Clear Air Turbulence – die unsichtbare Gefahr

Aktuell ist die Warnkarte des Deutschen Wetterdienstes nahezu leer. Auch letzten Donnerstag, den 25.05.2023 gab es in keinem einzigen Landkreis eine Wetterwarnung. Ruhige Zeiten also für die Meteorologen im Vorhersagedienst. Letzten Donnerstag traf das aber nicht auf alle Bereiche in der Meteorologie zu. Im Flugwetterdienst war nämlich einiges los. Ein Kaltlufttropfen sorgte in der Höhe für starke Turbulenzen. Am Boden bekommt man davon nichts mit. Für die Luftfahrt sind das aber wichtige Informationen. Durch die Warnung vor starker Turbulenz werden die meteorologische Sicherheit der Luftfahrt gewährleistet und Flugrouten optimiert. Wie kam es genau zu den Turbulenzen und wie werden diese prognostiziert?

Clear Air Turbulence (CAT) oder auf deutsch Klarluftturbulenz ist mit dem bloßen Auge nicht zu sehen, da es sich um Turbulenz in wolkenfreier Luft handelt. Die CAT wird durch das Aufeinandertreffen von signifikant andersartigen Luftmassen verursacht, die sich mit stark unterschiedlichen Geschwindigkeiten in Höhen oberhalb 6 Kilometern bewegen. Durch den ungleichen Charakter der Luftmassen entsteht an der Zone des Zusammentreffens ein Bereich erhöhter Windgeschwindigkeiten auch Jetstream genannt. Die horizontale Erstreckung von Gebieten mit CAT liegt bei 80 Kilometern, kann sich aber auch auf einen Bereich bis 500 Kilometer erstrecken. Die vertikale Ausdehnung beträgt im Mittel 600 Meter. Die unteren Grenzwerte liegen bei 20 bis 30 Metern. Diese Art von Turbulenz ist besonders gefährlich für die Luftfahrt, da sie im Gegensatz zu anderen Wetterphänomenen, wie zum Beispiel Gewittern oder Vereisung, weder mit dem bloßen Auge noch mit Radar geortet werden kann. Die Turbulenzen sind aber meist zu schwach, um ein Verkehrsflugzeug stark zu beschädigen oder zu zerstören. Es kam jedoch schon zu kleineren Beschädigungen an Luftfahrzeugen sowie zu verletzten Passagieren (meist nicht angeschnallt).

 

DWD Clear Air Turbulence die unsichtbare Gefahr

DWD Clear Air Turbulence die unsichtbare Gefahr 1

DWD Clear Air Turbulence die unsichtbare Gefahr 2

Letzten Donnerstag gab es einen typischen Fall für CAT. In der unteren Troposphäre herrschte Hochdruckeinfluss vor. Ein kräftiges Hoch über den Britischen Inseln streckte einen Keil über Deutschland hinweg bis nach Südosteuropa. In der mittleren und oberen Troposphäre zirkulierte jedoch zwischen Frankreich und dem Südwesten Deutschlands ein Kaltlufttropfen. Die unterschiedlichen Luftmassen sind im Luftmassen RGB (Abbildung 1) gut zu sehen. Im rot gefärbten Bereich ist die Luftmasse sehr trocken und kalt.

Während über dem Südosten Deutschlands eine warme und feuchte Luftmasse vorherrschte (in der Abbildung bläulich). Die unterschiedlichen Eigenschaften der Luftmassen werden auch in den Radiosondenaufstiegen von Idar-Oberstein und Oberschleißheim deutlich. Der Aufstieg von Idar-Oberstein erfolgte in der trockenen und kalten Luftmasse (im roten Bereich), während das Vertikalprofil von Oberschleißheim die wärmere und feuchtere Luftmasse repräsentiert (Abbildung 2). An der Grenze zwischen den unterschiedlichen Luftmassen entwickelte sich ein Starkwindband. Im ICON 6-Modell konnte man die simulierten Windgeschwindigkeiten des Jetstreams an der Nordwestflanke des Kaltlufttropfens mit Spitzengeschwindigkeiten von 120 Knoten (etwa 220 Kilometer pro Stunde) gut erkennen. (siehe Isotachen-Darstellung in Abbildung 3)

Die Zutaten für starke Turbulenz in der Troposphäre waren also gegeben. Es gab zwei signifikant unterschiedliche Luftmassen in der Höhe. Und es hat sich im Grenzbereich der beiden Luftmassen ein Jetstream entwickelt. Wo genau sich jetzt die CAT-Zone befindet, lässt sich durch die Zusammenschau von Radiosondenaufstiegen und Satellitenbilder verifizieren. Doch um bereits vor dem Ereignis warnen zu können, werden numerische Vorhersagemodelle herangezogen. Dabei sind zum einen die Windprognosen in unterschiedlichen Höhenstufen wichtig. Zum anderen wird aber auch die Berechnung des Eddy Dissipiation Parameters zu Rate gezogen. Der Eddy Dissipitation Parameter (EDP) wird aus der berechneten turbulenten kinetischen Energie hergeleitet. Der Parameter wurde bereits jahrelang verifiziert und mit Meldungen aus dem Cockpit sowie Messungen durch spezielle Mess-Flugzeuge verglichen. Inzwischen ist die Bereitstellung des EDP für die Luftfahrt operationalisiert und wird als Grundlage zur Turbulenzeinschätzung für die Luftfahrt routinemäßig herangezogen. Auch letzten Donnerstag haben die Berechnungen des EDP ein Gebiet mit starker Turbulenz über Deutschland prognostiziert. (Abbildung 4)

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Die Zusammenschau der vorliegenden Messungen und numerischen Modellparameter führte letztendlich zur Ausgabe einer Warnung vor einer signifikanten meteorologischen Erscheinung für die Luftfahrt – kurz SIGMET abgekürzt. Da Wetterphänomene sowie der innereuropäische und internationale Luftverkehr nicht an politischen Grenzen enden, ist eine Absprache mit den angrenzenden Wetterdiensten von großer Bedeutung. Dies beugt Irritationen durch widersprüchliche Wetterinformationen vor. In diesem Fall hat die Region der starken Turbulenz nicht nur den deutschen Luftraum beeinflusst, sondern auch den französischen. Dank der Absprache zwischen der Flugwetterzentrale des Deutschen Wetterdienstes in Frankfurt mit dem Büro der Météo France in Toulouse, wurde eine einheitliche Warnung vor schwerer Turbulenz in einem Bereich zwischen Flughöhe 250 und 340 (also zwischen 7500 Metern und 10000 Metern über NN) ausgegeben.

So unerwartet wie vielleicht angenommen, treten die Turbulenzen also gar nicht mehr auf. Die numerischen Modelle können schon viele der unsichtbaren Turbulenzbereiche prognostizieren. Und auch Satellitenmessungen geben Auskunft über Gefahrenbereiche, auch wenn diese nicht durch auffällige Wolkenformationen gekennzeichnet sind. Durch die Warnungen können Piloten den größeren Gebieten gefährlicher Turbulenzen ausweichen, sodass es oft gar nicht mehr so turbulent im Flieger wird. Es ist jedoch wohl weiterhin ratsam, angeschnallt zu bleiben.

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M.Sc. Sonja Stöckle (Meteorologin)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.05.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

„Immer dieser kalte Ostwind“

„Schon wieder dieser kalte Ostwind!“, so oder so ähnlich wurde es in den letzten Wochen häufig kolportiert. Die meisten werden in diesem Frühling das Gefühl einfach nicht los, dass an den meisten Tagen ein äußerst beständiger, böiger Ostwind weht, der die ohnehin meistens nur mäßig warme Luft deutlich kälter erscheinen lässt.

Woher der Wind bei uns weht, hängt von der Verteilung der Druckgebilde, also der Hochs und Tiefs ab. Man spricht dabei auch von einer bestimmten Großwetterlage. Sie ist definiert durch eine mittlere Luftdruckverteilung in Meereshöhe und der mittleren Troposphäre (bis ca. 10 km Höhe) in einem großen Gebiet und über eine Dauer von mehreren Tagen. Der Deutsche Wetterdienst klassifiziert die Großwetterlagen nach dem von Paul Hess und Helmuth Brezowsky entwickelten Schema. Dabei wird insgesamt zwischen 29 Großwetterlagen unterschieden, die wiederum in 7 Großwetterlagentypen und 3 Zirkulationsformen gruppiert werden. Unabhängig davon spricht man bei einem Übergang zwischen zwei Wetterlagen von einer Übergangswetterlage. Eine vollständige Beschreibung und Liste der Großwetterlagen finden Sie im DWD-Wetterlexikon.

Der Übersicht halber beschränken wir uns auf die Zirkulationsformen. Hier definiert man die sogenannte „zonale“, „gemischte“ und „meridionale“ Form. Bei der zonalen Zirkulation befinden wir uns zwischen tiefem Luftdruck nördlich von uns und hohem Luftdruck südlich von uns in einer mehr oder weniger glatten West-Ost-Strömung. Es weht also ein Wind aus westlicher Richtung. Bei einer gemischten Zirkulation verschieben sich die Druckgebilde soweit, dass der Wind eine Nord- oder Südkomponente bekommt (also aus Nordwest oder Südwest weht) oder sich ein Hoch oder Tief über Mitteleuropa befindet. Die meridionale Zirkulation ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Nord- oder Südströmung über Mitteleuropa, je nachdem, ob sich die Tiefs westlich oder östlich von uns aufhalten. Aber auch kräftige, oft stationäre und im Fachjargon als blockierend bezeichnete Hochdruckgebiete über Nord- und Nordosteuropa gehören dazu. Letztere sind ein Garant für Winde aus östlichen Richtungen (von Nordost bis Südost). Wollen wir also Großwetterlagen mit östlicher Strömung identifizieren, müssen wir nach den meridionalen Zirkulationsformen schauen.

DWD Immer dieser kalte Ostwind

Im oberen Diagramm der gezeigten Abbildung wird die über den Zeitraum von 1881 bis 2008 gemittelte, relative Häufigkeit der Zirkulationsformen für die jeweiligen Monate dargestellt. Wir erkennen, dass die meridionale Zirkulationsform im Mittel im Frühling Hochkonjunktur hat. Soweit, so gut. Allerdings fallen nur etwas mehr als die Hälfte der Tage im April und Mai auf diese Zirkulation. Der Anteil der Ostlagen, der als Linie im Diagramm eingeblendet ist, liegt lediglich bei rund 20%. Nur an 2 von 10 Tagen wäre demnach ein östlicher Wind zu erwarten. Im unteren Diagramm wird die Verteilung der Zirkulationsformen für den Zeitraum von Januar bis Mai 2023 dargestellt. Nachdem im Januar, Februar und März gemischte Zirkulation und zonale Westlagen dominierten, konnten wir im April und Mai einen enormen, bezogen auf das Klimamittel äußerst ungewöhnlichen Zuwachs an meridionalen Wetterlagen verzeichnen. An etwa Dreiviertel der Tage konnte eine meridionale Zirkulationsform klassifiziert werden. Noch bemerkenswerter ist allerdings die Tatsache, dass es sich im April ausschließlich, im Mai zu einem großen Teil um Ostlagen handelte. Eine relative Häufigkeit von 70% bedeutet, dass an 7 von 10 Tagen ein Wind aus vorwiegend östlichen Richtungen wehte.

Es lässt sich also statistisch belegen, dass wir seit April ungewöhnlich oft mit Ostwind zu tun haben. Der subjektive Eindruck des unangenehmen Ostwindes ist wohl meistens ein Resultat einer kognitiven Dissonanz oder wird zumindest durch diese verstärkt: Einerseits sind die mit dem Ostwind herangeführten Luftmassen trocken, sodass die Sonne oft von einem stahlblauen Himmel scheint, womit optisch der Eindruck eines warmen Sommertages erzeugt wird. Andererseits kann mit der östlichen Strömung die im Frühling über Osteuropa teilweise noch lagernde Kaltluft angezapft werden, sodass ein thermisches Empfinden entsteht, das dem optischen Eindruck sehr gegensätzlich sein kann. Erst im Sommer, wenn sich die Landmassen und damit auch die Luft über Osteuropa stark erwärmt haben, wird der Ostwind wärmer und als nicht mehr ganz so unangenehm empfunden.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.05.2023

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Es qualmt und raucht – besser nicht

„Wer kann schon Tabak in Nahrung verwandeln?“ Mit dieser rhetorischen Frage wird in diesem Jahr das Motto des Weltnichtrauchertags eingeleitet, der traditionell am 31. Mai begangen wird und 1987 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufen wurde. Die Deutsche Krebshilfe und das Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. weisen in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass auch vermeintlich „gesündere“ Alternativen wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer Umweltschäden verursachen. Dazu gehören neben der Anbaufläche für den Tabak, der potentiell auch für Nahrungsmittel genutzt werden könnte, die Kosten für die Produktion und Entsorgung. Tabakstifte, Nachfüllfläschchen, Metall, Batterien/Akkus, all das führt neben den Plastikbestandteilen zu großen Mengen an Sondermüll. Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in Deutschland. Laut Bundesministerium für Gesundheit haben sich die Zahlen der rauchenden Jugendlichen (12-17 Jährigen) von 27,5 (im Jahr 2001) auf 6,6 Prozent (2018) und der jungen Erwachsenen von 44,5 (2001) auf 24,8 Prozent (2018) erheblich reduziert. Der Anteil der Raucher in der erwachsenen Bevölkerung ist dagegen nur leicht rückläufig. Im Schnitt raucht etwa jeder Vierte. Dabei besteht nach wie vor ein leichtes geschlechtliches Ungleichgewicht. Mit 27 Prozent rauchen mehr Männer als Frauen (20,8 Prozent).

Wer dieser Tage seine Kippe auf Wald und Wiese achtlos wegwirft oder unbedacht „wild“ grillt, der riskiert rasch einen wahren Flächenbrand. So ist laut Feuerwehr vermutlich auch der Moorbrand im Hohen Venn im deutsch-belgischen Grenzgebiet bei Aachen auf menschliche Unachtsamkeit zurückzuführen. Seit Montagabend sind mehr als 170 Hektar verbrannt und über 100 Feuerwehrleute im Einsatz. Durch das schwer zugängliche Gebiet konnte das Feuer nur durch Wasserschneisen unter Kontrolle gebracht werden. In die Schlagzeilen geriet auch der Moorbrand im September 2018 in Meppen (Emsland), wo auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 91 Raketenerprobungen durchgeführt wurden und versehentlich die Moorfläche in Brand setzten. Unterirdische Schwelbrände im Torf, trockene Böden und böige Winde aus wechselnden Richtungen erschweren die Löscharbeiten generell extrem.

DWD Es qualmt und raucht besser nicht

Nun legte das Frühjahr 2023 zwar einen überaus wechselhaften und nassen Start hin, in den vergangenen Wochen kam allerdings nicht mehr sonderlich viel Niederschlag hinzu. Gerade im Nordosten war die Trockenheit im Mai so markant wie selten zuvor. Schaut man sich einmal die aus dem Radar ableiteten Regensummen der vergangenen 2 Wochen an, so erkennt man vor allem von der Nordsee bis zum Harz und nach Ostwestfalen, sowie an den Alpen größere Areale mit flächendeckenden 10 bis 30, lokal um 50 mm. Ansonsten sind abgesehen von örtlichen Schauern und Gewitter, die kleinräumig etwas mehr Regen brachten, kaum nennenswerte Summen zu verzeichnen. In einigen Regionen blieb es gänzlich trocken, so auch im Hohen Venn bei Aachen am Nordrand der Eifel (NRW).

Die anhaltende Trockenheit in Kombination mit einer hohen Verdunstung und tagsüber böigem Wind begünstigt eine hohe Waldbrandgefahr, die inzwischen nahezu landesweit auf einem alarmierenden Niveau angelangt ist (Stufe 3 bis 4 von 5). Der Waldbrandgefahrenindex WBI beschreibt das meteorologische Potential für die Gefährdung durch Waldbrand. Er zeigt die Waldbrandgefahr in 5 Gefahrenstufen an: 1= sehr geringe Gefahr bis 5 = sehr hohe Gefahr. Der WBI dient den für die Waldbrandvorsorge verantwortlichen Landesbehörden zur Einschätzung der Waldbrandgefahr und zur Herausgabe von Warnungen. Die Waldbrandgefahrenstufen des DWD bilden somit die Grundlage für eine auf Landesebene harmonisierte Waldbrandgefahrendarstellung. Die örtliche Einschätzung der Waldbrandgefahr kann allerdings vom DWD-Produkt abweichen.
Weitere Informationen hierzu finden Sie auf den Internetseiten der Landesforstbehörden, die Sie über erreichen.

DWD Es qualmt und raucht besser nicht 1

Nun sind die Aussichten für die kommenden Tage leider nicht sonderlich vielversprechend. Am morgigen Donnerstag und Freitag sorgt teils kompakte Bewölkung bei etwas kühleren Temperaturen im Norden und Nordwesten für eine vorübergehende Linderung. Ansonsten bleibt die Gefahrenlage bei nahezu gleichbleibenden Wetterverhältnissen, sprich viel Sonnenschein bei anhaltender Trockenheit, mindestens bis Ende der kommenden Woche brisant.

Dipl.-Met Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.05.2023

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Start der Hurrikansaison mit rekordwarmem Nordatlantik

Seit Anfang März ist das oberflächennahe Wasser des Nordatlantiks zwischen dem Äquator und 60 Grad Nord sowie dem Null-Meridian und 80 Grad West so warm wie nie zuvor seit es Satellitenbeobachtungen (Start 1981) gibt. Nun ist es bei fortschreitender Erwärmung des Klimas und damit auch der Ozeane nicht überraschend, dass auch der Nordatlantik von Zeit zu Zeit neue Rekorde hinsichtlich der Temperatur erreicht. Doch die derzeitige Rekordphase ist in zweierlei Hinsicht außergewöhnlich. Zum einen ist es der Abstand zu den vorherigen Rekordhaltern (Abbildung 1). Es sind zwar nur einige Zehntel Grad Celsius, doch gemittelt auf solch eine große Fläche ist dies enorm. Zum anderen ist es die ungewöhnlich lange Andauer von mittlerweile knapp drei Monaten, in der die Temperatur über allen bisherigen Jahren liegt.

DWD Start der Hurrikansaison mit rekordwarmem Nordatlantik

Gründe für Erwärmung, Südteil des Atlantiks im Fokus

Neben der allgemeinen Erwärmung der Ozeane durch eine wärmere Troposphäre in Folge des Klimawandels hat wahrscheinlich ein sich wiederholende Großwetterlage über dem Nordatlantik eine Rolle für die hohen Temperaturen gespielt. Verschiebung von Hoch- und Tiefdruckgebieten führten zu vergleichsweise geringen Luftdruckgegensätzen über Teilen des Ozeans. Als Folge schwächten sich die beständigen Nordostwinde, auch Passatwinde genannt, über dem Südteil des Nordatlantiks ab. Geringere Windgeschwindigkeiten führen zu einem niedrigeren Seegang und dieser wiederum zu einer schwächeren Durchmischung des warmen Oberflächenwassers mit dem kälteren Tiefenwasser. Die Folge: steigende Meeresoberflächentemperatur.
Besonders hoch im Vergleich zum Klimamittel sind derzeit die Temperaturen des Ost- und Südteils des Nordatlantiks (Abbildung 2). Gebietsweise betragen die positiven Abweichungen dort mehr als drei Grad Celsius. Von besonderem Interesse ist der Südteil des Nordatlantiks. Dort liegt die Hauptentstehungsregion für tropische Wirbelstürme. Typischerweise ziehen im Sommer und Herbst Gewitterkomplexe vom afrikanischen Kontinent auf den südlichen Nordatlantik, wo sie sich bei günstigen Bedingungen auf ihrer Drift nach Westen zu tropischen Wirbelstürmen verstärken können.‘

DWD Start der Hurrikansaison mit rekordwarmem Nordatlantik 1

Entstehung tropischer Wirbelstürme

Ein entscheidender Parameter für die Bildung und Intensität von tropischen Wirbelstürmen ist die Meeresoberflächentemperatur des Ozeans. Die derzeit deutlich erhöhten Wassertemperaturen in der Hauptentstehungsregion sprechen also zunächst einmal für verbesserte Bedingungen für die Bildung dieser Stürme. Doch die Wassertemperatur ist nur ein Faktor. Weitere Faktoren sind Stabilität der Troposphäre (mehr Hochdruck) und vor allem die Stärke der vertikalen Windscherung, also sich in Intensität und Richtung ändernde Winde innerhalb der Troposphäre. Konkret: Eine wenig stabile Troposphäre und eine nur schwach ausgeprägte vertikale Windscherung sind förderlich für die Entstehung tropischer Wirbelstürme.

El Niño als Gegenspieler und Prognosen

Um die Aktivität der kommenden atlantischen Hurrikansaison abschätzen zu können, braucht es den Blick zum Pazifik. Dort findet gerade der Wechsel von La Niña zu El Niño ) statt. Großräumig ändern sich dort derzeit die Zirkulationsmuster in der Atmosphäre und die Meeresoberflächentemperatur des Ozeans. Dies hat auch Auswirkungen auf den Nordatlantik. Typischerweise verstärkt sich unter El Niño die vertikale Windscherung und atmosphärische Stabilität über dem Nordatlantik. Dies wäre hinderlich für die Bildung tropischer Wirbelstürme. Zum Start der Hurrikansaison gibt es Faktoren, die für und gegen eine schwache oder starke Saison sprechen. Eine Prognose ist somit besonders schwierig. Verschiedene Institute privater und staatlicher Natur versuchen sich Jahr für Jahr an einer Prognose. Dieses Jahr gehen die Schätzungen besonders weit auseinander und reichen von einer unterdurchschnittlichen bis weit überdurchschnittlichen Saison (Abbildung 3). Im langjährigen Schnitt sind sieben Hurrikane in einer Saison zu verzeichnen gewesen. Die National Oceanic and Atmospheric Adminstration (NOAA) mit ihrem National Hurricane Center (NHC) ist verantwortlich für die Warnungen vor tropischen Stürmen auf dem Nordatlantik und geht derzeit von einer durchschnittlichen Saison aus.

DWD Start der Hurrikansaison mit rekordwarmem Nordatlantik 2

Wie viele Stürme es am Ende auch sein werden, bereits ein einzelner Hurrikan, der auf Land trifft, kann prägend für die gesamte Saison sein.

M.Sc Thore Hansen ( Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.05.2023
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VERA macht Sonne

War der Frühling bisher von Tiefdruckgebieten mit vielen Wolken, wiederholten Regenfällen und starkem Wind geprägt, hat nun zum Ende des meteorologischen Frühlings mit VERA endlich auch einmal ein Hoch die Regentschaft übernommen. VERA (oder ihre Ableger bzw. ihre Nachfolgerin WIOLA) macht aber nicht nur Mittag bei uns, sondern möchte über das Pfingstfest hinaus Deutschland mit viel Sonnenschein verwöhnen. Wo viel Licht (Sonne) ist, da ist bekanntlich aber auch viel Schatten.

In diesen sollten sich alle Menschen flüchten, wenn sie bei Aktivitäten im Freien nicht an ausreichenden Sonnenschutz denken. So entfaltet die Sonne knapp einen Monat vor ihrem höchsten Stand zum astronomischen (kalendarischen) Sommeranfang am 21. Juni 2023 derzeit schon enorme Kraft, was sich in Deutschland in den kommenden Tagen in einem UV-Index mit Werten meist zwischen 6 und 8 widerspiegelt. Ein Wert von 6 bis 7 heißt, dass die gesundheitliche Gefährdung hoch ist, bei Werten von 8 bis 10 ist sie sehr hoch. Viele weitere Informationen zum UV-Index gibt es im Thema des Tages vom 6. Mai 2023 unter

DWD VERA macht Sonne

Mit dem üppigen Sonnenschein und den überwiegend nur wenigen Wolken fällt in den kommenden Tagen außerdem kaum noch Regen, sodass die Trockenheit in vielen Teilen Deutschlands wieder zunimmt. Zwar zehrt der Oberboden bis 25 cm Tiefe meist noch von den reichlichen Niederschlägen der vergangenen Wochen, im Gesamtboden bis 1,8 m gibt es aber vor allem im Osten immer noch einige Regionen mit Dürre (siehe dazu auch den Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung GmbH (UFZ) unter ). Dort ist in den letzten Monaten bei Weitem nicht so viel Regen gefallen wie im Westen und Südwesten, sodass die vergangenen trockenen Jahre immer noch nachwirken.

DWD VERA macht Sonne 1

Die Trockenheit bedingt darüber hinaus eine erhöhte Waldbrandgefahr (siehe ). Diese wird beim DWD mit dem Waldbrandgefahrenindex WBI in einer fünfteiligen Skala erfasst bzw. vorhergesagt. Je höher der Index, desto höher die Waldbrandgefahr. In den kommenden Tagen liegen die Werte zunehmend häufig bei 3 bis 4, womit eine mittlere bis hohe Waldbrandgefahr gegeben ist. Durchweg hohe Werte von 3 bis 4 weist auch der Graslandfeuerindex auf (siehe ), womit die Feuergefährdung von offenem, nicht abgeschattetem Gelände mit abgestorbener Wildgrasauflage ohne grünen Unterwuchs beschrieben wird.

DWD VERA macht Sonne 2

Neben all diesen Schattenseiten ist noch eine weitere negative Auswirkung des aktuellen Wetters zu verzeichnen: Durch das trockene Wetter hat der Pollenflug der Gräser (siehe) stark zugenommen, was bei Allergikern für „verschnupfte Nasen“ und tränende Augen sorgt. Neben den Gräsern sind derzeit auch Birken- und Roggenpollen unterwegs. Die Belastung von Birkenpollen ist dabei nur noch gering, weil die Saison gerade zu Ende geht. Die Roggenpollen dagegen haben Anfang Juni Hochsaison, sodass deren Belastung aktuell zunimmt. Ihre Saison endet dann Anfang Juli.

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Wann das Wetter dann ein „Einsehen“ hat, ist derzeit ziemlich offen. Am Sonntag driftet von Norden her zwar eine wenig wetteraktive Kaltfront in den Norden Deutschlands, mehr als ein paar kompakte Wolkenfelder liefert sie allerdings nicht. Danach deuten die Modelle anhaltenden Hochdruckeinfluss an, wobei die Temperaturen mit 25 Grad oder mehr häufig im sommerlichen Bereich liegen. Das passt aber auch wieder gut zum meteorologischen Sommeranfang am kommenden Donnerstag (1. Juni 2023).

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.05.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

„Karl the Fog“

All that is sunny does not glitter, not all those in the fog are lost.“ („Nicht alles, was sonnig ist, glänzt, nicht alle im Nebel sind verloren.“) So begrüßt @KarlTheFog die Besucher seines Twitter-Accounts. Ja, der Nebel entlang der kalifornischen Westküste und insbesondere in der San Francisco Bay Area besitzt sogar eigene Internetseiten (mehr dazu am Ende).

Was ist die Ursache des Nebels?

Der Nebel in San Francisco und Umgebung wird als Advektionsnebel bezeichnet, der sich horizontal bewegt und entsteht, wenn feucht-warme Luft über eine kältere Oberfläche strömt und dabei abgekühlt wird. Hauptursache ist die Wechselwirkung zwischen dem kalifornischen Festland, dem Pazifischen Ozean und bestimmten Meeresströmungen. Über dem Nordpazifik kann sich die untere Atmosphärenschicht, die sogenannte „Meeresschicht“, über tausende von Kilometern durch Verdunstung vom Ozean mit Wasserdampf anreichern. Durch das typischerweise vorherrschende Nordpazifikhoch wird diese vergleichsweise kühle Meeresluft mit einer nordwestlichen Strömung nach Kalifornien geführt. Unmittelbar entlang der Küste kommt es im Ozean zu einem starken Auftrieb, der kalte unterirdische Gewässer nach oben befördert.

Dadurch herrschen entlang der Küste ganzjährig Wassertemperaturen von nur 11 bis 14 °C. Diese kalten Meeresströmungen kühlen die Meeresschicht entlang der Küstenlinie weiter ab, der Wasserdampf kondensiert und es bildet sich Nebel. Gleichzeitig kann sich im Sommer das kalifornische Festland stark aufheizen. Temperaturen von 40 °C sind dort keine Seltenheit. Dadurch entsteht ein starker Druckunterschied zwischen dem Landesinneren (tiefer Luftdruck) und dem Pazifik (hoher Luftdruck). Dieser dreht die nordwestlichen Winde entlang der Küste auf West, womit der Nebel landeinwärts „schwappen“ kann. Die ca. 50 km nordwestlich von San Francisco gelegene Meerzunge „Point Reyes“ kommt so auf durchschnittlich 200 Nebeltage pro Jahr und ist der nebligste Ort der nordamerikanischen Pazifikküste.

DWD Karl the Fog

Wann tritt der Nebel auf?

„Karl“ legt sich folglich hauptsächlich im Sommerhalbjahr über die Stadt, normalerweise von April/Mai bis Oktober, mit dem Höhepunkt der Nebelsaison im Juli und August. Während das Nebelhorn der Golden Gate Bridge im März durchschnittlich nur 30 Stunden ertönt, warnt es im Juli und August jeweils etwa 160 Stunden durchfahrende Schiffe vor schlechter Sicht.

Der Nebel durchläuft dabei einen typischen Tageszyklus. Das morgendliche Sonnenlicht durchdringt die Nebelschicht und erwärmt die Erdoberfläche sowie anschließend die darüber liegende Meeresschicht. Dadurch setzt turbulente Durchmischung ein, die allmählich den Nebel auflöst. Er zieht sich üblicherweise gegen Mittag Richtung Küste zurück. Bis zum Nachmittag erwärmt sich die Luft über der Stadt weiter, wodurch ein kleines Wärmetief entsteht. Als Folge setzt ein Wind vom Meer Richtung Stadt ein, der die kühle Meeresschicht samt Nebel wieder über die Stadt fließen lässt.
Durch die Golden-Gate-Meerenge, über die die gleichnamige Brücke führt, wird das Ansaugen des Nebels noch verstärkt. Dort kann man besonders eindrucksvoll beobachten, wie der Nebel vom Pazifik kommend durchs Golden Gate zieht und die Brücke zunehmend im Nebel verschwindet. Nachts kühlt sich die Luft auch weiter landeinwärts ab, sodass der Wind einschläft und der Nebel bis zum nächsten Morgen über der Stadt liegenbleibt.

DWD Karl the Fog 1

Wenn die Meeresschicht relativ dünn ist, bilden die bekannten Hügel, die sich quer durch San Francisco ziehen, eine Barriere. Von oben kann man so am Morgen im Westen auf ein Nebelmeer blicken, während die Wolkenkratzer im Osten der Stadt bereits im Sonnenlicht glänzen. Daher ist es im Sommer in den östlichen Stadtteilen viel sonniger und wärmer als in den westlichen Wohnvierteln.

Wird der nachmittägliche Seewind durch ein schwaches Tief über dem Pazifik verstärkt, kann der Nebel weiter landeinwärts vordringen. Vor allem die westlichen Stadtteile bekommen mitunter bis zu zwei Wochen oder länger keine Sonne zu Gesicht. Einheimische sprechen dann von „May Grey„, „June Gloom„, „No Sky July“ oder „Fogust„.

DWD Karl the Fog 2

DWD Karl the Fog 3

Welche Auswirkungen hat der Nebel?

Karl the Fog“ beschert San Francisco ein besonderes Mikroklima. Im Gegensatz zum im Sommer tagsüber oft sehr heißen amerikanischen Kontinent hat der Nebel in Kombination mit dem vom Pazifik wehenden Seewind eine kühlende Wirkung. Selbst im Hochsommer steigen die Temperaturen nachmittags durchschnittlich nur auf knapp 20 °CSan Francisco wird quasi natürlich klimatisiert und weist unter allen größeren Städten der USA im Sommer die kühlsten Nachmittagstemperaturen auf.

Karl the Fog“ als Influencer

Wie schon angedeutet, ist „Karl“ zum Internetstar oder neudeutsch „Influencer“ geworden. Seit August 2010 besitzt er den Twitter-Account @KarlTheFog und hat mittlerweile über 350.000 Follower. Auf seinem Kanal twittert er regelmäßig launige und mitunter sehr amüsante Kommentare über sich und seine Heimat oder zeigt auf Fotos seinen Facettenreichtum. Auch auf Instagram und dem Fotosharing-Dienst Flickr ist er sehr präsent. Werfen Sie mal einen Blick auf diese Seiten und lernen die Schönheit und den Humor von @KarlTheFog kennen. Und falls Sie mal in San Francisco sind, scheuen Sie sich nicht, ihn zu fotografieren und Ihre Aufnahmen zu posten. „Karl the Fog“ freut sich über jedes Foto, das Sie mit ihm und anderen Followern teilen – man könnte auch behaupten, er steht gerne im Rampenlicht.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.05.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

El Niño steht wohl bevor…

Der Pazifische Ozean ist derzeit noch unter ENSO-neutralen Bedingungen (weder La Niña noch El Niño). Die Meeresoberflächentemperaturen sind im Westen und im Osten des tropischen Pazifiks jedoch bereits wärmer als im Durchschnitt. Während alle internationalen Klimamodelle darauf hindeuten, dass die Temperaturen im tropischen Pazifik während des Winters auf der Südhalbkugel sehr wahrscheinlich die Schwellenwerte für El Niño erreichen werden, ist für die Deklarierung eines El Niño-Ereignisses auch eine Reaktion der Atmosphäre erforderlich. Bislang ist bei den atmosphärischen ENSO-Indikatoren nur eine geringe Veränderung zu beobachten, wobei Passatwinde und Bewölkungsmuster im Pazifik weiterhin eher auf ENSO-neutrale Bedingungen hindeuten. Der 30-Tage-Index der Südlichen Oszillation (SOI) ist zwar mittlerweile unter den El-Niño-Schwellenwert gesunken, aber es sind dauerhafte Werte bzw. Abweichungen erforderlich, um als Teil einer El-Niño-Reaktion zu gelten.

Der SOI-Index ist ein standardisierter Index, der auf den gemessenen Unterschieden des Luftdrucks auf Meeresspiegelhöhe (SLP) zwischen Tahiti und Darwin (Australien) basiert. Der SOI ist ein Maß für die großräumigen Luftdruckschwankungen zwischen dem westlichen und dem östlichen tropischen Pazifik (d.h. dem Zustand der Südlichen Oszillation) während El-Niño- und La-Niña-Episoden. Die negative Phase des SOI steht für niedrigeren Luftdruck auf Tahiti gegenüber höherem Luftdruck in Darwin. Längere Perioden negativer (positiver) SOI-Werte fallen mit ungewöhnlich warmen (kalten) Meerestemperaturen im östlichen tropischen Pazifik zusammen, die typisch für El Niño (La Niña) – Episoden sind.
Weitere Informationen finden Sie hier, speziell zum SOI-Index: oder aber allgemeine Infos im Wetter- und Klimalexikon des DWD, unter El Niño und La Niña: .

Der ENSO-Ausblick bleibt aktuell bei El Niño WATCH (siehe hier: ). Letzteres bedeutet, dass ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines El Niño in diesem Jahr besteht, mindestens doppelt so hoch wie die übliche Wahrscheinlichkeit. Die Historie zeigt interessanterweise, dass sich in etwa der Hälfte der Jahre, in denen der ENSO-Ausblick das Niveau El Niño WATCH erreicht hat, auch ein El Niño entwickelt hat!

Ein ausgewachsener El Niño im tropischen Pazifik kann als gekoppeltes Ozean-Atmosphäre-Phänomen mitunter erhebliche Auswirkungen auf das Wetter bzw. die Witterung bis hin zu kurzfristigen Klimaschwankungen (auf der Skala von einigen Monaten bis zu einem Jahr) rund um den Globus haben.

Zu diesen Folgen gehören unter anderem verstärkte Niederschläge im Süden der USA und in Peru, die in der Vergangenheit zu zerstörerischen Überschwemmungen geführt haben, sowie anhaltende Trockenheit im Westpazifik, die mitunter mit verheerenden Buschfeuern in Australien einhergeht.
Letztere sind nur einige der unmittelbar möglichen Auswirkungen von El Niño.
Die kontinuierliche Beobachtung der Bedingungen (atmosphärische und ozeanische) im tropischen Pazifik gilt somit als essentiell für die Vorhersage von kurzfristigen Klimaschwankungen.

Dr. rer. nat. Jens Bonewitz (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.05.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Lokale Unwetter mit Überschwemmungen

Eine Tiefdruckzone, getauft auf den Namen „David“, hat vor allem in der Westhälfte Deutschlands am gestrigen Montag für teils unwetterartige Gewitter gesorgt. Im Fokus lag dabei ganz klar der Starkregen, denn durch den schwachen Höhenwind haben sich die Gewitterzellen kaum oder nur sehr langsam von Ort und Stelle bewegt. Dadurch, dass die Luftmasse sehr feucht war, ergossen sich große Wassermassen an einzelnen Orten, während es im Nachbarort mitunter komplett trocken blieb. Die Bildung von Gewittern wurde durch eine Konvergenz begünstigt, die sich am Nachmittag vom Münsterland über Hessen bis zum Schwarzwald erstreckte.

 

DWD Lokale Unwetter mit Ueberschwemmungen

Über der Osthälfte waren die Bedingungen für hochreichende Konvektion deutlich schlechter und die Bildung von kräftigen Gewittern beschränkte sich dort aufs Bergland bei deutlich geringerer Unwettergefahr. In der Nacht verlagerte sich die Tiefdruckzone mitsamt der Gewitter langsam und unter Abschwächung ostwärts, kamen aber nicht gänzlich zum Erliegen.

In der nachfolgenden Tabelle sind einige Niederschlagsmengen aufgeführt.

UHRZEIT MESSUNG

IN MESZ

ORT BUNDESLAND MENGE IM ZEITRAUM VON
14:00 Driedorf Hessen 25 mm in 26 Minuten
15:00 Schmallenberg-Sellinghausen Nordrhein-Westfalen 44,8 mm in einer Stunde
17:00 Neuenrade-Blintrop Nordrhein-Westfalen 42 mm in einer Stunde
17:00 Weinbiet Rheinland-Pfalz 30 mm in einer Stunde
17:00 Rottweil Baden-Württemberg 25,7 mm in 38 Minuten
19:00 Steinweiler Rheinland-Pfalz 28 mm in einer Stunde
22:00 Scharnhorst-Marwede Niedersachsen 30 mm in einer Stunde

Lokal deuten Auswertungen von Radarbildern noch höhere Niederschlagsmengen an. In der folgenden Grafik erkennt man auch sehr schön, wie kleinräumig die Niederschlagsschwerpunkte waren.

DWD Lokale Unwetter mit Ueberschwemmungen

Auffällig ist das etwas größere, zusammenhängende Niederschlagsgebiet über dem Norden des Landes. Dort konnte nämlich vorderseitig eines Troges noch zusätzliche Hebung generiert werden, wodurch flächendeckende und teils gewittrig durchsetze Niederschläge hervorgerufen wurden. Dabei fielen in 6-9 Stunden meist zwischen 10 und 25 mm. In Scharnhost-Marwede (Niedersachsen) gab es sogar 50 mm in 6 Stunden, wobei davon allein zwischen 21 Uhr MESZ und 22 Uhr MESZ 30 mm gefallen sind. Auch in Wittingen-Vorhop (Niedersachsen) schüttete es mit 39 mm innerhalb von 6 Stunden kräftig. Wenn man bedenkt, dass im gesamten Mai durchschnittlich etwa 50 bis 70 mm in Niedersachsen fallen, dann wird deutlich, wie viel Regen das nun in kurzer Zeit war.

Doch nicht nur der Regen bzw. die Gewitter hatte gestern einen sommerlichen Charakter, sondern auch bei den Temperaturen lag man in vielen Regionen voll im sommerlichen Bereich.

DWD Lokale Unwetter mit Ueberschwemmungen 1

Am heutigen Dienstag drohen im Alpenraum nochmals teils unwetterartige Gewitter, wenngleich die Unwettergefahr deutlich geringer ist als gestern. Auch im Osten sind nochmals starke Gewitter möglich. Die Temperaturen zeigen zunächst einen Abwärtstrend und frühestens zum nächsten Wochenende wird die 25-Grad-Marke wieder geknackt werden können.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.05.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

„VERA“ übernimmt das Zepter

Eines kann man gleich vorneweg sagen, nach den turbulenten letzten Tagen kehrt wieder Ruhe ein beim Wetter. Tief „DAVID“, das uns in den letzten zwei Tagen einige, teils heftige Schauer und Gewitter beschert hat, verabschiedet sich nämlich langsam aber sicher nach Osteuropa. Hoch „VERA“ mit Schwerpunkt über dem Ostatlantik steht jedoch schon bereit, das Zepter in die Hand zu nehmen. Es sorgt nicht nur für eine Stabilisierung der Wetterlage, sondern auch dafür, dass sich die Luftmasse langsam aber sicher wieder erwärmen kann. Zum Wochenende hin stehen dann wieder teils sommerliche Höchstwerte auf der Agenda.

Am heutigen Mittwochnachmittag überquert noch ein Kaltlufttropfen (ein mit Kaltluft angefülltes Höhentief) Deutschland von Nord nach Süd. Die Wetterauswirkungen halten sich aber sehr in Grenzen. Mehr als dichtere Wolkenfelder und ganz vereinzelt schwache Schauer in der Mitte stehen nicht auf dem Plan. Lediglich am Alpenrand regnet es schauerartig verstärkt. Es wird mit 12 bis 19 Grad der kühlste Tag der Woche. Kommende Nacht wird es vor allem in der Mitte des Landes bei klarem Himmel mit Tiefstwerten unter 5 Grad Celsius empfindlich frisch. In Bodennähe sinkt das Quecksilber mitunter auf Werte um 0 Grad Celsius.

Am Donnerstag zieht zwar eine schwache Kaltfront, die zum Tief „ENGELBERT“ mit Kern über der Barentssee gehört, in die nördliche Mitte des Landes, aber die Wetterwirksamkeit bleibt gering. In vielen Landesteilen kann sich die Sonne durchsetzen und auch am Alpenrand bleibt das Schauerrisiko sehr gering. Die Temperaturen steigen etwas an, jedoch weht der Nordwest- bis Nordostwind mitunter recht kräftig und unangenehm.

DWD VERA uebernimmt das Zepter

Am Freitag und Samstag kommen Freizeitsportler, Sonnenanbeter sowie Gastronomen mit Außenbewirtschaftung voll auf ihre Kosten, denn die Sonne lacht häufig vom Himmel. Ein paar lockere Quellwolken stören da kaum, nur am Samstag können im Norden und Osten auch mal etwas dichtere Wolkenfelder vorüberziehen. Abgesehen von kurzen Schauern und Gewittern am Alpenrand bleibt es trocken. Mit den Höchstwerten geht es weiter aufwärts und vor allem im Südwesten werden bereits wieder sommerliche Werte um 25 Grad erreicht. Allerdings kann der böige Nordostwind besonders im Süden den positiven Gesamteindruck etwas stören und Allergiker werden ihre Probleme bekommen. In den meist klaren oder gering bewölkten Nächten wird es mit Tiefstwerten oftmals unter der 10-Grad-Marke empfindlich frisch, sodass am Abend eine wärmende Jacke griffbereit liegen sollte.

DWD VERA uebernimmt das Zepter

Am Pfingstsonntag ziehen über den Norden dichtere Wolkenfelder hinweg und diese können hier und da ein paar Regentropfen bringen. Dabei wird es mit 16 bis 23 Grad nur mäßig warm. Im großen Rest des Landes behält ganz klar die Sonne die Oberhand. Lediglich in Alpennähe besteht ein geringes Risiko für einzelne Wärmegewitter. Die Höchstwerte erreichen in der Mitte und im Süden warme 23 bis 26 Grad.

Für den Pfingstmontag deutet sich ein Wechsel aus Sonne und kompakterer Quellbewölkung an. Im Süden und Südosten entwickeln sich daraus lokal Schauer und Gewitter, sonst bleibt es größtenteils trocken. Mit 16 bis 20 Grad im Norden und 22 bis 26 Grad im Rest des Landes bleibt es mäßig warm bis sommerlich warm.

Zur Eingangsfrage lässt sich also sagen, dass meist der Sonnenschirm benötigt wird und nur hier und da als Regenschirm umfunktioniert werden muss.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.05.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wetterwochenausblick

Wie bereits im gestrigen Thema des Tages(21.05.2023) beschrieben, treten im Bereich einer Tiefdruckrinne bzw. eines flachen Tiefs zunächst über dem Westen und Nordwesten des Landes ab den heutigen Mittagsstunden vermehrt Schauer und Gewitter auf. Insbesondere hinsichtlich des Starkregens können diese lokal auch unwetterartig ausfallen und zu lokalen Überflutungen führen. Neben der Hauptbegleiterscheinung Starkregen sind zumindest lokal auch Hagel oder Hagelansammlungen sowie vor allem in den nördlichen Landesteilen stellenweise auch Sturmböen zu erwarten. Im Süden und Osten treten tagsüber zunächst vor allem über dem Bergland einzelne, teils aber ebenfalls kräftige Gewitter auf. Die Schauer- und Gewittertätigkeit verlagert sich im Verlauf des Abends zunehmend in die Mitte und nachts dann auch in den Osten und Südosten Deutschlands. Dort konzentriert sich dann auch am morgigen Dienstag noch das Hauptwettergeschehen.

DWD Wetterwochenausblick

Rückseitig der Schauer- und Gewitterzone, die sich zum Dienstag ostwärts verlagert, fließt von Nordwesten deutlich kühlere Luft ein, so dass die sommerlichen Temperaturen auf den heutigen Montag beschränkt sind. Im Süden und Osten sind am Dienstag nochmal 20 bis 23 Grad zu erwarten, im Nordwesten „nur noch“ 15 bis 18 Grad. Das Temperaturniveau pendelt sich im weiteren Wochenverlauf insgesamt meist bei 15 bis 20 Grad ein, mit größeren Sonnenanteilen auch etwas über 20 Grad.

DWD Wetterwochenausblick 1

Wettertechnisch stehen die Zeichen ab Dienstag zunehmend auf Wetterberuhigung und Hochdruckeinfluss. Am Dienstag selbst sorgen Tiefdruckreste und Reste der feucht-warmen Luftmasse im Osten und Südosten noch für schauerartigen, teils gewittrigen, vor allem am Alpenrand auch nochmal lokal kräftigen Regen. Am Mittwoch sind im Osten und auch in Alpennähe ein paar Schauer zu erwarten, nachfolgend stellt sich aber allgemein weitgehend trockenes und auch häufig freundliches Wetter ein. Am längsten muss südlich der Donau auf allmähliche Auflockerungen gewartet werden.

DWD Wetterwochenausblick 2

Und wie sehen die aktuellen Trends zum langen Pfingstwochenende aus? Gar nicht so schlecht, könnte man sagen… Insgesamt überwiegt in Deutschland Hochdruckeinfluss und in einer relativ trockenen Luftmasse ist es meist gering bewölkt oder sonnig. Lediglich ganz im Süden lagert nach wie vor eine feucht-warme Luftmasse, in der es vor allem am Alpenrand und in den Alpen immer mal wieder zu Schauern oder auch einzelnen Gewittern kommen kann. Die Temperaturen steigen insbesondere durch die größeren Sonnenanteile langsam an, sommerliche Werte über 25 Grad sind jedoch die Ausnahme.

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.05.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst