Eine „Schlange“ über dem Michigansee

Winterzeit ist Schneezeit. Nun ja, das gilt bei uns in Deutschland sicherlich abschnittsweise für das Bergland, sowie zeitweise auch für die tieferen Lagen, wenn kalte und feuchte Luftmassen zusammentreffen. Es gibt im Winter aber auch Regionen, wo bis in die tiefsten Lagen hin und wieder der Winter mit Pauken und Trompeten Einzug hält. Die Rede ist vom sogenannten „Lake Effect Snow“. Dieser kann bei entsprechenden Bedingungen auch bei uns z.B. im Umfeld der Ostsee oder des Bodensees auftreten. Heute aber richten wir unseren Blick gen Westen in die USA, wo vor einigen Wochen ein optischer Leckerbissen verfolgt werden konnte.

Die Entstehung und Auswirkung des Lake Effect Snow wurde an dieser Stelle bereits mehrfach ausführlich behandelt, weshalb u.a. auf folgenden  verwiesen werden soll. Meist handelt es sich dabei um solide Konvektionsbänder, die sich über den vergleichsweise warmen Wasseroberflächen der Großen Seen intensivieren und eng begrenzt im Küstenbereich massive Neuschneemengen bringen. Zudem sorgt nicht selten ein ruppiger Wind für massive Schneeverwehungen. Heute betrachten wir solch ein Ereignis, aber weniger aus wissenschaftlichem Aspekt, sondern eher mit dem ästhetischen Auge. Es geht dabei um ein Ereignis vom 19. zum 20. Januar 2024, das sich über dem Michigansee abgespielt hat.

Nach einem in dieser Region sehr warmen Dezember mit einer Eisbedeckung der Großen Seen, die nahe am absoluten Minimum verharrte, sorgte ein arktischer Kaltluftausbruch Mitte Januar 2024 für eine vorübergehende Bildung bzw. Ausdehnung der Eisoberfläche. Diese verblieb jedoch weiterhin unter dem historischen Durchschnitt (1973 bis 2023) und ging seitdem erneut zurück (aktuell rund 5% Eisbedeckung der Großen Seen und somit erneut nahe am absoluten Minimum für diese Jahreszeit). Mit einer Oberflächentemperatur von rund 5 Grad konnte der Michigansee Mitte Januar noch mit die höchsten Temperaturwerte der Seen aufweisen.

DWD Eine Schlange ueber dem Michigansee

Die synoptische Ausgangslage war eine recht klassische für den Lake Effect Snow, mit hohem Luftdruck über dem Mittleren Westen bzw. entlang der Rockies und tiefem Druck vor der Ostküste der USA. Mit einer hochreichend nördlichen Strömung gelangte eisige Polarluft mit 850 hPa Temperaturwerten von unter -20 Grad in den Bereich der Großen Seen. Dank des verstärkten vertikalen Temperaturgradienten über dem warmen Wasser war die Grundlage gegeben für kräftige Konvektion.

DWD Eine Schlange ueber dem Michigansee 1

Zoomen wir näher heran und schauen uns den Wind und die Verteilung der 2m Temperatur an. Zu sehen ist, dass eisiger Nordwestwind mit 2m Temperaturwerten von -13 bis -20 Grad auf den Michigansee traf. Diese nordwestliche Strömung wurde durch die allgemeine Druckverteilung angetrieben (hoher Druck im Westen/Südwesten, tiefer im Osten). Doch wieso kam der Wind an der Ostseite des Lake Michigan eher aus nördlicher bis nordöstlicher Richtung? Zur Begründung kann man die Aktivität des klassischen Land-Seewindsystems heranziehen. Dem eisigen Festland mit hohem Bodendruck stand die warme Wasseroberfläche des Sees gegenüber, der vergleichsweise niedrigeren Druck aufwies. Die entstandene Zirkulation von hohem Druck zum niedrigen kämpfte sich von Osten gegen die nordwestliche Hintergrundströmung sukzessive nach Westen voran und somit in Richtung der Mitte des Sees, wo sich eine ausgeprägte Nord-Süd ausgerichtete Bodenkonvergenz etablieren konnte.
Das Resultat ist im folgenden Loop wunderschön zu erkennen: eine konvektiv geprägte „Schlange“, die sich über dem Lake Michigan stundenlang herum schlängelte und den südöstlichen Küstenabschnitten regional reichlich Neuschnee brachte.

Neben dieser unglaublichen Ästhetik stellt sich natürlich auch die Frage, was grundsätzlich diese Wellenbewegung innerhalb des konvektiven Bandes antreibt? Grund hierfür ist u.a. eine sogenannte „horizontale Scherungsinstabilität“. Auf der Westseite des Bandes treffen kräftige nordwestliche Wind (angetrieben durch die großräumige Verteilung des Luftdrucks, aber auch durch den in dieselbe Richtung gerichteten Ast der Land-Seewindzirkulation) auf deutlich abgeschwächte Winde aus Nordost, wo die Land-Seewindzirkulation gegen die nordwestliche Hintergrundströmung arbeiten muss, mit entsprechend schwächeren Bodenwinden. Entlang dieses Geschwindigkeitsgradienten können sich dann wie am Fließband kleine Wirbel bilden, sogenannte „mesovortices“, die je nach Intensität und Dauer solch eine verwellte Struktur hervorrufen. Wie so oft bedarf es einer exakten Mischung aus Scherung und Instabilität, damit das Band nicht komplett aufbricht, oder sich dominante Wirbel entwickeln, sondern dass es sich wie in diesem Fall in schlängelnden Bewegungen über den See bewegt. Die Verfolgung dieser Wirbel im Radar ist wichtig, denn bei Auftreffen an Land wurden bei früheren Messkampagnen bei deren Passage teils schwere Sturmböen beobachtet, die bei den fallenden Schneemengen temporär erhebliche Sichteinschränkungen inkl. Verwehungen zur Folge haben.

DWD Eine Schlange ueber dem Michigansee

DWD Eine Schlange ueber dem Michigansee 2

Doch wie sehen solche Wirbel im Radar aus? Im Bild 4a) bis c) stehen den Reflektivitätsbildern die entsprechenden Geschwindigkeitsdaten gegenüber, die man im Radar betrachten kann. Bei den Reflektivitätsdaten bedeutet ein Übergang der Färbung von grün zu gelb eine zunehmende Intensität des Niederschlags. Bei den Geschwindigkeitsdaten sagt uns die grüne Farbe, dass sich der Wind auf das Radar zu bewegt, rote Farben vom Radar weg. In den gelb eingekreisten Bereichen sind exemplarisch einige der Wirbel hervorgehoben.
Was waren die Auswirkungen dieses Bandes? Michigan City in Indiana vermeldete eine 24-std. Neuschneemenge von über 50 cm und insgesamt an beiden Tagen fast 90 cm der weißen Pracht – schier unglaubliche Mengen (). Lassen Sie sich im angehängten Link auch nicht die Sektion „Photos/Videos“ entgehen.

DWD Eine Schlange ueber dem Michigansee 3

Beachtlich war bei diesem Ereignis, dass dieses Band innerhalb der Numerik zeitlich und regional nahezu perfekt abgebildet wurde. Als Beispiel hier eine 6-std. Vorhersage des High-Resolution Rapid Refresh Modells (HRRR), mit einer Auflösung von 3km. In Bild 5a) erkennt man die horizontal ausgeprägte Windscherung im Umfeld des Bandes, in b) die innerhalb der Numerik gezeigte Wirbelhaftigkeit der Strömung (ein Hinweis für das Auftreten von mesovortices) sowie in c) die zu erwartende Reflektivität, die letztendlich genauso eintrat. Eine wirklich beeindruckende Leistung.

Dipl. Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Winter light im Norden, aber Warmluft siegt – mal wieder

Die bereits vor zwei Tagen im Thema des Tages angekündigte, äußerst spannende Grenzwetterlage, bei der kalte Luft polaren Ursprungs aus Norden auf sehr milde Meeresluft im Süden trifft, beschäftigt uns weiterhin. Aktuell (Donnerstagnachmittag) erstreckt sich diese Luftmassengrenze in etwa vom Rheinland bis ins Erzgebirge. Da sich inzwischen über den Britischen Inseln das kräftige Sturmtief PAULINA etabliert hat, setzen über Frankreich und Süddeutschland bereits kräftige Südwestwinde ein, die die Luftmassengrenze allmählich nordwärts verschieben. In diesem Übergangsbereich kam und kommt es zu weiteren, teils länger anhaltenden Niederschlägen.

DWD Winter light im Norden aber Warmluft siegt mal wieder

Schauen wir uns doch einmal kurz die bisherige Bilanz an. In den vergangenen 24 Stunden (Mitte Bild 1) kam es vor allem in einem Bereich von Rheinland-Pfalz und dem Saarland bis zum Bayerischen Wald zu ergiebigen Regenfällen mit verbreitet 20 bis 30, im Bergland lokal über 40 Litern auf den Quadratmeter. Spitzenreiter ist Baiersbronn im Nordschwarzwald mit 78 Litern in den letzten 24 Stunden. Laut derzeitiger Prognose kommen bis Freitagfrüh nochmal Mengen ähnlicher Größenordnung vom Westen bis zu den östlichen Mittelgebirgen hinzu (siehe linke Seite Bild 1). Daher haben die bestehenden Dauerregenwarnungen in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen (teils bis in den Unwetterbereich hinein) weiterhin Bestand. Etliche Flusspegel reagieren bereits mit Überschreitung erster Meldestufen und zahlreiche Warnungen der Hochwasserzentralen sind bereits aktiv (siehe ).

DWD Winter light im Norden aber Warmluft siegt mal wieder 1

Spannend wird es in der kommenden Nacht zum Freitag am Nordrand des Niederschlagsbandes, wo vorübergehend (oft nasser) Schnee fällt. Vor allem in einem Streifen vom nördlichen Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein über die Altmark und Mecklenburg hinweg bis zur Oder kann es durch Schnee und Schneematsch vorübergehend weiß werden. Im Laufe des Freitags gehen die Niederschläge aus Süden aber rasch in Regen über und es setzt Tauwetter ein. Bereits am Nachmittag ist der kurze „Winterspuk“ vielerorts schon wieder vorbei. Lediglich Richtung Rügen und Schleswig hält sich die Kaltluft noch zäh und etwas länger mit Höchstwerten von + 2 bis + 4 Grad. In weiten Landesteilen werden dagegen sehr milde 10 bis 16 Grad erreicht.

DWD Winter light im Norden aber Warmluft siegt mal wieder 2

Wie schaut es nun für die nächsten Tage und dort speziell für die geplanten Umzüge aus, die den ein oder anderen Jeck doch interessieren dürften? Schließlich hat der Straßenkarneval an Weiberfastnacht mit dem heutigen Tag bereits begonnen. Speziell der Samstag sieht recht freundlich und weitgehend trocken aus. Zudem wird es mit Höchstwerten um 15 Grad frühlingshaft mild. An den Alpen sind mit Föhnunterstützung sogar Nachmittagstemperaturen bis knapp 20 Grad möglich. Auch im Norden wird es spürbar milder.

An den Folgetagen (Sonntag/Montag/Dienstag) stellt sich wieder etwas wechselhafteres und nicht mehr ganz so mildes Wetter mit Höchstwerten um die 10 Grad ein. Hin und wieder kann es etwas regnen. Dieses Jahr behindern also weder Sturm, noch Schnee oder Kälte die konkreten Planungen, man sollte lediglich gegen etwas Regen gewappnet sein.

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Schwere Unwetter in Kalifornien

Kalifornien ist bekannt für seine landschaftliche Vielfalt. Neben Mammutbaumwäldern und bizarren Wüstenformationen geht es von den Küstenregionen hinauf ins mächtige Hochgebirge der Sierra Nevada. Besonders bekannt dürfte wohl neben den Großstädten San Francisco, San Diego und Los Angeles auch das Death Valley in der Mojave-Wüste sein, der trockenste Ort der USA.

Der drittgrößte Bundesstaat der USA wurde jedoch in den vergangenen Tagen von kräftigen Niederschlägen heimgesucht. Nachdem bereits am vergangenen Mittwoch und Donnerstag (31.01. bzw. 01.02.2024) kräftige Regenfälle auftraten, zog dann am vergangenen Sonntag und Montag ein weiterer unwetterartiger Sturm über Kalifornien hinweg. Zunächst traf es den Großraum San Francisco, bevor das Unwetter im Laufe des Montags weiter nach Süden in Richtung Santa Barbara und Los Angeles zog. Dort wurden auch die höchsten Niederschlagsmengen registriert. Zwischen 120 und 250 Liter pro Quadratmeter sollen dort innerhalb von nur 48 Stunden niedergegangen sein.

Auslöser für diese heftigen Regenfälle war ein Wetterphänomen, das auch als „Atmosphärischer Fluss“ bekannt ist. Dieses Phänomen beschreibt eine kräftige Strömung, eine Art Fließband, welches sehr feuchte Luft vom Pazifik zur kalifornischen Küste transportiert. Da die Luftmassen meist aus Richtung Hawaii stammen, erhielt dieses Phänomen speziell in Kalifornien den Namen „Ananas Express“ (weitere Informationen zum „Atmosphärischen Fluss“ im). Dieser führte in den vergangenen Tagen selbst am trockensten Ort der USA, dem Death Valley (Jahresniederschlag im klimatologischen Mittel rund 50 Liter pro Quadratmeter; zum Vergleich Deutschland mit 790 Liter pro Quadratmeter pro Jahr) zu einer Warnung vor Sturzfluten und geschlossenen Straßen.

DWD Schwere Unwetter in Kalifornien

Das Unwetter nahm sogar ein historisches Ausmaß an: Laut des amerikanischen Wetterdienstes hat es im Großraum von Los Angeles so viel Regen innerhalb von 48 Stunden seit 150 Jahren nicht mehr gegeben. Vielerorts kam es zu massiven Überschwemmungen, Sturzfluten und Erdrutschen. Schätzungen zufolge waren zwischenzeitlich rund 850.000 Haushalte von Stromausfällen betroffen. Selbst am gestrigen Dienstag mussten mehrere Zehntausend Menschen weiterhin ohne Strom ausharren. In acht Bezirken wurde der Notstand ausgerufen.

