Was war das herrlich in der vergangenen Nacht und am heutigen Donnerstagmorgen, oder? Man konnte gezielt und umfangreich durchlüften, die Wohnung oder das Haus runterkühlen und endlich einmal tief durchatmen. Zugegeben, bezüglich Hitze und Schwüle sind wir in diesem Sommer noch vergleichsweise „milde“ davongekommen (gerade im Vergleich zu Süd- und Südosteuropa), für eine gute Luftqualität mit positiven Auswirkungen auf die Gesundheit kann man aber gar nicht dankbar genug sein.
Neben der Abgeschiedenheit in der Natur, Ruhe fernab der Großstadthektik und nicht zuletzt befeuert durch die Corona-Pandemie mit verstärktem Einsatz von HomeOffice-Möglichkeiten bevorzugen immer mehr Menschen hierzulande den Stadtrand oder das Umland als Wohnort. Der Trend geht zur Suburbanisierung. Dieser Begriff wird landläufig auch als „Stadtflucht“ bezeichnet und beschreibt die Verlagerung der Bevölkerung in Vororte von Kernstädten und Arbeitsplätzen aus der Innenstadt in das Umland. Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) wurde 2021 ein so hohes Niveau wie zuletzt Anfang der 90er Jahre erreicht. Vor allem Familien zieht es weg aus der Stadt, wohingegen junge Erwachsene (Altersgruppe 18-29 Jahre) auf die Vorzüge wie die große Auswahl an Kultur, Bildung und Freizeit eher weniger verzichten wollen. Natürlich spielen dabei auch noch weitere Faktoren wie die Entwicklung der Miet- und Kaufpreise sowie persönliche Umstände der aktuellen Lebenssituation eine gewichtige Rolle.
Die Luftqualität eines Standortes setzt sich aus verschiedensten Faktoren zusammen. Die Luft unserer Atmosphäre ist ein Gemisch aus vielen Gasen, das hauptsächlich aus Stickstoff (N2) mit 78,1 % und Sauerstoff (O2) mit 20,9 % besteht. Viele weitere Gase kommen in so geringen Konzentrationen vor, dass man sie Spurengase nennt. Neben gasförmigen Molekülen enthält die Luft auch noch eine ganze Reihe von flüssigen, festen oder aus verschiedenen Phasen kombinierten Teilchen, die Aerosole. Diese Partikel spielen bei der Luftqualität eine entscheidende Rolle und man unterscheidet zwischen verschiedenen Partikelgrößen, um zwischen Ultra-Feinstaub (PM0.1, Durchmesser < 0,1 µm) von Feinstaub (PM2.5), inhalierbarem Grobstaub (2,5-10 µm) vom Grobstaub (> 10 µm) zu differenzieren. Luftbeimengungen, die auf Mensch und Umwelt schädlich wirken können, sind vor allem reaktive Gase wie zum Beispiel Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOX, NO2), Kohlenmonoxid (CO), Ozon (O3), Benzol (C6H6), Ammoniak (NH3) und die bereits beschriebenen Stäube. Je austauschärmer die vorherrschende Wetterlage und je größer der Eintrag von Schadstoffen (Emission), desto beeinträchtigter ist letzten Endes die Luftqualität. Beispielhaft dient die Lage vom 07. Dezember 1952, bei der es zur berühmt berüchtigten Londoner Smogkatastrophe kam Eine Übersicht zum vorherrschenden Witterungstyp und den Auswirkungen hierzulande auf die Luftqualität sieht man in der Abbildung 2. Problematisch sind vor allem stabile winterliche Hochdrucklagen.
