IRIS stellt das Wetter um

Äußerst winterlich präsentierte sich das Wetter in der nun vergangenen Woche. Tief GERTRUD sorgte für allerlei Schlagzeilen und bescherte dem Süden und der Mitte Deutschlands einen wettertechnisch brisanten Mittwoch. Wie bereits in diversen Themen des Tages dieser Woche beschrieben, legte sich eine markante Luftmassengrenze quer über Deutschland. Diese war mit teils kräftigen Niederschlägen verbunden. Auf der kalten Seite fielen diese als Schnee, auf der warmen Seite als Regen. Im Übergangsbereich sorgte gefrierender Regen für spiegelglatte Straßen und Gehwege. Gegenstände und Pflanzen wurden von teils dicken und bizarr wirkenden Eispanzern eingehüllt.
Am Donnerstag wanderte die Luftmassengrenze dann gen Süden und bescherte auch so mancher Region noch eine dünne Schneedecke, die bis dato (fast) nur den (gefrierenden) Regen abbekommen hatte.

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Nachfolgend sorgte Hoch CORVIN für eine deutliche Wetterberuhigung. Nur noch wenige Regen- oder Schneeschauer zogen über das Land und die Sonne zeigte sich teilweise länger. So manche Region hatte allerdings auch mit einer zähen Hochnebeldecke zu kämpfen. Wind- oder gar Sturmböen waren allenfalls an den Küsten oder auf einzelnen Berggipfeln ein Thema. Dies ändert sich nun aber pünktlich zum Start in die neue Woche.
Verantwortlich hierfür ist das Sturmtief IRIS, das auf dem internationalen Parkett auf den Namen ISHA getauft wurde. Dieses befand sich am heutigen Sonntagmorgen noch auf dem nahen Atlantik. Nachfolgend schickt es sich aber an, mit seinem Kern den nördlichsten Teil Schottlands zu streifen, um dann weiter in Richtung Norwegen zu ziehen. Die Tiefausläufer beeinflussen dabei das Wettergeschehen in Deutschland.

DWD IRIS stellt das Wetter um

Mit IRIS stellt sich eine zyklonale Westlage ein. Damit verbunden sind neben einer deutlichen Milderung auch Niederschläge. Zudem beschert uns IRIS einen windigen bis stürmischen Start in die neue Woche.
Die Milderung äußert sich bereits in der kommenden Nacht, wenn frostige Tiefsttemperaturen nur noch im Südosten sowie in einzelnen Hochlagen zu erwarten sind. Nichtsdestotrotz können im äußersten Südosten auch noch einmal -10 Grad erreicht werden. Zum Vergleich: In der vergangenen Nacht wurden noch verbreitet Tiefstwerte im Frostbereich verzeichnet. Nur im Küstenumfeld blieb es frostfrei. Im Süden sowie in Teilen der Mitte lagen die Tiefstwerte auch im strengen Frostbereich von bis zu -17,7 Grad im thüringischen Olbersleben.
Am Tage macht sich die Milderung dahingehend bemerkbar, dass die Höchsttemperaturen bereits am morgigen Montag entlang des Rheins und im Nordwesten zweistellige Werte aufweisen. Häufig liegen die Höchsttemperaturen dann bei Werten von mehr als 5 Kelvin über denjenigen am heutigen Sonntag (Temperaturdifferenzen werden in Kelvin und nicht in Grad Celsius angegeben).

DWD IRIS stellt das Wetter um 2

Ab der kommenden Nacht ziehen dann von Nordwesten Regenfälle herein. Diese können zeitweise mitunter kräftiger sein. In einzelnen Kältelöchern der Mittelgebirge sowie morgen Vormittag Richtung Südosten kann der Regen auch gefrierend sein und es kann vorübergehend glatt werden.
Bereits am heutigen Sonntag weht im Nordwesten sowie im Mittelgebirgsraum ein stark böiger Südwestwind. Dieser legt in der kommenden Nacht weiter zu. Am morgigen Montag weht dann im Südosten ein mäßiger, sonst ein frischer bis starker Südwestwind. Verbreitet ist mit stürmischen Böen oder Sturmböen zu rechnen. Im Bergland und an der See sind auch schwere Sturmböen darunter. An der Nordsee sind sogar einzelne orkanartige Böen möglich.

DWD IRIS stellt das Wetter um 3

Durch die milden Temperaturen, den Regen und den Wind setzt Tauwetter ein und es geht den Schneedecken zunehmend an den Kragen. Nur in der Nacht zum Dienstag fallen die Niederschläge in den höheren Lagen teils noch einmal als Schnee.
Diese Winterfreude ist aber auch nur von kurzer Dauer, denn wettertechnisch geht es genauso weiter wie am Montag. Nach vorübergehender Windabnahme am Dienstag legt der Wind zum Mittwoch hin wieder zu. Der Mittwoch präsentiert sich dann abermals windig bis stürmisch. Zudem ist verbreitet wieder mit Regen zu rechnen. Dabei wird es dann insbesondere am Oberrhein bei 14 bis 16 Grad sehr mild.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Kenntnisse der Lawinenkunde und des Wetters helfen bei der sicheren Skitourenplanung

In den letzten Jahrzehnten erlebte das Tourengehen einen regelrechten Boom. Auf der Suche nach Natur, Abenteuer und Einsamkeit schätzen viele Wintersportler die Freiheiten, die eine Skitour bietet. Für eine sichere Tourenplanung ist es jedoch wichtig, ein Grundverständnis vom Wetter und der Lawinenkunde zu haben. Die meteorologischen Prozesse beeinflussen die Schneedeckenzusammensetzung und die Entstehung sowie Entwicklung von Schwachschichten. Mit dem Wissen zu den in der Schneedecke ablaufenden Prozessen und dem Wettergeschehen sowie mithilfe der Angaben in den Lawinenlageberichten lassen sich die Gefahren im Gelände besser einschätzen. Zudem wird auch die Auswahl einer sicheren Skitourenroute erleichtert.

Während der vergangenen Woche häuften sich Lawinenauslösungen teils auch mit Personenbeteiligung. Bis zum gestrigen Freitag wurde von den Lawinenwarndiensten in den Hochlagen der Alpen oberhalb etwa 2000 Meter vor einer erheblichen Lawinengefahr gewarnt. Auf der fünf-teiligen Gefahrenstufenskala entspricht dies der Stufe 3. Für Wintersportler im freien Gelände ist diese Gefahrenstufe meist die kritischste Situation, bei der rund die Hälfte aller Lawinentoten zu beklagen sind. Eine optimale Routenwahl ist daher sehr wichtig. Steile Hänge der in den Lawinenbulletins angegebenen Expositionen und Höhenlagen sollten gemieden werden.

Vor allem der Windeinfluss und zeitweise frischer Neuschnee trugen in der vergangenen Woche entscheidend zur erheblichen Lawinenlage bei. Der von dem Geologen Wilhelm Paulcke in den 1930ern geprägte Satz: „Der Wind ist der Baumeister der Lawinen.“ gilt auch heute noch unverändert fort. Unter diesen Voraussetzungen bildeten sich vermehrt neue, zum Teil auch sehr störanfällige Triebschneeansammlungen. Triebschnee lagert sich an windabgewandten Hangseiten vorrangig in windgeschützten Karen oder Mulden ab. Da auf diese Weise größere Schneemengen zusammengetragen werden, können in kurzer Zeit dicke Triebschneedecken entstehen, die zudem nur sehr lose mit den alten Schneeschichten verbunden sind. Insbesondere dort, wo der Triebschnee auf Oberflächenreif oder einer lockeren Schneeoberfläche mit kantigen Schneekristallen zum Liegen kommt. Innerhalb der Triebschneeansammlung selbst weisen die Schneekristalle allerdings eine hohe Bindung auf. Nach dem Windtransport sind die Schneekristalle deformiert und ineinander verhakt, sodass sich dadurch gefährliche Schneebretter entwickeln können.

Des Weiteren wurde Mitte der Woche von Frankreich her eine markante Warmfront nordwärts über die Alpen geführt. Während es über der Mitte Deutschlands dabei zur Ausbildung einer markanten Luftmassengrenze mit einer extrem Eisregenlage und auf der Nordseite zu starken Schneefällen kam, führte der Warmlufteinschub an den Alpen zu einer deutlichen Milderung (siehe auch). Durch die Temperaturzunahme und Anfeuchtung der Schneedecke bis in mittlere und höhere Lagen bis etwa 2400 m verstärkten sich die Schneebretteigenschaften des zuvor gebildeten Triebschnees. Das erhöhte die Störanfälligkeit der Schneedecke in Bezug auf Schneebrettlawinen. Zusätzlich schwächte der Regen die Schneeoberfläche auch in windberuhigten Bereichen. Aus sehr steilem Gelände konnten sich daher vorübergehend auch feuchte und nasse Lockerschneelawinen lösen.

Am Donnerstag wurde die Luftmassengrenze als Kaltfront wieder zurück an und bis zum gestrigen Freitag auch über die Alpen geführt. Damit verbunden wurden etwa 5 bis 15 cm Neuschnee abgeladen. In einigen Staulagen war es auch noch ein wenig mehr. Auch der lebhafte nordwestliche Wind wirkte wieder mit, sodass neue frische Triebschneeansammlungen vor allem im kammnahen Steilgelände entstanden sind. Der frische Triebschnee ist zwar nicht allzu mächtig, dennoch ist die Bindung zur darunterliegenden Schneedecke nur schwach ausgeprägt.

DWD Kenntnisse der Lawinenkunde und des Wetters helfen bei der sicheren Skitourenplanung

Unter Hochdruckeinfluss hat sich die Lawinengefahr zum heutigen Samstag generell entspannt und in den Hochlagen ist eine Rückstufung auf die mäßige Gefahrenstufe (Stufe 2) erfolgt. Dennoch sind Auslösungen von Schneebrettlawinen insbesondere im kammnahen Steilgelände und in zugewehten Rinnen und Mulden durch einen oder mehrere Skifahrer möglich. Neben der Verschüttungsgefahr ist die Absturzgefahr zu beachten.

Woran lässt sich Triebschnee im Gelände erkennen? Besonders charakteristisch für Triebschnee sind seine matte (kein Glitzern der Schneekristalle) und gespannte Oberflächenstruktur sowie die scharfen Kanten, die beim Spuren entstehen. Risse in der Schneedecke, oft neben der Spur, sowie ein stumpfer Widerstand beim Befahren sind ebenfalls ein Indiz für Triebschnee.

DWD Kenntnisse der Lawinenkunde und des Wetters helfen bei der sicheren Skitourenplanung

In tieferen Lagen herrscht derzeit nur eine geringe Lawinengefahr (Stufe 1). Dennoch kann es wegen der zum Teil tiefgreifenden Durchfeuchtung der meist gering mächtigen Schneedecke noch zu einzelnen Gleitschneelawinen kommen

Besonders jenen alpinen Wintersportlern, die sich gerne im ungesicherten Gelände bewegen, seien daher die aktuellen Lawinenlageberichte der verschiedenen Alpenregionen ans Herz gelegt. Zwischen dem Lawinenwarndienst Bayern und dem Deutschen Wetterdienst besteht zudem eine enge Zusammenarbeit. Der Wetterbericht für den Deutschen Alpenraum auf der Homepage des Lawinenwarndienst Bayern wird von den Meteorologen der Regionalen Wetterberatung München verfasst, ebenso sind Lawinenlageberichte und Gefahrenstufen auf der Website und in der WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes einsehbar.
M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.01.2024
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Schnee, Eisregen, Blitzeis – Entstehung und Begriffserklärungen

Am Mittwoch, teils auch am gestrigen Donnerstag, brachten außergewöhnliche Wetterereignisse den normalen Alltag vieler Bundesbürger ganz schön durcheinander. „Eis-Hexe GERTRUD“ (Schlagzeile einer bekannten deutschen Tageszeitung) bescherte dem Süden und der Mitte Deutschlands gebietsweise erhebliche Glätte durch gefrierenden Regen, Eisregen und Schnee. Gemeint war Tief GERTRUD mit seiner ausgeprägten Luftmassengrenze quer über Deutschland. Diese Luftmassengrenze trennte kalte Polarluft im Norden von subtropischer Warmluft im Süden. Treffen solche unterschiedlichen Luftmassen aufeinander, ist dies meist mit kräftigen Niederschlägen verbunden, die auf der kalten Seite als Schnee und auf der warmen Seite als Regen fallen (Abbildung 1). Im Übergangsbereich kommt es oft zu einer Zone mit „unterkühltem Regen“ (umgangssprachlich als „Eisregen“ bezeichnet), der spiegelglatte Straßen und dicke Eispanzer an Gegenständen und der Vegetation verursachen kann. Wie diese unterschiedlichen Niederschlagsarten entstehen und warum nicht nur Schnee, sondern auch Regen erhebliche Glätte nach sich ziehen kann, klären wir im heutigen Thema des Tages.

DWD Schnee Eisregen Blitzeis Entstehung und Begriffserklaerungen

Niederschlag entsteht, wenn in einer Wolke Wassertropfen und Eiskristalle zum Beispiel an Frontensystemen oder an Gebirgszügen zum Aufsteigen gezwungen werden. Dabei kühlen sich die Teilchen ab, stoßen mit anderen zusammen, verschmelzen miteinander zu größeren Teilchen oder ändern ihre Phase von Wasser zu Eis. Diese komplexen Vorgänge der Niederschlagsbildung werden im sogenannten „Bergeron-Findeisen-Prozess“ beschrieben, der heute aber nicht Thema sein soll. Um abzuleiten, welche Niederschlagsart am Boden ankommt, verfolgen wir den Weg der bereits gebildeten Niederschlagsteilchen vom oberen Bereich der Wolke bis zum Erdboden. Dieses Vorgehen wird als „Top-Down-Methode“ bezeichnet und kann anhand von gemessenen (Radiosondenaufstiege) oder vorhergesagten Vertikalprofilen von Temperatur und Taupunkt vollzogen werden.

Zunächst muss der Oberrand der Wolke bestimmt werden. Innerhalb der Wolke ist die Luft gesättigt, die Kurven von Temperatur und Taupunkt liegen also übereinander. Im Vertikalprofil von Abbildung 2 ist dies zwischen 950 hPa (ca. 500 m über Meeresniveau) und 530 hPa (ca. 5,3 km ü. NN) der Fall. Darüber gehen die Kurven auseinander, die Luft ist also nicht mehr gesättigt und es sind somit keine Wolken vorhanden. Ist die Wolkenoberkante bestimmt, kommt es auf die Temperatur in dieser Höhe an. Anders als es der Laie vermuten würde, findet man in der Wolke auch bei Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt weiterhin flüssige Wassertropfen vor. Diese haben trotz ihrer flüssigen Phase eine Wassertemperatur unter 0 °C und man spricht von „unterkühlten Wassertropfen“. Studien haben gezeigt, dass bei Temperaturen über -10 °C am Oberrand der Wolke diese mit hoher Wahrscheinlichkeit nur aus unterkühlten Wassertropfen bestehen. Erst bei etwa -10 °C befinden sich in 60 % der Wolken Eiskristalle, bei -15 °C ist dies in 90 % der Wolken der Fall.

DWD Schnee Eisregen Blitzeis Entstehung und Begriffserklaerungen 1

Im Beispiel von Abbildung 2 liegt die Temperatur am Oberrand der Wolke bei etwa -15 °C (zum Ablesen der Temperatur verfolgen Sie hierzu die diagonal von oben rechts nach unten links verlaufenden durchgezogenen Linien). Somit ist auszugehen, dass in dieser Wolke Schneekristalle gebildet wurden. Nun verfolgen wir den Weg dieser Schneeflocken bis zum Boden. Sie gelangen dabei zwar in wärmere Luftschichten, die Temperaturkurve bleibt aber bis zum Boden unter dem Gefrierpunkt (blaue Linie). Die Schneeflocken können also auf ihren Weg nach unten nirgendwo schmelzen, sodass es am Erdboden zu Schneefall kommt.

DWD Schnee Eisregen Blitzeis Entstehung und Begriffserklaerungen 2

Anders sieht es im Profil von Abbildung 3 aus. Auch hier werden in der Wolke wahrscheinlich Schneekristalle gebildet, da die Temperatur am Oberrand der Wolke (ca. 570 hPa; 4,6 km ü. NN) bei etwa -12 °C liegt. In diesem Beispiel gelangen die Schneeflocken beim freien Fall in Luftschichten mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt (rote Fläche zwischen 840 und 930 hPa bzw. 1600 und 700 m ü. NN). Diese „warmen Nasen“ entstehen, wenn wärmere Luftmassen auf bodennahe Kaltluftschichten aufgleiten, wie es häufig bei Warmfronten oder Luftmassengrenzen der Fall ist. Als Faustregel kann man annehmen, dass Temperaturen von +3 °C für das komplette Schmelzen der Schneeflocken benötigt werden. Bei +1 bis +3 °C schmelzen die Schneekristalle teilweise (d.h. Schneeregen am Boden) und bei weniger als +1 Grad fällt am Boden meist (nasser) Schnee. In unserem Fall schmelzen die Schneeflocken komplett zu Regentropfen. Diese gelangen in den untersten 500 Metern wieder in kalte Luftschichten unter 0 °C (blaue Fläche). Somit werden die Tropfen wieder abgekühlt und erreichen als „unterkühlter Regen“ bzw. „Eisregen“ den Boden.

Durch den mechanischen Impuls beim Auftreffen auf den Boden oder anderen Gegenständen kristallisieren diese Wassertropfen schlagartig zu Eis. Bei hohen Regenmengen können sich dicke Eispanzer bilden, die zu Eisbruch an Bäumen und berstenden Stromleitungen führen können. Auf Straßen und Wegen kommt es zu erheblicher Eisglätte, die im Volksmund wegen ihres schlagartigen Auftretens oft als „Blitzeis“ bezeichnet wird und wogegen präventiv ausgebrachtes Streusalz auch nur begrenzt hilft. Dieses schlagartige Gefrieren können Sie übrigens selbst in einem Versuch beobachten, indem Sie Wasser in einer Plastikflasche für wenige Stunden ins Gefrierfach legen, die Flasche anschließend ganz vorsichtig herausnehmen und kurz auf den Tisch stoßen. Durch den Aufprall kristallisiert binnen weniger Sekunden das gesamte unterkühlte Wasser zu Eis.

DWD Schnee Eisregen Blitzeis Entstehung und Begriffserklaerungen 3

Im dritten Beispiel handelt es sich um sogenannten „gefrierenden oder unterkühlten Sprühregen“ (Abbildung 4). Am vorletzten Donnerstag (11. Januar) und in der darauffolgenden Nacht kam es in einem Streifen von NRW über Süd-Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bis nach Berlin und Brandenburg zu spiegelglatten Straßen und zahlreihen Verkehrsunfällen. An diesem Tag wurde eine Hochnebeldecke durch einen herannahenden Trog geringfügig gehoben (siehe Thema des Tages vom 14. Januar). Die Stratus-Wolkenschicht reichte nur bis zu einer ausgeprägten Absinkinversion, in unserem Vertikalprofil in 920 hPa (ca. 800 m ü. NN). Da dort eine Temperatur von nur -3 °C vorherrscht, besteht diese Wolke aus unterkühlten Wassertropfen. Die Temperatur bleibt bis zum Boden unter dem Gefrierpunkt. Folglich kommt es am Boden zu „gefrierenden Sprühregen“, der wie Eisregen zu Glatteis führt. Anders als beim klassischen „unterkühlten Regen“ spielen hier schmelzende Schneekristalle in einer warmen Luftschicht keine Rolle.

Glätte kann zuletzt auch dann entstehen, wenn „normaler“ Regen (d.h. keine unterkühlten Tropfen) auf kalte Oberflächen trifft. Wurden Böden und Straßenbeläge während einer Kälteperiode durchgefroren, gefriert das Regenwasser ebenfalls zu Eis. Man spricht in diesem Fall von Glatteis durch „gefrierenden Regen“. Da dieser Prozess nicht so schlagartig wie bei unterkühltem Regen vonstattengeht, kann präventives Behandeln von Straßen mit Streusalz starker Glättebildung entgegenwirken.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Hintergrundbericht zum Weihnachtshochwasser

Ende des Jahres 2023 kam es in einigen Regionen Deutschlands zu länger anhaltenden und wiederholten Niederschlägen, meist in Form von Regen. Vor allem in den Bundesländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt fielen vom 19. Dezember 2023 bis 05.Januar 2024 teils mehr als die üblichen Niederschlagsmengen für Dezember und Januar. Zwar wurden keine Allzeitrekorde gebrochen, aufgrund der Ausdehnung der Niederschläge und der ungewöhnlich langen Andauer waren aber etliche Regionen über längere Zeit überschwemmt. In einigen Ortschaften wurden Dämme errichtet, um über die Ufer tretende Flüsse aufzuhalten.

Neben der ausführlichen Betrachtung der Wetterlage, die von Tiefdruckgebieten geprägt war, gibt es in der Ausarbeitung (Link siehe unten) auch etliche Mess- und Beobachtungswerte sowie Vergleiche zu anderen Wetterlagen und Regenperioden. Auch auf die Wiederkehrzeit der Ereignisse, also ihre Häufigkeit in der Historie und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens, wird eingegangen. Dabei wurden in kurzer Zeitspanne (7 Tage) lokal hundertjährige Wiederkehrzeiten berechnet.

DWD Hintergrundbericht zum Weihnachtshochwasser

Ob der Klimawandel für das Hochwasser verantwortlich ist, lässt sich nicht abschließend klären. Fakt ist, dass wärmere Oberflächentemperaturen und Meere zu mehr Feuchtigkeit in der Luft führen. Diese Feuchtigkeit macht sich dann im Niederschlag bemerkbar, der in entsprechend größerer Menge fallen kann. Statistisch betrachtet haben die Niederschläge im Zeitraum von 1882 bis 2023 in den Wintermonaten stark zugenommen. In den Sommermonaten lässt sich hingegen keine statistische Signifikanz finden.

DWD Hintergrundbericht zum Weihnachtshochwasser 1

Abschließend gibt es in der hydro-klimatologischen Einordnung noch eine Betrachtung des europäischen Wetters im gleichen Zeitraum. Denn nicht nur in Deutschland gab es überdurchschnittlich viel Regen, auch zum Beispiel in Großbritannien, Frankreich und der Schweiz kam es im Dezember zu ungewöhnlich hohen Niederschlagsmengen.

Aktuell herrscht in Deutschland zunehmend Winterwetter und Hochwasser ist vielerorts kein Thema mehr. Allerdings setzt sich in der neuen Woche aus Südwesten wieder milde und feuchte Luft durch. Damit kommen wieder mehr Regenfälle auf und an kleineren Flüssen kann sich aufgrund der noch gesättigten Böden kleines Hochwasser einstellen.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.01.2024
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Turbulente Zeiten

Mit kräftigen Schneefällen und teils neuen Dezemberrekorden. So startete der meteorologische Winter 2023/24. Verantwortlich hierfür war eine Luftmassengrenze, die sich in den äußersten Süden hereinschob und auf der Nordseite im Alpenvorland ergiebige Schneefälle brachte. Selbst in München fiel dabei insgesamt fast ein halber Meter Schnee. Darauf folgte eine ausgeprägte Westwetterlage mit deutlich ansteigenden Temperaturen und Tauwetter, sodass die dicke Schneedecke schon bald wieder Geschichte war. Zudem kam es immer wieder zu kräftigen Niederschlägen, die bis in die Hochlagen meist als Regen fielen.

Eine besonders brisante Wetterlage stellte sich dann zu Weihnachten und zum Jahreswechsel ein. In einer strammen nordwestlichen Strömung zogen immer wieder Tiefausläufer mit ihren Niederschlagsfeldern über Deutschland. Dabei traten vor allem in den Nordweststaulagen der Mittelgebirge ergiebige Niederschläge auf. Dort kamen innerhalb von wenigen Tagen teils deutlich über 100 Liter pro Quadratmeter zusammen. Auch aufgrund der nassen Vorgeschichte stellte sich daraufhin eine größere Hochwasserlage ein. Vor allem die nordwestlichen Landesteile entlang der Weser und örtlich in den zentralen Mittelgebirgen waren davon besonders betroffen. Örtlich gab es sogar ein hundertjähriges Hochwasserereignis.

Auch im neuen Jahr scheint sich das Wetter nicht so richtig beruhigen zu wollen. Ganz im Gegenteil! Am heutigen Mittwoch stellt sich in Verbindung mit einer Luftmassengrenze erneut gebietsweise eine äußerst brisante Wetterlage ein. Vor allem in einem Streifen vom Hunsrück über das Rhein-Main-Gebiet bis zum Spessart muss in Folge von länger anhaltendem gefrierendem Regen mit extremem Glatteis und erheblichen Behinderungen im Straßen- und Schienenverkehr gerechnet werden. Zudem treten nördlich angrenzend von der Eifel bis zum Thüringer Wald kräftige Schneefälle mit Mengen von 15 bis 30 cm innerhalb 12 bis 24 Stunden auf, in einigen Weststaulagen lokal auch bis zu 40 cm. Aktuelle Informationen dazu finden Sie jederzeit auf unserer  oder in der Warn-Wetter-App.

DWD Turbulente Zeiten

Wie sieht die Entwicklung in den nächsten Tagen aus?
In der kommenden Nacht verlagert sich die Luftmassengrenze allmählich in den Süden zurück, sodass von Nordwesten die Niederschläge entlang des Mains und südlich davon im Verlauf allmählich in Schnee übergehen. Spätestens bis zum Donnerstagabend erwartet uns dann allgemein eine deutliche Entspannung. Dann treten nur noch im äußersten Süden in Alpennähe Schneefälle auf. Ansonsten setzt sich zum Wochenende ruhiges Hochdruckwetter durch. Nur noch vereinzelt treten kurze Schneeschauer auf. Interessanter wird es aber bereits wieder in der kommenden Woche. Denn dann stellt sich die Wetterlage nach derzeitigem Stand um. Es deutet sich eine zyklonale Westlage an. Dabei erwartet uns zumindest vorübergehend eine deutliche Milderung, neue Niederschläge und viel Wind. Auch die Sturmgefahr steigt dann wieder an. Somit wird die Ruhe beim Wetter nur für kurze Zeit sein. Möglicherweise ist das auch nur die Ruhe vor dem Sturm.

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M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Unwetter durch Luftmassengrenzen

Bereits im gestrigen Thema des Tages wurde davon berichtet. Morgen formiert sich über der Mitte Deutschlands eine markante Luftmassengrenze, an deren Nordseite es vor allem im Bereich der westlichen Mittelgebirge zu unwetterartigen Schneefällen kommt. Im Übergangsbereich fällt in einer Zone vom südlichen Rheinland-Pfalz bis nach Nordbayern teils kräftiger gefrierender Regen mit erheblicher Glättegefahr. Nähere Informationen finden Sie dazu jederzeit auf unserer  oder in der Warn-Wetter-App.

Grund für die Entstehung einer solchen Luftmassengrenze ist häufig ein sogenanntes Vierer-Druckfeld. Dabei stehen sich in Form eines Quadrats jeweils zwei Hoch- und Tiefdruckgebiete so gegenüber, dass Luftmassen unterschiedlicher Temperatur und Feuchte aufeinander zuströmen. Eine ähnliche Druckkonstellation ergibt sich momentan auch über Europa. Tief GERTRUD befindet sich aktuell vor den Toren Frankreichs. Gleichzeitig herrscht über Südosteuropa und bei Island hoher Luftdruck, welcher über Skandinavien von tiefem Luftdruck flankiert wird. Dabei strömen von Norden kalte Luftmassen polaren Ursprungs nach Süden und gleichzeitig auf der Vorderseite von GERTRUD feuchtwarme Luftmassen nach Norden. In dem Bereich, in dem sich diese treffen sorgen starke Hebungsimpulse häufig für kräftige Niederschläge. Die Warmfront von Tief GERTRUD richtet sich zum Mittwoch zonal durch die zur Strömung parallele Komponente als Grenze aus an der die verschiedenen Luftmassen aufeinandertreffen (siehe Abbildung 1 und 2). Diese Grenzen sind nicht immer an ein Tiefdruckgebiet gebunden, sondern es können sich in diesem Bereich auch eigenständige kleine  ausbilden.

DWD Unwetter durch Luftmassengrenzen

DWD Unwetter durch Luftmassengrenzen 1

Aufgrund ihrer zur Strömung parallelen Ausrichtung und der starken Hebungsvorgänge kann es im Übergangsbereich, welcher in etwa 20 bis 200 Kilometer breit ist, zu kräftigen und langanhaltenden Niederschlägen kommen. Je nach Jahreszeit sind dabei verschiedene Wettergefahren möglich. Im Winter ist – wie auch am morgigen Mittwoch- auf der kalten Seite intensiver Schneefall und auf der warmen Seite gefrierender Regen oder Eisregen mit erheblicher Glättegefahr möglich. Im Sommer geht dagegen die Gefahr hauptsächlich von heftigem Starkregen oder langanhaltendem, intensiven Dauerregen aus. Zudem sind in dieser Jahreszeit häufig auch Gewitter mit heftigem Starkregen und Hagel mit dabei, die durchaus Sturzfluten auslösen können.

Die bekannteste Unwetterlage der letzten Jahrzehnte in Verbindung mit solchen Grenzwetterlagen ist sicherlich immer noch die Schneesturmkatastrophe aus dem Winter 1978/79. Damals gab es in Verbindung mit einer Luftmassengrenze über Tage anhaltende kräftige Schneefälle und starke Schneeverwehungen, welche vor allem in der Nordosthälfte Deutschlands für Chaos sorgten. Ein weiteres markantes Ereignis war die extreme Eisregenlage aus dem Jahre 1987. Stundenlanger Dauerregen bei negativen Temperaturen überzog ganze Landstriche mit einer dicken Eisschicht. Zehntausende Bäume brachten unter der Eislast zusammen.

Auch Morgen steht uns zumindest gebietsweise eine ähnliche Lage bevor. Deshalb ist gerade im Straßenverkehr große Vorsicht angesagt. Zudem kann es örtlich zu Schäden an der Infrastruktur durch Vereisung kommen!

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Tief GERTRUD – da kommt was auf uns zu…

Kurz angedeutet wurde es auch schon hier im Thema des Tages. Am vorgestrigen Samstag gab es einen kleinen Hinweis darauf, dass sich am kommenden Mittwoch über dem Süden und der Mitte eine gefährliche Glatteislage einstellen wird. Inzwischen haben sich die entsprechenden Hinweise verdichtet.
Entscheidend ist dabei die Entwicklung des Tiefs GERTRUD. Es befindet sich aktuell (Stand Montag, 15.01.2024, 13 Uhr MESZ) über dem subtropischen Ostatlantik (Abbildung 1) und schlägt allmählich einen Kurs in Richtung Biskaya und Zentralfrankreich ein. GERTRUD führt dabei Luftmassen mit sich, die durchaus 20 Grad wärmer sind als diejenigen, die zurzeit unser Winterwetter prägen. Diese Aussage gilt sowohl für höhere wie auch für bodennahe Luftschichten, bei den bodennahen ist eine Bestätigung der Aussage sogar relativ einfach. Denn während die Station Funchal auf Madeira heute Vormittag um 11 Uhr MESZ genau 22°C meldet, sind es in Deutschland sehr verbreitet um die null Grad.

DWD Tief GERTRUD da kommt was auf uns zu…

Die warmen Luftmassen, die GERTRUD mitbringt, treffen also ab Mittwochmorgen auf die mitteleuropäische Kaltluft (blauer Pfeil in Abbildung 1). In der Folge werden Hebungsprozesse induziert, insbesondere durch Aufgleiten der warmen Subtropikluft auf die kalte Polarluft. Bisher sieht es so aus, als sollten die Niederschläge nach Norden bis ins Münsterland, nach Südniedersachsen, nach Sachsen-Anhalt sowie bis in den Raum Berlin vorankommen. Klar ist auf jeden Fall: Von Schnee über Schneeregen und Regen bis hin zu gefrierendem Regen ist alles vertreten.
Obwohl der genaue Ablauf des Ereignisses und in der Folge auch die zeitliche und räumliche Verteilung der Niederschläge noch unsicher sind, soll hier der Versuch unternommen werden, die erwarteten Abläufe zu skizzieren. In einem Streifen vom Niederrhein bis zur Lausitz sowie nördlich davon bleibt eine dicke Kaltluftschicht erhalten, so dass dort durchweg Schnee fallen sollte. Dieser kann durchaus länger anhalten und ergiebig sein. Bis zu 10 cm, in Staulagen auch bis zu 20 cm Neuschnee stehen in 12 Stunden auf der Agenda, über 24 Stunden können sich lokal sogar bis zu 40 cm akkumulieren. Das Wort „lokal“ bezieht sich hier speziell auf den westlichen Teil der genannten Region, wo nach jetzigem Stand mit besonders starken Schneefällen und Verkehrsbeeinträchtigungen gerechnet werden muss.

DWD Tief GERTRUD da kommt was auf uns zu… 1

Glätte ist auch südlich des genannten Streifens zu erwarten. Dort bleibt aber nur eine dünne kalte Grundschicht übrig, oder aber die Kaltluft wird im Laufe des Tages komplett ausgeräumt. Die Böden dort werden allerdings, speziell anfangs, noch gefroren sein. In diesem Gebiet, das sich nach Süden bis an die Alpen zieht, dominiert der gefrierende Regen. Da der Regen durchaus kräftig sein kann, ist mit der Ausbildung auch dickerer Eisschichten zu rechnen. Eine Momentaufnahme der Entwicklungen, so wie sie sich unser Modell ICONEU vorstellt, zeigt Abbildung 2. In der Fläche sind die erwarteten 12-stündigen Niederschlagsmengen bis Mittwochmittag angegeben. Die Symbole deuten die Niederschlagsphase zur Mittagszeit an, wobei die roten „Schlangen“ für gefrierenden Regen, die violetten Sterne für Schnee und die grünen Punkte für Regen stehen.
Soweit der grobe Blick auf die Abläufe. Einige Detailfragen werden, wenn überhaupt, erst in den kommenden Stunden und Tagen geklärt werden können. So spielt im Süden die Orografie bei der Wetterentwicklung eine große Rolle. Einerseits kann in höheren Lagen noch Schnee fallen, während in tieferen Lagen schon die gefrierende (oder auch die flüssige) Phase überwiegt, andererseits kann sich in ungünstigen Tal- und Muldenlagen die Kaltluft länger halten als in freien Lagen.
Beim Ausräumen der Kaltluft spielt grundsätzlich die Windstärke eine Rolle. Ein kräftiges Auffrischen des Windes verbessert die Durchmischung und Beschleunigt die Erwärmung. Zu alldem kommt noch die grundsätzliche Timingfrage. Greift der Regen ausgangs der Nacht über, wenn die Temperaturen nahe am Tiefpunkt liegen, oder eher am Vormittag. Letztendlich stellen sich, obwohl die groben Abläufe feststehen, noch einige Fragen. Ob und wie sie beantwortet werden können, werden die kommenden Modellläufe zeigen.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Gefrierender Regen unter Hochdruckeinfluss?

Nachdem sich zu Wochenbeginn deutschlandweit arktische Luftmassen durchgesetzt hatten, verlagerte sich zur Wochenmitte Hoch HANNELORE zu den Britischen Inseln. Damit drehte die Strömung auf nördliche Richtungen und es gelangten unter Hochdruckeinfluss feuchtere Luftmassen in die Nordhälfte. Die Anfeuchtung erfolgte allerdings nur in den unteren Schichten. Ab 900 Hektopascal (etwa 1 Kilometer Höhe) zeigte sich ausgelöst durch das kräftige Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln weiterhin eine markante Absinkinversion. Am Donnerstag sorgte dann ein kleiner Randtrog, welcher sich von Skandinavien nach Osteuropa verlagerte, für einen leichten Hebungsimpuls. Zudem spielte die Orographie der zentralen Mittelgebirge eine wichtige Rolle, wodurch die bodennahe feuchte Schicht etwas angehoben wurde. Aus der dichten, tiefen Stratusbewölkung fiel daraufhin ab dem Mittag gebietsweise Sprühregen und teils auch etwas Schnee. Dies geschah vor allem in der nördlichen Mitte von Nordrhein-Westfalen bis nach Brandenburg, denn dort lagen die Temperaturen verbreitet bis etwa 1 Kilometer Höhe noch im negativen Bereich.

DWD Gefrierender Regen unter Hochdruckeinfluss

Warum kam es aber nun recht verbreitet zu gefrierenden Regen und nicht zu Schneefall?

Dazu lohnt sich ein Blick auf den Radiosondenaufstieg von Essen um Mitternacht 00 UTC (Abbildung 1). Dort ist die gesättigte Grundschicht, sowie die Absinkinversion (Temperaturumkehr mit der Höhe) ab etwa 1 Kilometer deutlich zu erkennen. Mit dem leichten Hebungsantrieb durch den herannahenden Randtrog wurde die feuchte Schicht etwas gehoben, wodurch rasch Sättigung einsetzte. Da dies nur in einem begrenzten Bereich ablief, in dem die Temperaturen zwischen 0 und -5 Grad lagen, waren kaum Eiskristalle in den Wolken vorhanden. Somit konnten die unterkühlten Wassertröpfchen nicht überall zu Schneekristallen heranwachsen. Diese Eiskristalle dienen nämlich als Kondensationskeime, damit die Tröpfchen in der Wolke zu Schnee heranwachsen können. Im Unterschied zu gewöhnlichen Wetterlagen mit gefrierenden Regen ist hierbei keine markante Warmfront im Spiel, sondern lediglich Hochdruckwetter mit einer feuchten Grundschicht und einem leichten Hebungsimpuls. Die Niederschlagsmengen sind bei dieser Entstehungsart von gefrierenden Regen zwar gering, können aber trotzdem gerade auch aufgrund ihrer langen Andauer für markante Glätte auf den gefrorenen Böden sorgen. Verbreitet lagen die 24-stündigen Mengen bis Donnerstag lediglich zwischen 0 und 1 Liter pro Quadratmeter (Abbildung 2).

DWD Gefrierender Regen unter Hochdruckeinfluss 1

Solche Lagen stellen den Warnmeteorologen vor größere Herausforderungen. Die Vorhersagemodelle hatten zeitweise große Schwierigkeiten, die Gebiete, in denen gefrierender Regen fällt zu identifizieren. Häufig wird dabei -wie auch am vergangenen Mittwoch- der gefrierende Regen in den Modellen nicht simuliert, da diese eine zu geringe vertikale Auflösung besitzen um die dünne, niederschlagsproduzierende Wolkenschicht zu simulieren. Außerdem gestaltet sich auch das Nowcasting schwierig, da vor allem höhergelegene Radarstationen die tiefliegende Wolkenschicht nicht erfassen können und somit die Informationen über die räumliche Verteilung der Niederschläge teils nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Die Radarstrahlen der Radargeräte erfassen nämlich lediglich nur Niederschlagsprozesse oberhalb 1-2 Kilometer Höhe. Gerade in diesen Fällen sind Beobachtungen und Nutzermeldungen auch durch die Warn-Wetter App von großer Bedeutung für unsere Arbeit.

DWD Gefrierender Regen unter Hochdruckeinfluss 2

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.01.2024

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Wetterumstellung

Hoch HANNELORE, welches in den letzten Tagen in Deutschland für ruhiges und teils sonniges Winterwetter gesorgt hat, weicht immer mehr nach Nordwesten Richtung Island aus und macht den Weg für Tief DAVINA über Skandinavien frei. Im Norden und in der Mitte des Landes ist die Umstellung bereits in Form von dichter Bewölkung mit leichten Niederschlägen erfolgt. Schneegriesel und Sprühregen haben zudem in den vergangen Tagen auf dem gefrorenen Boden zu Glatteisbildung auf Gehwegen und Straßen geführt.

DWD Wetterumstellung

Am heutigen Samstag erreichen die Tiefausläufer des Tiefs DAVINA Norddeutschland und bringen neue Niederschläge mit. Mit dem stark auffrischenden westlichen Wind steigen die Temperaturen dort auf Werte zwischen 6 und 3 Grad an, so dass keine Glättegefahr mehr besteht. Lediglich in den Mittelgebirgen, wo sich die Kaltluft hartnäckig hält, kann es stellenweise zu Glätte durch etwas Schnee oder gefrierenden Sprühregen kommen. Südlich des Mains ist es hingegen unter Hochdruckeinfluss niederschlagsfrei und südlich der Donau zeigt sich sogar die Sonne bei Höchstwerten zwischen +2 und -3 Grad.

In der Nacht zum Sonntag bleibt es im Norden bis zur Mitte stark bewölkt und windig mit zeitweiligem leichtem Regen. In den Mittelgebirgen besteht weiterhin Glättegefahr durch etwas Schnee oder gefrierenden Sprühregen. Südlich des Mains ist der Himmel teils stark bewölkt, teils auch klar vor allem südlich der Donau. Dabei kann sich stellenweise Nebel bilden. Die Tiefstwerte liegen im Norden zwischen +4 und +1 Grad, in der Mitte um den Gefrierpunkt und im Süden zwischen -2 und -9, in einigen Alpentälern um -11 Grad.

DWD Wetterumstellung 1

Am Sonntag profitiert der Süden weiterhin von der Sonne. Zudem sorgt der auffrischende westliche Wind für stärkere Durchmischung der Luftmassen, sodass die Temperaturen teils auf Werte über 0 Grad ansteigen. Nördlich der Donau zeigt sich der Himmel meist bedeckt und gebietsweise kommt es zu leichten Niederschlägen, die vor allem im Bergland als Schnee oder gefrierenden Sprühregen niedergehen. Dabei ist es sehr windig, im Bergland sowie an der See stürmisch bei Höchstwerten zwischen 0 Grad in den Mittelgebirgen und 5 Grad an der Nordsee.

Die neue Woche beginnt wechselhaft mit zahlreichen Regen-, Schnee- und Graupelschauern. Im Nordwesten sind sogar vereinzelte Gewitter dabei. Am Nordrand der Mittelgebirge kann es zudem längere Zeit schneien. Tagsüber liegen die Höchstwerte zwischen 0 und +5 Grad, nachts zwischen 0 und -5 Grad. Dabei muss tagsüber im Bergland und bei kräftigen Schauern sowie allgemein nachts mit Glätte durch Schnee oder überfrierenden Nässe gerechnet werden. Dazu weht ein frischer, in Böen starker bis stürmischer Westwind. Im Bergland und an der See gibt es Sturm.

Nach einer kurzen Wetterberuhigung am Dienstag bahnt sich zur Wochenmitte eine gefährliche Wetterlage an. Denn von Südwesten greifen neue Niederschläge auf die Südhälfte Deutschlands über. Dabei sind starke Schneefälle und gefrierender Regen mit erheblichen Verkehrsbehinderungen wahrscheinlich. Welche Regionen dann besonders betroffen sind kann man noch nicht genau vorhersagen.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.01.2024
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Wie sich der 12. Januar in der Vergangenheit von seiner kalten Seite zeigte

In Anlehnung an die Themenreihe „Der Einfluss von Wetter und Klima auf die Menschheitsgeschichte“ (Links zu den beiden bisherigen Teilen siehe unten) geht es heute um den „Schoolchildren’s Blizzard„.

Dieser Schneesturm fegte am 12. Januar 1888 über die US-amerikanischen Bundesstaaten der nordamerikanischen Great Plains und jährt sich am heutigen Freitag somit zum 135. Mal. Er forderte mindestens 200 Todesopfer, wobei die genaue Zahl eher höher liegen dürfte, da viele Menschen noch in den darauffolgenden Wochen an den Folgen ihrer Erfrierungen starben. Unter den Opfern waren viele Schulkinder, was dann auch letztendlich namensgebend für den Schneesturm war. Entweder wurden sie zu Beginn des Schneesturms von den Lehrern nach Hause geschickt oder sie harrten teils unzureichend bekleidet in den schlecht gedämmten Schulgebäuden aus, wo häufig das Heizmaterial ausging.

Bereits wenige Tage zuvor wehte ein Schneesturm über das Land. Der 12. Januar begann hingegen mild und sonnig. Viele Schulkinder wurden daher wieder zur Schule geschickt und die Farmer verrichteten liegengebliebene Arbeiten im Freien. Sie wussten nicht, dass am 11. Januar im Bereich von Alberta (Kanada) ein Bodentief entstanden war. Dieses war nach Montana und nachfolgend in den Nordosten von Colorado gezogen und hatte sich dabei verstärkt. Am 12. Januar gegen 15 Uhr erreichte es den Südosten von Nebraska und gegen 23 Uhr schließlich den Südwesten von Wisconsin. Dessen Warmfront führte zu den milden Bedingungen am Morgen. Der Schneesturm wurde dann durch das Zusammentreffen der (arktischen) Kaltfront mit einer warmen und feuchten Luft aus dem Golf von Mexiko ausgelöst. Die Temperaturen rasten binnen weniger Stunden in den Keller. Es wird davon berichtet, dass auch -40 Grad gemessen werden konnten.

Nachfolgend gab es viele Augenzeugenberichte, wie schnell und wie heftig der Schneesturm aufzog. Ein Augenzeuge beschrieb das Szenario beispielsweise mit großen Baumwollballen, die heranrollten. Sergeant Samuell Glenn, der sich zu diesem Zeitpunkt gerade auf einem Flachdach befand, schilderte, dass „die Luft etwa eine Minute lang völlig unbewegt und die Stimmen und Geräusche von der Straße unten wirkten, als drängen sie aus großer Tiefe herauf“. Zudem sei die Luft binnen kürzester Zeit „mit Schnee so fein wie gesiebtes Mehl gefüllt“ gewesen und man hätte selbst Gegenstände in nächster Nähe nicht mehr gesehen. Viele berichteten, dass dem Sturm ein lautes Geräusch verglichen mit einem herannahenden Zug vorausging. Dies kann möglicherweise damit erklärt werden, dass mit den ersten Böen bereits liegender Schnee nach oben gerissen wurde. Die Sichtweiten waren binnen kürzester Zeit stark reduziert, sodass die Orientierung sofort verloren ging. So wurde beispielsweise eine erfrorene Frau nicht weit entfernt von ihrer Haustür aufgefunden, die den Haustürschlüssel noch in der Hand hatte.

Dieses Ereignis wurde später auch in Literatur, Kunst und Musik aufgegriffen. In dem 1986 veröffentlichten Gedichtband „The Blizzard Voices“ erinnert Ted Kooser an zahlreiche Einzelschicksale. Ein halbabstraktes Wandmosaik im Nebraska-State-Capitol-Gebäude erzählt die Geschichte einer Lehrerin, die ihre Schüler mit einer Wäscheleine zusammenband und sicher durch den Sturm führte. Dieses Mosaik soll die Lehrerin Minnie Mae Freeman Penney darstellen, die als eine Heldin dieses Ereignisses gilt, da sie mehrere Kinder rettete. Ihr zu Ehren wurde ein Lied gewidmet.

Nur zwei Monate später wurden die Oststaaten von einem weiteren schweren Schneesturm heimgesucht. Dieser Schneesturm ging als der „Große Blizzard“ von 1888 in die Geschichte ein.

Kalt war es auch am 12. Januar 1987 im schweizerischen La Brévine, aber es herrschten immerhin keine solchen stürmischen Verhältnisse. Dieser Ort liegt im Neuenburger Jura im nahezu komplett abgeschlossenen Vallée de la Brévine. An diesem Tag wurden dort -41,8 Grad gemeldet, was den Kälterekord an einem bewohnten Ort in der Schweiz darstellt. Im Winter sammelt sich die kalte Luft in diesem Tal und kann in Strahlungsnächten (kaum Wolken bei schwachen Windverhältnissen) besonders gut weiter auskühlen. Aufgrund der Tatsache, dass dabei nicht selten Temperaturen von -30 Grad oder weniger erreicht werden, wird dieser Ort auch als „Sibirien der Schweiz“ bezeichnet.

Zum Thema „Kälte“ soll nicht unerwähnt bleiben, dass am morgigen Samstag in Großbritannien das „Fest des Hilarius von Poitiers“ begangen wird. Dieses Fest wird auch als der „kälteste Tag des Jahres“ gefeiert. Die Zusammenhänge sind da schnell erzählt: Der 13. Januar ist der Gedenktag für besagten Bischof und Kirchenlehrer und aus Großbritannien finden sich einige historische Berichte, die ein eisiges Temperaturniveau rund um dieses Datum dokumentieren.

Kalt war es in den letzten Tagen auch hier in Deutschland. So meldete beispielsweise die Station Bad Berka (Flugplatz) bis einschließlich der Nacht zum gestrigen Donnerstag in drei aufeinanderfolgenden Nächten eine Tiefsttemperatur von weniger als -15 Grad. Frostige Nächte gibt es gebietsweise zwar auch weiterhin, zweistellige Minusgrade werden aber allenfalls noch direkt an den Alpen erreicht.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.01.2024
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