Wochenwetterausblick

Gleich zu Beginn der Woche ist das doch verbreitet recht ansehnliche Wetter vom Wochenende Geschichte. Hoch TITUS hat seinen Schwerpunkt in Richtung Baltikum verlagert und kann daher unser Wetter in den kommenden Tagen nicht mehr beeinflussen. Nun muss der Blick wieder gen Westen gerichtet werden. Ein Tief namens DAGMAR, dessen Zentrum sich aktuell im Bereich Südwales/Südwestengland befindet, zieht langsam ostwärts. Damit beeinflusst DAGMAR zunehmend das Wetter in Deutschland. Im Laufe des morgigen Dienstags erreicht das Tief den Westen des Landes und schwächt sich recht bald ab. Nachfolgend steigt der Luftdruck von West/Nordwest wieder an. Ein Hochdruckgebiet über der Nordsee dehnt sich dann zu uns aus, so dass sich das Wetter in der zweiten Wochenhälfte von Nordwesten her beruhigen kann.

DWD Wochenwetterausblick

Die ersten Regenfälle im Zusammenhang mit Tief DAGMAR erreichten bereits in den heutigen Frühstunden den Südwesten und breiten sich heute im Tagesverlauf weiter nordostwärts aus. Mit Annäherung des Tiefs intensiviert sich der Regen vor allem über dem Nordwesten im Laufe des heutigen Abends und in der Nacht zum Dienstag und hält dort teils bis in die Abendstunden des Dienstags bzw. die Nacht zum Mittwoch an. Gebietsweise muss daher mit Dauerregen gerechnet werden. Aktuell bestehen noch Unsicherheiten in der genauen Zuordnung der Region, die vom Dauerregen betroffen sein wird. Es deutet sich aber ein Bereich vom südlichen Emsland und dem Münsterland bis ins Bergische Land, Sauerland und nach Ostwestfalen an. Neben teils kräftigem Regen, muss ab der Nacht zum Dienstag und am Dienstag tagsüber von der Mitte bis in den Osten teils auch mit einzelnen, lokal eventuell auch kräftigeren Gewittern mit Starkregen gerechnet werden. Außerdem frischt im Umfeld von DAGMAR zeitweise der Wind stark bis stürmisch auf, vor allem im Küstenumfeld sowie in einigen exponierten Berglagen wie dem Brocken oder dem Feldberg im Schwarzwald. Am Dienstag muss dann auch in einigen tiefen Lagen in den westlichen Landesteilen mit Böen der Stärke 7 gerechnet werden. Mit zunehmender Abschwächung des Tiefs ab dem späteren Tagesverlauf des Dienstags lässt auch der Wind wieder nach, zuletzt klingt er an den Küsten im Laufe der Nacht zum Donnerstag oder Donnerstagsfrüh vollends ab. Im Laufe des Donnerstags nehmen die Auflockerungen peu à peu von Nordwesten zu und auch der überwiegend leichte Regen in der Südosthälfte klingt mehr und mehr ab. In Alpennähe halten sich sowohl die dichteren Wolken als auch zeitweilige, aber meist leichte Niederschläge am längsten – möglicherweise sogar bis in den Freitag oder Samstag.

Die Temperaturen bewegen sich in einem Bereich zwischen 11 und 18 Grad tagsüber, mit leicht sinkender Tendenz in der zweiten Wochenhälfte. Nachts werden Tiefstwerte zwischen 12 und 5 Grad erwartet, ebenfalls mit leicht abnehmender Tendenz. Am mildesten bleibt es nachts im Küstenumfeld. Mit zunehmendem Aufklaren muss in der Nacht zum Freitag gebietsweise mit Frost in Bodennähe gerechnet werden.

Dipl. Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.09.2024
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Entwickelt sich KRATHON vor Taiwan zu einem Super-Taifun?

Nachdem HELENE am vergangenen Donnerstag als Kategorie 4 Hurrikan auf Nordwestflorida traf und in der Gegend teils für schwere Zerstörungen gesorgt hat, lohnt sich nun der Blick in den Nordwestpazifik. Dort bildete sich KRATHON am gestrigen Samstag zu einem tropischen Wirbelsturm aus. Aktuell befindet sich der Sturm nordöstlich der Insel Luzon und versorgt die Nordostküste mit kräftigen Regenfällen und schweren Sturmböen. KRATHON wird sich in den nächsten Stunden weiter verstärken. Allerdings bestehen diesbezüglich noch einige Modellunsicherheiten.

Die Bedingungen für eine deutliche Intensivierung sind gegeben. Die Wassertemperaturen liegen südlich von Taiwan verbreitet bei Werten zwischen 28 und 30 Grad. Auch die vertikale  ist relativ gering. Allerdings befindet sich vor allem westlich des Taifuns eine recht trockene Schicht, welche eine stärkere Intensivierung hemmen könnte. So nehmen die Unsicherheiten bereits ab der Nacht zu Montag in den Modellen deutlich zu.

DWD Entwickelt sich KRATHON vor Taiwan zu einem Super Taifun

Aktuell strukturiert sich KRATHON zu einem ausgewachsenen Taifun mit charakteristischem Auge. Zudem ist der Luftdruck im Kern des Taifuns deutlich gefallen. Im weiteren Verlauf wird er sich unter weiterer Intensivierung vorerst nordwestlich in Richtung Südostchina verlagern, bevor er bedingt durch ein kräftiges Hochdruckgebiet über dem asiatischen Kontinent und der in nordöstliche Richtung abgelenkt wird. Kurz vor Taiwan erreicht KRATHON voraussichtlich seine höchste Intensität. Die wahrscheinlichste Lösung ist momentan, dass er als starker Taifun der Kategorie 3 oder 4 im Süden von Taiwan an Land geht. Dabei treten Windböen um 220 Kilometer pro Stunde auf. Das entspricht in etwa der Größenordnung von Hurrikan HELENE bei ihrem Landfall in Nordwestflorida vergangene Woche. Allerdings ist auch nicht ganz ausgeschlossen, dass sich der Sturm kurzzeitig zu einem Super-Taifun der Kategorie 5 mit Windgeschwindigkeiten von rund 260 Kilometer pro Stunde entwickeln kann.

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Wo genau der Taifun an Land geht oder ob er knapp östlich von Taiwan vorbeizieht ist noch recht unsicher. Allerdings wird mittlerweile die westlichere Zugbahn favorisiert, sodass er wahrscheinlich im Südwesten nahe der Millionenstadt Kaoshiung mit extremen Orkanböen um 200 Kilometer pro Stunde an Land geht. Neben dem Wind wird auch langanhaltender Starkregen für weite Teile der Insel erwartet. Niederschlagsmengen von 200 bis 500 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden sind durchaus möglich. Im Bergland der Insel werden sogar stellenweise Mengen um oder sogar über 1000 Liter pro Quadratmeter in 2 bis 3 Tagen erwartet. Dies ist nahezu die doppelte Jahresniederschlagsmenge von Berlin! Deshalb muss dort mit großräumigen Überschwemmungen, Erdrutschen und Beeinträchtigungen in der Infrastruktur gerechnet werden.

DWD Entwickelt sich KRATHON vor Taiwan zu einem Super Taifun 2

Intensive Regenfälle sind in Taiwan jedoch keine Seltenheit. Erst im Juli sorgte Taifun GAEMI für sintflutartige Niederschläge. Damals sind innerhalb von 24 Stunden an vielen Stationen über 500 Liter pro Quadratmeter zusammengekommen. Eine Wetterstation in Taipingshan im Bergland des County Yilan meldete sogar eine Niederschlagsmenge von 943 Liter pro Quadratmeter innerhalb von nur 22 Stunden! Dabei handelt es sich um eine exponierte Staulage auf etwa 2000 Meter Höhe über dem Meeresspiegel. Taifun KRATHON wird voraussichtlich nicht ganz so hohe Niederschlagsraten wie GAEMI mit sich bringen. Im Gegensatz zu GAEMI verlagert sich der kommende Taifun von Süd nach Nord bis Nordost. Deshalb sind die exponierten Staulagen an der östlichen Pazifikküste diesmal nicht ganz so stark betroffen. KRATHON könnte jedoch an der wesentlich dichter besiedelten Westküste der Insel für höhere Niederschlagssummen und deutlich stärkere Winde und somit auch dort für erhebliche Verwüstungen sorgen.

Auf seinem Weg nach Norden wird sich der Sturm dann aufgrund von Reibungseffekten über Land und einer zunehmenden Windscherung abschwächen. Mit intensiven Regenfällen ist aber dann auch auf dem nördlichen Teil der Insel einschließlich der Hauptstadt Taipeh zu rechnen!

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.09.2024
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Die Ruhe nach dem Sturm

Das steuernde Tief CONSTANZE liegt heute Nachmittag über Finnland. Das zugehörige Teiltief, das Deutschland gestern im Norden überquerte und Wind sowie Sturm brachte, hat sich auf dem Weg nach Osten bereits aufgefüllt. Auf den Analysekarten ist es somit nicht mehr auszumachen. Die kompakte Struktur des Tiefs in Kombination mit dessen warmen Kern ermöglichte dessen rasche Auffüllung.

An der Vorderseite des umfangreichen Tiefdruckkomplexes wehte über weiten Teilen Deutschlands ein frischer bis kräftiger südwestlicher Wind. Ausgenommen waren größere Teile Bayerns und manche andere Niederungen Süddeutschlands. Ansonsten erreichten die Böen in der Mitte und dem Süden Deutschlands verbreitet Beaufort 7 (z.B. Pforzheim-Ispringen mit 54 Kilometer pro Stunde) oder 8 (z.B. Düsseldorf mit 72 km/h) und in erhöhten Lagen Bft 9, auf Berggipfeln waren die Spitzenböen noch mal deutlich kräftiger. Ganz vorne lag wie so häufig der Brocken mit 131 km/h (Bft 12).

Die höchsten Windgeschwindigkeiten in tiefen Lagen wurden im Norden erreicht. Besonders stürmisch war es an der Nordseeküste. Bis zu 105 km/h (Bft 11 auf Spiekeroog) stark wehte der Wind dort. Auch weiter im Binnenland wurden noch Sturmböen (Bft 9) registriert, wie die 87 km/h aus Bremen zeigten.

 

DWD Die Ruhe nach dem Sturm

Mit Entfernen von Constanze hat der Wind bereits deutlich nachgelassen. Mit Annäherung von Hoch Titus fallen die Schauer bis heute Abend weitgehend in sich zusammen und im Westen und Südwesten Deutschlands lösen sich auch die Wolken meist auf. Für die Nacht zum Sonntag stehen dort somit folgende Zutaten zur Verfügung: Eingeflossene Polarluft, windschwache und wolkenarme Bedingungen. Diese Kombination führt zu tiefen Nachttemperaturen. Verbreitet sinken sie auf Werte unter 5 Grad, in „Kältelöchern“ der Eifel sogar auf Werte um den Gefrierpunkt. Dort ist lokal der erste Luftfrost des Herbstes wahrscheinlich. Gebietsweise kommt es vor allem im Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen zu Frost in Bodennähe. Milder bleibt es unter Wolken im Süden Bayerns und mit Wolken und Wind im Norden.

Hoch Titus bleibt aber nicht lange unser Gast in Mitteleuropa. Vielmehr befindet es sich auf der Durchreise und wird am Montag im Baltikum erwartet. Mit Titus wandert auch der windschwache und wolkenarme Bereich nordostwärts. In der Nacht zum Montag wird es deswegen im Osten und Südosten Deutschlands am kältesten. Dort sind dann Werte verbreitet unter 5 und in manchen Tälern von Erz-, Fichtelgebirge und Bayrischem Wald um 0 Grad zu erwarten. Gebietsweise kommt es zu Frost in Bodennähe. Weiter westlich sorgen Wolken und allmählich wieder auffrischender Wind – die Vorboten von Tief Dagmar – für etwas höhere Werte. Die nachfolgenden Nächte werden deutlich milder, zum Teil sinkt die Temperatur nicht unter 10 Grad. Dann prägen wieder reichlich Regen und Wind, an der Küste auch Sturm das Wettergeschehen.

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MSc.-Meteorologe Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.09.2024
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Der ExtremWetterKongress 2024

Der ExtremWetterKongress tagte 2006 zum ersten Mal. Das Ziel der Veranstaltung ist es, die Öffentlichkeit aus erster Hand über den aktuellen Wissenstand zu den Themen Extremwetter und Klimawandel zu informieren. Frank Böttcher, der Gründer des Kongresses, ist seit letztem Jahr Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft und organisiert und leitet noch immer die wissenschaftliche Konferenz. Erstmalig fand diese Jahr der ExtremWetterKongress zusammen mit der Deutschen KlimaManagementTagung statt, bei der es in über 40 Workshops um die Arbeit an konkreten Fragen zur Umsetzung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen ging.

DWD Der ExtremWetterKongress 2024

Zum Auftakt der Veranstaltung gab es eine Pressekonferenz unter der Moderation des Pressesprechers des Deutschen Wetterdienstes. Zur Auftaktveranstaltung gab neben Frank Böttcher, Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst, Sven Plöger, Meteorologe und Buchautor und Dr. Eckart von Hirschhausen von der Stiftung Gesunde Erde ihr Statement zum ExtremWetterKongress ab. Anschließend wurde der Kongress mit Vorträgen zum Thema „Wo wir bei Klimawandel und Extremwetter in Deutschland, Europa und der Welt stehen“ offiziell eröffnet. Unter anderem stelle Tobias Fuchs, Vorstand des Deutschen Wetterdienstes, das Faktenpapier 2024 zum Extremwetter in Deutschland vor. Tagsüber schweifte man dann thematisch auch auf die globale Ebene mit Live-Schalten unter anderem in die Polargebiete. Beim Thema Extremwetter an den Küsten führte man dann den globalen Blick über die Weltmeere wieder zurück auf den Schutz der deutschen Küsten. Zum Abend hin beschäftigte man sich unter anderem mit dem wirtschaftlichen Blick auf das Extremwetter. Unter der Frage „Wird die Welt unversicherbar?“ ließen mehrere Versicherungsträger das Publikum an ihren Gedanken und wissenschaftlichen Abhandlungen teilhaben. Dabei ging es wie beispielsweise darum , wie sich Hagelschlag auf Gebäude auswirkt und welche Konsequenzen für Versicherer und die Öffentlichkeit sich daraus ergeben. (Aufzeichnung )

Die Themen des zweiten Tages waren genauso breit gefächert. Neben den Auswirkungen von Extremwetter auf die Gesundheit, befasste sich der Kongress vor allem auch mit dem Thema wie Städte und Gemeinden mit dem Klimawandel und dessen Auswirkungen umgehen. Den meisten Raum am Tag 2 nahm die die KlimaManagementTagung ein. In zahlreichen Postersessions konnte man sich über unterschiedlichste Themen informieren und sich in Workshops zusammen mit den beteiligten Instituten und Firmen austauschen. Die Ergebnisse dieser Workshops wurden im Anschluss vorgestellt und können auch in der Aufzeichnung nochmal nachgeschaut werden. (Aufzeichnung)

Am heutigen und letzten Tag startete vor allem die KlimaManagementTagung in die nächste Runde. Die Themen der Workshops gehen dabei vom nachhaltigen Bauen, über Kommunikation mit der Öffentlichkeit, den Städten und Kommunen bis hin zu Klimadiensten für die öffentliche Verwaltung. Am Abend werden wieder die Ergebnisse der Workshops vorgestellt, die live im Internet übertragen werden. (Aufzeichnung )

Das Wetter in Hamburg zeigte sich während des Kongresses nicht von seiner extremen Seite, auch wenn die Mitteltemperaturen im September wieder deutlich über den mehrjährigen Mittel liegen werden. Zum letzten Tag sorgte noch Sturmtief CONSTANZE für den ersten Herbststurm des Jahres. Für das Wochenende eilt Hoch TITUS vom Atlantik heran. Das Hoch trocknet die eingeflossene feuchte Luft ab, sodass der Sonntag überwiegend freundlich und trocken wird. Das sonnige Wetter sollte aber keine Interessierten davon abhalten, sich den ein oder anderen Beitrag vom ExtremWetterKongresses nochmal anzuschauen. Die einzelnen Vorträge umfassen meist nur 15 Minuten.

DWD Der ExtremWetterKongress 2024

MSc Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.09.2024
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Der Herbst kommt

Hejo, spann den Wagen an,
Denn der Wind treibt Regen übers Land!
Hol die goldnen Garben,
Hol die goldnen Garben.

Na, erinnert sich noch jemand von Ihnen an diese (oder sehr ähnliche) Liedzeilen? Dem ein oder anderen dürfte der Musikunterricht in der Schule sicher noch in Erinnerung geblieben sein. Hängen geblieben ist beim Autor vor allem die meteorologische Zeile. Und Wind, der Regen übers Land treibt, ist dieser Tage reichlich vorhanden. Es könnte also passender kaum sein.

DWD Der Herbst kommt 1

Unser Hauptakteur in dieser ganzen Geschichte ist ein Tiefdruckkomplex namens „Constanze” (internationale Benennung: „Aitor”). Dieser entstand im Zeitraum vor 24 bis 48 Stunden über dem Atlantik im Rahmen eines umfassenden polaren Kaltluftausbruchs (Abb. 1).

Dabei ist „Komplex” ein wichtiges Stichwort. Die Wetterlage gestaltet sich ziemlich dynamisch. Dadurch bekommen wir es mit mehreren Randtiefs zu tun, die bei uns die Musik machen. Ein erstes solches Randtief zieht bereits heute Nachmittag entlang der Küste ostwärts und sorgt dort kleinräumig für die ersten Sturmböen. Die Ausläufer des gesamten Komplexes in Form mehrerer Fronten liegen bereits über uns. Sie sorgen vor allem im Südwesten und Süden aus der Schweiz und Frankreich heraus für reichlich Regen.

Erst in der Nacht zum morgigen Freitag lassen die Regenfälle allmählich nach und verlagern sich mit Vorankommen des Tiefdruckkomplexes und seiner Fronten nord- und ostwärts. Bis Freitagmorgen sollte der Regen fast überall nachgelassen haben. Einzige Ausnahme: Die Nordseeküste. Dort kommt bereits das nächste Randtief ins Spiel. An dieses Randtief ist vorderseitig nach Osten eine neue Warmfront gekoppelt. Dadurch kommt es entlang Nordsee und der westlichen Ostsee zu weiteren kräftigen Niederschlägen. Im Laufe des Freitags intensiviert sich dieses Tief weiter auf seinem Weg nach Osten und nähert sich ebenfalls der Nordseeküste. In den Modellprognosen weist dieses Randtief einen ziemlich scharfen Druckgradienten auf, was zu einer weiteren Verschärfung der Sturmlage im Bereich der Deutschen Bucht führen dürfte. Nicht auszuschließen, dass die Nordfriesischen Inseln und Helgoland morgen auch Böen in orkanartiger Stärke zu spüren bekommen. Orkanartig heißt dabei: Windstärke 11 Bft mit Böen von deutlich über 100 km/h. Dieses Sturmfeld greift auch weiter landeinwärts auf größere Teile des Nordwestens über. Dort liegen Sturmböen von 70 bis 80 km/h im Bereich des Möglichen. Allerdings ist diese Entwicklung insgesamt noch mit gewissen Unsicherheiten behaftet (siehe Abb. 2).