Aber nicht nur der kräftige Regen spielte eine maßgebliche Rolle. Am Südrand des Tiefdruckgebiets formierte sich ein kräftiges Sturmfeld, das örtlich sogar Böen bis Orkanstärke im kalifornischen Binnenland verursachte. Dabei sorgten umherfliegende Trümmer für erhebliche Schäden, 3 Menschen mussten aufgrund umstürzender Bäume sogar ihr Leben lassen. Weiter landeinwärts gingen die Niederschläge dann im Bergland in Schnee über, wo es zu einem Neuschneemengenzuwachs von 30 bis 60 Zentimeter kam. In einigen Gipfellagen kamen rund 100 Zentimeter in weniger als 72 Stunden zusammen. Der böige Wind verfrachtete zudem den neugefallen Schnee, wodurch es in höheren Lagen zu weiteren Behinderungen kam.

DWD Schwere Unwetter in Kalifornien 1

Zwar wird sich das Wettergeschehen in Kalifornien etwas beruhigen, dennoch bleibt es zunächst wechselhaft mit weiteren Regenfällen. Es stehen keine Unwetter mehr ins Haus, aufgrund der aufgeweichten und gesättigten Böden sind aber auch weiterhin Überschwemmungen und Erdrutsche denkbar. Im höheren Bergland kann es zu vorübergehenden Starkschneefällen kommen. Und auch der Wind kann zeitweise noch stürmisch wehen.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Windig und regnerisch – eine Luftmassengrenze über Deutschland

Zwischen einem umfangreichen Tiefkomplex über Nordeuropa und hohem Luftdruck über dem Südwesten Europas und Nordafrika liegt Deutschland in einer recht flotten, westlichen Strömung. Dabei ist eine überwiegend milde und feuchte Luftmasse wetterbestimmend. Ein Teiltief namens OLGA liegt mit seinem Zentrum aktuell knapp nördlich von Schottland und zieht bis Mittwochfrüh über die Nordsee, Südskandinavien und die Ostsee bis zum Baltikum. Damit gelangt der Norden Deutschlands nun zunehmend in den Einflussbereich des Frontensystems von OLGA und es setzen im Norden teils andauernde Niederschläge ein.

DWD Windig und regnerisch eine Luftmassengrenze ueber Deutschland

Mit allmählicher Südverlagerung des Frontensystems in der Nacht zum Mittwoch und am Mittwoch tagsüber bildet sich mehr und mehr eine Luftmassengrenze über der Mitte Deutschlands aus, an der es bis in den Freitag gebietsweise andauernd, vor allem im Bereich der Mittelgebirge auch ergiebig regnet. Entsprechende Dauerregenwarnungen wurden ausgegeben und können auf unserer Homepage bzw. in der WarnWetter-App abgerufen werden. Die Luftmassengrenze trennt eine kühlere Luftmasse im Norden von der sehr milden Luft im Süden. Das führt zum einen nördlich der Luftmassengrenze am Mittwoch und Donnerstag, im Nordosten auch noch am Freitag zu „nur“ einstelligen Höchstwerten zwischen 4 und 9 Grad. Außerdem können in der „Kaltluft“ die Niederschläge im Laufe des Mittwochs und in der Nacht zum Donnerstag vor allem in den östlichen Mittelgebirgen zeitweise auch in Schnee übergehen. Eine nachhaltige Schneedecke ist allerdings nach aktuellem Stand der Vorhersagen nicht zu erwarten, da die Böden relativ warm sind und auch die milderen Luftmassen bereits im Laufe des Donnerstags von Südwesten wieder recht rasch nordwärts ausgreifen. Vorübergehend kann gegen Mittwochabend bzw. in der Nacht zum Donnerstag aber zumindest eine dünne Nassschneedecke und entsprechend kurzzeitig Glätte auch bis in tiefere Lagen vor allem im Osten bzw. am Donnerstag im Nordosten nicht ganz ausgeschlossen werden.

Vor allem im Bereich der Luftmassengrenze und südlich davon weht der West- bis Südwestwind teils stark bis stürmisch, im höheren Bergland und an den Küsten auch zeitweise mit Sturm- oder schweren Sturmböen, in exponierten Gipfeln treten teils Orkanböen auf. Rückseitig dreht der Wind auf Nordwest und lässt mit Ausnahme des Küstenumfeldes deutlich nach. Auch hier wurden bereits einige Warnungen ausgegeben. Der Schwerpunkt der Windentwicklung liegt am heutigen Dienstag vor allem im Norden und in der Mitte des Landes, am morgigen Mittwoch sind dann weiterhin Teile der Mitte und vor allem die südlichen Landesteile betroffen.

Abgesehen von dem kurzzeitigen Vorstoß kühlerer Luftmassen in die nördlichen Landesteile rückseitig der schleifenden Luftmassengrenze befinden wir uns insgesamt im Zustrom milder bis sehr milder Luftmassen. Besonders im Süden und Südosten werden unter leichtem Hochdruckeinfluss und damit recht freundlichem Wetter am heutigen Dienstag sehr milde Höchsttemperaturen um 17 Grad erwartet. Wenn am Donnerstag die Luftmassengrenze wieder nach Norden „wabert“, dreht die Strömung im Süden zunehmend auf Südwest bis Süd und die teils sehr milde Luftmasse breitet sich wieder zunehmend nord-/nordostwärts aus. Am Alpenrand dreht zum Freitag der Wind auf Süd und es wird föhnig. Im Südwesten und Süden wird es daher zum Freitag und Samstag wieder sehr mild mit Höchstwerten um 16 Grad, am Alpenrand können mit Föhn teils noch höhere Werte um 18 Grad erreicht werden. Am Alpenrand bleibt das freundlich-frühlingshafte, sehr milde Wetter voraussichtlich auch am kommenden Wochenende zunächst erhalten. Der Zusammenbruch des Föhns deutet sich dann für den Sonntag an.

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

ICON als Open Source-Modell für die Wettervorhersage – und mehr

Die Modellkette „ICON” bildet das Fundament der modernen Wettervorhersage beim Deutschen Wetterdienst. Dabei steht „ICON” als Akronym für „ICOsahedral Nonhydrostatic Model”. Das namensgebende Alleinstellungsmerkmal ist dabei der Aufbau des Gitternetzes. Dieses besteht aus gleichseitigen Dreiecken. Das ist insofern vorteilhaft, als dass ein solches Gitternetz eine Kugel gleichmäßig umspannen kann, ohne an den Polen auf Probleme zu stoßen. Gleichzeitig lassen sich die aufgespannten Dreiecke beliebig weiter unterteilen, um eine gewünschte Modellauflösung zu erhalten. Das ermöglicht es ohne großen Aufwand, weitere Untermodelle auf regionaler oder lokaler Skala zu betreiben, die auf dem globalen Modell aufbauen. Beim Deutschen Wetterdienst sind dies z.B. das ICON-NEST mit 6 km Auflösung auf einem Europaauschnitt und das ICON-D2 für Deutschland und Umgebung mit etwa 2,2 km Auflösung. Das Globalmodell wird dagegen mit 13 km Auflösung gerechnet.

 

DWD ICON als Open Source Modell fuer die Wettervorhersage und mehr

Entwickelt wird die ICON-Modellkette aber nicht nur beim Deutschen Wetterdienst. Insgesamt ist ein ganzes Konsortium aus Universitäten, wissenschaftlichen Instituten und nationalen Wetterdiensten aus Deutschland und der Schweiz an der Entwicklung beteiligt. Dies sind neben dem DWD das Schweizer „Center for Climate Systems Modelling” (ETH Zürich und Bundesamt für Klimatologie und Meteorologie MeteoSchweiz), das Deutsche Klimarechenzentrum (DKRZ, Hamburg), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M, Hamburg).

Die ICON-Modellkette wird nicht nur für die Wettervorhersage genutzt. ICON lässt sich auch für zahlreiche weitere Anwendungen konfigurieren, wie zum Beispiel Klimaprojektionen oder Erdsystemsimulationen in sehr hoher Auflösung. Eine Variante – das ICON-ART-Modell – findet auch beim DWD operationelle Verwendung. Mit dessen Hilfe wird die Ausbreitung von Schadstoffen, Spurengasen und Partikeln wie z.B. Mineralstaub, Vulkanasche oder Pollenflug simuliert.

ICON findet aber auch vielfach Anwendung in Forschung und Wissenschaft. Hier kommt der große Vorteil der Open Source-Lizenz zum Tragen. Denn als Wissenschaftler kann man nun zum Beispiel ohne großen Beschaffungsaufwand die notwendige Software beziehen und für seine Zwecke entsprechend konfigurieren und modifizieren. Das gilt aber nicht nur für Wissenschaftler. Auch andere nationale Wetterdienste, die nicht die Möglichkeiten und Ressourcen besitzen, um ein eigenes Vorhersagemodell zu entwickeln und zu betreiben, können von der offenen Verfügbarkeit profitieren. Mit deutlich geringerem Ressourceneinsatz kann z.B. eine an die eigenen Anforderungen angepasste ICON-Modellvariante eingesetzt werden.

Gleichzeitig ermöglicht es der Open Source-Ansatz auch, neue Erkenntnisse und Erfahrungswerte von externen Stellen mit in die zukünftige Weiterentwicklung des Modells einzubeziehen. Das betrifft nicht nur den Wissensschatz der Forschungsgemeinschaft, sondern auch die technischen Aspekte. So können die Hersteller und Entwickler von Großrechnern in entsprechender Zusammenarbeit ihre Hard- und Software mit entsprechenden Modellkomponenten testen und verbessern.

Zusammenfassend ist die Veröffentlichung des ICON-Modells als Open Source-Software ein elementarer Schritt hin zur Verbesserung und Förderung der Zusammenarbeit zwischen Modellentwicklung, der Wissenschaftsgemeinschaft, als auch der Gesellschaft als solcher, die mit besseren Wettervorhersagen, neuen Forschungsergebnissen und der Möglichkeit der quasi weltweiten Nutzung allesamt von diesem Schritt profitieren werden.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Erwartet uns ein neuer Wintereinbruch?

Schon seit einigen Tagen befinden wir uns in einer recht eingefahrenen Wetterlage. Dabei herrscht hoher Luftdruck über Südwesteuropa und tiefer Luftdruck über Skandinavien. Dazwischen hat sich eine milde und teils auch sehr feuchte westliche bis nordwestliche Strömung eingestellt. Da die Luftmassen bei dieser Konstellation vom milden Atlantik herangeführt werden, hat der Winter hierzulande keine Chance. Ganz im Gegenteil. In den kommenden Tagen erwarten wir im Süden, der bis zur Wochenmitte immer noch unter leichten Hochdruckeinfluss liegt, vorfrühlingshafte Temperaturen um 15 Grad. Auch in den Tagen darauf bleibt uns diese Wetterlage erhalten.

DWD Erwartet uns ein neuer Wintereinbruch

Am kommenden Wochenende dehnt sich ein markanter Langwellentrog über Westeuropa bis weit nach Süden bis nach Algerien aus. Dabei kommt es über der Iberischen Halbinsel zu einem markanten Kaltlufteinbruch samt kräftiger Niederschläge. Gleichzeitig bildet sich über dem westlichen Mittelmeer tiefer Luftdruck aus. Da wir uns in Deutschland vorerst noch auf der Vorderseite des Troges befinden, dreht die Strömung auf Südwest, womit die Temperaturen nach einer vorübergehend leichten Abkühlung zur Wochenmitte sogar nochmals etwas ansteigen werden. Damit sind zu Beginn des Wochenendes in der Südwesthälfte Deutschlands voraussichtlich erneut Höchstwerte um 15 Grad zu erwarten. Im weiteren Verlauf schwenkt der Trog weiter nach Osten. Dabei gibt es allerdings bereits größere Unsicherheiten in der Modellwelt. Während das amerikanische Wettermodell den Trog recht rasch über Mitteleuropa überschwenken lässt, simuliert das europäische Modell diesen wesentlich weiter im Westen mit Zentrum über Benelux. Zudem wird dieser im europäischen Wettermodell intensiver berechnet. In der ersten Variante würde uns im Verlauf ein Schwall maritimer Polarluft erreichen. Damit wäre vor allem in den höheren Lagen der Mittelgebirge Winterwetter möglich. In der zweiten Variante würde uns dagegen unbeständiges und nasskaltes Wetter mit kräftigen Niederschlägen, die allerdings nur in den Hochlagen der Mittelgebirge als Schnee fallen, erwarten.

DWD Erwartet uns ein neuer Wintereinbruch 1

Auch die Ensemblevorhersage zeigt bis zum 14. Februar nur sehr geringe Wahrscheinlichkeiten für einen Wintereinbruch mit Schnee bis ins Flachland. Das Mittel der Berechnungen zeigt in 850 Hektopascal (etwa 1500 m Höhe) im Verlauf der übernächsten Woche Temperaturen um -5 Grad . Da die Luftmasse gut durchmischt ist, reicht es dabei im Flachland tagsüber für deutliche Plusgrade. Somit wäre richtiges Winterwetter dort vorerst kein Thema. Für die etwas höheren Lagen der Mittelgebirge schaut es nach aktuellem Stand allerdings gar nicht so schlecht aus, dass sich zumindest vorübergehend eine Schneedecke bilden kann. Für alle Wintersportfans besteht ab Mitte Februar also durchaus Hoffnung.

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer ( Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Langeweile? Nicht beim Wetter!

Die derzeitigen Protagonisten auf der Wetterkarte lauten FRANK und NADINE. Diese zwei Druckgebilde sind für das Wettergeschehen in Deutschland verantwortlich. Während Hoch FRANK über Südwesteuropa liegt, hat es sich Tief NADINE über Nordeuropa bequem gemacht. Daraus resultiert eine stramme westliche Strömung, mit der feuchte, aber auch ungewöhnlich milde Atlantikluft herangeführt wird.

DWD Langeweile Nicht beim Wetter

Die erste Geige im Wetterorchester spielt dabei der Wind, denn zeit- und gebietsweise drohen bis ins Flachland stürmische Böen aus westlicher Richtung. Dabei kristallisieren sich mehrere Höhepunkte bei der Windentwicklung heraus. Am heutigen Samstag werden vor allem im Norden und Osten steife Böen um 60 km/h (Bft 7) erwartet. Vor allem in Küstennähe sind stürmische Böen bis 70 km/h (Bft 8) möglich. In der Nacht zum Sonntag nimmt der Wind dann wieder ab.

Am Sonntag treten im Tagesverlauf nahezu im ganzen Land bis in tiefe Lagen steife, lokal stürmische Böen auf. Im höheren Bergland und an der Küste sind schwere Sturmböen um 100 km/h (Bft 10) mit von der Partie. Etwas schwächer präsentiert sich der Wind lediglich in den Niederungen im Südwesten. Ein erster Höhepunkt in der Windentwicklung ist in der Nacht zum Montag zu erwarten. Dann stehen in einem breiten Streifen von der Nordsee bis zum Erzgebirge bis ins Tiefland stürmische Böen, teils auch Sturmböen um 75 km/h (Bft 9) auf der Agenda. Geschuldet ist dies einer Gradientverschärfung zwischen dem Hoch über Südwesteuropa und tiefem Luftdruck über Nordeuropa. Nordöstlich und südöstlich des Streifens ist der Wind schwächer unterwegs.

DWD Langeweile Nicht beim Wetter 1

Zum Start in die neue Woche bleibt uns das windige, teils stürmische Wetter erhalten. Auch am Montag werden die stärksten Böen (Bft 7-8) in einem Streifen diagonal vom Nordwesten bis nach Sachsen erwartet. Am Dienstag ist voraussichtlich in der gesamten Nordhälfte mit steifen Böen oder stürmischen Böen zu rechnen. Prinzipiell gilt für alle Tage, dass im höheren Bergland und zeitweise an der Küste schwere Sturmböen auftreten.

 

DWD Langeweile Nicht beim Wetter 2

Für Anfang Februar ist dieses windige Wetter jedoch nicht ungewöhnlich. Eher ungewöhnlich sind die sehr milden Temperaturen. Oftmals werden, mit Ausnahme des Nordostens, Höchstwerte jenseits der 10-Grad-Marke erwartet. Nachts bleibt es, bis auf ganz wenige Ausnahmen im Süden, meist frostfrei. Vor allem am Montag sind im Alpenvorland Höchstwerte um 17 Grad nicht ausgeschlossen.

DWD Langeweile Nicht beim Wetter 3

Neben viel Wind und milden Temperaturen wird es in einigen Regionen ziemlich nass. Bis Wochenmitte fallen in der Nordhälfte verbreitet 10 bis 30, gebietsweise um 50 l/qm. Vor allem in den Weststaulagen der Bergländer sind noch höhere Niederschlagssummen möglich. Deutlich weniger Regen fällt im Süden und Südwesten. Dort liegt die akkumulierte Niederschlagsmenge außerhalb des Berglandes größtenteils bei 5 bis 15 l/qm.

DWD Langeweile Nicht beim Wetter 4

Ob der Winter ab dem kommenden Wochenende nochmals ein Comeback wagt, muss abgewartet werden. Gewisse Anzeichen dafür gibt es in den Modellberechnungen jedoch bereits. Bis dahin heißt es aber, Gummistiefel und wasser- sowie winddichte Klamotten an und raus an die frische Luft, denn es gibt bekanntlich ja kein schlechtes Wetter.

 

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Deutschlandwetter im Januar 2024

Erste Auswertungen der Ergebnisse der rund 2000 Messstationen des DWD in Deutschland.

Besonders warme Orte im Januar 2024*

Platz

Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Helgoland Schleswig-Holstein 4,3 °C +1,8 Grad
2 Borkum-Flugplatz Niedersachsen 4,1 °C +2,4 Grad
3 Norderney Niedersachsen 3,9 °C +2,3 Grad

Besonders kalte Orte im Januar 2024*

Platz

Station Bundesland durchschnittliche Temperatur Abweichung
1 Zinnwald-Georgenfeld Sachsen -2,7 °C +1,9 Grad
2 Reit im Winkl Bayern -2,3 °C +1,3 Grad
3 Carlsfeld Sachsen -2,1 °C +1,5 Grad

Besonders niederschlagsreiche Orte im Januar 2024**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Sankt Blasien-Menzenschwand Baden-Württemberg 289,3 l/m² 148 %
2 Bernau-Goldbach Baden-Württemberg 269,6 l/m² 136 %
3 Todtmoos Baden-Württemberg 261,4 l/m² 124 %

Besonders trockene Orte im Januar 2024**

Platz Station Bundesland Niederschlagsmenge Anteil
1 Quedlinburg Sachsen-Anhalt 21,4 l/m² 95 %
2 Bad Lauchstädt Sachsen-Anhalt 23,6 l/m² 94 %
3 Stuttgart-Echterdingen Baden-Württemberg 23,9 l/m² 55 %

Besonders sonnenscheinreiche Orte im Januar 2024**

Platz Station Bundesland Sonnenschein Anteil
1 München-Stadt Bayern 103 Stunden 157 %
2 Memmingen Bayern 102 Stunden 125 %
3 Wielenbach Bayern 102 Stunden 182 %

Besonders sonnenscheinarme Orte im Januar 2024**

Platz Station Bundesland Sonnenscheindauer Anteil
1 Greifswald Mecklenburg-Vorpommern 39 Stunden 90 %
2 Trollenhagen Mecklenburg-Vorpommern 43 Stunden 96 %
3 Grambow-Schwennenz Mecklenburg-Vorpommern 44 Stunden 128 %

Oberhalb 920 m NHN sind Bergstationen hierbei nicht berücksichtigt.
* Monatsmittel sowie deren Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt (int Referenzperiode 1961-1990)
** Prozentangaben bezeichnen das Verhältnis des gemessenen Monatswertes zum vieljährigen Monatsmittelwert der jeweiligen Station (int Referenzperiode, normal = 100 Prozent).

Hinweis:
Einen ausführlichen Monatsüberblick für ganz Deutschland und alle Bundesländer finden Sie im Internet unter

Meteorologe Denny Karran
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Orkan „Ingunn“ in Norwegen: Einer der stärksten der letzten 30 Jahre!

Teile von Norwegen und Schweden werden seit dem gestrigen Mittwochabend (31.01.2024) von auch für dortige Verhältnisse außergewöhnlich starken Winden heimgesucht. Das zugehörige Orkantief, das auf den international gültigen Namen „Ingunn“ getauft wurde, rauschte vom Nordatlantik heran und durchlief über der Norwegischen See eine sogenannte „rapide Zyklogenese“. Bei dieser explosionsartigen Verstärkung sank der Luftdruck in Zentrumsnähe innerhalb von 24 Stunden um 40 bis 50 Hektopascal und erreichte unmittelbar vor der Küste Mittelnorwegens einen minimalen Wert von etwa 940 hPa. Zum Vergleich: der tiefste, jemals über dem Nordaltantik oder Nordeuropa beobachtete Luftdruck lag schätzungsweise bei 912-913 hPa, allerdings im Kern eines weit draußen über dem Nordostatlantik befindlichen Orkantiefs am 14. und 15. Dezember 1986. Dieser Rekordwert war also nicht in Gefahr. Aber viel entscheidender für die tatsächliche Windentwicklung sind die Luftdruckgegensätze – und die waren besonders an der Südflanke des Tiefs extrem groß (siehe Abbildung 1, rechts).

DWD Orkan Ingunn in Norwegen Einer der staerksten der letzten 30 Jahre

Je größer die Gegensätze, desto stärker weht der Wind. Entsprechend kam es vor allem entlang des Küstenstreifens zwischen Ålesund und Bodø verbreitet zu extremen Orkanböen über 140 km/h (siehe Abbildung 2). An besonders windanfälligen Stationen wurden sogar Windgeschwindigkeiten über 180 km/h, im Küstenort Sømna sowie an der schwedischen Bergstation Stekenjokk mehrmals über 200 km/h registriert! Zusätzlich zu den Orkanböen traten zum Teil intensive Regen- und Schneefälle auf. Nach Angaben des europäischen Erdbeobachtungsprogramms COPERNICUS gehört Orkan „Ingunn“ damit zu den stärksten Stürmen, die Norwegen in den letzten 30 Jahren getroffen haben.

Das Schadensausmaß lässt sich zurzeit noch nicht abschätzen, zu dünn ist die Nachrichtenlage aus den betroffenen Gebieten. Ersten Berichten zufolge gibt es zahlreiche abgedeckte Dächer, eingedrückte Fensterscheiben und Stromausfälle. Teilweise wurden Autos und sogar Busse von den Straßen geweht. Der Schiffs- und Fährverkehr musste zeitweise eingestellt werden und auch Flughäfen blieben geschlossen. Regulärer Schulbetrieb finden an vielen Orten nicht statt.

DWD Orkan Ingunn in Norwegen Einer der staerksten der letzten 30 Jahre 1

Am heutigen Donnerstag zieht „Ingunn“ zur Barentssee und schwächt sich ab. Für Skandinavien und besonders Norwegen ist die Sturmgefahr damit aber nicht gebannt. Denn das nächste Sturmtief „Nadine“ nimmt unsere nordeuropäischen Nachbarn ab der Nacht zum Samstag erneut ins Visier. Wieder sind Orkanböen möglich, voraussichtlich aber nicht in der extremen Ausprägung wie bei „Ingunn“.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst