Was uns zu Beginn des neuen Jahres erwartet

Während die USA mit  über die Feiertage einen der heftigsten Schneestürme in den vergangenen 50 Jahren erlebt haben, wird es bei uns zu Silvester für die Jahreszeit außergewöhnlich mild. Doch wie geht es im neuen Jahr weiter? Eines vorweg, die Kälte aus den USA wird nicht zu uns kommen. Dennoch wirkt sie sich auf unser Wetter aus. Die Kaltluft über Kanada und den USA fließt aktuell über Neufundland auf den warmen Atlantik. Dort facht sie die Tiefdruckbildung an. Dies hat zur Folge, dass tiefer Luftdruck auch in höheren Luftschichten ungewöhnlich weit nach Süden ausgreifen kann und sogar die Azoren erreicht. Für gewöhnlich befindet sich dort ein Hochdruckgebiet. Dieses Hoch ist nun nach Osten über das Mittelmeer verschoben. Somit wurde die im  beschriebene Südwestwetterlage, die diese außergewöhnlich milde subtropische Luft heranführt, erst möglich gemacht. Die neusten Modelläufe sagen bis zu 22 Grad am Oberrhein vorher.

Auch das Neujahr beginnt außergewöhnlich mild. Am Oberrhein können nochmals bis zu 20 Grad erreicht werden. Dabei könnte sogar der bisherige Januar-Allzeitrekord von 20,5 Grad in Pidingen aus dem Jahr 2015 übertroffen werden. Dazu gibt es in der Südhälfte viel Sonne. Im Norden und Nordwesten bleibt es bei stürmischen Böen und etwas Regen kühler. Zu Beginn der neuen Woche bringt dann eine Kaltfront Abkühlung. Winterlich wird es dabei allerdings nicht. Allenfalls in den Gipfellagen der Mittelgebirge und in den Alpen könnten ein paar Schneeflocken fallen.

DWD Was uns zu Beginn des neuen Jahres erwartet

Danach wird die Vorhersage deutlich unsicherer. Es zeigt sich jedoch ein Trend Richtung einer zumindest vorübergehenden Hochdrucklage, bei der sich wahrscheinlich insbesondere die höheren Luftschichten wieder deutlich erwärmen. Ob sich die Warmluft auch in den Niederungen richtig durchsetzen kann oder ob es eine Inversionswetterlage mit Nebel und Hochnebel bei mäßig warmen Temperaturen in den Niederungen und mit Sonne und milden Wetter im Bergland gibt, ist noch unsicher.

Doch wann kommt der Winter zurück? Bis zum Ende des seriösen Vorhersagezeitraums am Freitag nächster Woche ist kein Wintereinbruch in Sicht. Im Gegenteil, es bleibt eher mild bis sehr mild.
Um danach noch etwas aus dem „Modellrauschen“ herauszulesen, muss man sich einer besonderen Ensembletechnik bedienen. Die Unsicherheiten bei der Wettervorhersage kann man teilweise umgehen indem ein Wettermodell mehrerer Male mit leicht veränderten Anfangsbedingungen im Rahmen der Messungenauigkeiten gerechnet wird. Man nennt dies dann ein Modellensemble. Spätestens nach 5 bis 7 Tagen gehen die Vorhersagen der Ensemblemitglieder meist deutlich auseinander. Um dann noch gemeinsame Strukturen in der großräumigen Wetterlage zu erkennen, wird eine sogenannte Clusteranalyse gemacht. Dabei werden ähnliche Strukturen in den Ensembles zu jeweils einem Cluster zusammengefasst. Für die weitere Entwicklung deuten die Clusteranalysen entweder auf eine höhenwarme Hochdruckwetterlage oder auf ein erneutes Aufleben einer eher milden Westwetterlage hin. Wobei im letzteren Fall zumindest für das Bergland die Möglichkeit besteht, auf einer Tiefrückseite vorübergehend mal Schnee abzubekommen. Allerdings sind diese Vorhersagen noch etwas mit Vorsicht zu genießen

DWD Was uns zu Beginn des neuen Jahres erwartet

Dipl.-Met. Christian Herold

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.12.2022
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… und für die Jahreszeit (viel) zu mild!

Erinnern Sie sich noch an den letzten Jahreswechsel? Daran, dass Silvester im Norden recht regnerisch war – im Süden dagegen meist trocken? Und dass die Temperaturen auf ein ungewöhnlich hohes Niveau geklettert sind? Wenn Sie sich daran noch erinnern, dann können Sie Ihr Wissen dieses Jahr am 31.12. erneut einsetzen – denn zumindest im Rahmen dieser sehr groben Beschreibung wiederholt sich das Wetter am letzten Tag des Jahres.DWD … und fuer die Jahreszeit viel zu mild

Ein genauerer Blick fördert dann aber doch teils bemerkenswerte Unterschiede zutage. Und dies betrifft vor allem die oben schon dezent angesprochenen Höchsttemperaturen. Die Abbildung eins zeigt für einige ausgewählte Stationen die Temperaturmaxima am 31.12.2021. Der Jahreswechsel 2021 / 2022 war der wärmste seit Beginn der Temperaturmessung in Deutschland. Zwar steckten im Norden wegen des Regens und der dichten Wolken die Maxima in einer Spanne von 10 °C bis 14 °C „fest“ (was ja auch schon sehr mild ist), aber in der Mitte und im Süden war es für die Jahreszeit ungewöhnlich mild, verbreitet mit Temperaturen jenseits der 15 °C-Marke.

Da wir Meteorologen im Winter nicht von „warm“ sprechen, ist „ungewöhnlich mild“ unser Temperatur-Superlativ für die kalte Jahreszeit. Und den werden wir auch am kommenden Samstag wieder bemühen müssen. Denn nach jetzigem Stand werden die bisherigen, oben genannten Rekorde wohl pulverisiert werden.

Dazu werfen wir einen Blick auf die Abbildung zwei. Dort sind die aus zwei verschiedenen Vorhersagemodellen errechneten und anschließend statistisch überarbeiteten Höchstwerte für Silvester angegeben. Bei den Modellen handelt es sich um das „ICON“ des DWD sowie das „IFS“ des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage. Und bei dem, was da zu lesen ist, muss man sich erstmal die Augen reiben. Im Süden Deutschlands sollen die Temperaturen auf über 20 °C klettern, unter Umständen sind bis zu 22 °C möglich. Letzteres würde bedeuten, dass die bisherigen Silvester-Höchstwerte um 5 °C (!!!!) überboten würden. Aber auch in der südlichen Mitte, also etwa in einem Bereich von Magdeburg und dem Ruhrgebiet im Norden bis etwa zum Main im Süden sollen die Höchstwerte 17 °C bis 19 °C erreichen. Das sind selbst in dieser Region Werte, die reichen würden, die bisherigen Maxima zu übertreffen. Bleibt noch der Norden, wo die Temperaturspanne in etwa der o.g. aus dem Jahr 2021 gleicht. Dennoch wäre es vorstellbar, dass zumindest lokal ein Rekord purzelt (der für Hamburg-Neuwiedenthal liegt bei 13,8 °C, der für Bermen bei 13,6 °C, diese beiden Werte stammen ebenfalls aus dem Jahr 2021).

DWD … und fuer die Jahreszeit viel zu mild 1

Es drängt sich förmlich auf, bei dieser Konstellation eher an einen Frühlings-, vielleicht auch an einen kühlen oder mäßig warmen Sommertag zu denken als an Winter. Und es ist eine interessante Frage, ob der Dezember insgesamt – trotz der Kälteperiode zur Monatsmitte – im Vergleich zum vieljährigen Mittel eventuell doch wieder zu warm ausfällt.

Synoptisch betrachtet haben wir die erwarteten hohen Temperaturen einer lebhaften südwestlichen Strömung zu verdanken. Mit ihr werden subtropische Luftmassen nach Mitteleuropa transportiert. Die Abbildung drei wirft einen Blick auf ein Detail der Wettersituation zum Jahreswechsel. Abgebildet sind die Linien gleichen Geopotentials, die sogenannten „Isohypsen“, im 300-hPa-Niveau, also in etwa 9 km Höhe. In dem Bereich, in dem diese sich sehr stark drängen, bildet sich ein kräftiges Starkwindband aus. Seine „Stoßrichtung“ ist die Nordsee sowie Südskandinavien. In der Folge liegen wir auf der Südostseite, also der „warmen“ Seite des Jets. Die Tiefdruckgebiete, die auf der kalten Seite zumindest zeitweise polare Luft anzapfen, schaffen es nicht, die Polarluft bis zu uns zu schieben. Also bleibt es für die Jahreszeit zu mild.

DWD … und fuer die Jahreszeit viel zu mild 2

Trotzdem machen sich die Tiefs bei uns bemerkbar, nämlich mit Regen im Norden und mit einem – abgesehen vom Südosten – stark böigen Wind.

Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Schnee – des einen Freud, des anderen Leid

Da das (bereits wieder) vergangene Weihnachtsfest in unseren Breiten- und Längengraden leider nicht mit Schnee in Verbindung gebracht werden konnte, besteht nunmehr die Möglichkeit, sich anlässlich dieses „Feiertages“ die Fensterscheiben winterlich zu dekorieren, insofern dies nicht bereits längst geschehen ist.
Schnee ist an sich etwas sehr Filigranes, was man beim Basteln schnell feststellen wird. Die größte Faszination für diese sechseckigen Strukturen hatte mit Sicherheit Wilson Bentley, denn sein Lebenswerk bestand aus mehr als 2.400 Fotografien natürlicher Schneekristalle. Die wichtigsten Parameter bei der Entstehung sind Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Ukichiro Nakaya war von der Arbeit Bentleys so fasziniert, dass er sich auch physikalisch mit der Entstehung von Schneekristallen beschäftigte. Demnach lassen sie sich je nach Temperatur in zwei verschiedene Grundformen einteilen: Bis -4 Grad Celsius sowie zwischen -11 und -22 Grad liegen sie als Plättchen vor, ansonsten haben sie die Form von Prismen.
Viele Schneekristalle zusammen bilden eine mehr oder weniger große weiße Masse. In den USA und Japan fiel tatsächlich pünktlich zu Weihnachten Schnee und man hätte sich so schön über weiße Weihnachten freuen können, wenn nicht die tatsächlichen meteorologischen Gegebenheiten gezeigt hätten, dass „Viel“ nicht unbedingt gleich „Gut“ sein muss.

Wie im Thema des Tages vom 22.12.2022  berichtet, gab es in den Tagen vor Weihnachten ein Kaltluftausbruch in Kanada und den USA, der die Great Plains mit extrem kalten Luftmassen mit850 hPa-Temperaturen (Temperaturen in etwa 1,5 km Höhe) von unter -30 Grad Celsius flutete.
Bei Durchzug der arktischen Kaltfront fiel die Temperatur örtlich binnen weniger Minuten um 40 Kelvin. Starke Winde verstärkten die Kälte mit Windchill-Temperaturen von gebietsweise unter -45 Grad Celsius, sodass es innerhalb kürzester Zeit lebensbedrohlich wurde.

DWD Schnee des einen Freud des anderen Leid

An der Vorderseite dieses Kaltluftausbruchs entwickelte sich pünktlich zum Weihnachtsfest rasch ein Wintersturm, der auf den Namen „Elliott“ getauft wurde. Schnell war von einem „Bomben-Zyklon“ die Rede.
Wie im Thema des Tages vom 07.01.2018 erläutert, kann ein Zyklon per Definition NICHT in den USA auftreten, eine Zyklone aber sehr wohl. Weniger „reißerisch“ ist es hierbei, den Begriff der „rapiden Zyklogenese“ zu verwenden, bei dem der Kerndruck binnen von 24 Stunden um mindestens 24h hPa fallen muss, um die Bedingungen einer rapiden Zyklogenese zu erfüllen. Im Fall von „Elliott“ fiel der Kerndruck binnen 24 Stunden um 30 hPa.
Der amerikanische Wetterdienst gab Blizzard-Warnungen heraus. Per Definition müssen hierbei folgende Bedingungen erfüllt sein:
– Windgeschwindigkeiten von wenigstens 56,3 km/h (35 Meilen/Stunde, Bft 7) – heftiger Schneefall und/oder aufgewirbelter Schnee (Schneetreiben) – Sichtweiten unter 400 m (1/4 Meile)
Die Auswirkungen dieser Kälteperiode und des Wintersturms waren immens. Landesweit gab es mehr als 50 Todesopfer. Flächenweise kam es zu Stromausfällen und pünktlich zur Hauptreisewelle kurz vor Weihnachten mussten zahlreiche Flüge gestrichen werden.
Das Umsteigen auf das Auto war allerdings vielerorts keine gute Idee. Insofern ein Ausrücken der Rettungskräfte überhaupt möglich war, konnten diese am Ende viele Menschen nur tot aus ihren Fahrzeugen bergen, die unter Schneeverwehungen verschüttet waren.

So meldete der Flughafen in Buffalo am Eriesee an Heiligabend Schneemengen von 71 cm innerhalb von 48 Stunden. Angefacht durch den Lake-Effekt sollten noch mehr als 25 cm dazukommen, was aufgrund der starken Winde allerdings schwer messbar ist, da sich an manchen Stellen meterhohe Schneeverwehungen bildeten.
Auch auf der anderen Seite des Pazifiks hatte es seit zehn Tagen heftig geschneit. Grund hierfür waren kalte sibirische Luftmassen, die beim Überströmen des vergleichsweise warmen Japanischen Meers viel Feuchtigkeit aufnehmen konnten. Diese trafen dann auf die japanischen Inseln und blieben an deren Hochgebirge hängen. In manchen Regionen gab es binnen 24 Stunden fast einen Meter Neuschnee. Mancherorts wurden Schneemengen gemeldet, die dem Dreifachen dessen entsprechen, was sonst für die Jahreszeit üblich ist. Die Folge waren 17 Todesopfer und Tausende Haushalte ohne Strom.

DWD Schnee des einen Freud des anderen Leid

M.Sc. Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.12.2022
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Das Wetter für die kommenden Tage: Mild, zeitweise nass und windig

Aktuell und auch in den kommenden Tagen herrscht über Südeuropa überwiegend hoher Luftdruck, der für frühlingshaftes und meist trockenes Wetter sorgt. Über Nordeuropa tummeln sich hingegen etliche Tiefdruckgebiete und sie gestalten das Wetter unbeständig und teils sehr windig. Deutschland liegt genau dazwischen und wird mal mehr von den Tiefs, mal vom Hoch profitieren. Dabei hat sich eher eine milde, windige und wechselhafte Wetterlage eingestellt und daran ändert sich in den kommenden Tagen nichts Wesentliches.

DWD Das Wetter fuer die kommenden Tage Mild zeitweise nass und windig

Am zweiten Weihnachtstag ziehen die Tiefausläufer der Tiefdruckgebiete HONGHIA und ISABEL über Deutschland hinweg, dabei wird es eher ungemütlich. Ein kräftiger Südwest- bis Westwind treibt einige Regenwolken übers Land und zum Nachmittag sind hier und da sogar Blitz und Donner möglich. Am längsten trocken und freundlich wird es am östlichen Alpenrand. Dazu wird es mit Höchstwerten zwischen 5 und 10 Grad im Norden und 9 bis 14 Grad im Rest des Landes sehr mild.

In der Nacht zum Dienstag ziehen sich die Regenwolken in die Alpen zurück. Dort sinkt die Schneefallgrenze auf 1000 m ab. Auch an der Nordsee treten noch einzelne Schauer auf, ansonsten klart der Himmel gebietsweise auf. Mit der Kaltfront von Tief HONGHIA fließt einen Schwall kälterer Meeresluft nach Deutschland. Glättegefahr und leichter Frost stehen allerdings eher in den Mittelgebirgen und in den Alpen auf der Agenda. Im Tiefland bleiben die Tiefstwerte meist über dem Gefrierpunkt.

DWD Das Wetter fuer die kommenden Tage Mild zeitweise nass und windig 1

Am Dienstag macht sich vor allem im Süden des Landes das Hoch bemerkbar und sorgt für eine Wetterberuhigung. Es wird mit Höchstwerten zwischen 4 und 9 Grad etwas kühler, wirklich winterlich ist dies aber nicht. Wenigstens zeigt sich die Sonne regional auch mal für längere Zeit. Lediglich im Norden bleiben die Wolken dichter und vor allem an der Nordsee kann es ab und zu etwas regnen.

In der Nacht zum Mittwoch bleibt der Himmel im Süden unter Hochdruckeinfluss zeitweise klar. Dabei sinkt die Temperatur in den Frostbereich zwischen -1 und -6 Grad. Im Westen und Norden erreichen die Ausläufer wahrscheinlich von Tief JANINA bzw. KERSTIN, die aktuell noch über dem Nordatlantik südlich von Grönland liegen, und bringen zeitweise Regen. Unter den dichten Wolken und mit dem stark auffrischenden Südwestwind bleibt es dort frostfrei.

Der weitere Verlauf der Woche steht ganz im Zeichen von mild, wechselhaft und windig. Das gilt mehr für den Norden und die Mitte von Deutschland. Der Süden, speziell die Alpen, kann am längsten von der Nähe des höheren Luftdrucks über Südeuropa profitieren. Solange diese Wetterlage anhält, ein Wintereinbruch ist allgemein bis auf Weiteres nicht in Sicht.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Weihnachten im Klee statt im Schnee

Weihnachten 2022, ach wie wäre das schee (schwäbisch für schön),
endlich mal wieder Weihnachten im Schnee.
Doch leider wird daraus mal wieder nichts,
denn es tanzt keine Schneeflocke vor dem Fenster im Schein des Abendlichts.

Mild, nass und windig lautet die Devise,
nichts ist es dieses Jahr mit weißer Wiese.
Der Weihnachtsmann läuft sich die Füße wund,
durch Pfützen, Matsch und tiefen Untergrund.

Auch wenn die Gicht ihn häufig plagt,
und schon das Alter an ihm nagt,
muss er den Sack voller Geschenke ganz alleine tragen,
doch er will sich nicht beklagen.

Trotz milder Luft und viel zu tun,
will der Weihnachtsmann zwischendurch mal etwas ruhn,
darum kehrt er gerne auch mal ein,
auf Plätzchen und ein Gläschen Wein.

Doch allzu lange kann er nicht bleiben,
selbst wenn der Regen prasselt an die Scheiben.
Raus muss er wieder auf die Gass`,
und dabei wird er ganz schön nass.

Auch Rentier Rudolph ist schon pudelnass,
so macht das Wetter gar kein Spaß,
drum hoffen sie fürs nächste Jahr sehr,
gibt´s Schnee für alle – ohne Gewähr.

Ihnen allen Frohe Weihnachten!

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Auf der Suche nach weißen Weihnachten

Der Definition nach spricht man beim Deutschen Wetterdienst von „weißen Weihnachten“, wenn am 24., 25. und 26. Dezember an einer Wetterstation jeweils mindestens ein Zentimeter Schnee gemessen wird. Dass wir dies in den meisten Teilen Deutschlands auch in diesem Jahr nicht erreichen werden, konnte man bereits in den vergangenen Tagen abschätzen. Nicht einmal die höheren Mittelgebirgsgipfel sind mit Schnee bedeckt. Einzig in den deutschen Alpen findet man ab etwa 1200 bis 1500 Metern eine mehr oder weniger mächtige Schneedecke, die jedoch aufgrund der milden Witterung in den vergangenen Tagen leiden musste. Lediglich ab etwa 2000 Meter kommen dann Schneehöhen von rund 100 cm vor, was jedoch für die Jahreszeit vergleichsweise wenig ist.

Wer seine Hoffnung noch auf einen plötzlichen Wintereinbruch über die Weihnachtsfeiertage setzt, der muss an dieser Stelle leider enttäuscht werden. In vielen Regionen Deutschlands fällt das Weihnachtsfest wieder grau-grün aus. Aber wie sieht es denn in anderen Ländern der Welt aus? Wo gibt es denn die jedes Jahr aufs Neue herbeigesehnten weißen Weihnachten?

Dafür muss man gar nicht so weit weg. Denn insbesondere in den Westalpen gab es in den vergangenen 24 Stunden einiges an Neuschnee. In den Hochlagen der französischen Alpen werden aktuell Schneehöhen von teils über 150 cm angezeigt und im Laufe des Montags (zweiter Weihnachtsfeiertag) ist dort weiterer Neuschnee in Sicht.

DWD Auf der Suche nach weissen Weihnachten

Bereits gestern konnte man an dieser Stelle den Weihnachtsmann auf seiner Reise durch Lappland begleiten (siehe)  Dort sind weiße Weihnachten ebenfalls nicht verwunderlich. Je nach Region liegen dort bereits jetzt schon beträchtliche Schneemengen, die sicherlich zur Abkühlung nach dem an Heiligabend obligatorischen Saunagang beitragen werden. In der Nacht zum Montag wird insbesondere in Teilen Schwedens weiterer Neuschnee erwartet.

Winterlich, aber wenig besinnlich gestaltet sich das Wetter derzeit in den USA. Dort sorgte ein Wintersturm zwar pünktlich zum Weihnachtsfest für Schneefälle, insbesondere in den nördlichen und mittleren Landesteilen. Allerdings ist die Stimmung dort gerade alles andere als gemütlich: Aufgrund massiver Schneefälle und gefährlicher Glätte waren viele Straßen gesperrt, Flüge wurden gestrichen – nicht gerade förderlich für die Reisepläne zum Fest. Flächenweise kam es zu Stromausfällen. Außerdem gab es einen massiven Temperaturabfall. Teilweise sanken die Temperaturen innerhalb von nur 24 Stunden um rund 40 Grad ab, im Südwesten Wyomings wurde ein Temperaturrückgang von 29 Grad in 2 Stunden gemessen. In Montana zeigte das Thermometer lokal bis -50 °C an, zusammen mit dem eisigen Wind lag die gefühlte Temperatur unter -60 °C. Der amerikanische Wetterdienst spricht bereits von einem historischen Ereignis.

Auf der anderen Seite des Pazifiks in Japan werden „unsere“ durchschnittlichen Schneemengen in Deutschland allenfalls müde belächelt. Im sogenannten „Yukiguni„, was übersetzt so viel wie „Schneeland“ bedeutet und im Nordteil der größten japanischen Insel Honshu liegt, fallen in Staulagen über 3700 Zentimeter an Neuschnee pro Jahr! Der Grund: kalte sibirische Luftmassen, die über dem verhältnismäßig warmen Japanischen Meer viel Feuchtigkeit aufnehmen können, treffen auf eine über 3000 Meter hohe Gebirgskette: die japanischen Alpen. Die Schneehöhe kann dort allerdings nicht gemessen werden. Denn wenngleich die schneereichste Region der Erde nach Schneehaubenidylle und einem heftigen Muskelkater für Frau Holle klingt, ist diese Gegend schlichtweg unbewohnbar. Die Station, die dem japanischen Wetterdienst (JMA) nach pro Jahr die höchsten Schneefallmengen misst, steht auf nur 890 Meter im Erholungs- und Badeort Sukayu Onsen im Norden von Honshu. Dort werden 1764 Zentimeter im Jahr an Neuschnee registriert. Zurzeit zeigen sich dort laut den japanischen Kollegen allerdings „nur“ 141 Zentimeter. Vorhersage für die Feiertage: Insbesondere im „Yukiguni“ kann über einen Meter an Neuschnee zusammenkommen! Es geht doch!

Auf der Südhalbkugel herrscht zurzeit hingegen Sommer! An Teilen der brasilianischen Küste beispielsweise trägt man am heutigen Heiligabend zum Barbecue bei Höchstwerten von etwa 30 Grad wahrscheinlich eher luftige Sommerbekleidung. Gebietsweise ziehen dort aber auch kräftige Gewitter mit Starkregen auf.

DWD Auf der Suche nach weissen Weihnachten 1

Im Westen Australiens findet Weihnachten sogar bei schweißtreibenden Temperaturen von über 40 °C statt. Häufig verlegt man dort das Fest dann kurzerhand an den Strand oder Pool. Ironischerweise wird trotzdem hin und wieder ein Weihnachtslied à la „White Christmas“ angestimmt, wobei damit wohl eher die weißen Sandstrände gemeint sein dürften. Damit „Santa Claus“ in seiner dicken, roten Jacke dabei nicht eingeht, sind dort auch Bade- oder Surfshorts salonfähig, der Schlitten samt Rentiere werden des Öfteren auch gegen Wasserskier oder Surfbretter eingetauscht.

Und mit dieser kleinen Weltreise wünschen wir, die Meteorologinnen und Meteorologen aus der Vorhersage- und Beratungszentrale des Deutschen Wetterdienstes, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein ruhiges und gesegnetes Weihnachtsfest.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.12.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg

Blaues Licht umhüllt die eisige Schneelandschaft, als der Weihnachtsmann seine kleine rote Hütte verlässt um die Schlitten zu packen. Die Sonne geht hier in Finnisch Lappland erst in gut 2 Stunden, um kurz nach 11 Uhr, auf – doch die Stunden zuvor, wenn die Sonne einige Grad unterhalb des Horizonts steht, hat er ohnehin am liebsten.

Und so nimmt sich der Weihnachtsmann an diesem Morgen des 23.12. zum wiederholten Male vor, den Begriff „Chappuis-Absorption“ im dicken Enzyklopädie-Wälzer nachzuschlagen, der auf seinem Nachttisch steht. Er möchte den Kindern auf seiner Reise endlich den Grund dafür erklären können, wenn sie ihn wieder Löcher in den Bauch fragen.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg

Die Rentiere sind unruhig. Ob sie wohl merken, dass heute ein besonderer Tag ist? „Vielleicht werden sie mit dem Alter auch nur etwas wetterempfindlicher“, denkt sich der Weihnachtsmann, schließlich hat Tief FRANZISKA heute Nacht Schneefall gebracht und das Thermometer zeigt -12 °C an.
Rudolf, sein treuer Weggefährte, scharrt schon mit den Hufen. Er hat den Schlitten entdeckt und weiß, was das bedeutet: Eine traumhafte Reise durch Schweden (dort gibt es immer so leckere Kanelbullar, warum können die finnischen Zimtschnecken nicht auch so köstlich sein?) und schließlich durch Dänemark, bevor sie morgen früh auf deutsche Gefilde treffen sollten.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 1

Kurze Zeit später geht es los: Leise gleitet der Schlitten durch den Schnee und der morgendliche Trubel ist schnell vergessen. Der Weihnachtsmann hängt seinen Gedanken nach. Ob er auch an alle Geschenke gedacht hat?

Und so vergehen die ersten Stunden wie im Fluge. Immer wenn sich der Weihnachtsmann umdreht, sieht er nichts außer der Spur von Rudolf und seinem Schlitten, die unendliche Weite fasziniert ihn jedes Mal aufs Neue. Inzwischen ist auch die Sonne aufgegangen und lässt den Schnee funkeln und glitzern.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 2

Als das voll bepackte Reiseduo in Schweden ankommt, machen sich die Mägen bemerkbar. Irgendwo hier in Norbotten muss es doch etwas zu essen geben! Für Rudolf wäre sicher Trockenfutter oder eine Suppe nicht schlecht, er selbst hätte große Lust auf einen Elchburger.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 3

Von weitem sieht er ein rotes Häuschen in der Ferne. Zugegeben, etwas verlassen schaut es aus, aber einen Versuch ist es wert. Und tatsächlich: Je näher sie kommen, desto intensiver duftet es nach Zimt und Kaffee. Kaum den Schlitten zum Stehen gebracht, öffnet der Weihnachtsmann quietschend die Tür. „Hejhej“ ruft er freundlich, doch er bekommt keine Antwort. Seine Blicke bleiben am Tisch hängen und er traut seinen Augen nicht: Ein ganzes Blech voller Kanelbullar! Rasch legt er 3 auf einen Teller (2 für ihn und 1 für Rudolf sollten doch okay sein, oder?) und geht zu seinem vierbeinigen Freund.

Schnell stellt er die Köstlichkeiten bei Rudolf ab um noch geschwind „für kleine Weihnachtsmänner“ zu gehen, bevor er sich der wohlverdienten Stärkung widmen wird. Inzwischen hat es wieder leicht angefangen zu schneien. „Zwischen minus 10 und minus 20 Grad müsste es jetzt haben, bei stark übersättigter Luft“, denkt sich der Weihnachtsmann, als er die Schneeflocken beobachtet. Denn dann entstehen diese klassischen Dendriten mit sechs symmetrisch angeordneten Ästen, an denen wiederum feine Ästchen sprießen.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 4

Zurück bei Rudolf bekommt der Weihnachtmann einen Schreck. Rudolf hat sich hingelegt, was er sonst nie macht, und seine Nase ist noch röter als sonst. Mit einem Blick auf den Teller wird ihm klar, was passiert ist: Rudolf hat alle Kanelbullar gegessen! Schnell wird deutlich, dass er so nicht weiterlaufen kann, geschweige denn den Schlitten mit den schweren Geschenken und dem noch schwereren Weihnachtsmann ziehen kann. Was tun? Seine Ohren liefern ihm die Antwort: Hundegebell lässt darauf schließen, dass es hier in der Nähe Hundeschlitten geben muss! Und so kommt es, dass der Weihnachtsmann im Jahr 2022 seine Reise durch Lappland nicht mit Rudolf fortsetzt, sondern mit 7 Alaskan Huskies, die so voller Power stecken, dass der Weihnachtsmann gar nicht weiß, wie er sie bremsen kann. Neben dem Wehmutstropfen, sein geliebtes Rentier mit kugelrundem Bauch nach Hause zu seinen Freunden zu schicken, gibt es noch einen weiteren: Auf dem neuen Gespann muss er nun stehen und kann nicht genüsslich seine Beine hochlegen.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 5

Doch es ist keine Zeit zu verlieren und so steht der Weihnachtsmann Minuten später auf dem Hundeschlitten, die Geschenke im grünen Sack vor ihm, und gleitet durch die eisige Schneelandschaft, die ihn schon seit Kindheitstagen fasziniert. Er fährt über gefrorene Seen, durch tiefverschneite Wälder und hört nichts außer dem Hecheln der Hunde und dem Knirschen des Schnees.

DWD Der Weihnachtsmann macht sich auf den Weg 6

Inzwischen ist es dunkel geworden, er muss schon kurz vor der dänischen Grenze sein. Plötzlich flackert es grünlich am Horizont, als er sich umdreht und nach Norden schaut. Polarlichter! Ein einmaliges Naturschauspiel, wenn Elektronen (seltener auch Protonen) des Sonnenwindes auf Sauerstoffatome treffen und diese daraufhin Licht in bestimmten Wellenlängen emittieren, die den grünlichen Farben entsprechen.

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Der Weihnachtsmann kann sein Glück kaum fassen. „Könnte es noch perfekter sein?“, fragt er sich und streicht sich durch seinen langgewachsenen Bart. „Ja“, denkt er. „Wenn alle Kinder auf dieser Welt das Glück hätten, diese friedliche Idylle erleben zu können und alle Menschen die Schönheit der Natur sehen würden, das wäre das größte Geschenk“. Zumindest ist das sein Wunsch zu Weihnachten.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.12.2022
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Kaltluftausbruch in Kanada und den USA

In Nordamerika kann aktuell ein massiver Kaltluftausbruch beobachtet werden. Während eines solchen Szenarios strömt Kaltluft aus polaren Breiten zügig und auf direktem Weg nach Süden. Damit ein solcher Kaltluftausbruch möglichst kräftig ausfällt, müssen die Druckverhältnisse in der Region eine bestimmte Konstellation aufweisen.

Am effektivsten lässt sich der Kaltluftvorstoß nach Süden bewerkstelligen, wenn über dem Westen Kanadas ein Hoch-, über dem Osten Kanadas dagegen ein Tiefdruckgebiet liegt. Bei dieser Positionierung schieben sowohl das sich im Uhrzeigersinn drehende Hoch als auch das sich entgegen des Uhrzeigersinns drehende Tief über Zentralkanada Luftmassen nach Süden. Dabei dürfen die Druckgebilde auch nicht zu weit im Norden liegen. Sollte dies der Fall sein, dann „zapfen“ sie zwar polare Luft an, können diese aber nicht weit genug nach Süden transportieren. Liegen die Tiefs dagegen zu weit südlich, so kommen sie nicht an die polaren Luftmassen heran.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA

Die Abbildung 1 zeigt für die vergangene Nacht (mitteleuropäischer Zeit; in Nordamerika also in den Abendstunden) die Druckverteilung über Nordamerika. Zu diesem Zeitpunkt befand sich ein Tief über der Hudson Bay und ein Hoch über den kanadischen Rocky Mountains. Entsprechend der für einen Kaltluftvorstoß günstigen Lage der beiden Druckgebilde wird zwischen ihnen Kaltluft nach Süden geschoben (blaue Pfeile). Dies ist ebenfalls in Abbildung 1 zu erkennen, denn als Farbflächen sind dort die Temperaturen in 850 hPa, also in etwa 1,5 km Höhe, angegeben. Man kann deutlich eine „kalte Nase“ ausmachen, die sich zwischen den Rocky Mountains und den Großen Seen nach Süden auf den Weg macht.

Eine kleine Randbemerkung an dieser Stelle: Es lohnt sich, einen kurzen Blick auf den Kerndruck des Hudson-Bay-Tiefs zu werfen. Dieser liegt nur knapp unter 1020 hPa – und damit würde unser Tief andernorts und in einer anderen Konstellation als veritables Hoch durchgehen.

Aber wie auch immer – der ausgelöste Kaltluftvorstoß kam plötzlich und mit „Wumms“. Dazu ist in der zweiten Abbildung für die Station Cheyenne im Südwesten Wyomings in Rot der Temperaturverlauf angegeben (Karte nach NOAA, leicht modifiziert). Zwischen 13 und 14 Uhr MST (Mountain Standard Time, entspricht MEZ – 8h) fiel die Temperatur von +6 auf bemerkenswerte -17°C. Und danach ging es weiter abwärts. Noch ein knappes Stündchen später lag die Temperatur schon bei -23°C – also ein Temperaturrückgang von 29°C innerhalb von 2 Stunden.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA 1

Der bemerkenswerte Temperaturrückgang betraf aber natürlich nicht nur das Städtchen Cheyenne. Über großen Teilen Nordamerikas präsentiert sich das Wetter aktuell extrem winterlich. Dazu sind in Abbildung 3 die Tiefstwerte der vergangenen Nacht angegeben. In den Vereinigten Staaten waren es zwischen den Großen Seen und den Rocky Mountains etwa -15 bis -35°C. In Zentral- und (Nord-)Westkanada ging es sogar bis auf -25 bis -50°C runter. Ins Auge springen auch die beiden Stationen mit unter -50°C (grün). Rekordhalter war der Ort Rabbit Kettle (könnte mit Kaninchentopf bzw. Kaninchenkessel übersetzt werden) mit -52,6°C. Ortsunkundige können hier anfangen zu spekulieren. Ein Kessel oder Topf könnte eine Senke beschreiben, in der sich in kalten Winternächten natürlich Kaltluft sammelt – was dann die extrem niedrigen Temperaturen erklären könnte.

DWD Kaltluftausbruch in Kanada und den USA 2

Aber nicht nur der Blick ins nördliche Nordamerika lässt einen frösteln. Auch Washington lag mit -7°C im mäßigen Frostbereich und am Flughafen Dallas – Fort Worth im sonst warmen Texas entging man mit +1°C nur knapp den Frostgraden.

Damit ist die „Weiße Weihnacht“ jenseits des „Großen Teichs“ wohl gesichert – zumindest taut der Schnee, wenn denn Schnee liegt – nicht mehr weg. Stattdessen freut man sich in USA aber auch deswegen auf die Weihnachtstage, weil es dann mit den Temperaturen wieder aufwärtsgehen soll.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.12.2022
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Früher war mehr Schnee – oder doch nicht?

„Früher war mehr Lametta“, sagte einst Loriot, um zum Ausdruck zu bringen, dass Weihnachten früher noch viel gemütlicher, beschaulicher und fröhlicher war. Längst ist die Aussage aus dem legendären Sketch „Weihnachten bei Hoppenstedts“ zu einem geflügelten Wort geworden, um das subjektive Empfinden zu bekunden, dass früher alles besser war. Wenn Großeltern ihren Enkeln von früher tiefverschneiten und monatelang zu Eis erstarrten Landschaften berichten, dann ruft das bei vielen ein ähnliches Gefühl hervor wie bei Loriots Lametta-Spruch: „Jaja, ist klar.“ War früher denn wirklich mehr Schnee?

Auf Grundlage von individuellen Erzählungen, basierend auf persönlichen Erinnerungen, lässt sich diese Frage nicht beantworten – auch nicht, wenn man die Stichprobe erhöht, also beispielsweise viele weitere Großmütter und -väter befragt und daraus eine scheinbar allgemeingültige Aussage ableitet. Ganz einfach aus dem Grund, dass unser Gedächtnis nur selektiv funktioniert. Es kann sich nicht an alle Ereignisse und Erfahrungen gleichermaßen erinnern. Bestimmte Erinnerungen werden ganz tief in unserem Geist verankert, andere können wir uns weniger gut merken oder geraten gar in Vergessenheit. Unser Gedächtnis ist also alles andere als eine detailgetreue Aufzeichnung davon, was wir wirklich erlebt haben. An was wir uns gut erinnern und an was weniger, ist individuell sehr verschieden. In jedem Fall speichern wir die Ereignisse, die für uns von besonderer Bedeutung waren oder starke Gefühle verursachten, leichter ab. Dazu könnte zum Beispiel ein extrem schneereicher Winter gehören, den man zu ausgiebigen Schlittenfahrten nutzte und in dem vielleicht sogar die Schule das ein oder andere Mal ausfiel. Natürlich kann auch ein sehr trister Winter für starke, meistens wohl eher negative Gefühle sorgen. Allerdings sorgen konkurrierende Wahrnehmungen und Gedanken in unserem Kopf für einen unangenehmen Gefühlszustand, die sogenannte kognitive Dissonanz. Deswegen wird eines der beiden Erlebnisse gelöscht oder die Erinnerung daran temporär unterdrückt.

Was bleibt uns? Eine ganz nüchterne statistische Auswertung der Daten der Wetterstationen! Das ist nicht romantisch und auch kein heimeliger Schwank aus der Jugend. Wenn man gewisse „technische“ Unwägbarkeiten wie Messungenauigkeiten, die uns vor allem seit der Automatisierung beschäftigen, oder geringfügige Änderungen der Lage der Wetterstationen außen vor lässt, dann täuschen die Daten aber zumindest nicht und geben die Historie im Idealfall lückenlos wieder. Um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden nur Stationen zur Auswertung herangezogen, die im Zeitraum von 1961 bis 2021 durchgehend meldeten. Als Bedingungen für einen „Schneetag“ wurde eine mindestens 3 cm mächtige Schneedecke festgelegt. Es sollte schon knirschen unter den Schuhen!

Frueher war mehr Schnee oder doch nicht

Die Abbildung zeigt die jährliche Entwicklung der über alle Stationen gemittelten „Schneetagezahl“, unterteilt in tiefe Lagen unter 300 Metern Höhe, mittlere Lagen zwischen 300 und 700 Metern und höhere Lagen über 700 Metern. Da es sich um ein deutschlandweites Stationsmittel handelt, soll an dieser Stelle schon mal angemerkt sein, dass es regional zu durchaus unterschiedlichen Trends kommen kann.

Als erstes fällt die starke Variabilität der Schneetagezahl in tiefen und mittleren Lagen auf, erst in höheren Lagen nimmt diese deutlich ab. Man könnte auch sagen: Einzelne schneereiche „Flachlandwinter“ wechseln sich mit reinen „Berglandwintern“ ab. Berechnet man nun aber einen linearen Trend zwischen den Jahren 1961 und 2021 zeigt sich in allen Höhenintervallen eine mehr oder weniger starke Abnahme der Schneetagezahl. Während die Abnahme in den Hochlagen nur rund 30 % beträgt, hat sie in den mittleren und tiefen Lagen mit 50 bis 65 % bereits ein beträchtliches Maß erreicht. Insbesondere die Flachlandwinter werden also seltener: Während es in tiefen Lagen in den 60er Jahren im statistischen Mittel noch knapp 30 Schneetage gab, verringerte sich die Zahl im vergangenen Jahrzehnt auf magere 10 Tage. Besonders ins Gewicht fallen dabei die sehr schneearmen Jahre seit 2010, die im krassen Gegensatz zu den teilweise sehr schneereichen 60er und 80er Jahren stehen. Ein absolutes Ausnahmejahr in Zeiten immer schneeärmerer Jahre stellt das Jahr 2010 dar. Aufgrund des langen, schneereichen Spätwinters 2009/2010 und des frühen Wintereinbruchs im Herbst 2010, dem dann auch noch der legendäre Dezember 2010 folgte, nimmt das Jahr zumindest in tiefen und mittleren Lagen bei dieser Auswertung eine Spitzenposition ein.

Zurück zur Eingangsfrage, ob Großmutters Aussage, es hätte früher mehr Schnee gegeben, einer statistischen Prüfung standhält: Ja, mit ein paar wenigen Einschränkungen tut sie das! Oder, um in den Worten von Loriot zu sagen: Früher war einfach mehr Lametta …

Dipl.-Met Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.12.2022
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