Hinter diesem Tief geht es weiter mit der nachfolgenden Kaltfront. Der Wind dreht dort nun instantan auf nördliche Richtungen und weht weiter in Sturmstärke. Entlang der Kaltfront kommt es zusätzlich zu kräftigen Schauern und Gewittern. Sogar ein gewisses Tornadorisiko lässt sich dabei nicht völlig von der Hand weisen, wobei Tornados im Fall der Fälle vor der Kaltfront auf der „warmen” Seite auftreten würden. Dass derartige Lagen ein Potential bergen, wurde bereits am gestrigen Mittwoch bewiesen, als es in Nordrhein-Westfalen zum Auftreten mehrerer Tornados an eigentlich unscheinbar daherkommenden Schauer- und Gewitterzellen kam.

DWD Der Herbst kommt

Nun der Blick auf den Rest des Landes. Dort geht es nicht ganz so „wild” zur Sache. Nördlich der Mittelgebirgsschwelle bleibt es voraussichtlich größtenteils sogar trocken. In der Mitte und im Süden überquert ein Niederschlagsgebiet mit Schauern und Gewittern das Land ostwärts. In dessen Zuge können dort auch bis in tiefe Lagen starke bis stürmische Böen auftreten, im Bergland sind auch Sturmböen bis Stärke 9 Bft möglich. Nachdem dieses Niederschlagsgebiet den Südosten Bayerns erreicht, folgen im Westen nochmals Schauerstaffeln nach, die aber bereits nicht mehr so viel Wind im Gepäck haben. Auch diese ziehen im Laufe der Nacht zum Samstag ostwärts ab.

Der Samstag selber wird dann schon deutlich ruhiger. Im Nordwesten ziehen aus Richtung Nordsee nochmals Regenschauer ins Land und an den Alpen regnet es mit Winddrehung auf Nordwest etwas länger im Zuge einer leichten Staulage. Der Wind spielt kaum noch eine Rolle und weht nur noch an der Küste stürmisch. Der Luftmassenwechsel ist nun abgeschlossen und macht sich bei den Temperaturen bemerkbar. Tagsüber steigen die Werte jetzt nur noch auf Werte um 15 °C. In der Nacht zum Sonntag setzt sich nachfolgend Hochdruck durch und es klart oftmals auf. Insbesondere in der südlichen Hälfte Deutschlands bedeutet das, dass es mit den Temperaturen ordentlich in den Keller geht. Verbreitet sinken die Werte hier auf 4 °C bis 2 °C, in den entsprechenden Mittelgebirgen könnten auch schon die ersten 0 °C-Werte auf dem Programm stehen. In der nächsten Woche zeigt sich dann wieder ein Trend für leicht zunehmende Temperaturen, allerdings gestaltet sich die weitere Wetterentwicklung ausgesprochen unsicher. Nur soviel scheint festzustehen: Die 20 °C-Marke werden wir wahrscheinlich kaum nochmal wiedersehen. Aber man soll ja nie „nie” sagen.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.09.2024
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Hurrikan HELENE

Während bei uns in Deutschland der Herbst Einzug gehalten hat und zum Wochenende auch eine erste kleinere Sturmlage droht, bereiten sich Florida, Alabama und teils auch Mississippi auf den ersten starken Hurrikan der Saison vor. HELENE befindet sich aktuell als tropischer Sturm im karibischen Meer vor der mexikanischen Insel Yucatan. Der Sturm hat in den letzten Stunden eine symmetrische Struktur angenommen. Er hat allerdings bisher noch kein charakteristisches Auge ausbilden können. HELENE befindet sich in einem Gebiet mit sehr hohen Wassertemperaturen. Sowohl in der karibischen See als auch im Golf von Mexiko liegen diese bis in tiefere Schichten bei 30 Grad oder sogar noch leicht darüber. Damit steht dem Sturm ein gewaltiges Energiereservoir zur Verfügung!

DWD Hurrikan HELENE

Heute wird der Sturm die Halbinsel Yucatan streifen. Dabei sind die Umgebungsbedingungen zunächst nicht optimal. Eine relativ trockene Schicht westlich des Sturms sowie moderate Werte der vertikalen Windscherung(siehe „Weitere Informationen zum Thema“) hemmen die Intensivierung zunächst. Damit sind die Auswirkungen in diesem Gebiet nicht so stark. Trotzdem werden an der Nordostküste Yucatans sowie an der äußersten Westküste Kubas Orkanböen um 120 Kilometer pro Stunde erwartet. Zusätzlich kommt es dort zu kräftigen Regenfällen. Vor allem im Osten Kubas sind innerhalb von 24 Stunden Mengen um 100 Liter pro Quadratmeter möglich.

Im Laufe des heutigen Mittwochs ändert HELENE ihre Zugbahn und verlagert sich in nordöstlicher Richtung in den Golf von Mexiko. Dort sieht ein Großteil der Modelle eine deutliche Intensivierung des Sturms. Einige Modelläufe lassen den Sturm am Donnerstagabend als starken Hurrikan der Kategorie 3 oder sogar der Kategorie 4 an der Nordwestküste Floridas an Land gehen. Dies ist nach jetzigem Stand auch die wahrscheinlichste Lösung, da vor allem die Vorhersagemodelle mit geringerer Auflösung die Intensitätszunahme solcher Stürme bei sehr hohen Wassertemperaturen und moderater Windscherung häufig unterschätzen.

DWD Hurrikan HELENE

Damit muss vor allem an der Nordwestküste Floridas ab Donnerstagnachmittag mit extremen Orkanböen um 200 km/h gerechnet werden. Zudem kommen noch kräftige Regenfälle dazu. Von der Küste Nordwestfloridas bis nach Georgia und Alabama sind demnach innerhalb von 24 Stunden 100 bis 200, stellenweise auch um 300 Liter pro Quadratmeter möglich. In diesen Gebieten muss mit Überschwemmungen gerechnet werden. Eine weitere Gefahr geht von einer schweren Sturmflut aus. Auf der Ostseite des Sturms kommt es voraussichtlich von Tampa bis Panama City zu einer Sturmflut von 3 bis 4 Metern. Glücklicherweise ist dieses Gebiet nur dünn besiedelt. Allerdings ist die genau Zugbahn des Hurrikans noch nicht sicher, sodass auch die deutlich dichter besiedelten Gebiete entlang der Ostküste des Bundesstaates Florida stark betroffen sein könnten.

