Föhn vs. „Gruselwetter“

Ob am heutigen Halloween-Dienstag wirklich Gruselwetter herrscht, ist sicherlich Geschmackssache. Von Herbstwetter kann man aber definitiv sprechen. Viele Wolken, immer wieder mal Regen und windig – so lässt sich das Wetter nicht nur für heute, sondern im Großen und Ganzen auch für die kommenden Tage zusammenfassen. Eine Ausnahme bilden dabei das Alpen- und Erzgebirgsvorland am Mittwoch und zum Teil auch am Donnerstag. Auf der Ostflanke eines Tiefdruckkomplexes bei den Britischen Inseln sorgt Föhn für weitgehend trockene Verhältnisse und immer wieder auch sonnige Abschnitte.

Ist von Föhn die Rede, wird schnell das (vielleicht auch schon etwas eingestaubte) Schulwissen herausgekramt: Luft trifft auf ein Gebirge und wird zum Aufsteigen gezwungen. Dabei kühlt sie um 1 Kelvin pro 100 m ab. Irgendwann bilden sich Wolken und es beginnt zu regnen, wobei die Luft nun nur noch mit 0,65 Kelvin pro 100 m Aufstieg abkühlt. Am Gipfel angekommen, strömt die Luft auf der Leeseite, also der windabgewandten Seite des Gebirges, herab und erwärmt sich dabei, wodurch es zur Wolkenauflösung kommt. Die Erwärmung beim Abstieg erfolgt nun durchweg mit 1 K pro 100 m.

DWD Foehn vs. Gruselwetter

Bei diesem Prozess spricht man von der klassischen Föhntheorie. Jetzt gibt es allerdings ein Problem: Wie eine Studie zeigt, gehen zum Beispiel in Innsbruck mindestens 50 % der dort untersuchten Föhnfälle ohne Niederschläge einher. Zu einem geringen Teil kam es sogar nicht einmal zur Wolkenbildung. Irgendwie blöd, oder?

Gut, dass es – neben zahlreichen weiteren Theorien – die hydraulische Föhntheorie gibt. Bei ihr geht man davon aus, dass die Luft, die auf ein Gebirge trifft, nicht aufsteigt, sondern geblockt wird und im Luv (also auf der windzugewandten Seite des Gebirges) liegen bleibt und langsam auskühlt. Die im bzw. oberhalb des Bergkammniveaus heranströmende, deutlich trockenere Luft fällt dagegen nach Überquerung des Gebirgskamms ins Tal ab und erwärmt sich dabei um 1 K pro 100 m. Das kann man sich vorstellen wie in einem randvollen Stausee, bei dem nur die oberste Wasserschicht über die Staumauer in die Tiefe schwappt.

DWD Foehn vs. Gruselwetter 1

Stellt sich noch die Frage, wie es zu den mitunter hohen Windgeschwindigkeiten auf der Leeseite eines Gebirges kommt. Betrachten wir daher einfach mal ein Luftpaket, das gerade über dem Gipfel angekommen ist. Dieses Paket besitzt eine gewisse Energie, die sich hauptsächlich aus seiner Lage- und seiner Bewegungsenergie zusammensetzt. Die Lageenergie hängt dabei von der Höhe (also der vertikalen Lage) des Pakets ab und die Bewegungsenergie stark von dessen Geschwindigkeit. Strömt das Paket nun den Berg hinab, nimmt seine Höhe und damit auch seine Lageenergie ab. Da seine Gesamtenergie aber gleichbleiben muss (Stichwort Energieerhaltung), muss im Umkehrschluss seine Bewegungsenergie zunehmen und damit seine Geschwindigkeit.

Verstärkt werden kann dieser Effekt u.a. noch durch das Gelände. Muss unser Luftpaket unterwegs noch einen engen Gebirgspass durchströmen, entsteht eine Art Düseneffekt (Stichwort Venturi-Effekt) und es kann vorübergehend noch einmal deutlich mehr Gas geben.

Diese Beschreibung wurde an dieser Stelle natürlich nur sehr grob gehalten. Deutlich detailliertere Informationen zu dieser und weiteren Föhn-Theorien finden Sie in unserem Wetterlexikon unter.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.10.2023

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Die beeindruckende Entwicklung von Hurrikan Otis

Mindestens 27 Tote und schwere Verwüstungen! Das ist das Resultat von Hurrikan Otis, welcher am vergangenen Mittwoch die mexikanische Großstadt Acapulco erreichte.

DWD Die beeindruckende Entwicklung von Hurrikan Otis 1

Otis entwickelte sich am Sonntag den 22. Oktober südlich von Mexiko über dem östlichen Pazifik zu einem tropischen Sturm. Seine Intensität änderte sich zunächst nur wenig, bevor am Dienstag eine rapide Intensivierung von einem tropischen Sturm zu einem Hurrikan der Kategorie 5 mit einem Kerndruck von 923 hPa und Windgeschwindigkeiten von bis zu 270 km/h einsetzte.

Trotz der Fortschritte in der Vorhersage von Hurrikans in den letzten Jahrzehnten deutete kein Vorhersagemodell, nicht einmal ansatzweise eine derartige Intensivierung an. In der Vorhersage vom 24. Oktober um 00 UTC simulierten alle Modelle für die nächsten 48 Stunden für Otis tropische Sturmstärke mit Windgeschwindigkeiten von lediglich 63 bis 118 km/h.

DWD Die beeindruckende Entwicklung von Hurrikan Otis 2

Doch wie ist das möglich? Dazu schauen wir uns zunächst einmal an, welche Bedingungen für eine Intensivierung gegeben sein müssen. Damit sich tropische Stürme weiter intensivieren können, benötigt es warme Meeresoberflächentemperaturen von mindestens 26 Grad bis in eine Tiefe von 50 Metern. Zudem ist für eine rapide Verstärkung (Windzunahme von mindestens 55 km/h in 24 h) eine Meeresoberflächentemperatur von mindestens 28 Grad förderlich. Dies war zu diesem Zeitpunkt in der Region über große Flächen gegeben. Teils wurden sogar über 30 Grad gemessen. Gefördert werden diese ungewöhnlich hohen Temperaturen auch durch das Klimaphänomen. Damit steht dem potenziellen Sturm ein gigantisches Energiereservoir zur Verfügung. Zudem ist eine schwache vertikale Windscherung sowie eine geringe Feuchte vor allem in der unteren Atmosphäre notwendig, sodass ein Sturm eine symmetrische Struktur annehmen und sich weiter intensivieren kann. Die Scherungswerte waren allerdings kurz vor der rapiden Intensivierung mit 10 bis 15 Knoten erhöht und zusätzlich die Feuchte im Umfeld relativ gering. Kommen hohe Scherungswerte und geringe Feuchtigkeit zusammen, so bedeutet das, dass keine weitere Verstärkung möglich ist. Häufig ist das sogar der Todesstoß für den Sturm.

Doch neue Forschungsergebnisse zeigen, dass sich tropische Stürme auf zwei verschiedene Arten zu einem Hurrikan rapide intensivieren können. Die klassische Theorie ist, dass solche Stürme zu gewaltigen Hurrikans der höchsten Kategorie heranwachsen können, falls hohe Wassertemperaturen, geringe Windscherung und eine hohe Feuchte gegeben sind. Ein Beispiel hierfür sind die verheerenden Hurrikane Andrew (1992), Katrina (2005) und Maria (2015). Allerdings können sich tropische Stürme auch rapide zu einem Hurrikan der Kategorie 1 oder 2 bei hoher Windscherung intensivieren. Entscheidend hierfür sind dabei „Gewitterausbrüche“ außerhalb des Sturms, welche die klassische Zirkulation des Wirbelsturms umgestalten. Dadurch kann sich der Sturm innerhalb von nur wenigen Stunden zu einem Hurrikan leichter bis moderater Intensität verstärken. Dieser Prozess könnte bei Otis eine wichtige Rolle gespielt haben, da dies momentan noch nicht ausreichend von den Modellen dargestellt wird. Dieser „Sprint“ dauert nur kurze Zeit und könnte gerade in Zeiten der globalen Erwärmung eine immer wichtigere Rolle spielen. Otis entwickelte sich allerdings weiter und wuchs zu einem „Major Hurrikan“ der Kategorie 5 heran. Dadurch, dass dieser Prozess nicht adäquat in den Modellen simuliert wurde und damit auch kein Hurrikan im weiteren Verlauf in der Modellwelt entstanden ist, könnte es zu den enormen Unterschieden in der Intensitätsvorhersage von Otis gekommen sein (siehe Abbildung 2). Denn stärkere Wirbelstürme nehmen auf der einen Seite größeren Einfluss auf die Umgebungsbedingungen und sind auf der anderen Seite auch persistenter gegen Faktoren, die die Intensität verringern können, wie zum Beispiel eine erhöhte Windscherung.

Dieser Fall zeigt eindrücklich, dass trotz der deutlichen Fortschritte in der Vorhersage von Hurrikans noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, um die Vorwarnzeit für solche Extremereignisse mit sehr hohem Schadenspotential zu vergrößern.

M.Sc Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.10.2023

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Wogegen der Regen hierzulande noch harmlos ist…

Am Samstagabend bzw. in der Nacht zum Sonntag drehen wir die Uhren eine Stunde zurück.

Tief bei den Britischen Inseln

Am Samstagabend bzw. in der Nacht zum Sonntag drehen wir die Uhren eine Stunde zurück.

Gruseliges zum Reformationstag

Am 31. Oktober wird in vielen Teilen Deutschlands der Reformationstag begangen. Evangelische Christen erinnern an diesem Tag an den Beginn der Reformation der Kirche durch Martin Luther im Jahr 1517. In Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen ist der Reformationstag ein gesetzlicher Feiertag.

Auf den Reformationstag folgt am 01. November Allerheiligen. An diesem Tag wird seit dem 9. Jahrhundert aller Heiligen gedacht, auch wenn das Fest selbst noch viel älter ist und zuvor an wechselnden Tagen im Jahr begangen wurde. In den mehrheitlich katholisch geprägten Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland ist Allerheiligen ein gesetzlicher Feiertag. Im Englischen ergibt sich aus dem Abend vor Allerheiligen „All Hallow’s Eve„, was im Laufe der Zeit zu „Halloween“ wurde. Der Halloween-Brauch stammt ursprünglich aus dem katholisch geprägten Irland und gelangte durch irische Einwanderer in die USA. Die Ursprünge dieses Brauchs sind aber noch älter als das Christentum und basieren eher auf keltischen Traditionen. Die vielen irischen Einwanderer pflegten diesen Brauch auch in der neuen Heimat und bauten ihn weiter aus. Inzwischen ist Halloween in Nordamerika ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Auch in Europa und Deutschland wird seit einigen Jahren Halloween gefeiert. So ziehen immer häufiger verkleidete Kindergruppen umher, klingeln an den Türen und erbitten Süßes, denn ansonsten würde es Saures geben. Dabei ergeben sich aber auch regionale Unterschiede und bereits vorhandene regionale Bräuche wie das „Rübengeistern“ vermischen sich zunehmend mit dem kommerziell gut zu vermarktenden Halloween.

An Halloween verkleiden sich viele gerne beispielsweise als Hexe. Hexentreffpunkt Nummer eins in Deutschland ist der Brocken, der in den Geschichten und Sagen den Namen „Blocksberg“ trägt. Auch wenn sich die Hexen dort in der Walpurgisnacht, also am 30. April, treffen, so kann es dort im Oktober nicht weniger gruselig sein, wenn man plötzlich dem „Brockengespenst“ begegnet. Trotz seines Namens kann das Brockengespenst aber auch auf anderen Bergen oder bei Nebel im Licht der Autoscheinwerfer gesichtet werden. Wenn der Schatten des Beobachters nicht auf eine feste Fläche, sondern auf eine Nebel- oder Wolkenschicht fällt, wird der Schatten durch jeden Wassertropfen einzeln erzeugt. Das Gehirn überschätzt die Größe deutlich, zudem erscheint der Schatten stark verzerrt. Selbst wenn der Beobachter stillsteht, so sorgen doch leichte Luftbewegungen dafür, dass sich der Schatten bewegt. Außerdem wirkt es, als könne der Schatten schweben. Der gespenstische Eindruck wird durch die vorherrschende kühle und feuchte Luft, Stille sowie die fehlende Orientierung aufgrund mangelnden Weitblicks noch verstärkt.

Eine wirkliche Sagengestalt bezüglich Nebel, aber ohne zugrunde liegendes meteorologisches Phänomen, ist das „Nebelmännle“. Dieses kommt vor allem in der Bodenseeregion vor. Beispielhaft soll an dieser Stelle die Sagenversion vom Federseegebiet erzählt werden. Darin spielt der Graf von Stadion eine zentrale Rolle. Dieser war mit zwei Knechten bereits sieben Jahre lang unterwegs, um das irdische Paradies zu suchen. Nun kamen sie in einen großen Wald und verirrten sich. Auf einmal tauchte vor ihnen eine mächtige Mauer auf. Der Graf befahl seinen Knechten, nachzusehen, was denn auf der anderen Seite sei. Per Räuberleiter gelangten beide auf die Mauer, sahen auf die andere Seite, lächelten und sprangen jenseits der Mauer hinunter. Nun wollte auch der Graf auf die andere Seite gelangen, aber er konnte die Mauer allein nicht erklimmen. Da sah er auf einmal ein Licht im Wald auftauchen, ging darauf zu, fand ein Häuschen vor und klopfte an die Tür. Ein altes Waldweiblein öffnete ihm und riet ihm, schnell wegzulaufen, denn schon bald würde ihr Mann heimkommen und der wäre ein Menschenfresser. Der Graf bat aber so inständig um Herberge, dass sie ihn einließ und vor ihrem Mann versteckte. Als dieser nach Hause kam, roch er das Menschenfleisch und fand schließlich auch den Grafen. Das Waldmännlein erkannte den Grafen und versprach ihm, dass er ihn nicht fressen würde, wenn der Graf sein verbeintes Nebelglöcklein in den Federsee werfen würde. Zudem würde er ihn am nächsten Morgen bis acht Uhr nach Stadion bringen, denn um neun Uhr wolle die Frau des Grafen mit einem Anderen Hochzeit halten. Das Waldmännlein offenbarte sich dem Grafen als Nebelmännle. Er könne das Nebelglöcklein nicht leiden, weil es ihm immer gegen den Kopf schlagen würde, wenn er dort Nebel machen wolle. Beide hielten Wort und das Glöcklein wurde im Federsee versenkt, von wo man es auch heute noch manchmal läuten hört.

Und wovor fürchtete sich Luther? Luther geriet am 02. Juli 1505 bei Stotternheim nahe Erfurt in ein schweres Gewitter, welches ihn in solche Todesangst versetzte, dass er gelobte, er wolle Mönch werden, wenn er lebendig herauskommen würde. Ob er sein ungeliebtes Jurastudium tatsächlich abgeschlossen hätte, ist spekulativ, aber das Gewitter war Anlass und Ausgangspunkt für seinen weiteren Lebensweg als Mönch und seinem umfassenden Beschäftigen mit der Kirche an sich. Dies mündete im Anbringen der 95 Thesen an der Tür der Schlosskirche in Wittenberg und schließlich in der Reformation.

M.Sc.-Meteorologin Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.10.2023
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Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter

Am 14. Oktober 2023 konnte in Nord-, Mittel- und Südamerika eine ringförmige Sonnenfinsternis beobachtet werden. So eindrucksvoll solche Ereignisse sind, so ist auch der Einfluss einer Sonnenfinsternis auf die meteorologischen Prozesse in der Troposphäre hochinteressant. Nicht nur die Temperaturabnahme während der Zeit des Kernschattens lässt sich mittlerweile mit hochauflösenden Wettermodellen simulieren und im Nachhinein auch messen, auch die daraus resultierende vorübergehende Auflösung von Cumuluswolken oder Abschwächung von Gewittern lässt sich eindrucksvoll in Satellitenbildern erkennen. So auch geschehen bei der diesjährigen Sonnenfinsternis in Yucatán, Mexiko.

Dass eine Sonnenfinsternis einige meteorologische Parameter wenigstens kurzzeitig beeinflussen kann, ist schon lange Gegenstand von Untersuchungen. Mittlerweile wurden bereits mehr als 44 partielle und totale Sonnenfinsternisse untersucht. Dabei wurden Daten oder detaillierte Beschreibungen der Ereignisse herangezogen, die mindestens bis ins Jahr 1834 zurückreichen. Es ergaben sich zum Teil beeindruckende Messergebnisse beziehungsweise wurden die historischen Beschreibungen in Studien mit hochaufgelösten Modellen bestätigt.

Das Offensichtlichste bei einer Sonnenfinsternis ist die sich abschwächende beziehungsweise temporär vollständig unterbundene Sonneneinstrahlung in Richtung Erdoberfläche, wobei dadurch die Erwärmung beeinträchtigt oder gar unterdrückt wird. Verständlicherweise gibt es dabei Unterschiede zwischen einer totalen, ringförmigen oder partiellen Sonnenfinsternis.

Die Abkühlungsrate durch eine Sonnenfinsternis ist besonders im Sommer markant, wenn die Sonne ihren Höchststand erreicht sowie zur Mittagszeit. Aber auch an einem schönen Frühlingsmorgen mit viel Einstrahlung können die Unterschiede bedeutend ausfallen, da die Sonne zu der Zeit bereits viel Kraft zum Heizen besitzt. Wie markant dann ein Temperaturrückgang ausfallen kann, zeigte sich am 21. Juni 2001 in Simbabwe, wo eine Sonnenfinsternis zur Mittagszeit einen gemessenen Temperaturrückgang von rund 5 Kelvin zur Folge hatte. Die bisherigen Spitzenwerte erreichten nebenbei bemerkt rund 7 Kelvin; in der Luftschicht direkt über dem Boden sogar rund 10 Kelvin. Allerdings müssen für einen solchen Temperaturrückgang auch alle Bedingungen passen, also dass etwa keinerlei Wolken vorhanden sind. Die real gemessenen Werte wurden im Nachhinein durch Modellsimulationen bestätigt.

Verständlich, dass diese Temperaturunterschiede nicht selten auch Einfluss auf die Stabilität der Grenzschicht haben. Dazu wurden unter anderem von Vogel et al. Modellsimulationen zur Sonnenfinsternis vom 11. August 1999 in Südwestdeutschland durchgeführt, wobei in diesem Fall wolkenfreie Bedingungen angenommen wurden (was real leider nicht der Fall war). Es wurde in der Simulation nicht nur eine markante Abkühlung beobachtet, sondern auch eine deutliche Stabilisierung der Grenzschicht. Die Grenzschicht ist die Region, woher der Aufwind für die sommerlichen Haufenwolken all seine Energie in Form von warmer und feuchter Luft bezieht. Je wärmer und feuchter diese Luftmasse ist, desto leichter kann sie in Form einer sogenannten „Thermikblase“ oder eines „Thermikschlauchs“ aufsteigen, gegebenenfalls kondensieren und die Haufenwolke bilden. Kühlt sich die Luftmasse dabei ab, können sich besonders schwache und junge Aufwindschläuche stark abschwächen oder gar zusammenbrechen.

DWD Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter 1

So geschehen auch bei der kürzlich aufgetretenen ringförmigen Sonnenfinsternis in Yucatán, Mexiko. In der ersten Abbildung vom 14. Oktober 2023, 18:00 UTC ist die Konvektion, die sich zur Mittagszeit in Yucatán gebildet hatte, erkennbar. Besonders im Norden (rote Ellipse) hatten sich bereits recht gut organisierte Konvektionsstraßen entwickelt, die sich durch hochreichende Quellbewölkung und starkes Absinken dazwischen auszeichneten. Weiter südöstlich im Binnenland (orange Ellipse) war die Konvektion hingegen deutlich schwächer ausgeprägt.

DWD Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter 2

Direkt nach der ringförmigen Sonnenfinsternis ist deutlich zu erkennen, welche Thermikblase überlebt hatte und welche nicht. Nur die Konvektion entlang der gut organisierten Wolkenstraßen im Norden konnte die temporäre Abkühlung überstehen, während sonst über Land teilweise wolkenarme Bedingungen vorherrschten. An diesem Beispiel lassen sich auch die Unterschiede zwischen Land und Meer eindrucksvoll verstehen: Während die fehlende Sonneneinstrahlung über Land für eine rasche Abkühlung sorgte, hielt sich die Konvektion über dem Meer (grüne Ellipse) deutlich besser, da dort das warme Meereswasser weiterhin für einen ausreichenden Energieeintrag sorgte.

Auf der Plattform X wurden zahlreiche Bilder der ringförmigen Sonnenfinsternis vom 14. Oktober 2023 veröffentlicht. Unter anderem ließ sich dort auch das nachfolgende Komposit von Alexander Spahn (@spahn711) mit dem Shiprock (New MexikoUSA) im Vordergrund finden.

DWD Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter

Haben Sie auch Lust auf eine Sonnenfinsternis bekommen? Lange müssen Sie auf eine totale Sonnenfinsternis nicht mehr warten. Die nächste wird am 8. April 2024 in Teilen Nordamerikas zu sehen sein. Lassen Sie sich diese nicht entgehen, denn auf eine totale Sonnenfinsternis in Deutschland zu warten, macht für Viele von uns keinen Sinn. Erst am 3. September 2081 wird die Bodenseeregion von der nächsten Sonnenfinsternis erfasst; Norddeutschland kann sich am 7. Oktober 2135 auf eine solche freuen.

Eine andere Finsternis steht in Deutschland aber schon an diesem Wochenende an. Samstagabend von halb zehn bis kurz vor elf (Beginn: 21:35 Uhr – Maximum: 22:14 Uhr – Ende 22:52 Uhr, Zeiten in MESZ) verdunkelt die Erde den Mond. Die größten Chancen, diese partielle Mondfinsternis zu sehen, bestehen voraussichtlich vom Emsland über die Region rund um den Harz bis in die Lausitz. Auch südlich der Donau sind die Aussichten gut.

Noch ein Hinweis nebenbei: Wussten Sie, dass eine Finsternis nie allein auftritt? In etwa zwei Wochen vor oder nach einer Sonnenfinsternis findet IMMER eine Mondfinsternis statt.

Dipl.-Meteorologin Julia Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Regional viel Regen im Oktober

Der Oktober schreitet mit großen Schritten voran und geht in nicht einmal mehr einer Woche zu Ende und dessen Nachfolger – der November – steht damit schon beinah in den Startlöchern. Nach einem verbreitet viel zu trockenem und teils hochsommerlichen September wird der ein oder andere in einigen Regionen langsam genug vom viel zu durchwachsenen und nassen Oktober haben. In welchen Regionen musste dabei besonders häufig zu Regenschirm und festem Schuhwerk gegriffen werden?

DWD Regional viel Regen im Oktober

Der Blick auf die bisher gefallenen Niederschlagsmengen liefert hier die entscheidenden Hinweise. Besonders im Norden und Nordwesten hat sich der Oktober mit einer Vielzahl von Tiefausläufern von seiner nassen Seite gezeigt. Bis heute Morgen sind hier zwischen 80 und 150 Liter pro Quadratmeter mithilfe von Radardaten erfasst worden. Daraus hervorstechend ist ein Streifen von Ostfriesland bis ins südliche Niedersachsen. Dort lassen sich oftmals sogar 150 bis 200 Liter pro Quadratmeter beziffern. Diese Werte werden auch beim Blick in das DWD-Messnetz bestätigt. Der absolute Spitzenreiter ist dabei die Station Cadenberge in Niedersachsen nahe Cuxhaven mit 205,9 Liter. Veranschaulicht hat der Regenmesser also ganze 20,5 handelsübliche Putzeimer mit 10 Liter Fassungsvermögen abarbeiten müssen. Trockener präsentierte sich der Oktober hingegen bisher in Hessen und Südthüringen. Besonders wenig Regen fiel allerdings im Südosten Bayerns. Hier reichte es teils nur für 5 bis 15 Liter pro Quadratmeter. In gewissem Sinne negativer Spitzenreiter ist die Station Palling-Lampertsham im Landkreis Traunstein. Grade einmal 3,8 Liter fielen hier in den Messtopf. Das entspricht nicht mal ganz einem halbvollen Putzeimer.

Wie lassen sich die absoluten Niederschlagsmengen nun einordnen? Zur besseren Interpretation werden die absoluten Niederschl

DWD Regional viel Regen im Oktober 1

Niederschlagssummen in einen klimatologischen Kontext zu den mittleren langjährigen Niederschlagsmengen von 1991 bis 2020 gesetzt (Abbildung 2). Im Norden und Osten überwiegen für den bisherigen Oktober die blauen bis violetten Farben, die einer deutlich zu nassen Witterung mit über 130 % des normalen Monatssolls entsprechen. Die Regionen vom Alten Land bis nach Westmecklenburg weisen aktuell teils über 300 % der üblichen Regenmengen auf. Über der westlichen Mitte kennzeichnen leicht gelbliche bis hellgrüne Farben mäßige Defizite. In den Regionen sind erst rund 40 bis 70 % des bisherigen Monatssolls gefallen. Besonders ins Auge sticht aber wie erwartet der Südosten Bayerns. Dort sind bisher oft nur 10 bis 30 % des Monatssolls vom Himmel gefallen.

DWD Regional viel Regen im Oktober

Nasser Norden gegen trockenen Südosten lässt sich also bisher für den Oktober konstatieren. Wie gestalten sich nun die restlichen Oktobertage? Sie werden sich von einer sehr wechselhaften bis zeitweisen nassen Seite präsentieren. Ein kräftiges Sturmtief auf dem Nordatlantik knapp westlich der Britischen Inseln führt dabei die Wetterregie. Ausgehend davon werden wiederholt kleinere Tiefs mit ihren Niederschlagsgebieten über West- und Mitteleuropa gesteuert (siehe Abbildung 3). Jene bringen uns reichlich Regen, aber auch für diese Jahreszeit verhältnismäßig milde Luft.
DWD Regional viel Regen im Oktober 2

Die wechselhafte Phase hält voraussichtlich über das Wochenende bis zum Monatswechsel an. Insbesondere in der West- und Südwesthälfte kommen dabei größere Niederschlagsmengen zusammen. Die Globalmodelle weisen akkumulierte Niederschlagsmengen von 40 bis 90 Liter pro Quadratmeter bis zum Monatsende kommenden Dienstag aus. In einigen Staulagen der Mittelgebirge (z.B. nach ICON im Schwarzwald) sind noch höhere Mengen im Bereich des Möglichen.

Weniger Regen erreicht den Osten und Südosten, wenngleich sich der Wettercharakter auch als vielfach wolkig bis zeitweise stark bewölkt und wechselhaft beschreiben lässt. Aber es gibt in diesen Regionen zumindest auch zeitweise Lichtblicke mit vorübergehenden Aufheiterungen und etwas Sonnenschein. Vor allem der Südosten Bayerns könnte am ehesten am Freitag und über das Wochenende von einigen Sonnenstunden profitieren. Zum Sonntag rückt aus der Tiefdruckfamilie im Atlantik ein kräftigeres Tief uns von den Britischen Inseln und dem Ärmelkanal her kommend mehr auf die Pelle. Dann könnte zumindest im Westen und Nordwesten auch der Wind eine größere Rolle spielen.

M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.10.2023
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Weltweit einiges los beim Wetter

In Deutschland herrscht derzeit typisch mitteleuropäisches, tiefdruckgeprägtes und mildes Herbstwetter. Immer wieder ziehen Regengebiete über das Land hinweg und der Wind frischt zeitweise etwas auf. Im Schwarzwald kann sich ab Wochenmitte eine Dauerregenlage einstellen. Es wird damit zwar interessant, aber nicht außerordentlich spannend beim Wetter in Deutschland.

Daher wagen wir heute mal einen Blick über den Tellerrand hinaus und schauen uns an, was weltweit beim Wetter derzeit Spannendes los ist. Dazu dient die folgende Grafik quasi als Übersichtskarte.

DWD Weltweit einiges los beim Wetter 1

Es lässt sich unschwer erkennen, dass sich einige tropische Systeme auf der Weltwettergefahrenkarte wiederfinden lassen. Eher eine untergeordnete Rolle spielt Hurrikan TAMMY (Kategorie 1) über dem Westatlantik. Dieser Hurrikan zieht derzeit nur übers Wasser und bedroht auch keine Inselgruppen. Erst zum Wochenende könnten die Bermudainseln in den Fokus rücken, wobei TAMMY sich bis dahin abschwächen soll.
Etwas genauer muss die Tropische Depression 21L beobachtet werden, die über Honduras, Nicaragua und San Salvador westwärts über Mittelamerika zieht. Mit diesem System gehen vor allem heftige Regenfälle mit Mengen zwischen 50 und 150 l/qm am Tag einher, wodurch Überflutungen drohen. Etwas weiter westwärts ist der Tropensturm OTIS über dem Ostpazifik, etwa 250 km südlich der mexikanischen Küste, zu finden. Er hat das Potenzial, sich zu einem Hurrikan der Kategorie 1 zu entwickeln und zieht nordwärts in Richtung Acapulco. Rund um Acapulco drohen vor allem am Mittwoch und Donnerstag heftige Regenfälle mit 150-300 l/qm am Tag und Böen bis 200 km/h.

Nun machen wir einen Schwenk nach Südamerika, wo vor allem am Freitag und Samstag in Südbrasilien, Paraguay und dem äußersten Nordosten von Argentinien Regenmengen zwischen 100 und 200 l/qm am Tag erwartet werden. Dies trifft teilweise genau die Gebiete, in denen es bereits in den letzten Monaten schwere Überschwemmungen gab.

DWD Weltweit einiges los beim Wetter 2

Als nächstes geht der Blick in den Südwestpazifik und zwar nach Vanuatu. Dort treibt Zyklon LOLA sein Unwesen. Mit voller Wucht und der Einstufung als Zyklon der Kategorie 4 trifft er auf den Inselstaat. Neben immensen Regenmengen mit 200-400 l/qm innerhalb von 24 h werden auch Böen um 250 km/h erwartet. Damit drohen schwere Verwüstungen und zerstörte Städte und Dörfer. Unter Abschwächung zieht der Zyklon dann weiter südwestwärts in Richtung Neukaledonien.

DWD Weltweit einiges los beim Wetter 3

Großes Ungemach bahnt sich auch im Golf von Bengalen an, denn dort hat sich Invest 92B zum Zyklon HAMMON der Kategorie 1 entwickelt. Der Landfall wird heute Abend südlich von Chittagong (Bangladesch) erwartet. Im Küstenbereich liegen die Regenmengen bei 100-200 l/qm in den nächsten zwei Tagen. Außerdem erreichen die Böen Windgeschwindigkeiten bis 160 km/h. Sie schwächen sich allerdings rasch ab.

Im Südosten des Jemens ist derzeit noch die Depression TEJ unterwegs und bringt dort heute nochmals Regenmengen bis 200 l/qm. Das System schwächt sich jedoch rasch ab bzw. löst sich gänzlich auf. Dennoch gibt es dort sowie im Süden des Omans teils erhebliche Verwüstungen. Gestern wurden bereits Regenmengen um 200 l/qm gemessen. Örtlich dürften es sogar mehrere hundert Liter gewesen sein, was für die dortige Wüstenregion absolut ungewöhnlich ist. Dadurch, dass der Wüstenboden das Wasser kaum aufnehmen kann, fließt dieses oberflächlich ab und führt innerhalb kürzester Zeit zu schweren Überschwemmungen und Erdrutschen.

Abschließend noch ein Blick nach Europa, wo es vor allem im Nordosten Italiens sowie in Westslowenien in den kommenden Tagen immer wieder zu teils kräftigen Regenfällen kommen wird. Mitunter fallen dann bis zu 200 l/qm innerhalb eines Tages, was ebenfalls zu Hochwasser und Überflutungen führen kann.

Einiges los also beim Wetter weltweit und leider gebietsweise auch mit großem Schadenspotenzial verbunden.

Dipl.-Met Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.10.2023
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3304

Die Zahl 3304 ist auf dieser Welt vielfach vergeben. Es ist zum Beispiel die Postleitzahl von St. Georgen am Ybbsfelde in Österreich, Eger in Ungarn und Tabor in Slowenien. Die Quersumme von 3304 ist 10, als römische Ziffer ist es MMMCCCIV und als Binärzahl lautet sie 110011101000. Jetzt können Sie sich zu Recht fragen, was das alles soll.

Aber die Zahl 3304 ist auch die Anzahl an Themen des Tages, die Sie online auf den Seiten des DWD abrufen können. Bis zum heutigen Montag, den 23.10.2023, hat sich 3304 Mal jemand Gedanken gemacht, um Ihnen ein ansprechendes und interessantes Thema des Tages mit zumindest ansatzweise einem Bezug zur Meteorologie zu offerieren.

Die Themenauswahl ist vielfältig: Von der einfachen Beschreibung der Wetterlage über berühmte Persönlichkeiten aus der Wissenschaft bis hin zu komplexen Themen der Wetterentstehung ist alles dabei.

Viele hundert Male haben wir das aktuelle und kommende Wetter in Deutschland und weltweit beschrieben. Wir haben die Entstehung und die Auswirkungen von tropischen und außertropischen Wirbelstürmen beleuchtet. Wir haben Sie mitgenommen auf Reisen um den Globus. Wir haben Ihnen mehrfach den „Blick hinter unsere Kulissen“ gewährt. Und nicht zuletzt haben wir viele Male zauberhafte Wetterphänomene beschrieben, wie irisierende Wolken oder Halos.

Jeden Monatsanfang blicken wir gemeinsam mit Ihnen auf den vergangenen Monat und stellen Tabellen mit der höchsten und tiefsten gemessenen Temperatur, Sonnenscheindauer und Niederschlagsmenge zusammen. Nach jeder „Saison“ oder Jahreszeit gibt es einen Rückblick auf das Wetter der vergangenen 3 Monate.

Manchmal blicken wir humoristisch auf den Alltag von uns Meteorologen, manchmal geben wir Ihnen auch einfach nur harte Fakten. Dabei ist der Schreibstil so vielfältig wie die Anzahl an Menschen, die Ihnen täglich ein Thema präsentieren wollen.

Wir machen das gerne. Auch wenn es bisweilen nicht immer einfach ist, etwas Originelles und Ansprechendes zu finden. Stöbern Sie durch unser Archiv. Es ist für jeden etwas dabei. Und wenn Sie ein Thema vermissen oder etwas näher beleuchtet haben möchten, dann schreiben Sie uns.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.10.2023
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(Un)Wetterwarnungen des DWD – Teil 3: Wie entsteht eine Warnung?

In den beiden ersten Teilen dieser Serie haben wir zum einen vorgestellt, welche unterschiedlichen Zielgruppen auf (Un)Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) angewiesen sind und in welche Intensitätsstufen diese unterteilt sind. Zum anderen haben wir das dreigliedrige Warnsystem vorgestellt – bestehend aus der „Wochenvorhersage Wettergefahren“, den „Warnlageberichten“ und den Gemeinde-genauen amtlichen Warnungen.

Heute erklären wir, wie die Warnmeteorologen Wetter- und Unwetterwarnungen erstellen. Dabei beschränken wir uns im Wesentlichen auf die letzte Phase unseres Warnsystems, den Gemeinde-genauen (Un)Wetterwarnungen. Der DWD warnt vor Wind/Sturm, Gewitter (inklusive Begleiterscheinungen), Stark- und Dauerregen, Nebel, Schneefall, Schneeverwehungen, Glätte/Glatteis, Frost und starkem Tauwetter. Diese haben sehr unterschiedliche Eigenschaften, sodass bei der Erstellung von Warnungen ganz unterschiedliche Daten gesichtet und bewertet werden müssen.

DWD UnWetterwarnungen des DWD Teil 3 Wie entsteht eine Warnung

Das Winterhalbjahr hat begonnen und das bedeutet auch für uns Meteorologen eine Umstellung, denn salopp gesagt warnen wir im Winter oft ganz anders als im Sommer. Im Winter stehen häufig große Tiefdruckwirbel im Fokus. Wie kürzlich gesehen, haben sie starken Wind oder gar Sturm im Gepäck. Auch Schneefälle oder länger anhaltender Dauerregen sind oft ein Thema. Von diesen Wettererscheinungen sind in der Regel größere Gebiete betroffen, die üblicherweise schon frühzeitig von den numerischen Wettervorhersagemodellen erfasst werden. So wissen wir schon mehrere Tage im Voraus, wenn Teilen Deutschlands Sturm oder starke Niederschläge drohen und können in der „Wochenvorhersage Wettergefahren“ bereits darauf hinweisen.

Wie stark beispielsweise ein bevorstehender Sturm wirklich wird und welche Gebiete am stärksten von ihm betroffen sind, können wir aber erst etwa einen Tag vor seinem Eintreffen halbwegs präzise abschätzen. Dazu schauen wir uns nicht nur ein Wettervorhersagemodell an, sondern vergleichen die Berechnungen von mehreren Modellen unterschiedlicher Wetterdienste und arbeiten mögliche Unterschiede heraus, die wir in den Warnungen berücksichtigen. Zudem analysieren wir sogenannte Ensembleprognosen. Dabei berechnet dasselbe Wettermodell mehrere dutzende Male das zukünftige Wetter mit leicht unterschiedlichen Startdaten. Als Ergebnis bekommen wir zum einen Wahrscheinlichkeitsaussagen, also beispielsweise mit welcher Wahrscheinlichkeit an einem bestimmten Ort Sturmböen auftreten. Zum anderen erhalten wir Kartendarstellungen vom Mittelwert aus allen Berechnungen und die extremste Lösung, quasi als „Worst-Case“-Szenario. All dies sichtet und bewertet der Meteorologe und zeichnet schlussendlich Warngebiete, stellt für diese die erwarteten Windgeschwindigkeiten, die Windrichtung und den Warnzeitraum ein. Üblicherweise können bereits 6 bis 18 Stunden (bei großen Unwetterlagen auch noch frühzeitiger) Wind- und Sturmwarnungen ausgeben werden. Vorhersagemodelle sind also die Hauptdatenquelle für überregionale warnwürdige Wetterereignisse. Ähnlich gehen wir bei der Warnung vor großflächigen Schneefallgebieten, Dauerregen oder Tauwetter vor, wobei bei allen zuvor genannten Wetterelementen auch die Topographie (z.B. Höhenlage, Staueffekte, Küstenlinien) eine wichtige Rolle spielt.

DWD UnWetterwarnungen des DWD Teil 3 Wie entsteht eine Warnung

Beginnt das Warnereignis, muss der Warnmeteorologe ständig überprüfen, ob die zuvor ausgegebenen Warnungen passen. Zeigen zum Beispiel Wetterstationen über BeNeLux, dass an einer Kaltfront, die sich Deutschland nähert, die Windgeschwindigkeiten stärker ausfallen als vorhergesagt, muss er kurzfristig reagieren und die Warnungen stromabwärts erhöhen.

Etwas komplizierter wird es bei Glätte. Hier liefern gängige Wettervorhersagemodelle keine Informationen. Dafür gibt es spezielle Modelle, die den Straßenzustand vorhersagen, also ob Reifbildung, gefrierende Nässe oder Schneeglätte zu erwarten ist. Bei der Ausgabe von Glättewarnungen werden zudem Satellitenbilder begutachtet. Sind die Straßen nass und lockert am Abend die Bewölkung auf, ist durch rasche Abkühlung in diesen Gebieten das Risiko vor gefährlicher gefrierender Nässe besonders groß. Dies erkennt der Meteorologe oft erst mit wenigen Stunden Vorlauf. Auch das stetige Monitoren der Straßenbelagstemperaturen, von denen es ein dichtes Messnetz an Autobahnen, Haupt- und ausgewählten Nebenstraßen gibt, liefert uns wertvolle Hinweise auf Straßenglätte.

UnWetterwarnungen des DWD Teil 3 Wie entsteht eine Warnung

Im Sommerhalbjahr stehen in erster Linie Gewitter mit ihren Begleiterscheinungen (Starkregen, Hagel, Böen) im Fokus. Anders als bei winterlichen Warnelementen sind die Auswirkungen zwar teils erheblich, betreffen aber oft nur sehr kleine Gebiete. Während ein Dorf absäuft, fallen im Nachbardorf unter Umständen nur ein paar Tropfen. Kein Wettermodell kann vorherzusagen, zu welcher Uhrzeit ein Gewitter einem gewissen Stadtteil Starkregen und Sturmböen bringt. Mithilfe der Modelle kann man am Vortag aber oft zumindest das Gefährdungspotential, die Art der Gewitter (z.B. einzelne Zellen, große Gewitterkomplexe) und die zu erwarteten Begleiterscheinungen abschätzen. In unseren zentralen und regionalen Warnlageberichten und möglichen Vorabinformationen können wir mit 12 bis 24 Stunden Vorlauf (also ähnlich früh wie bei winterlichen Wettererscheinungen) darauf hinweisen, in welchen Regionen ein gewisses Potential für starke Gewitter besteht und wo mit schweren Unwettern zu rechnen ist. Gemeinde-genaue Gewitterwarnungen können aber noch nicht ausgegeben werden. Dazu benötigen wir Nowcasting-Produkte wie Niederschlagsradar- und Blitzdaten. Damit kann man erkennen, in welche Richtung ein Gewitter zieht, ob es sich verstärkt oder abschwächt, wieviel Regen fällt und ob Hagelschlag zu erwarten ist. Anhand spezieller Radarstrukturen kann man mitunter auch auf die Stärke von Sturmböen oder eine mögliche Tornadogefahr schließen. Automatisierte Auswertungstools unterstützen uns zudem bei der Wahl der Warnstufe und der auftretenden Wettergefahren. Gemeinde-genaue Gewitterwarnungen können also nur mit kurzer Vorlaufzeit (wenige Minuten bis eine Stunde) ausgegeben werden. Nur bei langlebigen Superzellen oder großen Gewitterkomplexen sind längere Vorlaufzeiten möglich.

Bei der Erstellung von Wetterwarnungen können übrigens auch Sie als Nutzer der DWD-Warnwetter-App ins Spiel kommen. Seit der Einführung der „Nutzermeldungen“ haben wir Warnmeteorologen einen weiteren sehr wertvollen Datensatz dazubekommen. Haben Sie eine warnwürdige Wettererscheinung beobachtet, können Sie uns diese via App als Nutzermeldung mitteilen. Besonders hilfreich sind diese Meldungen, wenn sie mit Fotos belegt werden. Aufnahmen von Hagelkörnern, Sturmschäden oder mögliche Beobachtungen von Tornados oder Funnels (Wolkenrüssel ohne Bodenkontakt) werden bei der Erstellung unserer Warnungen mitberücksichtigt. Sie ermöglichen noch präzisere Warnungen für diejenigen Orte, denen das Gewitter noch bevorsteht. Auch im Winter sind Nutzermeldungen eine große Hilfe, z.B. bei Glätte/Glatteis oder den Neuschneemengen. Scheuen Sie sich nicht, uns zahlreiche Nutzermeldungen (mit Fotos) zukommen zu lassen. Damit liefern Sie einen wertvollen Beitrag zur Warnung der Bevölkerung.

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Dr. rer. nat Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.10.2023

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