Die Smigielski – Mogil – Burt Vorhersagetechnik für außertropische Tiefdruckgebiete

Im Thema des Tages vom 04.02.2023 wurde bereits eine Vorhersagetechnik vorgestellt, mit der man anhand von Satellitenbildern die Intensität tropischer Stürme ermitteln kann. Dabei zeigte sich, dass diese Technik ihre Stärken und Schwächen hat, jedoch bis heute trotz des Fortschritts in der Vorhersagetechnik nicht aus dem operationellen Dienst wegzudenken ist.

Heute soll eine davon abgewandelte Technik vorgestellt werden, die zwar in den Außertropen bei weitem nicht so häufig im operationellen Dienst angewandt wird, wie die Dvorak Technik in tropischen Gefilden, doch auch sie hat ihre Bewandtnis und Stärke. Der Fokus dieser Technik liegt auf der Intensitätsbestimmung der uns bekannten Herbststürme u.a. im Nordatlantik. Es handelt sich um die sogenannte „Smigielski – Mogil – Burt Vorhersagetechnik, kurz: SMB Technik.

Sie wurde in den 80-iger Jahren entwickelt und somit zu der Zeit, wo Herr Dvorak mit seiner Vorhersagetechnik beim Vorhersagedienst in (sub)tropischen Bereichen immer mehr an Beachtung gewann. In der Tat wurden einige Ansätze der Dvorak-Vorhersagetechnik mit eingebaut und verschmolzen mit Beobachtungen u.a. von Junker und Haller. Diese beiden Meteorologen versuchten bereits 1980 eine sinnvolle Abschätzung des Bodendrucks an Hand von bestimmten Wolkenmustern im Satellitenbild zu erstellen. Die SMB Technik kann daher als eine Verschmelzung des Wissens von unterschiedlichen Meteorologen und Vorhersagegebieten angesehen werden.

Der Nutzen dieser Technik liegt damals wie heute auf der Hand: die Meere sind vergleichsweise datenarme Regionen mit Blick auf reale Messungen. Natürlich werden mittlerweile alle Bereiche mehr oder weniger häufig von Satellitenmessungen abgedeckt, die jedoch ebenfalls ihre (Mess)Unschärfen haben. Viele dieser Messungen finden zudem auf polarumlaufenden Satelliten statt, die einen vergleichsweise kleinen Bereich mit sehr geringer zeitlicher Auflösung abdecken. Schiffe, die Meldungen vom aktuellen Wetter übermitteln könnten, meiden verständlicherweise die Regionen, wo es für uns Meteorologen erst so richtig spannend und interessant wird bzw. wo sich innerhalb der Numerik durch erhöhte Ungenauigkeiten numerische Fehler entwickeln können. Die SMG Technik erlaubt es einem Meteorologen mit vergleichsweise geringem Aufwand ggf. diese Lücken zu überbrücken.

Nach der Durchsicht von Satellitenbildern von mehr als 60 Winterstürmen zwischen Oktober und April auf der Nordhemisphäre ergab sich ein einheitlicher Ablauf, wo grob gesagt eine Zunahme mehrschichtiger Bewölkung um ein Tiefzentrum (verstärkte hochreichende Hebung) sowie eine zunehmende Krümmung dieser Bewölkung für eine Intensivierung des Tiefdruckgebiets sprach. Verifiziert wurde die Technik mithilfe jedmöglicher Daten, die in der Nähe oder zentrumsnah ermittelt wurden (Bojen, Schiffsmeldungen, Landstationen et cetera). Anhand dieser Daten und physikalisch nachvollziehbaren Extrapolationen konnte man sehr häufig die durch die SMB Technik ermittelten Werte verifizieren bzw. falsifizieren. Um nicht die Auswertung der SMB Technik zugunsten dieser Stationen zu verfälschen, fand der Werteabgleich zwischen Messung und SMB Technik erst nach deren Durchführung statt.

Die grobe Annahme in dieser Technik ist die, dass wenn sich ein Tiefdruckgebiet entwickelt, sich dieses nach einem nachvollziehbaren Muster bis zum Reifestadium weiterentwickelt. Dank dieser Annahme war es nun auch möglich u.a. Entscheidungsbäume zu erstellen, die man in der Folge an jedem außertropischen System anwenden konnte. Ein solcher wurde mal eingefügt.

DWD Die Smigielski – Mogil – Burt Vorhersagetechnik fuer aussertropische Tiefdruckgebiete

Ohne jetzt zu tief in die Handhabe dieser Technik einsteigen zu wollen, so fällt auf, dass einer bestimmten Wolkenstruktur des Tiefdruckgebietes ein entsprechender Luftdruckwert (mittig im Bild und rot umrandet) zugeordnet wurde. Je besser der Wolkenwirbel ausgeprägt ist, umso
tiefer wird dessen Kerndruck angesetzt.

Auch hier ist das Hauptwerkzeug die sogenannte „logarithmische Spirale“, mit der bei der Dvorak-Technik das Ausmaß der gekrümmten Konvektionsbänder für die Intensitätsbestimmung bei tropischen Stürmen ermittelt wird. Wie bereits erwähnt, deutet die Krümmung der Bewölkung auch bei den außertropischen Tiefdruckgebieten eine Intensitätsänderung an. Je stärker gekrümmt, umso intensiver das System, weshalb auch hier eine Verwendung diese Spirale möglich ist. Je stärker das Tiefdruckgebiet ist, umso größer sind die Werte der Vorticity
und umso besser bilden sich bestimmte Wolkenstrukturen aus, die um das Zentrum des Sturms angeordnet und repräsentativ für die Intensität des Tiefs sind. Natürlich ist das nur ein Teil der Geschichte/SMB Technik, aber bereits ausreichend,
um sich an ein Beispiel heranzuwagen.

Schauen wir uns mal einen Wetterfall an, der vor wenigen Wochen im September dieses Jahres auftrat. Am 27.09. entwickelte sich über dem östlichen zentralen Nordatlantik ein kräftiges Sturmtief, das in der Folge unter Abschwächung nach Irland zog und auf den Namen KILIAN (international AGNES) getauft wurde. Betrachten wir nun mal die von unterschiedlichen Wetterdiensten durchgeführte Intensitätsabschätzung zum 00 UTC Termin für diesen Tag, so wurden Werte von 968 hPa, 970 hPa und 980 hPa analysiert. Kann hier die SMB Technik etwas Licht ins Dunkle bringen, wer hier näher an der vermeintlichen Wahrheit lag? Das Satellitenbild sollte helfen.

DWD Die Smigielski – Mogil – Burt Vorhersagetechnik fuer aussertropische Tiefdruckgebiete 1

Im Bild links und in der Mitte ist das Wasserdampfbild abgebildet, wobei das linke Bild die oberen Bereiche und das mittlere die tieferen Bereiche der Troposphäre zeigt. Je roter/schwärzer, umso trockener ist die Luftmasse. Rechts ist das RGB – Wolken Tag und Nacht-Bild eingebaut. Je weißer die Farbe, umso hochreichender (vereister) ist die Bewölkung.

Es ist eindrücklich zu erkennen, dass KILIAN zu diesem Zeitpunkt ein veritables Sturmtief war, denn besonders im rechten Bild erkennt man einen wunderschönen Wolkenkringel. Wenden wir nun die SMB Technik an.

DWD Die Smigielski – Mogil – Burt Vorhersagetechnik fuer aussertropische Tiefdruckgebiete 2

Dazu setzen wir die logarithmische Spirale auf das Satellitenbild und rotieren sie so lange, bis sie alle wichtigen Bereiche abdeckt. Anschließend muss man nur noch die Zehntel der Spirale abzählen zwischen dem Beginn des gekrümmten Wolkenkringels (in der Meteorologie dank seines Aussehens als der „Hammerkopf“ bezeichnet) und dem Bereich, wo sich die Spirale dem rückseitigen Ende des baroklinen Bandes parallel nähert. In diesem Fall können wir auch die Vorderseite des Bandes nehmen, dank seiner parallelen Ausrichtung. Nun erhalten wir einen Wert von 7.5 Zehntel und wenn man das mit dem Entscheidungsbaum abgleicht (rechts oben) kommen wir auf rund 970 hPa (abzüglich 1 oder 2 hPa, da der Kommakopf weiter anwächst und sich dem 8. Zehntel nähert). Von daher ist eine Intensitätsabschätzung von rund 970 hPa sehr plausibel und wurde gegen 11 Uhr MESZ von der Boje K2 mit etwas unter 970 hPa bestätigt (zu dem Zeitpunkt bereits wieder auffüllend).

Wofür ist diese Technik heutzutage also noch gut? Zunächst muss man im Hinterkopf behalten, dass die Technik trotz ihrer Stärken nur eine Näherung darstellt und in einigen Fällen auch versagen kann (wenn z.B. eine Tiefdruckentwicklung nicht nach einem typischen Schema abläuft). Im besten Fall kann man sein Ergebnis mit realen Messwerten vergleichen und ggf. den abgeschätzten Wert anpassen. Die Stärke dieser Technik, auch in der heutigen, technisch beinahe schon überfrachteten Zeit, ist aber vor allem in der einfachen Handhabung zu finden, denn mit nur einem Bild und dem Wissen der bisherigen Entwicklung lassen sich recht schnell gute Intensitätsabschätzungen erzielen. Selbst heute kann man dann z.B. abschätzen, inwieweit die Realität im Satellitenbild mit der numerischen Interpretation übereinstimmt und inwieweit den numerischen Vorhersagen zu trauen ist. Vor allem für marine Vorhersagen/Schiffsberatungen in datenarmen Bereichen ist diese Vorhersagetechnik von daher sicherlich von Interesse, insbesondere wenn auf den Schiffen nur eine begrenzte Datenübermittlung möglich ist.

Dipl. Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Jahreszeitenwirrwarr

Der Blick in den Kalender verrät eindeutig: Es ist Herbst – sowohl kalendarisch als auch meteorologisch und das schon seit ein paar Wochen. Der Blick aus dem Fenster beziehungsweise auf das Thermometer lässt aber anderes vermuten und eher sommerliche Gefühle aufkommen. Doch der Herbst wird sich letztlich auch in unserem Bewusstsein durchsetzen, klar. Die Frage ist nur, wann diesem Wirrwarr ein Ende gesetzt wird?

Am heutigen Mittwoch auf jeden Fall noch nicht. Zwar sorgt eine auf den Norden übergreifende Kaltfront dort im Tagesverlauf für zum Teil kräftige Regenfälle und einiges an Wind, die Temperatur bleibt mit Höchstwerten um 20 Grad aber im sehr milden Bereich. Sommerlich warm bei viel Sonnenschein ist es dagegen oftmals in der Mitte und im Süden des Landes bei in der Spitze um 25 Grad. Am Oberrhein sind örtlich sogar 28 Grad drin!

DWD Jahreszeitenwirrwarr 2

Der Donnerstag geht dann schon eher in Richtung Herbst. Die „Mittwochs-Kaltfront“, die zu einem Nordmeer- beziehungsweise dann Skandinavientief gehört, kommt bis in die Mitte voran und bringt einiges an Regenwolken und auch spürbar kühlere Luft mit sich. Immerhin werden in der Mitte und dem Norden kaum noch 20 Grad erreicht. Der Süden, genauer gesagt der äußerste Süden bleibt dagegen standhaft: Bei viel Sonnenschein wird dort örtlich nochmals ein Sommertag (25 Grad und mehr) eingeheimst.

DWD Jahreszeitenwirrwarr 3

Startet der Herbst nun auch (endlich) beim Wetter durch? Nein, noch nicht! Ein Tiefdruckkomplex, der sich vom nahen Ostatlantik bis ins Nordmeer erstreckt, pumpt am Freitag noch einmal warme Luft aus Südwesten nach Deutschland. Die Folge: Wieder ein deutlicher Temperaturanstieg auf verbreitet über 20 Grad und im Süden auf vielfach 25 bis 28 Grad. Am Oberrhein könnten sogar knapp 30 Grad erreicht werden, was einen neuen Temperaturrekord für die zweite Oktoberdekade zur Folge hätte. Diesen hat derzeit noch die mittlerweile nicht mehr aktive Station Bad Reichenhall inne. Am 15.10.2000 wurden dort 28,9 Grad gemessen.