DWD Hurrikan HELENE 1

Im weiteren Verlauf wird sich HELENE über Land rasch abschwächen. Trotzdem werden auch im Süden von Alabama und Georgia noch Orkanböen bis 150 km/h erwartet. Erst auf ihrer weiteren Zugbahn nach Norden spielt der Wind dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Intensive Regenfälle mit Überflutungsgefahr sind dennoch in den nördlich angrenzenden Bundesstaaten möglich!

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.09.2024
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Hagel – Fällt uns der Himmel auf den Kopf und warum?

Unter Hagel verstehen Meteorolog:innen festen Niederschlag in Form von Eiskugeln oder -klumpen ab einem Durchmesser von 5 Millimetern. Diese Eisklumpen sind dabei nicht zwingend rund, sondern können auch sehr unförmig aussehen, beispielsweise kleine Stacheln besitzen. Kleinere Eiskörner, die Minischneebällen ähnlich sind und sich in der Art ihrer Entstehung von Hagel unterscheiden, bezeichnet man als Graupel.
Hagel besteht aus Eis, tritt aber vor allem in kräftigen Gewittern auf, die wir in Deutschland eher aus dem Sommer als dem Winter kennen. Wie passen Eisklumpen und Sommergewitter zusammen?

Gewitterwolken bilden sich bei der raschen Aufwärtsbewegung von feuchten und energiereichen Luftmassen, der sogenannten „Konvektion“. Wenn feucht-warme Luft in kühlere Luftschichten aufsteigt, kühlt sie dabei ab und kann nicht mehr ganz so viel Feuchtigkeit halten. Es kommt zur Kondensation: Es bilden sich winzige Wassertröpfchen, die durch die Aufwärtsbewegung in der Luft gehalten werden und so Wolken formen.
Wenn die Luftmasse bei ihrem Aufstieg die Nullgradgrenze in der Atmosphäre überquert, fällt auch die Temperatur der Wassertröpfchen. Die absinkende Temperatur leitet den Prozess der sogenannten Nukleation ein, d.h. die Bildung von sehr feinen Eispartikeln. Dadurch entsteht ein Gemisch aus unterkühltem Wasser und Eiskristallen. Sie bieten anderen Eiskristallen und Wassertröpfchen so eine Fläche, an die sie sich anlagern können, dienen also als sogenannte „Gefrierkerne“. Friert unterkühltes Wasser daran fest, wächst das „Hagelembryo“. Je länger sich ein Hagelkorn in dieser kalten Zone mit unterkühltem Wasser aufhält, umso mehr Wasser kann sich anlagern und umso größer werden die Eiskörner. Werden diese so schwer, dass die Aufwinde sie nicht mehr in der Luft halten können, fallen sie als Hagel zu Boden.

DWD Hagel – Faellt uns der Himmel auf den Kopf und warum

Je wärmer ein Luftpaket im Vergleich zu seiner Umgebung ist, desto schneller steigt es auf. Und je stärker diese Aufwinde somit ausfallen, desto schwerer können die Eispartikel sein, die davon in der Luft gehalten werden. Auch die Luftfeuchtigkeit und die Lage der Nullgradgrenze haben Auswirkung darauf, ob sich Hagel bildet und wie groß er werden kann. Eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine niedrige Nullgradgrenze begünstigen sowohl die Bildung von Hagel als auch das Wachstum der Hagelkörner.

Hagelkörner bestehen aus dichtem, hartem Eis und fallen dazu noch auch großer Höhe. So entwickeln sie überraschend viel Durchschlagskraft für eine kleine Eiskugel. Ab einer Größe von circa 5 Zentimetern kann Hagel genug Energie zum Einschlagen von Glasscheiben entwickeln. Besonders häufig beschädigt werden auch Rollläden, Autos, Verputz und natürlich Dächer, Dachziegel und Dachpfannen. Da Gewitter häufig nicht nur mit Hagel, sondern zusätzlich mit Starkregen oder Sturm einhergehen können, können Hagelschäden zusätzlich Angriffspunkte für andere Naturgefahren darstellen. Hagel ist damit nicht nur für Menschen und Tiere gefährlich, sondern für jegliche Art von Infrastruktur und den Verkehr inklusive der Luftfahrt eine Bedrohung. Und selbst kleinere Hagelkörner können zur Gefahr werden. Da sie eine größere Menge an Einschlägen verursachen, können sie vor allem in der Landwirtschaft mehr Schaden anrichten als wenige große Hagelkörner. Geht einem Starkregenereignis Hagel voraus, steigt mitunter auch das Risiko einer Überflutung, da Abflusswege durch die Hagelmassen verstopfen können.

DWD Hagel – Faellt uns der Himmel auf den Kopf und warum 1

Obwohl Hagel in einem Gebiet zwischen dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb statistisch betrachtet etwas häufiger vorkommt, kann es in ganz Deutschland zu Hagelereignissen kommen. Schwere Hagelereignisse, wie etwa 1984 in München, sind dabei aber eher selten. Wenn allerdings mal große Eiskugeln vom Himmel fallen, ist das ein Ereignis, das Betroffene so schnell nicht vergessen. Erst vor kurzem, am 21.06.2024, hat ein Unwetter mit einem kurzen aber kräftigen Hagelschauer Fans der Fußball-Europameisterschaft auf der Fanmeile in Frankfurt am Main „kalt“ erwischt.

B.Sc. Lea Wilbert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.09.2024
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Sturzfluten am Mittelmeer

Meteorologisch, wie nun auch astronomisch hat der Herbst begonnen und lockte uns die vergangenen Tage mit schönem Spätsommerwetter ins Freie, beziehungsweise auf direktem Weg in die nächste Eisdiele. Für uns in Mitteleuropa bedeutet der Herbst, dass es meist wechselhafter und windiger wird, doch in anderen Regionen zieht mit dem Herbst nicht selten auch eine erhöhte Unwettergefahr ins Land.

Heute richten wir unseren Blick nach Süden in Richtung Mittelmeer, denn hier kann der Herbst zumindest regional ganz garstige Züge annehmen. Die (der Übersicht halber nicht vollständigen) Gründe hierfür sind die umfangreichen, warmen Meeresoberflächen, die komplexe Orografie sowie die nun gehäuft vom Nordatlantik hereinschwenkenden Tiefdruckgebiete und Tröge. Im komplexen Zusammenspiel all dieser Faktoren kommt es in den Herbst- und natürlich auch den Wintermonaten wiederholt (wenigstens regional) zu extremen Starkregenereignissen mit teils katastrophalen Folgen. Die dabei gemessenen Niederschlagsmengen finden nicht selten weltweit Beachtung. Schauen wir uns nun aber die genannten Gründe einmal näher an.

Die Orografie und das warme Meerwasser:

DWD Sturzfluten am Mittelmeer 1

Dieser Punkt ist recht verständlich und somit auch schnell erklärt. Man kann sich rein visuell sehr gut vorstellen, wie eine feuchte und labil geschichtete Luftmasse beim Landgang entlang der Orografie regelrecht ausgequetscht wird. Hierbei wird die Luftmasse gezwungen rasch aufzusteigen, sie kühlt sich ab und es bildet sich eifrig Niederschlag. Dabei profitiert der Niederschlagsprozess von der hochreichend warmen Luftmasse, die man rund ums Mittelmeer findet, sodass der sehr effektive Niederschlagsprozess (im Fachjargon der sogenannte „collision coalescence prozess“) für üppiges Tropfenwachstum mit teils extremen Regenraten sorgen kann. Hierbei verschmelzen Tröpfchen unterschiedlicher Größe und wachsen so lange an, bis sie ausfallen.

Als Feuchtezufuhr dienen nicht nur variable Quellen wie der Atlantik oder zeitweise auch die Innertropische Konvergenzzone, sondern natürlich auch die warme Meeresoberfläche, die auch in diesem Jahr recht verbreitet positive Abweichungen der Oberflächentemperatur aufweist.

DWD Sturzfluten am Mittelmeer 2

Zumeist sind die größten Abweichungen der Temperatur nur auf die obersten Meter der Meeresoberfläche beschränkt (aktuell auf 10 bis 20 m Tiefe im westlichen und 30 bis 40 m Tiefe im östlichen Mittelmeer) und können somit rasch bei Tiefdruckpassagen und dem begleitenden Wind abgebaut werden. Allerdings herrschen in diesem Jahr dank der anhaltenden (marinen) Hitzewelle in Südeuropa auch in Tiefen von rund 100 m positive Temperaturabweichungen von teils mehr als 3 bis 4 Kelvin vor, was leider als ein gutes Polster für Starkregenereignisse in dieser Herbstsaison angesehen werden kann.

Bodentief und Kaltlufttropfen:

Bevor es zu einem Starkregenereignis kommt, muss es auch immer einen „trigger“ geben, der das Ereignis auslöst. Dies kann z.B. ein kräftiges Bodentief sein. Ein solches Tiefdruckgebiet besteht aus unterschiedlichen Förderbändern, die jeweils Feuchte in die Nähe des Tiefzentrums transportieren. Meist ist es der nördliche und westliche Bereich der Tiefdruckzirkulation, der mit hohen Niederschlagsmengen besonders ins Auge sticht. Hier strömen die unterschiedlichen Feuchteflüsse des warmen und kalten Förderbands zusammen und werden rasch gehoben. Es bilden sich nun Niederschläge um das Zentrum aus, die in Bändern angeordnet sind und bei einer langsamen Verlagerung des Bodentiefs hohe Niederschlagsmengen bringen können (ähnlich auch zu unserem Dauerregenereignis Ende Mai/Anfang Juni im Süden).

Wenn sich ein Kaltlufttropfen (ein Höhentief mit kalter Luftmasse in der mittleren und oberen Troposphäre) über das warme Mittelmeer bewegt, können diese Wirbel mit der Zeit dank anhaltender Schauer- und Gewittertätigkeit (und somit durch Freisetzung latenter Wärme) einen zunehmend warmen Kern aufbauen und ähnliche Eigenschaften aufweisen, wie ein (sub) tropisches System. Ein solches Beispiel war NUMA im November 2017  und ist unter dem Kunstbegriff „Medicane“ bekannt – einer Wortmischung aus „Mediterranean“ und „hurricane“.

Mesoskalig konvektives System (MCS)/Konvergenz:

Nicht selten sind lokale Windkonvergenzen für die Entwicklung dieser Starkregenfälle verantwortlich, wo also Winde aus unterschiedlichen Richtungen und/oder mit unterschiedlicher Geschwindigkeit aufeinandertreffen und dort fokussiert für Hebung, Kondensation und für Schauer und Gewitter sorgen. Wenn die Bedingungen günstig sind (ausreichend Labilität, ein starker und beständiger Wind, der eine feucht-labile Luftmasse heranführt und eine langlebige Konvergenz), dann können sich auch mesoskalig-konvektive Systeme bilden, die über Stunden leben. Dies sind – vereinfacht gesagt – kompakte Gewittergebiete, die sich teils vor Ort immer wieder regenerieren und dadurch teils extreme Niederschlagsmengen bringen können. Beispiele solcher Cluster sind in folgendem Bild einsehbar, wo die Radarbilder die Regengebiete hervorheben. Je mehr orange oder rot, umso kräftiger der Regen.

DWD Sturzfluten am Mittelmeer 3

Wie extrem so etwas ausfallen kann, zeigte die Sturzflut vom 4. Oktober 2021, wo rund um Genua (Italien) extreme Regenmengen gemessen wurden mit folgenden einstündigen (!) Mengen: 145.2 l/m² in Cairo Montenotte, 178.2 l/m² in Urbe und 181 l/m² in Vicomorasso (alles italienische Rekorde). In 24 Stunden fiel in Rossiglione sogar eine unglaubliche Menge von mehr als 900 l/m²!
Vom 5. auf den 6. September 2023 waren es in Griechenland an der Station Zagora bis zu 750 l/m² in 24h und es gibt noch viele weitere Beispiele, die auch Südfrankreich und den Osten Spaniens betreffen. Man braucht nicht groß zu erörtern, dass solche Regenmassen verheerende Sturzfluten bzw. Überschwemmungen hervorrufen können.

Abschließend wird noch ein kräftigeres Niederschlagsereignis vorgestellt, dass sich am 18. und 19. September 2024 in der Region Emilia-Romagna (Norditalien) zugetragen hat.

DWD Sturzfluten am Mittelmeer 4

Das Höhentief, das bereits in Teilen Ost- und Mitteleuropas extreme Regenfluten gebracht hat, zog in der Folge in das Ligurische Meer. Im Anschluss schwenkte es etwas nach Osten, um sich dann über der Adria aufzulösen.

 

DWD Sturzfluten am Mittelmeer 5

Entlang der östlichen Flanke des Höhentiefs etablierte sich eine umfangreiche Konvergenz. In dem Fall waren dies feucht-warme südwestliche Winde, die um das Höhentief herumgeführt wurden (hier nicht eingetragen) und über der nördlichen Adria auf östliche Winde trafen, die durch die Bora (einem Fallwind entlang der nordadriatischen Küste) ausgelöst wurden. Das Ergebnis war eine wellende Konvergenz, die in die feucht-labile Luftmasse über der Adria fußte (gelb-orangene Färbung, die bis zu 1000 J/kg  andeutet). Da das steuernde Höhentief nur sehr langsam zog, waren die Bedingungen für anhaltende und mit Gewittern durchsetzte Niederschläge gegeben, die wiederholt in die Region um Emilia-Romagna ziehen sollten (hier 12-stündige vorhergesagte Niederschlagsmengen bis 18 UTC eingetragen, siehe Bild 5).

DWD Sturzfluten am Mittelmeer 6

Gefallen sind letztendlich in einem Streifen von Ancona bis nach Bologna innerhalb von 24 Stunden verbreitet 50 bis 150 l/m², lokal über 200 l/m² und dies trifft auch 48-stündig auf die Küstenregionen um Ancona zu, wo ebenfalls über 200 l/m² Niederschlag gemessen wurde. Dies sorgte in diesen Regionen nach 2023 erneut für teils erhebliche Überschwemmungen.

Es bleibt abzuwarten, wie diese Saison im Mittelmeer verläuft. Es ist zu befürchten, dass wir wieder die eine oder andere Schlagzeile von Überschwemmungen im Mittelmeerraum lesen werden.

Dipl.-Met Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.09.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Das Wetter im Auenland

J.R.R. Tolkien war Offizier während des Ersten Weltkrieges und zeitweise mit an der Front. Nach dem Krieg fand er eine Anstellung in Oxford und wurde schließlich zu einem der bekanntesten Schriftsteller der Welt. Er schuf mehrere Werke, unter anderem veröffentlichte er 1937 die erste Fassung des „Hobbit“. Er erfand eine ganze Welt, in die die Leser noch heute immer wieder gerne eintauchen. Er vermischte dabei seine persönlichen Erfahrungen mit fantasierten Wesen und Geschichten. Er entwickelte mehrere Fantasiesprachen die beispielsweise auf dem Finnischen als auch auf dem Walisischen basierten. Sowohl Isländersagas als auch englische Landschaftsbilder wurden miteinander verwoben, um diese faszinierende Welt um Mittelerde zu erschaffen.

Die Geschichte des „Hobbit“ sowie die weiteren Bücher, die unter der „Herr der Ringe“- Reihe veröffentlich wurden, spielen in der fiktiven Welt Mittelerde. Das Auenland ist ein Teil von Mittelerde, in dem die Hobbits in Höhlen wohnen. Die Landschaft ist geprägt von sanften Hügeln und saftig grünen Wiesen, ähnlich wie in den Regionen nordöstlich von Oxford. Diese Landschaften waren vermutlich das Vorbild für das Reich der Hobbits. Das Wetter in England ist heute eher schlecht für die Geburtstagsfeier von Bilbo und Frodo Beutlin. Auch in den kommenden Tagen wird es eher ungemütlich und spricht eher für einen ruhigen Tag in der Höhle.

Ein Tief liegt über Cornwall und überquert England bis Montagabend. Heute wird dabei noch milde aber zunehmend feuchte Luft herangeführt. Durch die Labilisierung der Luftmasse wird der frontale Niederschlag lokal schauerartig verstärkt und vereinzelt sind auch Gewitter nicht ausgeschlossen. Die Höchstwerte liegen am heutigen Sonntag bei 18 bis 20 Grad. Im Laufe des Montags gelangt der Norden Englands allmählich auf die kalte Seite des Tiefs. Es muss weiterhin mit viel Regen gerechnet werden bei Temperaturen zwischen 15 und 18 Grad.

DWD Das Wetter im Auenland

Viele der Drehorte für die filmische Umsetzung der Buchreihe „Hobbit“ und „Herr der Ringe“ befinden sich in Neuseeland. Dort liegt der Drehort für das Auenland auf der Nordinsel Neuseelands etwa 150 Kilometer südlich von Auckland. Die Kulissen stehen noch heute auf einer Farm und sind eine absolute Touristenattraktion. Da sich Neuseeland auf der Südhalbkugel befindet, ist dort heute Frühlingsbeginn. Das Wetter gestaltet sich dort zunächst ähnlich wie im „englischen Auenland“. Es kommt zu Schauern und einzelnen Gewittern bei Höchstwerten bis zu 17 Grad. Die nächsten Tage versprechen aber eher ruhiges Wetter. Von Australien breitet sich ein Hochdruckgebiet in Richtung Neuseeland aus. Dieses verspricht für den morgigen Montag freundliches und trockenes Wetter bei Temperaturen zwischen 12 und 18 Grad. Erst in der Nacht zum Mittwoch greift eine Kaltfront von Südwesten über, die rückseitig polare Luft zur Nordinsel steuert.

DWD Das Wetter im Auenland 1

In der Geschichte „Herr der Ringe“ kämpfen die Völker Mittelerdes gegen Sauron, einen mächtigen Heerführer. Am Ende des Buches wird Sauron besiegt und seine Produktionsstätten zur Waffenherstellung vernichtet. Gleichzeitig bricht ein Vulkan aus. Welche klimatologischen Folgen dies auf Mittelerde hatte, ist nicht bekannt. Man kann aber vermuten, dass durch die Zerstörung der Waffenschmieden der Kohlenstoffdioxidausstoß erheblich reduziert wurde. Gleichzeitig kann der Ausbruch des Vulkans aufgrund von Schwefeldioxidgas, welches in die Stratosphäre geschleudert wurde, kühlende Wirkung auf die Troposphäre gehabt haben. Eventuell gab es daher in den folgenden Jahren härtere Winter und geringere Ernteerträge im Auenland. Für den ein oder anderen Hobbit fiel dann das zweite Frühstück oder der Elf-Uhr-Imbiss eventuell kleiner aus. Aber das sind nur Spekulationen.

