Wenn Sonne lacht…

Jeder, der ab und zu fotografiert, kennt die Sprüche zur Blende: Bei Mensch und Tier nimm Blende vier oder wenn Sonne lacht, nimm Blende acht. Letzteres gilt besonders heute und morgen, denn Dank Hochdruckeinfluss über Mitteleuropa ist die Luft weitgehend abgetrocknet und die Sonne lacht in weiten Teilen Deutschlands sprichwörtlich von früh bis spät vom Himmel. Wer also keine überbelichteten Bilder möchte, nimmt eine kleinere Blende oder spielt mit der Belichtungszeit.

DWD Wenn Sonne lacht…

Wer zum Wintersport bei vollem Sonnenschein in die Berge fährt, der setzt am besten eine Sonnenbrille auf. Denn die Sonne wird vom Schnee sehr gut reflektiert und dadurch erhöht sich die UV-Belastung auch für die Augen. Wer zu lange ungeschützt hoher UV-Belastung ausgesetzt ist, der riskiert irreparablen Schäden an den Augen. Erste Anzeichen für eine hohe Belastung sind Tränen und Überempfindlichkeit gegenüber Licht.

DWD Wenn Sonne lacht… 1

Ab Donnerstag verlagert sich das Hoch mehr in Richtung Südosteuropa und bei uns nimmt von Norden her der Tiefdruckeinfluss zu. Der Süden verbleibt noch unter leichtem Hochdruckeinfluss bei viel Sonne und trocken-kaltem Wetter. Im Norden werden die Wolken jedoch dichter und zeitweise fällt etwas Sprühregen oder Schneegriesel. Mit westlichem Wind wird wieder mildere Luft ins Land geführt und die Nächte werden zum Ende der Woche im Norden frostfrei. Vor allem in Küstennähe frischt der Wind kräftiger auf und kann vereinzelt an exponierten Stellen stürmische Böen hervorrufen.

DWD Wenn Sonne lacht… 2

Am Wochenende lässt dann der Hochdruckeinfluss auch im Süden Deutschlands nach und dichtere Wolken und leichte Niederschläge breiten sich süd-südostwärts aus. Mit westlicher Strömung erwärmt sich die Luft von Tag zu Tag und erreicht bis zu 10 Grad im Norden und Westen und 7 Grad im Süden. Auch die Nächte werden „wärmer“. Über der Mitte gibt es lediglich noch im Bergland Frost. Im Süden sinkt die Temperatur dann nur noch leicht unter den Gefrierpunkt.

DWD Wenn Sonne lacht… 3

Zum Abschluss der Wochenvorhersage noch eine Eselsbrücke, die bei jedem Wetter gilt: Geht im Sucher die Sonne nicht auf, hast du noch den Deckel drauf.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

„Eisberg voraus!“

Im April 1912 stach das damals größte Schiff der Welt, die RMS TITANIC, in See. Auf ihrer Jungfernfahrt von Southampton nach New York ereilte sie jedoch eine schicksalsreiche Katastrophe. Das Schiff rammte etwa 300 Seemeilen südöstlich von Neufundland einen Eisberg und sank innerhalb weniger Stunden auf den Grund des Meeresbodens. Über 1500 Menschen verloren in den eiskalten Wassermassen ihr Leben. Kate Winslet war eine der glücklichen Überlebenden, zumindest in ihrer Filmrolle, während Leonardo DiCaprio unterging. Diese Geschichte ist wohl den meisten bekannt, doch die wenigsten haben sich vermutlich größere Gedanken über das Wettergeschehen gemacht.

Der Morgen des 14. Aprils 1912 begann in Bezug auf das Wetter über dem Nordatlantik unspektakulär. Bei starker Stratocumulusbewölkung und Temperaturen zwischen 13 und 15 Grad blies ein frischer Wind aus südlichen Richtungen. Im Laufe des Vormittags durchquerte die RMS TITANIC eine Kaltfront. Es kam vereinzelt zu leichten Schauern. Rückseitig der Front nahm der Wind vorübergehend noch etwas zu und drehte dabei auf Nordwest. Gleichzeitig sank die Lufttemperatur auf etwa 10 Grad ab. In der Unglücksnacht weitete sich ein Hoch über dem Nordosten Kanadas weiter ostwärts aus. Die RMS TITANIC kam dabei am Abend des 14. Aprils in dessen Einflussbereich. Der Himmel klarte auf. Es herrschte eine sternenklare Nacht ohne Mondschein vor. Die Temperaturen nahmen nochmals signifikant ab und lagen nun um den Gefrierpunkt. Auch die Wassertemperaturen sanken auf etwa 0 Grad ab. Es herrschte absolute Windstille vor.

Kurz vor Mitternacht wurde dann in geringer Entfernung zum Schiff ein Eisberg gesichtet, obwohl die RMS TITANIC der damals empfohlenen südlicheren Route bei der Überfahrt folgte. Der Winter und auch das Frühjahr 1912 waren im Nordatlantik sehr kalt. Im Vergleich zu den Jahren davor konnten somit einige Eisberge im Labradorstrom rund um Neufundland in südlichere Breiten vordringen. Die RMS TITANIC startete ein Ausweichmanöver, doch konnte die Kollision nicht mehr verhindert werden, da die Schiffsgeschwindigkeit zu hoch war und der Eisberg schon zu nahe. Der Eisberg rammte mehrere Lecks in den Schiffsrumpf. Innerhalb der ersten Stunde gelangten zwischen 22000 und 25000 Tonnen Wasser in das Schiffsinnere. Die Besatzung versuchte noch über zwei Stunden die einströmenden Wassermassen zu kontrollieren bevor das Schiff schließlich sank.

So harmlos die Wetterlage auch klingen mag, ganz ohne Sturm, Gewitter oder plötzlich auftretenden Monsterwellen, so birgt sie auch einige Tücken. Es stellt sich die Frage, warum der Eisberg erst so spät gesichtet wurde. Vor über 100 Jahren gab es noch kein Eisradar wie es heutzutage auf modernen Schiffen gibt. Nach den Überlieferungen gab es an Bord der RMS TITANIC auch keine Ferngläser, sodass die reine Augenbeobachtung für Sicherheit sorgte. Die Nacht war sehr dunkel, da der Mondzyklus in der Neumondphase lag. Zum anderen herrschte durch den Hochdruckeinfluss und die damit verbundene Windstille spiegelglatte See vor. Es konnten also keine brechenden Wellen an Eisbergen gesehen werden, was die Sichtbarkeit zusätzlich verschlechterte. Eine weitere Theorie, die das Erkennen von Eisbergen erschweren würde, ist die sogenannte Super-Refraktion. Dieses Phänomen tritt bei Inversionswetterlagen auf, bei der eine wärmere Luftmasse über einer kälteren Luftmasse liegt. Die besonderen Verhältnisse beeinflussen die Brechung des Lichts und können den Eindruck eines doppelten Horizonts erzeugen. Der echte Horizont verschwimmt dabei unter dem doppelten Horizont. Ob es in der Nacht zum 15. April im Bereich des Unglücksortes zu einer Super-Refraktion gekommen ist, lässt sich heute nicht mehr eindeutig beweisen.

DWD „Eisberg voraus

Dabei stellt sich die Frage, wie man heute 111 Jahre nachdem Ereignis überhaupt noch soviel über die Wetterlage wissen kann. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Satelliten, kein Wetterradar oder automatische Messungen von Wetterdaten. Es gibt aber Augenzeugen. Etwa 700 Menschen habe die Katastrophe überlebt und ihre Beobachtungen in den unterschiedlichen Untersuchungsausschüssen geschildert. Auch die Beobachtungen der Besatzung der RMS CARPATHIA, die zur Rettung der Schiffbrüchigen am Unglücksort eintraf, konnten herangezogen werden. Wenn auch 1912 noch keine automatische Datenerfassung stattfand, so wurden meteorologische Daten wie beispielsweise Wind, Seegang und Temperaturen in der Schifffahrt bereits systematisch und regelmäßig erfasst. In sogenannten Schiffsjournalen wurden mindestens alle vier Stunden Eintragungen der Messungen und Beobachtungen vorgenommen. Im Archiv des Deutschen Wetterdienstes in Hamburg liegen über 37000 solcher Schiffstagebücher aus den Jahren 1826-1940. Das Journal der RMS TITANIC existiert leider nicht mehr. Im Archiv des Deutschen Wetterdiensten liegen für April 1912 aber insgesamt 34 Schiffstagebücher, die Auskunft über die Situation im Nordatlantik geben können. Dabei berichten sie über eine ungewöhnlich weite Ausdehnung von Eisfeldern und Eisbergen südöstlich von Neufundland. Die Wettersituation wurde zudem von verschiedenen numerischen Modellen reanalysiert. Die Simulationen sowohl vom amerikanischen Wetterdienst (NOAA) als auch vom Europäischen Zentrum für Mittelfristvorhersage (EZMW) zeigen ein ähnliches Bild und stimmen mit den Augenbeobachtungen überein. Bei relativ hohem Luftdruck über dem östlichen Kanada und Neufundland, mit Werten über 1030 hPa im Schwerpunkt des Hochs, herrschten Mitte April 1912 in der Region um den Unglücksort ungewöhnlich kalte Temperaturen vor.

DWD „Eisberg voraus

Der Untergang des Luxusschiffs löste in der Bevölkerung einen Schock aus, auch wenn es nicht das erste Schiff war, das in dieser Gegend havarierte. Im Zuge dessen fand im November 1913 die erste internationale SOLAS-Konferenz statt (Safety Of Life At Sea). Dort wurden zum ersten Mal Mindestanforderungen an die Sicherheitsstandards auf Handelsschiffen vertraglich festgehalten. Des Weiteren wurde die Internationale Eis Patrouille 1914 ins Leben gerufen. Bis heute wird im Bereich der Labradorsee die Ausdehnung der Eisberggrenze kontrolliert und an die Unterzeichner des Pakts übermittelt. Auch in den Produkten für die Seeschifffahrt des Deutschen Wetterdienstes taucht diese Eisberggrenze auf und wird unter anderem per Funk an die Schiffe weitergegeben. Heutzutage wären also die Wahrscheinlichkeiten, dass Leonardo DiCaprio die Schiffspassage überleben würde also deutlich höher.

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MSc Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.02.2023

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Das Wetter in der Region Gaziantep (Türkei)

Schwere Erdbeben haben die Grenzregion zwischen Syrien und der Türkei in der vergangenen Nacht und am heutigen Montag erschüttert. Dabei gab es zahlreiche Tote und Verletzte sowie eingestürzte Gebäude beziehungsweise Wohnhäuser. Zu allem Übel kommt nun noch sehr wechselhaftes Wetter in der Region hinzu.

Aktuell dreht Tief BARBARA im östlichen Mittelmeerraum seine Kreise und beeinflusst damit auch das Wettergeschehen im Erdbebengebiet. Die Analyse von heute Morgen 06 UTC (7 MEZ) zeigt dabei ein Tiefdruckkomplex mit Kern über der Südosttürkei samt seinem Frontensystem. Genau diese Frontensysteme erfassen die Region rund um Gaziantep.

DWD Das Wetter in der Region Gaziantep Tuerkei

Dieser Tiefdruckkomplex löst sich in den kommenden Tagen zwar allmählich auf, aber zunächst werden vom Mittelmeer her feuchtwarme Luftmassen in die Region transportiert. Diese treffen dort dann auf deutlich kühlere Luftmassen aus dem Norden. Dadurch entstehen Hebungsprozesse, die teils kräftige Niederschläge auslösen. Im Tiefland fallen diese durchweg als Regen, während in höheren Lagen des Berglandes mit Schnee gerechnet werden muss. Am heutigen Montag fallen dabei gebietsweise 10 bis 30 l/m², örtlich bzw. insbesondere in Staulagen sind 50 bis 70 l/m² möglich. Dies entspricht in höheren Lagen 5 bis 20 cm, in Staulagen auch über einen halben Meter Neuschnee.
In den kommenden Tagen nimmt die Niederschlagsneigung dann aber deutlich ab. Am morgigen Dienstag fallen gebietsweise noch 5 bis 10 l/m². Im Bergland sind um 10 cm Neuschnee möglich. Im weiteren Verlauf bleibt es dann überwiegend trocken und die Sonne setzt sich immer häufiger gegen die anfangs dichten Wolkenfelder durch.

DWD Das Wetter in der Region Gaziantep Tuerkei 1

DWD Das Wetter in der Region Gaziantep Tuerkei 2

Das Temperaturniveau liegt tagsüber in der Region Gaziantep bis zum Wochenende zwischen 4 und 6 Grad. In den höheren Berglagen bleibt es teils bei Dauerfrost oder leichten Plusgraden. In den Nächten wird es empfindlich kalt. Es wird leichter Frost zwischen -3 und -5 Grad prognostiziert. Im Bergland ist hauptsächlich über Schnee teils strenger Nachtfrost um -10 Grad zu erwarten.

DWD Das Wetter in der Region Gaziantep Tuerkei 3

DWD Das Wetter in der Region Gaziantep Tuerkei 4

Der Wind spielt dagegen keine große Rolle. Er ist überwiegend schwach bis mäßig aus unterschiedlichen Richtungen unterwegs. Nur in den höheren Berglagen lebt er gelegentlich böig auf. Dann sind durchaus Windgeschwindigkeiten zwischen 50 und 60 km/h möglich.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.02.2023
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Das Vermächtnis des Vernon Francis Dvorak

Am 19. September des vergangenen Jahres ereilte uns Meteorologen die traurige Nachricht, dass der Wissenschaftler Vernon Francis Dvorak im Alter von 93 Jahren im nordamerikanischen Kalifornien verstarb. Keine Sorge, sollten Sie mit diesem Namen nichts anfangen, dann liegt das vor allem daran, dass sein eigentliches meteorologisches Interesse in den Tropen lag. Viel ist über ihn als Person nicht bekannt, doch umso mehr über seine Arbeit.

Herr Dvorak gilt als Erfinder der Intensitätsabschätzung tropischer Wirbelstürme, die bis heute mehr oder weniger Bestand hat und unter dem Begriff der „Dvorak Analyse“ in Kreisen der Meteorologen Bekanntheit erlangte. Über 30 Jahre lang war und ist dies die wichtigste Grundlage, um die Intensität von tropischen Wirbelstürmen abschätzen zu können. Wie viele Menschenleben durch diese Methode gerettet wurden, kann man schwer sagen, es dürften aber Zehntausende sein, wenn man sich vor Augen führt, wie viele Millionen Menschen weltweit in Regionen leben, die von tropischen Wirbelstürmen Jahr für Jahr heimgesucht werden. Im Grunde kann man sich kaum eine andere meteorologische Innovation vorstellen, die so unbeschadet solch eine lange Zeit überstanden hat.

Für diese Intensitätsanalyse bedarf es Satelliten, die in regelmäßigen Abständen eine Flut von Datensätzen zur Erde schicken und die dort von Meteorologen analysiert werden. In den 60-iger Jahren begann das Zeitalter der meteorologischen Satelliten mit Explorer (der erste Satellit für Wetterbeobachtungen im Jahr 1959), TIROS I (erster erfolgreicher Metsat im Jahr 1960), NIMBUS, TIROS und wie sie alle noch so hießen, die in den 60-igern und 70-iger Jahren ins Weltall geschossen wurden. Mit der Zunahme an Satelliten wurde es immer schwerer für die diensthabenden Meteorologen die Fülle an Informationen zeitnah zu interpretieren und zu verwerten, sodass Dvoraks Intensitätsabschätzung in Folge einer sogenannten „Wolkenmustererkennungstechnik“ genau zur richtigen Zeit kam. Die ersten Erwähnungen dieser Methode der Intensitätsabschätzung tauchten 1972 auf und wurden in der Folge mehrmals u.a. von ihm aktualisiert.

Doch worum handelt es sich bei dieser Analyse eigentlich?

Grundsätzlich geht es darum, anhand der Wolkenstruktur des Sturmes die Intensität abschätzen zu können. Dazu werden vier Eigenschaften berücksichtigt: zwei kinematische und zwei thermodynamische Eigenschaften.

Die kinematischen beschreiben mit der Vorticity (Wirbelstärke einer Strömung) und der vertikalen Windscherung (Windabnahme oder -zunahme mit der Höhe) die dynamischen Komponenten.
Je stärker eine Störung bzw. je kräftiger ein Tropensturm ist, umso größer sind die Werte der Vorticity und umso besser bilden sich bestimmte Wolkenstrukturen aus, die in Bändern um das Zentrum des Sturms angeordnet sind und repräsentativ für die Intensität eines Sturmes sind.
Für die Entstehung eines Tropensturms wird eine schwache Windscherung bevorzugt, da eine zu starke Scherung den Sturm regelrecht auseinanderreißt (bzw. die Vorticity verringert).

Die thermodynamischen Eigenschaften beinhalten die Ausprägung der Konvektion, denn je mehr Konvektion in der Nähe zum Zentrum zu finden ist, umso mehr latente Wärme wird dort freigesetzt, die vereinfacht gesagt den Wirbel antreibt und den Sturm intensiviert.
Die letzte Eigenschaft betrachtet die Temperaturverteilung in Zentrumsnähe, besonders dann, wenn sich ein Auge im Tropensturm ausgebildet hat. Dieses ist durch absinkende Luftmassen geprägt und je kräftiger der Sturm ist, umso wärmer fällt die Temperatur des Auges aus, was man mit Hilfe des Satelliten gut erkennen kann.

Die Durchführung dieser Intensitätsbestimmung ist ein sehr komplexes Verfahren, das u.a. durch die immer besseren Satellitendaten (vom sichtbaren Bereich bis in den Mikrowellenbereich) wiederholt angepasst und ausgebaut wurde.

Die grundsätzliche Herangehensweise lautet:

Finde das Zentrum der tropischen Störung, erstelle zwei Intensitätsabschätzungen, wähle die am besten passende Intensität aus und wende die vorhandenen Regeln an. Diese Regeln beschreiben z.B. wie schnell sich ein tropischer Sturm über Land abschwächen darf, oder wie schnell er sich intensivieren darf. Diese Regeln sollten in den meisten Fällen nicht gebrochen werden, was aber nicht immer klappt (z.B. bei sich rasant intensivierenden tropischen Stürmen). Das endgültige Resultat ist eine Nummerierung, die von 1.0 bis 8.0 geht, wobei 8.0 den perfekten Sturm darstellt. Der Supertaifun Haiyan, der im Jahr 2013 auf die Philippinen traf, erhielt diese höchste Einstufung und war letztendlich für mehr als 6350 Todesopfer und historische Schäden verantwortlich und auch der Hurrikan Patricia erreichte im Ostpazifik im Jahr 2015 diesen Wert.

Zum besseren Verständnis wenden wir die Analyse stark vereinfacht an einem Beispiel aus dem Jahr 2020 an: Hurrikan EPSILON im Nordatlantik.

DWD Das Vermaechtnis des Vernon Francis Dvorak

Beschrieben wird die Entwicklung des Hurrikans EPSILON im Jahr 2020 über dem offenen Nordatlantik. In Bild 1 vom 18.10.2020 erkennt man eine gut ausgebildete Wolkenspirale/Bodenzirkulation, die mit einem roten Pfeil hervorgehoben wurde. Die eigentliche hochreichende und beständige Konvektion (gelb umrandet) ist noch sehr weit abseits dieses Zentrums zu finden. Wie bereits kurz erläutert ist es aber notwendig, dass eben diese Konvektion zentrumsnah entsteht, damit sie u.a. durch Freisetzung latenter Wärme den Wirbel intensivieren kann. Häufig ist diese Art der Konvektionsverteilung Folge starker Windscherung oder zeigt ein frühes Entwicklungsstadium des Systems an. Zu diesem Zeitpunkt wurde diese Störung von den Meteorologen genau beobachtet, es gab aber noch keine Warnaktivität. Das erste Bild zeigt bereits wunderschön, wie sich die Konvektion in Art Spiralen um das Zentrum windet. Grundsätzlich intensiviert sich das System, je weiter sich die Konvektion entlang dieser Bänder nach Außen voran arbeitet (und natürlich zentrumsnah vorhanden ist).

DWD Das Vermaechtnis des Vernon Francis Dvorak 1

Daher kommt für dieses Analyseverfahren eine logarithmische Spirale zur Geltung, die in Bild 2 exemplarisch über das System gelegt wurde. Das Zentrum der Spirale liegt deckungsgleich über dem Zentrum des Sturmes. Die Konvektionsbänder sind entlang der logarithmischen Spirale angeordnet. Je mehr Bereiche der Spirale von den Konvektionsbändern eingenommen werden, umso kräftiger ist das System entwickelt. Eine detaillierte Beschreibung würde den Umfang des Tagesthemas jedoch sprengen.

DWD Das Vermaechtnis des Vernon Francis Dvorak 2

Nur einen Tag später, am 19. Oktober, hat sich das Bild der Störung dramatisch verändert (siehe Bild 3). Die Konvektion hat sich deutlich näher ans Zentrum herangearbeitet und im nördlichen und östlichen Quadranten des Systems konnte sich verbreitet langlebige und intensive Konvektion in Form hochreichender Gewitter- und Schauerwolken entwickeln. Die Störung war nun auf jeden Fall in der Entwicklungsphase und im Tagesverlauf wurden die ersten Warnungen herausgegeben. Die Störung erhielt offiziell den Namen EPSILON.

DWD Das Vermaechtnis des Vernon Francis Dvorak 3

Wiederum einen Tag später ist das Zentrum des Systems vollkommen von hochreichender und beständiger Konvektion bedeckt (siehe Bild 4). Im Fachjargon spricht man davon, dass sich ein sogenannter „central dense overcast“ ausgebildet hat. Ins Umgangssprachliche übersetzt bedeutet dieser Begriff, dass ein Batzen hochreichender und langlebiger Konvektion das Zentrum bedeckt. Dies ist ein Anzeichen, dass das System nun immer mehr an Fahrt aufnimmt. Wir sprechen mittlerweile von einem kräftigen Tropensturm mit 1-min gemittelten Windgeschwindigkeiten von 100 km/h. In den Nachtstunden zum 21. Oktober wurde der Sturm dann zu einem Hurrikan der Kategorie 1 auf der fünfteiligen Saffir-Simpson Skala hochgestuft.

DWD Das Vermaechtnis des Vernon Francis Dvorak 4

Der Hurrikan EPSILON intensivierte sich weiter und es bildete sich das für einen Hurrikan nicht unübliche Auge aus, das sich im Tagesverlauf immer weiter erwärmte (siehe Bild 5). Per Satellit und später auch durch Flugzeugmessungen von den sogenannten „Hurrikanjägern“ bestätigt wurden Temperaturwerte im Auge von +14 und +15 Grad gemessen. Gleichzeitig stießen direkt um das Auge herum hochreichende Gewitter- bzw. Schauerwolken bis in die oberste Troposphäre vor und wiesen Wolkenoberflächentemperaturwerte von teils bis zu -50 Grad auf. Je stärker dieser Temperaturkontrast „Auge – Oberflächentemperatur der Gewitterwolken“ ausgeprägt ist, umso intensiver ist die Dynamik eines Tropensturms und es verwundert nicht, dass EPSILON an diesem Tag zu einem Kategorie 3 Hurrikan mit mittleren Windgeschwindgkeiten von mehr als 180 km/h (Mittelwind!) reifte. Gott sei Dank blieb dieser Sturm über dem offenen Atlantik und schwächte sich später ohne Landgang allmählich wieder ab.

Die Dvorak-Analyse ist deshalb von so großer Bedeutung, da es abseits des Nordatlantiks und östlichen Nordpazifiks keine regelmäßigen Messflüge in Tropenstürme gibt, die Echtzeitdaten über die Intensität des Sturmes liefern. Man ist somit in den meisten Regionen auf eben diese Intensitätsabschätzung angewiesen, um die Bevölkerung rechtzeitig vor sich rasant intensivierenden Tropenstürmen warnen zu können. Mithilfe dieser Analyse ist es somit weltweit möglich, auch auf den entferntesten Weltmeeren die Intensität eines Tropensturms ausreichend gut bestimmen zu können. Spezialisten, die mit dieser Methode durch ihre alltägliche Arbeit vertraut sind, können von daher auch Schiffe und Bewohner auf Inseln sowie ganze Küstenabschnitte frühzeitig bewarnen und helfen dadurch, dass rechtzeitig Evakuierungen durchgeführt werden können. Perfekt ist die Methode sicherlich nicht. Es gibt immer wieder Stürme, die Überraschungen bereithalten, was z.B. auch auf EPSILON zutraf. Dennoch ist die Genauigkeit der Intensitätsbestimmung bei statistischen Auswertungen beeindruckend hoch, sodass dieses Verfahren bis heute nicht aus der Tropenmeteorologie wegzudenken ist.

Dieses Vermächtnis hat Vernon Francis Dvorak der Nachwelt hinterlassen und somit geht dieser unauffällig agierende Wissenschaftler/Meteorologe wohl unsterblich in die Geschichte der Meteorologie ein.

Ein wahres Idol, ein stiller Held – Ruhe in Frieden!

Dipl. Met Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Das ist doch ungerecht!

Mit dem gestrigen 04.02.2023 sind nun 66 des 89 Tage andauernden meteorologischen Winters 2022/2023 (01.12.2022 bis 28.02.2023) vorbei. Damit haben wir mehr als zwei Drittel des Winters hinter uns gebracht. In Sachen Schnee fällt das Fazit dazu bisher ziemlich unterschiedlich aus. Während die Schneefans vor allem in den östlichen und südöstlichen Landesteilen bereits häufiger zum Zuge kamen, hatten im Nordwesten Deutschlands vor allem diejenigen Glück, die mit Schnee nichts anfangen können (siehe dazu die Grafik zur Anzahl der Tage mit einer geschlossenen Schneedecke im Winter 2022/2023 bis einschließlich 04.02.2023).

DWD Das ist doch ungerecht

So gibt es vor allem zwischen Bremen und Hamburg einen Bereich, in dem die Null für keinen Tag mit einer geschlossenen Schneedecke steht. Vereinzelt gilt das auch für das Emsland und den Niederrhein. Wenn sich dort Schneeflocken zeigten und diese vorübergehend liegen blieben, so waren sie spätestens am nächsten Morgen zum täglichen Messtermin um 7 Uhr MEZ wieder verschwunden („Stundenschnee“). Schlittenfahren auf den eh meist nur flachen Hügeln in diesen Regionen war damit bisher so gut wie unmöglich, was insbesondere bei Kindern natürlich Frust auslöste (bzw. immer noch auslöst). Für einige jüngere Kinder dieser Regionen ist Schnee ein ziemlich seltenes Ereignis, schaut man sich zusätzlich auch noch die Schneedeckentage vergangener Jahre an.

Ungerechterweise konnte man im Osten und im Südosten Deutschland mehr Schnee erleben. Gebietsweise wurden dort selbst im Flachland eine zweistellige Anzahl an Tagen mit einer Schneedecke ermittelt. Vom Thüringer Wald bis zur Lausitz beispielsweise lag häufig sogar an mehr als 20 Tagen Schnee. Aber auch im Süden Deutschlands verwandelte der Schnee die Landschaften immer wieder in Weiß, die Straßen dagegen in Rutschbahnen.
Schneesicherer waren natürlich die Berge. 30 bis 60, ganz oben auf der Zugspitze bis zu den maximal möglichen 66 Schneedeckentage zeigen, dass dort meist über längere Zeit Schnee lag und aktuell liegt. Allerdings ist auch noch gut im Gedächtnis, dass es dort Phasen mit wenig Schnee und Tauwetter bis in höchste Lagen gab, vor allem mit dem Weihnachtstauwetter und bis Mitte Januar hinein. Mittlerweile wurden die meisten Berge aber wieder mit Schnee „versorgt“.

Wie geht es nun mit dem Winter bzw. dem Schnee weiter? Nach einem Wintereinbruch mit flächendeckenden Schneefällen bis ins Tiefland sieht es derzeit überhaupt nicht aus, weil Hoch ELISABETH sich über Mitteleuropa legt und letzte Niederschläge am Montag abklingen lässt. Dann herrscht sie mindestens bis zum nächsten Wochenende und verwöhnt uns mit Sonnenschein statt mit weißen Flöckchen. Immerhin werden die Nächte frostig, wobei Reif entstehen kann. Das würde zumindest ein bisschen nach Weiß aussehen.
Für „Ski und Rodel gut“ müssen die Hoffnungen also auf den Rest des Februars oder den ersten meteorologischen Frühlingsmonat März gelegt werden. Immerhin gibt es in den Mittelfrist- und Langfristmodellen Anzeichen für eine Schwächung des stratosphärischen Polarwirbels (siehe Lexikon unter

Stichwort „Polarwirbel“), vielleicht sogar für einen sogenannten Split. Damit steigen bei uns die Chancen für demnächst winterlicheres Wetter.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Permafrost in Deutschland?

Von Permafrost (oder Dauerfrost) wird gesprochen, wenn die Temperatur des Bodens in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren ununterbrochen unter null Grad Celsius liegt. Der Untergrund kann dabei aus Gestein, Sedimenten oder Erde bestehen und unterschiedlich große Eismengen enthalten. Meist reicht der Permafrost einige hundert Meter tief ins Erdinnere, im nordöstlichen Sibirien sogar bis zu einer Tiefe von circa 1,6 Kilometer. Grundvoraussetzung für eine solch mächtige Schicht sind eine geringe isolierende Schneedecke und eine fehlende Vereisung. Durch die gute Isolationswirkung tritt Permafrost auch unter Moor und Wald auf. Teilweise erreicht er dort sogar seine größte Mächtigkeit.

Bereits im Jahr 2019 schrieb meine Kollegin Magdalena Bertelmann ein Thema des Tages über die möglichen Auswirkungen, die ein Auftauen der Permafrostböden zur Folge haben könnten (siehe ). Wussten Sie aber, dass es selbst in Deutschland Permafrost gibt?

Nun ist es sicherlich kein Geheimnis, dass es auf der Zugspitze alpinen Permafrost gibt. Allerdings findet man in einer Geröllhalde am Südhang des Berges Dornburg nördlich von Limburg an der Lahn im Westerwald in Hessen ebenfalls „ewiges Eis“. Dabei handelt es sich um ein recht seltenes Phänomen. Dabei wirkt die Geröllhalde wärmeisolierend. In einer Tiefe von etwa 50 Zentimeter bis zu zwei Meter findet man sodann massives Eis. Das darunterliegende Erdreich ist sogar bis zu acht Metern Tiefe gefroren. Natürlich schmilzt das Eis im Sommer ab und der gefrorene Erdboden taut bis zu einer Tiefe von rund zweieinhalb Metern auf. Im Winter bildet sich das Eis jedoch neu und auch der Boden friert wieder vollständig zu.

Aber wie erklärt sich dieser Effekt?
Prinzipiell lässt es sich mit der Neigung der Halde und den Basaltsteinen recht gut erklären. Durch die Steilheit der Halde entsteht ein sogenannter Kamineffekt. Die Steine besitzen hingegen große Lücken, wodurch ein stetiger Luftzug ermöglicht wird. Zudem isolieren sie die Halde nach außen hin. Aufgrund dieser Isolation ist die Luft im Innern der Halde wärmer als die Außenluft und steigt deshalb auf (wärmere Luft ist leichter als kältere). Entsprechend muss von außen kalte und feuchte Luft nachströmen. Diese kühlt wiederum die Steine ab und es bildet sich aufgrund des Wasserdampfgehaltes Eis. Dabei wird erneut Wärme frei (sogenannte latente Wärme), die ebenfalls aufsteigt und der Prozess wiederholt sich.

DWD Permafrost in Deutschland scaled

Im Sommer kehrt sich der Prozess dann um. Die Luft innerhalb der Halde ist aufgrund des kühlenden Eises kälter als die Außenluft. Entsprechend sinkt die Luft ab und tritt am Fuße aus der Halde heraus, wodurch dort dann ein eisiger Luftzug spürbar wird. Von oben strömt nun wärmere Außenluft nach, die in der Folge vom bestehenden Eis ebenfalls abgekühlt wird. Die in der Außenluft enthaltene Feuchte kann dann selbst im Sommer gefrieren und ersetzt so zumindest einen Teil des geschmolzenen Eises.

DWD Permafrost in Deutschland

Seit 1927 ist die Halde Teil des „Naturschutzgebiets Dornburg“. Davor hatte sich eine Brauerei in der Nähe niedergelassen, um diese als Kältequelle zu nutzen. Aber der Westerwald ist nicht der einzige Ort im Bereich der Mittelgebirge, wo sich ewiges Eis hält. Neben dem Harz und der Rhön findet man dieses auch im Thüringer Wald, im Schwarzwald sowie im Böhmischen Mittelgebirge im Norden von Tschechien. Dass diese Blockhalden besonders sind, sieht man nicht nur an ihrem Eis. Es haben auch bestimmte Tierarten seit der Eiszeit dort überdauern können, die sonst nur an Gletscherrändern vorkommen (z.B. Alpenspitzmaus).

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.02.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Deutschlandwetter im Januar 2023

Erste Auswertungen der Ergebnisse der rund 2000 Messstationen des DWD in Deutschland.

Besonders warme Orte im Januar 2023*

Platz Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Helgoland Schleswig-Holstein 6,0 °C +3,5 Grad
2 Köln-Stammheim Nordrhein-Westfalen 5,8 °C +3,0 Grad
3 Borkum-Flugplatz Niedersachsen 5,7 °C +4,0 Grad

Besonders kalte Orte im Januar 2023*

Platz Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Carlsfeld Sachsen -0,8 °C +2,8 Grad
2 Zinnwald-Georgenfeld Sachsen -0,7 °C +3,9 Grad
3 Neuhaus am Rennweg Thüringen -0,6 °C +3,1 Grad

Besonders niederschlagsreiche Orte im Januar 2023**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Meinerzhagen-Redlendorf Nordrhein-Westfalen 266,6 l/m² 175 %
2 Wipperfürth-Gardeweg Nordrhein-Westfalen 253,1 l/m² 192 %
3 Schierke Sachsen-Anhalt 249,6 l/m² 192 %

Besonders trockene Orte im Januar 2023**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Gottfrieding Bayern 7,2 l/m² 17 %
2 Mamming-Schneiderberg Bayern 10,4 l/m² 26 %
3 München-Flughafen Bayern 10,5 l/m² 23 %

Besonders sonnenscheinreiche Orte im Januar 2023**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Wielenbach Bayern 65 Stunden 115 %
2 Chieming Bayern 64 Stunden 95 %
3 Rosenheim Bayern 62 Stunden 110 %

Besonders sonnenscheinarme Orte im Januar 2023**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Reichshof-Eckenhagen Nordrhein-Westfalen 10 Stunden 22 %
2 Lennestadt-Theten Nordrhein-Westfalen 12 Stunden 41 %
3 Lüdenscheid Nordrhein-Westfalen 12 Stunden 31 %

Oberhalb 920 m NHN sind Bergstationen hierbei nicht berücksichtigt.
* Monatsmittel sowie deren Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt (int. Referenzperiode 1961-1990)
** Prozentangaben bezeichnen das Verhältnis des gemessenen Monatswertes zum vieljährigen Monatsmittelwert der jeweiligen Station (int. Referenzperiode, normal = 100 Prozent).

Hinweis:
Einen ausführlichen Monatsüberblick für ganz Deutschland und alle Bundesländer finden Sie im Internet unter

Meteorologe Denny Karran
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Eine turbulente Woche im Winter

Wer kennt es nicht? Man macht sich am Morgen vor dem Spiegel die Haare, verlässt mit einer nahezu perfekten Frisur das Haus und dann passiert es… Eine Windböe jagt durch die Straße und legt die Haare kurzerhand auf die andere Seite der Schädeldecke oder stellt sie kerzengerade auf: Fertig ist die „Sturmfrisur“.

In dieser Woche wird es wahrscheinlich einigen Menschen ähnlich ergehen. Denn nach einem windigen Auftakt am Montag und Dienstag geht es heute mit starken bis stürmischen, teils auch Sturmböen weiter. Auch über das Wochenende hinweg bleibt es windig und wechselhaft. Woran liegt das?

Deutschland befindet sich zurzeit wettertechnisch „zwischen den Stühlen“. Während ein Tiefdruckgebiet nach dem anderen über Skandinavien und die Ostsee hinwegjagt, hält sich über dem nahen Nordostatlantik vor den Toren Westeuropas tapfer hoher Luftdruck. Am Montag standen sich noch Tief „Nicolas“ und Hoch „Beate“ gegenüber, heute steigen hingegen Tief „Oleg“ und Hoch „Cäcilie“ in den Ring.

DWD Eine turbulente Woche im Winter

Wir befinden uns quasi dazwischen in einer strammen nordwestlichen Strömung, die uns gut durchbläst. Eingelagert in diese Strömung sind auch wiederholte schauerartige Niederschläge. Aufgrund der einfließenden milderen Meeresluft fällt dabei meist Regen – es gibt jedoch Ausnahmen. Insbesondere höher gelegene Nordweststaulagen sollten ebenfalls etwas Neuschnee abbekommen. Interessant wird es insbesondere im Bayerischen Wald und an den Alpen. Denn dort können sich die Schneemengen von Mittwoch bis Freitag in höheren Lagen auf 30 bis 80 Zentimeter akkumulieren. Am östlichen Alpenrand sind sogar punktuell 100 Zentimeter drin. Damit nicht genug, am Wochenende stehen dort laut aktueller Modellrechnungen sogar noch weitere Schneefälle an. Das Wetter ist also recht spannend in dieser Woche!

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Allerdings hängt man als Laie immer ein wenig „in der Luft“, wenn es darum geht, Neuschneemengen oder Windgeschwindigkeiten realistisch einzuordnen. Deshalb kann ein Blick auf die vergangenen Rekordwerte helfen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie heftig das bevorstehende Wetterereignis ausfallen könnte. Selbstverständlich hängt dies natürlich auch immer von den lokalen Gegebenheiten, der Anfälligkeit der Infrastruktur, etc. ab.

Beginnen wir beim Wind: Bereits an den vergangenen beiden Tagen konnten an der Nordsee und Ostsee schwere Sturmböen um 100 Kilometer pro Stunde (kurz: km/h), teils sogar orkanartige Böen bis 115 km/h registriert werden. Für die Küstenregionen stellt dies in der Regel kein allzu großes Problem dar. Bei einem ausgewachsenen Orkantief sehen die Norddeutschen schon mal Windgeschwindigkeiten weit über 120 km/h. Spitzenreiter ist die Station List auf Sylt, die sagenhafte 184 km/h registrierte, als Orkantief „Anatol“ über den Süden Skandinaviens und die Ostsee am 03. Dezember 1999 hinweg zog.

Anders sah es gestern in Berlin aus. Dort zog am späten Dienstagabend ein Gewitter auf, das nicht nur mit Blitzen und Donner einherging. Die Station in Berlin-Tempelhof registrierte gegen 20:39 Uhr eine Böe mit einer Windgeschwindigkeit von 99 km/h. Zwar sind dem Autor bisher keine nennenswerten Schäden bekannt, dennoch kann eine solche Böe in einer dicht besiedelten Großstadt natürlich größere Auswirkungen besitzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Stadt deutlich seltener von solchen Windgeschwindigkeiten heimgesucht wird. Besonders gefährlich sind dann herabstürzende Äste, Dachziegel oder umherfliegende lose Gegenstände. Auch einzelne Bäume können dabei entwurzelt werden.

Und wie sieht es beim Schnee aus? Wie sind die 100 Zentimeter am östlichen Alpenrand einzuordnen?
Der schneereichste Ort Deutschlands im Stationsnetz des Deutschen Wetterdienstes ist – wenig überraschend – die Zugspitze. Allerdings lässt die zurzeit dort gemessene Schneehöhe sehr zu wünschen übrig. Nach einer außergewöhnlich milden Periode ab der zweiten Dezemberhälfte bis in den Januar kommt der höchste Berg Deutschlands momentan lediglich auf eine Schneehöhe von 155 Zentimeter. Um an einem 01. Februar solch niedrige Schneehöhen zu sehen, muss man schon ins Jahr 2007 zurückblicken. Betrachtet man die höchste, am 01. Februar gemessene Schneehöhe, so stammt diese auf dem Jahr 1981 mit 530 Zentimetern. Die Rekordschneehöhe auf der Zugspitze stammt hingegen vom 26. April 1980 mit sagenhaften 780 Zentimeter.

Auch wenn man sich in tieferen Lagen umschaut und beispielhaft die Station Reit im Winkl im Chiemgau herauspickt, so sind die dortigen 15 Zentimeter Schneehöhe derzeit eher schwach. Am 01.02.1963 lagen dort beispielsweise schon 145 Zentimeter, geht man noch etwas weiter zurück, so wurden am 10.03.1945 sagenhafte 221 Zentimeter gemessen. Wie dem auch sei, die Alpenregionen können den Neuschnee auf jeden Fall gut vertragen.

Die Frage ist eben nur, in welcher Zeit solche Mengen niedergehen und wo. Da die Neuschneemengen voraussichtlich nur in höheren Berglagen zusammenkommen, sollten sich die Auswirkungen auf die Infrastruktur meist in Grenzen halten. Höher gelegene Straßen und Wege können jedoch stellenweise unpassierbar werden. Aber auch in einigen Alpentälern ist nicht ganz ausgeschlossen, dass es dort zumindest vorübergehend auch mal bis in tiefe Lagen schneit. 100 Zentimeter sind dann aber nicht drin. Wie dem auch sei, für die Hochlagen sind Mengen bis 100 Zentimeter in 48 Stunden ebenfalls recht selten. Entsprechend laufen aktuell auch Unwetterwarnungen für die entsprechenden Höhen. Dazu kann dort ein stürmischer Wind für größere Schneeverwehungen und Triebschneeansammlungen sorgen, wodurch auch eine erhöhte Lawinengefahr aufkommen dürfte.

Weitere Infos zur Wetterlage sowie stets aktuelle Warnungen finden Sie unter www.dwd.de oder in der WarnWetter-App. Schauen Sie doch mal rein! Denn neben Sturm und Schnee können durchaus auch lokal eng begrenzt Gewitter, Dauerregen, Frost und Glätte auftreten.

MSc.-Met. (Meteorologe) Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.02.2023
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