Am Samstag schlägt dann aber die Stunde des Herbsts: Die nächste Kaltfront – die am Freitag bereits dem Nordwesten einen windigen und regnerischen Tag beschert – überquert Deutschland südostwärts mit zum Teil kräftigen Regenfällen und sorgt nun wohl nachhaltig für eine deutliche Abkühlung. Sind am Samstag nur noch im Süden und Südosten über 20 Grad drin, werden ab Sonntag bundesweit wahrscheinlich nicht einmal mehr 15 Grad erreicht. In den Nächten wird dann Bodenfrost ein Thema, im Bergland könnte es lokal sogar zu leichtem Luftfrost reichen.

DWD Jahreszeitenwirrwarr 4

Ab etwa Mitte der Woche deutet sich dann zwar wieder eine allmähliche Erwärmung an. Ob die aber ausreicht, um nochmals sommerliche Gefühle zu wecken, ist fraglich. Aber mal ehrlich: So langsam wird’s Zeit, dass sich Kalender und persönliches Empfinden einig werden, oder?

Dipl.-Met.: Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.10.2023
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Von Flüssen und Fluten

Wenn das Wort „Schottland” fällt, denkt man ja oft schon an den nächsten Urlaub, an Whisky (hier bitte ohne „e”!), die alten Gemäuer Edinburghs und Dudelsackmusik. Auch darüber ließe sich eine Menge schreiben, aber wir sind ja immer noch ein Wetterdienst und kein Reiseblog. Kommen wir also zum Thema: Während das Wetter bei uns im Süden bereits am vergangenen Wochenende noch immer recht sommerlich anmutete – die Höchstwerte lagen unter anderem am Oberrhein bei Werten um 25°C – hatten andere Teile Europas mit teils heftigen Regenfällen zu kämpfen. In diesem Fall traf es vor allem das südliche und zentrale Schottland inklusive der Highlands. Dort kam es unter anderem auch in größeren Städten wie Glasgow zu Überflutungen.

Dafür verantwortlich war eine nahezu stationäre Warmfront mit kräftigen und langanhaltenden Aufgleitniederschlägen. Die dafür nötigen Zutaten lieferten zwei Hauptakteure. Nummer Eins: Ein kräftiges Tief auf dem Atlantik, dessen Frontensystem bis nach Schottland reichte. Nummer 2: Ein ebenso kräftiges Hochdruckgebiet über Südwesteuropa. Beide zusammen sorgten für eine starke Strömung um das Hochdruckgebiet herum Richtung Schottland, wo die Luftmassen sich abregnen konnten. An dieser Stelle kommt noch ein dritter Faktor ins Spiel: Die Feuchte. Kräftiger Dauerregen ist nur mit ausreichend großer Zufuhr von Luftfeuchtigkeit möglich, und genau diese fand hier statt. Das Atlantiktief war nämlich in der Lage, subtropische Luftmassen über dem Meer anzuzapfen und bis in die mittleren Breiten zu transportieren. Im Zusammenspiel mit dem südwesteuropäischen Hochdruckblock griffen also die Zahnräder ineinander, sodass sehr viel Luftfeuchtigkeit aus südlichen Breiten bis nach Schottland und darüber hinaus gelangen konnte. Abbildung 1 zeigt den Transport von hohen Feuchtigkeitsmengen („Integrated Water Vapor”) nach Europa, wobei die Mengen über Schottland lokal betrachtet ein Maximum erreichen.

Solche Transport- oder Förderbänder von viel Luftfeuchtigkeit über hohe räumliche Distanzen kommen hin und wieder vor. Sie sorgen beim Auftreffen auf Land oft für heftige Niederschläge und Überflutungen. Ein klassisches Beispiel dafür sind derartige Wetterlagen, die oftmals zu Überschwemmungen in Kalifornien führen. Aufgrund der großen räumlichen Ausdehnung und der Menge an transportiertem Wasserdampf heißen diese atmosphärischen Förderbänder im englischen „Atmospheric River”, also „Atmosphärischer Fluss”, wobei sich der Fluss hier tatsächlich auf das Fließgewässer bezieht (es gibt auch noch den „Fluss” als physikalischen Prozess, dieser heißt im englischen allerdings „flux”).

DWD Von Fluessen und Fluten

Geregnet hat es am Ende eine Menge. Teilweise kamen Monatssummen innerhalb eines Tages zusammen. Bereits am vergangenen Freitag kamen schon verbreitet um 30 mm Niederschlag zusammen. Auf die dadurch bereits gesättigten Böden fiel dann am Folgetag nochmals die doppelte Menge. Die uns zur Verfügung stehenden Messwerte zeigen 24-stündige Summen von bis zu 65 mm. Allerdings ist aufgrund der Beschaffenheit der schottischen Gebirgslandschaft davon auszugehen, dass an einigen Stellen noch deutlich mehr gefallen ist, auch wenn aufgrund der dafür verantwortlichen Aufgleitvorgänge die Orografie nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte.

DWD Von Fluessen und Fluten

Gehört hat man von diesem Ereignis hierzulande zwar nicht allzu viel, aber der ein oder andere Zeitungsartikel lässt sich durchaus finden. Zum Beispiel berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung(siehe weitere Informationen zum Thema) via Agenturmeldung über das Hochwasser.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.10.2023
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Wer waren Anka und Albert?

Unsere täglichen Wetterkarten mit den Tief- und Hochdruckgebieten werden seit Jahrzehnten von Mitarbeitern der Freien Universität Berlin mit Namen versehen. Im Jahre 1954 regte die damalige Studentin und spätere Fernsehmeteorologin Dr. Karla Wege an, den Hoch- und Tiefdruckgebilden auf den europäischen Wetterkarten Namen zu geben. Bereits im zweiten Weltkrieg hatte der US-Wetterdienst begonnen, Taifune über dem Pazifik in alphabetischer Reihenfolge zu benennen. Dies wurde als so hilfreich empfunden, dass ab 1945 auch Hurrikane einen Namen bekamen.

Am 01.11.1954 war es so weit und „Anka“ und „Albert“ wurden die ersten Namen auf der europäischen Wetterkarte. Damals war es noch so, dass Tiefdruckgebiete immer weibliche Vornamen bekamen und Hochdruckgebiete immer mit männlichen Vornamen versehen wurden. Inzwischen wechseln die Geschlechter jedes Jahr, wobei 2024 die Hochs männliche und die Tiefs weibliche Vornamen tragen werden. Die Reihenfolge bestimmt das Alphabet. Ist es zu Ende, gibt es einen weiteren Durchgang. Wie viele Durchgänge pro Jahr notwendig sind, lässt sich nicht vorhersagen. Bei den Tiefdruckgebieten sind es durchaus bis zu sechs, bei den Hochdruckgebieten in der Regel drei.

