief selbst verlagert sich bis Samstagfrüh dabei rasch von England über Dänemark nach Südschweden. Deutschland liegt damit an Südflanke des Orkantiefs. Daher droht eine ausgewachsene Sturm- bzw. Orkanlage.

Zwei Sturmereignisse sind dabei von großer Relevanz. Zunächst zieht die Kaltfront ZEYNEPs am Nachmittag rasch von den BeNeLux-Staaten über den Westen und die Mitte des Landes südostwärts. Am späten Abend erreicht sie bereits die Alpen. Mit Frontpassage drohen vor allem im Westen und der Mitte kurzzeitig schwere Sturmböen oder orkanartige Böen um 110 km/h aus westlichen Richtungen. Vereinzelt sind Orkanböen um 120 km/h nicht ausgeschlossen. Vor allem im nachmittäglichen Berufsverkehr muss dann mit erheblichen Behinderungen gerechnet werden. Ein großes Problem stellt ebenfalls dar, dass durch die vorangegangenen Stürme viele Bäume bereits in Mitleidenschaft gezogen wurden und somit Äste und Zweige noch viel leichter abbrechen können.

In der Nacht zum Samstag ist dann in der gesamten Nordhälfte mit schwerem Sturm, teils auch Orkan zu rechnen – und das dann auch über mehrere Stunden hinweg. An der Nordseeküste drohen extreme Orkanböen bis 160 km/h Es ist somit absolute Vorsicht geboten! Der Aufenthalt im Freien kann lebensgefährlich sein! Des Weiteren droht eine (schwere) Sturmflut. In der Südhälfte stürmt es in der Nacht zwar ebenfalls, aber bei weitem nicht so heftig. In der zweiten Nachthälfte lässt der Sturm mit Ausnahme des Nordostens nach. An den Alpen können ein paar Zentimeter Schnee fallen.

Am Samstagfrüh drohen im Nordosten dann weitere schwere Sturmböen, das Gröbste ist dann aber erst mal durch. Dennoch bleibt auch der Samstag noch ein sehr windiger Tag und Sturmböen stehen weiterhin auf der Agenda. Nur im Süden und Südwesten weht der Wind etwas schwächer. Am Nachmittag lässt er allgemein vorübergehend etwas nach, bevor er am Samstagabend von Nordwesten erneut auflebt. Außerdem gibt es im Norden immer wieder Regen-, Schnee- und Graupelschauer. Das Ganze wird garniert vom ein oder anderen kurzen Gewitter. An den Alpen schneit es anfangs noch etwas. Sonst scheint häufiger die Sonne und es bleibt meist trocken.

Am Sonntag steht dann „Couchwetter“ auf dem Programm. Stürmisch und nass lauten die Aussichten. In den westlichen und zentralen Mittelgebirgen ist auch Dauerregen möglich. Lediglich am Alpenrand zeigt sich die Sonne des Öfteren.

Zum Start in die neue Woche kommt weiterhin keine Langeweile beim Wetter auf. Es bleibt sehr wechselhaft und teils auch stürmisch. In den höheren Lagen der Mittelgebirge und an den Alpen schneit es immer wieder. Die Unwettergefahr scheint aber erst mal gebannt.

Dipl.-Met. Marcel Schmid

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.02.2022

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