M.Sc. (Meteorologin) Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.09.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Kontrastreicher September mit ungleicher Niederschlagsverteilung

Der September 2024 war wettertechnisch bisher eine regelrechte Berg- und Talfahrt und könnte gegensätzlicher kaum sein. Während es in der ersten Septemberwoche vielfach noch hochsommerlich heiß mit Temperaturen nicht selten über 30 Grad war, folgte eine herbstlich kühle und nasse Periode, sodass die Heizungen erstmals angeworfen werden mussten. In vielen Regionen schafften es die Temperaturen etwa ab dem 10. September nicht mehr über 20 Grad und die gemessenen Höchstwerte lagen unter den Tiefstwerten der vorherigen Woche. Seit einigen Tagen hingegen erfreut uns wieder ein sonniger und warmer Altweibersommer, bevor das Wetter in der kommenden Woche erneut auf Talfahrt geht. Herbstlich kühl, nass und mitunter auch sehr windig ist das Motto für die kommende Woche.

Besonders beeindrucken war der Wettersturz an und in den Alpen. Herrschte Anfang September in den Bergen noch bestes und warmes Wanderwetter, versanken die Hochalpen ab dem vergangenen Wochenende im Schnee. Eine Vielzahl der Wanderhütten wurden eingeschneit und sind teils auch heute noch nicht auf Wanderwegen erreichbar. Doch auch in den Alpentälern machte sich der Wettersturz bemerkbar. Wurden beispielsweise am 5. September in Reit im Winkl noch 29,2 °C gemessen, schaffte es die Temperatur am 14. September nicht über 4,8 °C hinaus (siehe Abbildung 1).

DWD Kontrastreicher September mit ungleicher Niederschlagsverteilung

Doch nicht nur im zeitlichen Verlauf war der Monat sehr kontrastreich. Auch die räumliche Verteilung der Niederschläge könnte unterschiedlicher kaum sein (Abbildung 2). Vor allem von Sachsen bis in den Süden und Osten Bayerns ist schon jede Menge Niederschlag gefallen. Mit Ausnahme der Leipziger Tieflandsbucht und des Vogtlands kamen in Sachsen bisher verbreitet 100 bis 150 l/qm (gleichbedeutend mit der Einheit „mm“) zusammen. Ähnliche Mengen, teils sogar bis 200 l/qm, fielen auch im Bayerischen Wald und südlich der Donau. Etwa südlich einer Linie München – Altötting summierte sich der Niederschlag sogar auf 200 bis 300 l/qm und am unmittelbaren Alpenrand auf über 300 l/qm. Am meisten Niederschlag prasselte von den Chiemgauer Alpen bis ins Berchtesgadener Land vom Himmel (300 bis örtlich 450 l/qm). Der nasseste Ort war Marktschellenberg im Berchtesgadener Land mit unglaublichen 454,8 l/qm (350 % des Monatssolls), wobei 3/4 dieser Menge zwischen dem 12. und 16. September im Zuge des Unwettertiefs ANETT gefallen ist (siehe auch ). In den Hochalpen wurden indes historische Neuschneehöhen für Mitte September gemessen. Dabei sollte nicht unterschlagen werden, dass auch im Umfeld der Nordsee mit 80 bis 130 l/qm die Regenmengen überdurchschnittlich üppig ausfielen.

DWD Kontrastreicher September mit ungleicher Niederschlagsverteilung 1

In den bisher genannten Regionen wurde bereits das Zwei- bis Zweieinhalbfache der üblichen Regenmenge des gesamten Septembers erreicht (Abbildung 3, linke Karte). Im östlichen Ober- und südlichen Niederbayern wurde teils sogar mehr als das Dreifache der Monatsmenge registriert. Bezogen auf die ersten beiden Monatsdrittel (1. bis 20. September) wurde in Ostsachsen sowie im Südosten Bayerns sogar das Drei- bis Fünffache an dem beobachtet, was durchschnittlich in diesem Zeitraum zu erwarten ist (Abbildung 3, rechte Karte).

DWD Kontrastreicher September mit ungleicher Niederschlagsverteilung 2

Ein ganz anderes Bild zeigt sich vom Westen über die Mitte bis in den Nordosten Deutschlands, wo das Monatssoll in weiten Teilen noch nicht erreicht ist. Besonders trocken war es bisher von Vorpommern bis in den Großraum Berlin. Meist fielen dort nur 10 bis 30 l/qm in die Messtöpfe. Damit sind dort erst 25 bis 50 % der durchschnittlichen Monatsmenge zusammengekommen. Ähnlich groß ist die Abweichung in Ostwestfalen (Abbildung 3). Am trockensten war es in einigen Stadtteilen Berlins, z.B. in Berlin-Rummelsburg mit nur 7,8 l/qm, was lediglich 1,7 % der gemessenen Regenmenge von Marktschellenberg entspricht!

DWD Kontrastreicher September mit ungleicher Niederschlagsverteilung 3

Bis Monatsende wird in Deutschland aber noch einiges an Regen erwartet, sodass sich das Niederschlagsdefizit noch verringern oder regional sogar ausgleichen dürfte. In den überdurchschnittlich nassen Gegenden wird sich der Regenüberschuss hingegen weiter erhöhen. Mehrere Tiefs bringen mit ihren Frontensystemen laut den Prognosen der gängigen Wettermodelle bis kommenden Samstag (00 UTC) vielerorts Regenmengen zwischen 10 und 30 l/qm (Abbildung 4). Vor allem an der Nordsee, im westlichen Bergland sowie im Süden und Südosten berechnen einige Modelle Mengen zwischen 30 und 60, kleinräumig auch um 80 l/qm, wobei die räumlichen Schwerpunkte von den einzelnen Modellen noch recht unterschiedlich simuliert werden. Tendenziell am wenigsten Regen wird allerdings erneut im Osten berechnet, wo je nach Modell und Region nur zwischen 5 und 30 l/qm Regen fallen sollen. Da wir deutschlandweit gemittelt aber bereits jetzt im Bereich des Monatssolls liegen, wird der diesjährige September (wie die meisten Vormonate) überdurchschnittlich regenreich ausfallen.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.09.2024
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