Widmen wir uns im Besonderen einmal dem Ozon genauer zu. Und zwar jährt sich am morgigen Freitag, den 26.07.2024 der erste in Deutschland ausgelöste Ozonalarm zum 30. Mal. Dieser wurde für das Bundesland Hessen aktiviert, da die Konzentration von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten worden war. Daraufhin galt an den nächsten drei Tagen auf Autobahnen Tempolimit 90 km/h und auf Landstraßen 80 km/h. Wichtig hierbei: Die damit gemeinte bodennahe Ozonkonzentration hat nichts mit der allgemeinhin bekannten Ozonschicht zu tun, die „gewünscht“ in der Stratosphäre in etwa zwischen 15 und 25 Kilometern Höhe vorkommt und als wichtiger Schutzschild vor intensiver solarer UV-Strahlung dient. In Bodennähe bildet sich Ozon aus einer Reaktion zwischen Stickstoffdioxid NO2 und Sauerstoff O2 unter dem Einfluss von UV-Strahlung. Das schädliche Bodenozon entsteht vor allem an heißen Sommertagen, in der Abluft größerer Städte.
Die höchsten Ozonwerte treten am Stadtrand und in den angrenzenden ländlichen Gebieten auf, also entfernt von den Quellen der Vorläuferstoffe. Das klingt scheinbar paradox, liegt aber daran, dass Stickstoffmonoxid (NO), das in Autoabgasen enthalten ist, mit Ozon reagiert. Dabei wird Ozon abgebaut, so dass die Ozonbelastung in Innenstädten deutlich niedriger ist. Andererseits werden die Vorläuferstoffe mit dem Wind aus den Städten heraus transportiert und tragen so entfernt von deren eigentlichen Quellen zur Ozonbildung bei.
Das aus dem griechischen Wort „ozein = riechen“ abstammende Molekül ist ein starkes Oxidationsmittel und für Mensch und Natur giftig. Der Geruch ist bei sehr hohen Konzentrationen stechend-scharf, in der Natur jedoch geruchlos. Die Geruchsschwelle liegt bei 40 µg/m³, allerdings gewöhnt man sich schnell an den Geruch und nimmt ihn dann fatalerweise nicht mehr wahr. Die Symptome sind dann heftiger Kopfschmerz im Bereich der Schläfe, Reizungen der Atemwege sowie Schädigung der Wälder bis hin zu massivem Baumsterben. Erhöhte bodennahe Ozonwerte werden unter dem Sammelbegriff Sommersmog zusammengefasst.
An rund 300 Messstationen in Deutschland wird die Ozonkonzentration in der Luft gemessen und von den zuständigen Behörden der Länder zeitnah im Internet veröffentlicht. Das Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht aktuelle Ozondaten für ganz Deutschland, übersichtlich in Kartenform und als Tabellen . Hier werden auch deutschlandweite Ozonvorhersagen für den aktuellen Tag und die beiden Folgetage veröffentlicht. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit ins Archiv zu wechseln und somit in der Zeitleiste bis zum 01. Januar 2016 zurückzuwandern (siehe Abbildung 3).
Zudem stellt die UBA-App „Luftqualität“ jederzeit aktuelle Ozon-Stundenwerte und Warnmeldungen bereit:. Folgende kritische Schwellenwerte sind dabei definiert:
Die Informationsschwelle bei 180 µg/m³ und die Alarmschwelle bei 240 µg/m³. Bei zu erwartenden erhöhten Ozonkonzentrationen über diesen Werten wird die Öffentlichkeit auch via Radio, Fernsehen oder Tageszeitungen informiert und Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes mit Regionalexpertise geben eine Einschätzung über die erwarteten Wetterbedingungen der nächsten Stunden ab.
Um eine Luftqualität sicherzustellen, die die menschliche Gesundheit und Umwelt vor solchen Luftverunreinigungen schützt, wurden ab Mitte der 1990er Jahre europaweit Rechtsvorschriften zur Luftreinhaltung eingeführt. Dies hatte zur Folge, dass seitdem die Emission bestimmter Luftschadstoffe zurückgegangen ist – insbesondere auch beim Stickstoffdioxid (NO2). Dennoch ist und bleibt die Gefährdung der menschlichen Gesundheit und der Vegetation vor allem temperaturbedingt (Stichwort Hitzewellen) durch Ozon nach wie vor ein wichtiges Thema in Deutschland.
Abschließend wünschen wir Ihnen frei nach Markus Gürne aus „Wirtschaft vor acht“ im Ersten in jedem Falle allseits gute Luft, von wo auch immer Sie uns gerade lesen.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.07.2024
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