Noch kann man sich für einige Buchstaben im nächsten Jahr bewerben und Taufpate werden. Alles Wissenswerte zu Wetterpatenschaften, wie man sich bewirbt und was es kostet, steht auf den Webseiten der „Aktion Wetterpate“: Dort können Sie auch die Regeln zur Namensvergabe nachlesen, denn längst nicht jeder Fantasiename kann als Taufname herangezogen werden.

Die Namen finden sich übrigens nicht nur auf den Wetterkarten in deutschen Medien wieder. Im Jahre 2021 wurde eine europäische Initiative gegründet, die die internationale Verwendung von Hoch- und Tiefnamen regelt. Europa wurde in verschiedene (regionale) Gruppen eingeteilt. Deutschland gehört dabei der mitteleuropäischen Wettergrupppe an. Jede Gruppe benennt die in ihrer Region wetteraktiven Hochs und Tiefs. Gibt es ein besonders aktives Druckgebilde – was meist bei Tiefdruckgebieten der Fall ist – so wird der erste an dieses Druckgebilde vergebene Name in den Karten weitergeführt, auch wenn in anderen Ländern das Tief oder Hoch einen anderen Namen erhält oder schon erhalten hat. Zu erkennen ist das in den Karten durch den Zusatz „int.: Name“.

Wenn Sie sich also heute oder in den kommenden Tagen noch für einen übrig gebliebenen Buchstaben aus dem Alphabet erwärmen können, so könnte dieses Tief oder Hoch im nächsten Jahr auch auf den internationalen europäischen Wetterkarten erscheinen.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.10.2023
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Geteiltes Wetter in Deutschland

Tief „Patrick“ liegt heute über Westrussland. Von ihm geht dabei eine Kaltfront aus, die sich quer vom Osten bis in den Nordwesten Deutschlands erstreckt und in die Luftmassengrenze von Tief „Quiron“ übergeht, welches derzeit mit seinen Tiefkernen im Nordostatlantik zu finden ist. Diese Luftmassengrenze sorgt jedoch nicht nur für viele Wolken und etwas Regen, sie trennt auch zwei unterschiedlich temperierte Luftmassen.

DWD Geteiltes Wetter in Deutschland

Der Süden und Südwesten Deutschlands befinden sich in einer sogenannten „maritimen Subtropikluft“ (kurz:  ). In der feuchten und für die Jahreszeit ungewöhnlich milden Luft können die Höchstwerte am heutigen Sonntag auf bis zu 27 Grad ansteigen. Das spätsommerliche Wetter zieht die Menschen für unzählige Unternehmungen ins Freie und lädt noch einmal zum Sonne tanken ein vor dem Anbruch der dunkleren Jahreszeiten.
Im Nordosten hält dagegen eine „maritim erwärmte Subpolarluft“ (kurz:) Einzug. Diese kann eher als deutlich kälter charakterisiert werden. Zwar scheint dort ebenfalls die Sonne, es weht allerdings eine deutlich kältere Brise um die Nasenspitze. Dort liegen die Höchstwerte am Sonntagnachmittag lediglich bei 12 bis 14 Grad. Dazwischen zeigen sich heute viele Wolken und zeitweise etwas Regen am Himmel.

DWD Geteiltes Wetter in Deutschland 1

Bereits in der vergangenen Nacht konnte man ein starkes Temperaturgefälle wahrnehmen. In Teilen der Mitte bis in den Südosten Deutschlands verhinderten dichte Wolken die nächtliche Ausstrahlung. Somit sanken die Temperaturen dort im Nachtverlauf nicht allzu stark ab. Auch hier wird die ungewöhnliche Milde der Luftmasse deutlich: Die Tiefsttemperatur an der Station München-Stadt lag bei 17,1 Grad, in Holzkirchen (ebenfalls Bayern) wurde sogar ein (vorläufig) neuer Stationsrekord mit 16,8 Grad aufgestellt. Das heißt, noch nie lagen die Tiefstwerte in einer Oktobernacht in Holzkirchen so hoch wie in der vergangenen.
Mehr als 15 Grad kälter und somit deutlich besser zum statistischen Mittel eines Oktobertages passend war es hingegen im Nordosten. Dort wurde an der Station Barth in Mecklenburg-Vorpommern eine Tiefsttemperatur von 1,4 Grad gemessen. Und auch an der benachbarten Station Steinhagen-Negast war es mit 2,0 Grad nicht signifikant wärmer. In Bodennähe (also in 5 Zentimeter über dem Erdboden gemessen) kam es an diesen Stationen sogar zu leichtem Frost um -1 Grad.

Wie geht es nun weiter mit der Wetterteilung?
In den kommenden Tagen wird die quer über Deutschland liegende Luftmassengrenze auch weiterhin den Norden und Osten beeinflussen. Zeitweise muss dort neben dichten Wolken mit etwas Regen gerechnet werden. Der äußerste Nordosten bleibt zunächst noch in der kalten Subpolarluft. Im Süden und Südwesten scheint sich ebenfalls nur wenig zu bewegen: Dort scheint häufig die Sonne und auch die Höchstwerte bleiben im Südwesten teils sommerlich warm mit über 25 Grad.

Erst zum Mittwoch zieht die Luftmassengrenze vorübergehend nach Norden hin ab, sodass mit Ausnahme des äußersten Nordens in vielen Teilen des Landes die Sonne zum Vorschein kommt. Dabei liegen die Höchstwerte im Norden um 19 Grad, in der Mitte und im Süden werden 23 bis 28 Grad erreicht.
Allerdings kündigt der am Mittwoch im Norden teils stürmisch auffrischende Wind das nächste Frontensystem an. Ausgehend von einem Tiefdruckkomplex, der sich von der nördlichen Ostsee bis ins Europäische Nordmeer erstreckt, greift eine Kaltfront im Tagesverlauf auf den Norden über und breitet sich in der Nacht zum Donnerstag bis in mittlere Landesteile aus. Den Süden scheint diese Luftmassengrenze jedoch nach den aktuellen Wettermodellrechnungen nicht zu erreichen. Dort sollte sich am Donnerstag und Freitag bei zeitweiligem Sonnenschein weiterhin die ungewöhnlich milde Luft halten können.

MSc.-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

(Un)Wetterwarnungen des DWD – Teil 1: Weshalb sind sie notwendig?

Sicher haben Sie schon oft im Radio oder am Ende der TV-Nachrichten Sätze wie „Es bestehen aktuelle Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes vor schweren Gewittern in Teilen von Nordrhein-Westfalen“ oder „Der Deutsche Wetterdienst warnt vor ergiebigem Dauerregen an den Alpen“ gehört. Die Rede ist dabei von Unwetterwarnungen, für die der Deutsche Wetterdienst (DWD) als Bundesbehörde zuständig ist. Die Information und Warnung der Bevölkerung vor Wettergefahren jeglicher Art ist eine der wichtigsten hoheitlichen Aufgaben im Geschäftsbereich „Wettervorhersage“ des DWD. Es wird vor Wind/Sturm, Gewitter (inklusive Begleiterscheinungen), Stark- und Dauerregen, Nebel, Schneefall, Schneeverwehungen, Glätte/Glatteis und starkem Tauwetter gewarnt.

Wer braucht diese Warnungen?

Natürlich hängt dies stark vom Wetterereignis ab. Von großer Bedeutung sind Wetter- und Unwetterwarnungen für Organisatoren von Freiluftveranstaltungen. Nähert sich zum Beispiel dem Festivalgelände von „Rock am Ring“ ein Gewitter, sind Warnungen des DWD ein wichtiger Bestandteil bei der Entscheidung, ob evakuiert werden muss oder ob weiterhin gefahrenlos der Rockband zugehört werden kann. Bei anderen Veranstaltungen kann insbesondere Wind und Sturm zum Problem werden. Durch eine rechtzeitige Warnung und darauffolgende Schutzmaßnahmen kann verhindert werden, dass Videoleinwände umstürzen oder dass Stehzelte weggeweht und dadurch Besucher in Gefahr gebracht werden. Doch nicht nur Großveranstalter sind auf präzise Wetterwarnungen angewiesen. Diese helfen auch der Feuerwehr bei der Einsatzplanung. Die Hochwasserschutzzentralen der Länder nutzen Warnungen vor ergiebigem Dauerregen oder starkem Tauwetter zur Einschätzung und Prognose möglicher Hochwasserereignisse. Im Winterhalbjahr geben Schnee- und Glättewarnungen Hinweise, wo Straßenmeistereien mit ihren Räum- und Streufahrzeugen ausrücken müssen.

Wetter- und Unwetterwarnungen sind zudem für jeden Bundesbürger wichtig, im Beruf wie in der Freizeit. Weiß Förster Sigmund Goldlaub (Namen fiktiv) zum Beispiel, dass es am Nachmittag stürmisch wird, wird er sicherheitshalber Waldarbeiten verschieben. Gleichzeitig muss das Wild nicht vor Jäger Klaus Rehschreck auf der Hut sein, da dieser wohl seine Jagd vertagt, um nicht selbst durch einen umstürzenden Baum das Zeitliche zu segnen. Auch für Gertrud Sommer, die ihren runden Geburtstag mit einer rauschenden Gartenparty feiern möchte, sind Wetterwarnungen nicht uninteressant. Drohen Gewitter mit Sturmböen, verzichtet sie vielleicht auf das Aufbauen eines Gartenzeltes und erstellt einen „Plan B“, falls pünktlich zum Fertigwerden der ersten Grillwürstchen Platzregen einsetzen sollte. Wird gar ein Orkan erwartet, kann Wolfgang Sturm rechtzeitig lose Gegenstände auf seinem Grundstück in Sicherheit bringen. Wie Sie sehen, sind (Un)Wetterwarnungen für unterschiedlichste Zielgruppen relevant – von Behörden über Großveranstalter bis hin zur Privatperson.

Welche Warnstufen gibt es?

Die Warnmeteorologen der regionalen Außenstellen und der Vorhersage- und Beratungszentrale im DWD geben Wetterwarnungen in farblich unterschiedlichen Warnstufen aus. Gelbe Warnungen (Stufe 1) sind eher als Wetterhinweis anzusehen. Mit größeren Schäden ist noch nicht zu rechnen. Dennoch bewahren sie uns vor wetterbedingten Überraschungen. So können beispielsweise Obstbauern und Winzer im Frühjahr bei einer Frostwarnung ihre Kulturen vor Frostschäden schützen und der Hobbygärtner weiß, wann er empfindliche Pflanzen ins warme Haus stellen sollte. Auch wenn die Auswirkungen bei gelben Warnungen meist gering sind, ahnen Pendler, die in manche schneearme Metropole fahren möchten, dass ihnen bei einer Warnung vor leichtem Schneefall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Verkehrschaos blüht ;-).

Besteht für Ihre Region eine orange/ocker Warnung (Warnung vor markantem Wetter, Stufe 2), kann es bereits zu Schäden und mehr oder weniger großen Auswirkungen kommen. Durch Sturmböen können Äste abbrechen und Gegenstände umherfliegen oder durch Stark- oder Dauerregen können Bäche über die Ufer treten und Straßen überschwemmt werden.

Geht es wettermäßig so richtig zur Sache, zieht der Warnmeteorologe – anders als beim Fußball – bereits VOR dem Ereignis die „rote Karte“, sprich: es wird eine Unwetterwarnung (Stufe 3) ausgegeben. Nun ist mit größeren Schäden an der Infrastruktur und Beeinträchtigen im öffentlichen Leben zu rechnen. Bei Gewittern sind diese meist nur räumlich sehr eng begrenzt, bei Durchzug eines Orkantiefs sind hingegen großflächig erhebliche Schäden wahrscheinlich. Erscheint sogar die Farbe dunkelrot (Stufe 4) auf der Warnkarte, wird für diese Region ein extremes und sehr schadensträchtiges Unwetter erwartet. Dies ist aber glücklicherweise eher selten der Fall und betrifft meist nur kleine Regionen.

Im 2. Teil erfahren Sie mehr über den Weg vom ersten Hinweis auf ein gefährliches Wetterereignis bis hin zur konkreten Gemeinde-genauen Warnung.

DWD UnWetterwarnungen des DWD Teil 1 Weshalb sind sie notwendig

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.10.2023
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Teils erneut ungewöhnliche Oktoberwärme, aber nicht überall

Tief Patrick verlagert sich am heutigen Freitag über die Nordsee nach Südschweden. Dabei nehmen an der Südseite des Sturmtiefs die Druckunterschiede deutlich zu, sodass gerade an den Küsten und auf den Bergen stürmischer Wind aufkommt. Rückseitig des Sturmtiefs fließen in den Nordosten zum Sonntag hin dann deutlich kühlere Luftmassen polaren Ursprungs ein. Gleichzeitig wölbt sich über West- und Mitteleuropa ein kräftiger und stabiler auf, welcher in der Höhe erneut ungewöhnlich warme Luftmassen über Südwesteuropa nach Norden führt.

Somit gestaltet sich das Wetter in der Südwesthälfte bei wieder steigenden Temperaturen häufig freundlich. Am Sonntag sind im äußersten Südwesten örtlich schon wieder sogenannte „Sommertage“ mit Tageshöchstwerten von 25 Grad oder mehr wahrscheinlich. Zudem bestimmt eine Wetterdreiteilung das Land. Während im äußersten Südwesten und Nordosten häufig die Sonne scheint, ist es über den mittleren Landesteilen teils wolkiger. Dort positioniert sich eine markante Luftmassengrenze mit zeitweiligen Regenfällen.

So zeigt sich zu Wochenbeginn ein signifikantes Temperaturgefälle zwischen dem Nordosten und dem Südwesten Deutschlands. Während entlang des Oberrheins häufig Tageshöchsttemperaturen von über 25 Grad gemessen werden (im Breisgau lokal bis 27 Grad), schaffen es die Temperaturen im äußersten Nordosten wie beispielsweise auf der Insel Rügen nur noch auf maximal 13 bis 15 Grad. Noch imposanter zeigen sich die Temperaturunterschiede in 1500 Meter Höhe. Dort baut sich am Sonntag zwischen Greifswald und dem Breisgau ein Temperaturgradient von annähernd 20 Kelvin auf.

Auch im weiteren Verlauf schwächen sich die

DWD Teils erneut ungewoehnliche Oktoberwaerme aber nicht ueberall

Temperaturunterschiede vorerst nur sehr langsam ab. Erst zur Wochenmitte werden die recht kühlen Luftmassen im Nordosten wieder verdrängt. Diese Luftmassengrenze ist allerdings nicht sehr wetterwirksam, da sie schnell unter Hochdruckeinfluss gerät. Damit schwächen sich die Niederschläge über den mittleren Landesteilen am Sonntag rasch ab, sodass keine warnwürdigen Mengen zusammenkommen.

Damit könnten entlang des Oberrheins bis zur Wochenmitte lokal nochmals bis zu vier Sommertage im Oktober dazukommen. Wodurch dort teils neue Oktoberrekorde aufgestellt werden können. Allerdings ist es noch fraglich, ob sich Nebelfelder die sich in den kommenden Nächten dort bilden auch rasch auflösen. Da vor allem zu Wochenanfang im Süden nur geringe Druckunterschiede vorhanden sind, könnte sich die Nebelauflösung örtlich als zäh gestalten, was einen spürbaren Einfluss auf die Tageshöchsttemperaturen hat. Betrachtet man das Flächenmittel, so liegt der Rekord bei rund 1 bis 2 Sommertagen aus dem Jahre 2018 (siehe Abbildung 2). Dieser Wert könnte in diesem Oktober durchaus eingestellt oder sogar überboten werden. Damit bleibt abzuwarten, ob auch der Oktober für zahlreiche neue Wärmerekorde sorgen wird.

DWD Teils erneut ungewoehnliche Oktoberwaerme aber nicht ueberall 3

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.10.2023

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Ein außergewöhnlicher September

Selbst wenn man sich schon an das neue Klimamittel für September gewöhnt hat, wird man sicher festgestellt haben, dass der erste Herbstmonat in diesem Jahr außergewöhnlich warm und sonnig war. Und das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa. Im Mittel lag die Durchschnittstemperatur in Europa 2.5 K über dem vieljährigen Mittel von 1991-2020 und ganze 1.1 K über dem bisherigen Rekordwert von September (2020). Das sind schon enorme Abweichungen, wenn man bedenkt, dass es sich um einen Mittelwert über für den ganzen Kontinent handelt. Nicht überraschend wurden in vielen Ländern neue Septemberrekorde seit Aufzeichnungsbeginn gemessen.

DWD Ein aussergewoehnlicher September

Die wesentlichen Aspekte zum September 2023 wurden vor einigen Tagen bereits in der Pressemitteilung veröffentlicht

Wenn man sich den September etwas näher anschaut, so findet man aber noch einige spannende Details mehr. Diese sollen in der Folge kurz gezeigt und erläutert werden.

September 2023 im Vergleich zu den eigentlichen Sommermonaten

Bisher sind die Monate September und Oktober die Monate im Jahr, bei denen die Erwärmung der letzten Jahrzehnte noch am wenigsten ausgeprägt war.
Die Durchschnittstemperatur des Septembers lag bei 17.3°C und damit 4 K über den vieljährigen Mittelwerten von 1961-1990 (bzw. 3.4 K über 1991-2020). Der September 2023 war zudem 0.4 K wärmer als die bisherigen Rekordjahre 2006 und 2016.
Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem der Vergleich mit den Mittelwerten der eigentlichen Sommermonate Juni bis August. Diese lagen im Vergleichszeitraum 1961 bis 1990 bei 15.4 Grad (Juni), 16.9 Grad (Juli) und 16.5 Grad (August). Mit anderen Worten, der September 2023 war wärmer als ein nach der alten Vergleichsperiode üblicher Sommer und verlief etwa auf dem Niveau eines Durchschnittssommers nach der derzeitigen Vergleichsperiode 1991 bis 2020 (Sommermittel: 17.6°C).

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Interessant ist auch der Vergleich des Septembers mit den diesjährigen Mittelwerten der Sommermonate. Im Mittel über ganz Deutschland waren Juni (+1.3 K), Juli (+1.4 K) und August (+1 K) etwas wärmer als der September. Schaut man sich die verschiedenen Wetterstationen in Deutschland an, sieht man, dass dies nicht überall der Fall war. An den Küsten und auch im höheren Bergland war der September 2023 wärmer als jeder Sommermonat in diesem Jahr.

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Sommertage im September 2023 oft mit neuen Rekorden

Ebenfalls interessant ist der Blick auf die Anzahl der Sommertage, die im September 2023 erreicht wurden. Exemplarisch wurde dies für verschiedene Stationen quer über Deutschland untersucht. Es lässt sich feststellen, dass es an vielen Stationen neue Rekorde bei der Anzahl der Sommertage für einen September gab. Etwas davon ausgenommen ist der Nordwesten Deutschlands. Sonst wurden vielerorts die Rekorde eingestellt oder übertroffen. Besonders ausgeprägt war dies im Südwesten des Landes. In Frankfurt wurde der alte Rekord (15) um drei Tage überboten (18). In Mülheim am Oberrhein waren es ganze fünf Tage mehr (21 statt 16) und in Stuttgart auf dem Schnarrenberg sogar sechs (19 statt 13).

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September 2023 besonders extrem im Bergland

Auffällig sind auch wieder die Bergstationen. So wurde in Neuhaus auf 845 m Höhe sechsmal ein Sommertag registriert (bisheriger Rekord 3) und es gab noch keinen Frosttag. Aber auch an anderen Stationen im Bergland lassen sich enorme Abweichungen finden. Die Abweichungen zu den vieljährigen Mittelwerten sind ebendort besonders markant, wie die nachfolgende Tabelle zeigt. So liegt der Mittelwert über alle Stationen in ganz Deutschland bei +4 K. Betrachtet man nur die Stationen über 1000 m Höhe, sind es hingegen +5.2 K, wobei der Brocken mit +5.4 K hervorsticht.

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Zu guter Letzt noch eine weitere Grafik, welche den enormen Wärmeüberschuss im Bergland illustriert. Dargestellt ist der Verlauf der Mitteltemperatur auf der Zugspitze im Vergleich zu den höchsten bzw. niedrigsten Tagesdurchschnittswerten im vieljährigen Mittel. 2023 bewegte sich die Zugspitze fast immer am Oberrand des maximal Möglichen. An neun Tagen wurde ein neuer Rekordwert aufgestellt, davon acht Tage am Stück. In der Spitze wurde der alte Tagerekord um 4.3 K überboten (05.09.). Dieser September passt sich damit in den Trend ein, dass die Klimaerwärmung im Bergland schneller voranschreitet als in tiefen Lagen.

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Abschluss, was macht der Oktober?

All diese Statistiken zeigen, wie außergewöhnlich der September 2023 gewesen ist, und dass man ihn mit Fug und Recht als vierten Sommermonat bezeichnen kann. Ob das auch für den Oktober gilt? Zumindest macht der zweite meteorologische Herbstmonat genau da weiter, wo der September aufgehört hat … mit neuen Rekorden. Richtiger Vollherbst ist in den nächsten 7 bis 10 Tagen nicht in Sicht.

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Offenbach, den 05.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Warum der Jetstream die Flugzeiten beeinflusst

Als Jetstream oder Strahlstrom wird ein Starkwindband in der Atmosphäre bezeichnet. Dabei muss die maximale Windgeschwindigkeit des Starkwindbandes mindestens 60 Knoten, also etwa 110 Kilometer pro Stunde erreichen. Zwischen dem 40. und 60. Grad nördlicher und südlicher Breite befindet sich der sogenannte Polarfront-Jetstream in einer Höhe von 8 bis 15 Kilometern. Der Polarfront-Jetstream ist dabei aber kein statisches Band, das sich um die Erde legt. Durch größere Hindernisse wie beispielsweise die Rocky Mountains und die Corioliskraft gerät der Jetstream ins schlingern und bildet Wellen. Diese Wellen werden als Rossby-Wellen bezeichnet und mäandrieren um den Globus.

DWD Warum der Jetstream die Flugzeiten beeinflusst

Die genau Ausprägung der Rossby-Wellen hängt dabei zum einen von der Jahreszeit ab. Im Sommerhalbjahr befindet sich der Polarfront-Jetstream auf der Nordhalbkugel weiter im Norden, zum Herbst hin wandert der Strahlstrom wieder in südliche Richtungen. Zum anderen ist der Jetstream im Sommer generell weniger intensiv ausgeprägt als im Winter. Diese Verschiebung bestimmt das Wetter sowohl in Nordamerika als auch in Europa. In der Regel sind starke Stürme und Orkane über Europa auch immer mit einem starken Polarfront-Jetstream verbunden. Die Windgeschwindigkeit des Strahlstroms über dem Nordatlantik hängt dabei von dem Temperaturunterschied zwischen der arktischen Atmosphäre und der über den gemäßigten Breiten ab.
Je größer die Temperaturdifferenz ist, umso stärker weht der Strahlstrom. Im Sommer ist der Temperaturunterschied etwas geringer, sodass der Jetstream meist schwach ausgeprägt ist. Starke Stürme oder Orkane sind dann über Europa eher selten. Im Herbst hingegen werden die Unterschiede wieder größer. In der Arktis beginnt die Zeit der Polarnacht. Durch die fehlende Sonneneinstrahlung geht die Temperatur der Troposphäre (also der untersten Atmosphärenschicht) dort stark zurück. Im Gegensatz dazu sind die Temperaturen über Europa und auch die Meeresoberflächentemperaturen noch recht warm. Die Temperaturdifferenz wird also größer.

Dies hat auch Auswirkungen auf die Flugzeiten zwischen Nordamerika und Europa. Flüge von West nach Ost, also in Stromrichtung des Jetstreams sind generell kürzer als in die Gegenrichtung. Ein Flug von London nach New York dauert durchschnittlich knapp acht Stunden, der Rückflug nur sieben Stunden. Die Flugzeuge fliegen in der Strömung mit, sodass sich die Geschwindigkeiten von Flieger und Umgebungsströmung addieren. Das heißt, dass die Geschwindigkeit eines Fliegers über Grund schneller oder langsamer ist als die wahre Fluggeschwindigkeit relativ zur Umgebungsströmung. Typischerweise erreicht der Jetstream im Herbst und Winter Maximalgeschwindigkeiten von etwa 260 Kilometern pro Stunde. Bei einer Reisegeschwindigkeit des Flugzeuges von 800 Kilometern pro Stunde ergibt sich in Richtung Osten eine Geschwindigkeit von 1060 Kilometern pro Stunde über Grund. Würde das Flugzeug entgegen des Strahlstroms fliegen, würde sich die Geschwindigkeit auf 540 Kilometer pro Stunde verringern und die Reisezeit würde dadurch erheblich verlängert werden. Für die Berechnung der Flugzeit und dem damit benötigten Treibstoff eines Fluges sind die Vorhersage des Jetstreams und der Windgeschwindigkeit in Reisehöhe wichtig.

Aufgrund der potentiellen Treibstoffeinsparung und der modernen Navigations- und Telekommunikationssysteme wurden vor einigen Jahren auch die festen Flugrouten über dem Nordatlantik abgeschafft. So kann der Pilot bzw. die Airline ihre Flugroute selbst planen und die effizienteste Route wählen. Dabei hilft die numerische Wettervorhersage, die für die einzelnen Flughöhen die Windgeschwindigkeiten und -richtungen prognostiziert werden. Es werden auch spezielle Karten für die Luftfahrt erstellt, aus der Lage und Verlauf des Jetstreams hervorgeht.

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Normalerweise dauert ein Flug von London nach New York knapp acht Stunden. In umgekehrter Flugrichtung knapp sieben Stunden. Ein Flug der British Airways heute morgen hatte eine Reisezeit von etwas über 6 Stunden. Obwohl der Flieger mit einer Verspätung von einer Stunde gestartet ist, kam er noch zur geplanten Ankunftszeit in London an. Dabei half der Jetstream ordentlich mit.

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Im Februar 2020 betrug die Flugzeit einer Boeing 747 unterwegs von New York nach London nur 4 Stunde 56 Minuten. Kurzzeitig erreichte die Maschine dabei eine Spitzengeschwindigkeit von über 1300 Kilometern pro Stunde über Grund. Das ist schneller als der Schall. Die Schallmauer wurde aber nicht gebrochen, da der Knall nur bei absoluten Windgeschwindigkeiten ausgelöst wird. Der starke Jetstream hat damals Orkantief SABINE verursacht, das im Februar 2020 über Deutschland hinwegfegte. Den bis heute gültigen Reisezeit-Rekord einer kommerziellen Maschine hält übrigens immer noch die Concorde. Der Überschallflieger legte die Strecke 1996 in 2 Stunden 53 Minuten zurück.

Für morgen werden keine neuen Rekorde erwartet. Die Abbildung 1 zeigt die Prognose des Windgeschwindigkeiten etwa in Reisehöhe des zivilen Flugverkehrs (etwa 10 Kilometer über Grund). Die Geschwindigkeiten über dem östlichen Nordatlantik nehmen etwas ab. Sollte Ihr Flieger in Nordamerika also mit Verspätung starten, ist es sehr unwahrscheinlich, dass er diese durch eine kürzere Reisezeit wieder aufholen kann.

M.Sc. Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Ungewöhnliche Wärme

Es ist Anfang Oktober, der Herbst ist in vollem Gange, aber die Temperatur lässt uns noch an den Sommer glauben. Grund dafür war die großräumige Strömung. In dieser hat Hochdruckgebiet SONJA mit Zentrum über Mittel- und Südeuropa warme bis heiße und weitgehend trockene Luft über Nordafrika und Südwesteuropa angezapft und sowohl am Sonntag (obere Grafik) als auch am Montag (untere Grafik) nach Deutschland geführt. Bei viel Sonnenschein und unter großflächigem Absinken im Hochdruckbereich hat sich so die Luft über Deutschland kräftig erwärmt.

DWD Ungewoehnliche Waerme 1

DWD Ungewoehnliche Waerme

Am 01. Oktober (Sonntag) wurde im Westen und Süden des Landes oftmals die 25-Grad-Marke überschritten. Steigt die Temperatur an einem Tag über 25 Grad, so spricht man von einem Sommertag. Am gestrigen Montag wurden in Deutschland verbreitet über 25 Grad gemessen. Örtlich wurde nur knapp die 30-Grad-Marke verfehlt. Ist es wärmer als 30 Grad, so nennt man dies einen heißen Tag.

Tageshöchstwerte am gestrigen Montag, 02.10.2023:

Notzingen/BW 29,8 Grad
Müllheim/BW 29,6 Grad
Freiburg/BW 29,5 Grad
Weilerswist-Lommersum/NRW 29,4 Grad
Metzingen/BW 29,2 Grad
Bad Neuenahr-Ahrweiler/RP 29,0 Grad
Emmendingen-Mundingen/BW 29,0 Grad
Ellwangen-Rindelbach/BW 28,7 Grad
Hechingen/BW 28,7 Grad
Mühlacker/BW 28,7 Grad

Heiße Tage, also Tage mit Höchstwerten über 30 Grad, sind so spät im Jahr sehr ungewöhnlich. Bemüht man die Statistik, so treten sie im langjährigen Mittel so gut wie nicht mehr auf. Sommertage sind im Oktober hingegen keine so große Seltenheit. Wenn man von den nördlichen Bundesländern einmal absieht, so sind Sommertage im Oktober im langjährigen Mittel immer wieder aufgetreten. Dabei lässt sich rein statistisch im Vergleich der Zeiträume 1961 – 1990 und 1981 – 2010 keine Zunahme in der Häufigkeit feststellen.
In der Nacht zum heutigen Dienstag kühlte es vor allem im wolkenverhangenen Westen nur wenig ab. Dabei wurde eine Tropennacht – eine Nacht mit einer Tiefsttemperatur über 20 Grad – in Essen-Bredeney mit 19,7 Grad Tiefstwert nur knapp verpasst. Auch in Duisburg und Aachen kühlte es nur auf rund 19 Grad ab.

Die große Wärme findet am heutigen Dienstag ein Ende, denn Tiefdruckgebiet NOAH lenkt zunächst eine Kaltfront mit reichlich Wolken und teils kräftigen Gewittern zu uns und dahinter dann auch deutlich kühlere Luft. Dabei wird es heute in der Südosthälfte Deutschlands noch einmal sehr warm. Örtlich sind erneut knapp 30 Grad möglich. Am morgigen Mittwoch (04.10.2023) erreichen die Temperaturhöchstwerte allerdings nur noch um 20 Grad.

Auch in den Folgetagen lässt der Zustrom kühlerer Luft aus Westen nicht nach und die Temperatur ist eher gedämpft, wenngleich es tagsüber nicht unbedingt kühl wird. In den Nächten sind zumindest im Süden allerdings tiefe einstellige Temperaturwerte zu erwarten. Zum Wochenende findet nach aktuellem Trend wieder wärmere Luft den Weg zu uns. Ob es noch einmal verbreitet für über 25 Grad und somit Sommertage reicht, ist noch ungewiss.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst