Wetterextreme im (Klima-)Wandel – Attributionsforschung (Teil 3)

„Ist das schon der Klimawandel?“ oder „Ist das eine Folge der Erderwärmung?“ Diese Fragen haben Sie sich wahrscheinlich auch schon gestellt, sei es bei Wetterkatastrophen in Deutschland und der ganzen Welt oder vielleicht sogar bei Unwettern vor Ihrer Haustür. Aber gibt es einen Zusammenhang zwischen der globalen Erwärmung und der Häufigkeit und Intensität von meteorologischen und klimatologischen Extremen?

Mit dieser Frage beschäftigt sich die sogenannte „Attributionsforschung“, deren Vorgehensweise wir im  erläutert haben. Kurz zusammengefasst lässt sich mit Attributionsstudien abschätzen, inwieweit der Klimawandel für das Auftreten individueller Wetterextreme verantwortlich ist, indem man die Ergebnisse zweier Klimamodell-Simulationen vergleicht. Während bei der einen nur natürliche Klimaantriebe eingehen, werden bei der anderen zusätzlich vom Menschen verursachte Einflüsse berücksichtigt.

Heute stellen wir die wesentlichen Ergebnisse von Attributionsstudien* zu Wetterextremen der jüngeren Vergangenheit vor.

Hitzewelle in Deutschland und Frankreich (Juli 2019)

Ende Juli 2019 wurden während einer extremen Hitzewelle in Deutschland an drei aufeinanderfolgenden Tagen Temperaturen über 40 Grad gemessen, am 25.Juli gegipfelt mit einem neuen Deutschlandrekord von 41,2 °C (Tönisvorst und Duisburg-Baerl). Noch heißer war es in Frankreich mit 42,6 °C in Paris-Montsouris (vorheriger Rekord 40,4 °C).

In der dazu durchgeführten Attributionsstudie wurde ein dreitägiger Tagesmittelwert betrachtet, da in diesen auch die nächtliche Abkühlung als wesentlicher Faktor für die gesundheitliche Belastung eingeht. Man fand heraus, dass unter heutigen Klimabedingungen im Zentrum der Hitzewelle (Frankreich) nur alle 50 bis 150 Jahre und in den Randlagen (z.B. Deutschland) alle 10 bis 30 Jahre mit einer vergleichbaren Hitze zu rechnen ist. Ohne Klimawandel wären die erreichten Temperaturen ganze 1,5 bis 3 Grad niedriger ausgefallen! Zudem beschreibt die Studie, dass sich die Eintrittswahrscheinlichkeit für eine derartige Hitzewelle durch den Klimawandel etwa um den Faktor 10 erhöhte.

Eine Hitzewelle, die in der vorindustriellen Zeit statistisch gesehen nur alle 100 Jahre vorkam (d.h. etwa einmal in einem Menschenleben), erleben wir heutzutage alle zehn Jahre und in einigen Jahrzehnten wohl alle drei Jahre. Mit fortschreitender Erderwärmung werden solche Hitzeperioden also höchstwahrscheinlich zur Normalität werden. Zunehmende gesundheitliche Risken und mehr Hitzetote werden die Folge sein. Ähnliche Ergebnisse ergaben übrigens auch Studien zu anderen europäischen Hitzewellen (z.B. Rekordhitze im August 2003 in West- und Mitteleuropa, Hitzewelle im Juli 2022 über Westeuropa und Großbritannien).

Flutkatastrophe an Ahr, Erft und Maas (Juli 2021)

Als zweites widmen wir uns der Flutkatastrophe an den Flüssen Ahr, Erft und Maas aus dem Jahr 2021. Am 13. und 14.Juli kam es in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Teilen von BeNeLux regional zu extremen Niederschlägen. An einigen Messstationen wurden die bisherigen 24-stündigen Rekordwerte deutlich übertroffen, wobei ein Großteil des Regens sogar innerhalb von nur etwa 12 Stunden gefallen ist.

Man fand in einer Attributionsstudie heraus, dass unter den heutigen klimatischen Bedingungen in dieser und ähnlichen Regionen in West- und Mitteleuropa durchschnittlich nur alle 400 Jahre ein vergleichbares Regenereignis zu erwarten ist. Verglichen mit einem 1,2 Grad kühleren globalen Klima hat sich die Intensität eines Starkregenereignisses dieser Größenordnung (bezogen auf die maximale 24-stündige Regenmenge) in der Sommersaison bereits um 3 bis 19 % erhöht. Bei einer vergleichbaren Wetterlage in der vorindustriellen Zeit wäre also weniger Regen gefallen. Auch die Wahrscheinlichkeit für ein solches Regenereignis hat sich um den Faktor 1,2 bis 9 erhöht. Das heißt, dass im schlimmsten Fall bereits heutzutage ein derartiger Starkregen durch den Klimawandel 9 Mal wahrscheinlicher geworden wäre.

Die große Spanne zeigt zwar, dass Attributionsstudien noch mit größeren Unsicherheiten behaftet sind, der Trend hin zu häufigerem Auftreten extremer Regenfälle wird daraus dennoch ersichtlich. Ein im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 2 Grad wärmeres Klima (0,8 Grad wärmer als 2021) würde laut der Studie zu einer weiteren Verstärkung der Niederschlagsintensität um 0,8 bis 6 % führen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit nimmt nochmals um einen Faktor von 1,2 bis 1,4 zu. Erreicht die Erderwärmung in der Zukunft 2 Grad, werden demnach Starkregenfälle wie jene aus dem Jahr 2021 20 % bis 40 % wahrscheinlicher.

Extreme Niederschläge im östlichen Mitteleuropa (September 2024)

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Attributionsstudie zu den sehr heftigen Regenfällen vom vergangenen September in Österreich sowie in Teilen von Tschechien, Polen und Deutschland. Bemerkenswert waren zahlreiche neue Niederschlagsrekorde im Zeitraum vom 12. bis 15. September, vor allem aber die riesige räumliche Ausdehnung dieses Niederschlagsereignis über mehrere Staaten hinweg.

Laut der Studie ist unter heutigen Klimabedingungen ein derartiges 4-tägiges Regenereignis nur alle 100 bis 300 Jahre zu erwarten. Regional betrachtet hat sich die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten solch extremer Regenfälle im Vergleich zur vorindustriellen Zeit etwa verdoppelt und die Niederschläge fallen etwa 10 % stärker aus. Bei einem um 2 Grad wärmeren Klima wird ein weiterer Anstieg der Eintrittswahrscheinlichkeit von 50 % sowie ein Anstieg der Regenintensität von 5 % erwartet. Die Autoren weisen allerdings darauf hin, dass die verwendeten Modelle konvektive Niederschläge nicht auflösen konnten. Studien vergangener Regenereignisse mithilfe von Modellen mit feinerer Auflösung (welche Konvektion explizit auflösen) zeigten einen noch stärkeren Anstieg der Regenintensitäten verglichen mit den hier verwendeten Modellen. Der genannte Anstieg der Regenraten im Vergleich zur vorindustriellen Zeit könnte also möglicherweise noch stärker ausfallen. Zudem werden die Ergebnisse unsicher, wenn man kleinere Gebiete mit lokalen Effekten betrachtet.

Zusammenfassung

Und was heißt das für die Beantwortung unserer Ausgangsfragen? Nun – man kann von einem einzelnen Ereignis zwar nicht darauf schließen, dass „das der Klimawandel war“. Allerdings zeigen die Attributionsstudien, dass sowohl die Intensität als auch die Häufigkeit solcher Starkregenfälle und Hitzewellen bereits heute zugenommen haben und weiter zunehmen werden. Es ist also in Zukunft öfter mit solchen und möglicherweise noch heftigeren Extremen zu rechnen.

* Für weitere Informationen zu Methoden und Ergebnissen dieser und weiterer Attributionsstudien wird auf die originalen Publikationen verwiesen (siehe Linksammlung).

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Hagel – Schwer zu fassen

Um Daten zusammenzustellen und auszuwerten müssen diese erst einmal vorliegen, also erfasst werden, und hier liegt das Hauptproblem: Hagel ist schwierig zu erfassen. Aber weshalb ist das so? Es gibt mehrere Punkte, die Hagel für uns so schwer „zu fassen“ machen:
Potenziell kann Hagel an vielen Orten und über einen Großteil des Jahres entstehen, solange die entsprechenden „Zutaten“ (siehe  ) dafür vorhanden sind. Allerdings tritt Hagel im Bereich der passenden Zutaten nur sehr lokal auf. Seine Entstehung spielt sich fast komplett in der Atmosphäre ab. So gibt es eine relativ große Diskrepanz zwischen der Fläche, auf der Hagel potenziell auftreten kann und der tatsächlichen Fläche, die von Hagelschlag betroffen ist. Letztere kann mitunter weniger als einen Kilometer breit und nur kurzzeitig Hagelschlag ausgesetzt sein. Oft hagelt es an einem Standort nur wenige Minuten lang. Hagel wird daher eher selten von Messgeräten erfasst. Da es theoretisch in ganz Deutschland zu Hagel kommen kann, ist es schwierig, Messgeräte gezielt in „Hagelgebieten“ aufzustellen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, damit Hagelkörner zu registrieren. Zwar gibt es in Deutschland Gebiete, in denen es im Vergleich etwas häufiger hagelt, aber auch hier ist Hagel keineswegs alltäglich.

Und selbst wenn ein Messgerät getroffen wird, ergibt sich das Problem, dass Hagel aus Eis besteht und daher nicht besonders beständig ist. Der Tauprozess setzt in der Regel bereits während des Falls eines Hagelkorns durch bodennah wärmere Luft ein. Ein großer Teil der Hagelkörner, die in einer Wolke entstehen, taut vollständig auf, bevor er den Erdboden erreicht. Dadurch ist es nur begrenzt möglich, Hagel nachträglich einzusammeln und zu analysieren: Das „Beweisstück“ löst sich einfach auf. Ein Messgerät müsste in der Lage sein, eigenständig in sehr kurzer Zeit die Größe und die Menge der Hagelkörner zu erfassen. Da Hagel aber nicht uniform vorliegt, ist das Messen der Größe selbst von Hand nicht immer ganz einfach. Hagel am Erdboden zu erfassen ist also mit einigen Herausforderungen verbunden.

DWD Hagel – Schwer zu fassen

Natürlich sind in Deutschland nicht nur stationäre Messgeräte, sondern auch Wetterradare im Einsatz. Diese detektieren Hydrometeore (Eiskugeln, Wassertropfen, Schneeflocken) anhand der von ihnen zurückgestreuten Radarstrahls. Je mehr und je größer die Hydrometeore in einem Luftvolumen sind, desto stärker ist das zurückgestreute Signal. Es handelt sich also um eine sogenannte „indirekte Messung“, aus welcher weitere Größen abgeschätzt werden können. Zusätzlich nimmt die Genauigkeit der Messung mit der Distanz zwischen dem Hydrometeor und dem Radar ab. So können große Mengen kleiner Hagelkörner und kleinere Mengen großer Hagelkörner sehr ähnliche Signale erzeugen, weswegen nicht eindeutig bestimmt werden kann, welcher der beiden Fälle vorliegt. Sind die Wolken sehr dicht, befindet sich eine große Menge Wassertropfen in der Wolke, dann kann auch dies ein starkes Radarecho produzieren. Trotz der Nutzung vieler Indikatoren, die Hagelwahrscheinlichkeit und die Größe der Hagelkörner berechnen, ist hier also immer eine gewisse Unsicherheit in den Daten vorhanden.

Diese Problematiken zum Thema Hagel gibt es aber natürlich nicht nur in Deutschland. Auch global wird daran gearbeitet, bessere und verlässlichere Erfassungsmethoden für Hagel zu entwickeln. Leider ist die Atmosphäre, genau wie Hagel selbst, sehr umfassend und variabel. Es gibt viele Faktoren, die Hagelbildung beeinflussen, nicht nur die Stärke der Aufwinde und die Höhe der Temperaturen. Und all diese Faktoren beeinflussen sich auch gegenseitig. Um also verlässlich sagen zu können, ob sich Hagel bildet, müssen die Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren genauer untersucht werden. Dazu benötigt die Wissenschaft allerdings Daten. Die Technik entwickelt sich in dieser Richtung ebenfalls immer weiter. Damit aber die Messgeräte genau in jenen Aspekten verbessert werden können, die eine Hagelerfassung verlässlicher gestalten würden, müssen diese erst einmal ermittelt werden. Und auch dafür müssen mehr Daten vorliegen.
Ein ziemlicher Teufelskreis…
Daten müssen aber nicht nur vorliegen, sondern auch sicher und belastbar genug sein, um auf ihrer Basis eine Aussage treffen zu können. Es müssen also genug „gute“ Daten vorliegen. Hierfür fehlt aktuell eine ausreichend breite Datenbasis. Um die aktuell vorliegende Datenbasis also zu erweitern, ist der „Crowd-Ansatz“ erfolgsversprechend; also die Möglichkeit, dass Hagelereignisse von der breiten Masse gemeldet werden können.

DWD Hagel – Schwer zu fassen 1

Auf diesem Ansatz baut bereits die „European Severe Weather Database“  auf. Diese Datenbank wird betrieben vom „European Severe Storms Laboratory“ (ESSL) mit Sitz in Deutschland und stellt Unwettermeldungen aus ganz Europa zusammen, seien dies Meldungen von Privatpersonen, Wetterdiensten oder Sturmjägern (engl. „storm chaser„). Die Meldungen werden dabei geprüft und dann öffentlich zugänglich auf einem Online-Portal zur Verfügung gestellt. So sind sie frei zugänglich, auch für die Allgemeinheit. Es gibt bereits einen regen Datenaustausch zwischen den Meldungen, welche der DWD erfasst, und den Meldungen aus der ESWD.
Hagel kann aber auch direkt an den DWD, über die WarnWetter-App oder über das auf der DWD-Homepage gemeldet werden. Dort ist es jeder Person möglich eine Meldung abzusetzen und anzugeben, wenn es an ihrem Standort hagelt, wie groß die Hagelkorngröße ausfällt und wie hoch der Schaden am Ort des Auftretens ist. Über die WarnWetter-App lässt sich sogar ein Foto vom Hagelkorn selbst hochladen, welches unsere Warnmeteorologen unmittelbar erreicht und in etwaigen Warnungen und Vorhersagen berücksichtigt wird. Jede Meldung erweitert die Datenbasis und gibt uns damit mehr Daten an die Hand, mit denen wir Hagel etwas besser zu fassen machen können.

BSc. Lea Wilbert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Winter in Lauerstellung

Der meteorologische Herbst 2024 hat längst Bergfest gefeiert und auch phänologisch befinden wir uns bereits im Spätherbst. Typischerweise wäre es an der Zeit, dass der Winter eine erste Stippvisite bei uns macht, zumindest in Form erster nennenswerter Nachtfröste (siehe dazu das Thema des Tages vom 26.10.2024). Doch das Winterwetter macht sich bisher noch rar, bis auf ganz vereinzelten leichten Frost abgesehen ist von Winterwetter hierzulande noch keine Spur zu sehen.

Doch Anfang November kommt tatsächlich etwas Bewegung ins Spiel, zumindest, wenn man über den sprichwörtlichen Tellerrand schaut. Über Nordwesteuropa bringt sich ein kräftiges Hoch in Stellung, das sich weit nach Norden bis zum Nordmeer ausdehnt. Zwischen dem Hoch und einem nach Nordwestrussland ziehenden und sich verstärkenden Tiefdruckkomplex dreht die Strömung über weiten Teilen Nord- und Osteuropas von westlichen auf nordwestliche bis nördliche Richtungen. Dadurch kommt es zu einem ersten großflächigen Ausbruch arktischer Kaltluft. Abbildung 1 zeigt einen Vergleich des Bodenluftdruck und der Fronten sowie der Temperaturverhältnisse in ca. 1500 m Höhe vom Dienstagabend (29.10.) und von Samstagmittag (02.11.). Man erkennt schön, wie sich eine Kaltfront über Nordeuropa auf den Weg gen Süden macht. Hinter ihr werden weite Teile von Nord- und Nordosteuropa von Kaltluft geflutet. Die Temperaturen gehen in 1500 m Höhe auf -5 bis -10 °C zurück, teils auch darunter. Das sind charakteristische Werte für eine spätherbstliche Arktikluft.

DWD Winter in Lauerstellung

Diese macht sich auch am Boden bemerkbar. Als Beispiel soll an dieser Stelle die Temperaturentwicklung in Oulu in Finnland gezeigt werden (Abbildung 2). Man sieht schön, wie die Temperatur von anfänglich rund +5 °C Mittwochfrüh (30.10.) auf Werte zwischen -2 und -6 °C am Freitag (01.11.) absinkt. Dazu kommt es zu Niederschlägen, die als Schnee fallen. Vom Skandinavischen Gebirge über Mittelschweden und Finnland bis nach Nordwestrussland bildet sich eine mehr oder weniger mächtige Schneedecke aus (siehe Abbildung 3).

DWD Winter in Lauerstellung 1

DWD Winter in Lauerstellung 2

Die Kaltfront kommt voraussichtlich auch bis Deutschland voran, sodass zumindest im Norden und Osten des Landes Kaltluft einfließt, wenn auch in deutlich abgeschwächter Form. Zumindest aber besteht die Möglichkeit, dass es verbreiteter zu leichtem Nachtfrost kommt. Landesweite Fröste oder gar Schnee bleiben aber weiter aus. Der Winter befindet sich also in Lauerstellung, ziert sich aber, Deutschland einen ersten Besuch abzustatten.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Hoch open end

In den nächsten Tagen setzt sich das ruhige, aber häufig triste Herbstwetter fort. Das Hoch über dem Ostatlantik schickt einen neuen Ableger namens YÜRGEN zu uns, sodass sich zumindest in der Südhälfte Deutschlands am oft neblig-trüben Herbstwetter wenig ändert.

Die Nordhälfte des Landes wird am heutigen Montag von Tief LYDIA beeinflusst, das mit seinem Frontensystem etwas Regen bringt. Die Sonne setzt sich im Tagesverlauf nur im westlichen Alpenvorland und in Teilen Baden-Württembergs sowie Frankens durch. Dort wird es mit 19 bis 21 Grad am wärmsten, ansonsten steigen die Temperaturen auf Werte zwischen 12 und 18 Grad an. Der Wind weht schwach, in Norden mäßig aus Südost bis Südwest. An der Nordsee treten einzelne stürmische Böen auf.

DWD Hoch open end

In der Nacht zum Dienstag verdichten sich die Nebel- und Hochnebelfelder in der Südhälfte des Landes und weiten sich aus. In der Nordhälfte zeigt sich der Himmel ebenfalls meist bedeckt und gebietsweise fällt etwas Regen oder Sprühregen. Die Tiefstwerte liegen zwischen 13 Grad an der Nordsee und 4 Grad an den Alpen.

Ab Dienstag übernimmt Hoch YÜRGEN komplett die Wetterregie in Deutschland und hält wie ein Bollwerk Tiefdruckgebiete effektiv von uns fern. Im Sommer hätten wir tagelang Sonne pur, im Herbst bedeutet eine Hochdrucklage fast immer Nebel und Hochnebel, die sich tagsüber kaum mehr auflösen, vor allem wenn es schwachwindig bleibt. So präsentiert sich das Wetter in Deutschland bis Freitag: oft grau in grau. Dabei fällt im Norden anfangs noch etwas Regen. Es sind die Reste des Frontensystems des Tiefs LYDIA. Chancen auf Sonne gibt es kaum und wenn überhaupt dann in den Alpen sowie in höheren Lagen. Die Temperaturen pendeln sich tagsüber auf Werte zwischen 10 und 17 Grad und nachts zwischen 11 und 3 Grad ein. Es bleibt meist schwachwindig, nur im Norden ist der Wind weiterhin spürbar, da die Regionen am Rande des Hochs liegen.

DWD Hoch open end 1

Wie geht es weiter? Es gab Zeichen, dass eine Umstellung der Wetterlage am kommenden Wochenende stattfinden sollte. Das Hoch weicht nach Westen in Richtung der Britischen Inseln aus und macht somit den Weg frei für die Kaltfront eines Tiefs bei Finnland. Diese sollte ursprünglich einen markanten Kaltluftvorstoß mit Schnee bis in tiefere Lagen bringen. In den neuesten Berechnungen sickert die kalte Luft aber weit östlich von uns ein und der Hochdruckeinfluss weitet sich am Wochenende wieder aus. Die Kaltfront überquert das Land also zwischen Freitag und Samstag fast unauffällig ohne Regen oder Schnee oder andere markanten Wettererscheinungen. Durch das Einströmen etwas trockenerer Luft lösen sich die Nebelfelder aber besser und schneller auf. Die Temperaturen gehen etwas zurück und erreichen Werte zwischen 8 und 14 Grad tagsüber sowie 8 bis 0 Grad nachts. Bei längerem Aufklaren tritt leichter Frost auf.

Fazit: Bis auf Weiteres gibt es keine große Bewegung in der Wetterküche. Es gibt mehr oder weniger die gleiche „Nebelsuppe“.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wetterextreme im (Klima-)Wandel – Attributionsforschung (Teil 2)

Vor einigen Wochen gab es von Österreich über Tschechien bis nach Polen noch nie zuvor beobachtete Regenmengen. „Ist das schon der Klimawandel?“ oder „Ist das eine Folge der Erderwärmung?“ Mit diesen oder ähnlichen Fragen wurden wieder viele Meteorologen und Klimaforscher konfrontiert, wie immer bei extremen Wetterlagen. Nicht nur Freunde und Bekannte, die selbst von einem Extremwetter heimgesucht wurden oder wenn in den Nachrichten mal wieder von Unwettern berichtet wird, interessieren sich hierfür. Bei den verheerenden Flutkatastrophen im Juli 2021 im Ahrtal oder im östlichen Mitteleuropa vergangenen September ergriffen Klimaaktivisten und selbst Politiker unterschiedlicher Parteien die Chance, im Wahlkampf diese Tragödien als eindrucksvolle Beispiele zu verwenden, um eine nachhaltigere und engagiertere Klimapolitik zu fordern. Aber ist das wirklich so, dass diese Naturkatastrophen klare Zeichen für den bereits stattgefundenen Klimawandel sind? Im haben wir bereits erklärt, dass man es sich so einfach nicht machen darf.

Manch einem mag es vielleicht so vorkommen, es gäbe heutzutage im Sommer nur noch Extreme. Mal sind es verheerende Überschwemmungen, mal unerträgliche Hitzewellen oder langanhaltende Dürreperioden. Doch haben sich tatsächlich bereits heute Wetter und Klima hin zu häufigeren und zunehmend schlimmeren Extremereignissen verändert? Werden sich diese mit fortschreitender Erderwärmung weiter verschlimmern? Diesen Fragestellungen gehen die Klimawissenschaften mit sogenannten „Attributionsstudien“ nach. Dabei handelt es sich um ein noch junges Forschungsfeld, welches wir heute vorstellen wollen.

Der Begriff „Attribution“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Zuordnung (von Zusammenhängen)“. In der Klimaforschung wird konkret untersucht, ob der fortschreitende Anstieg der globalen Lufttemperatur bereits heutzutage zu einer geänderten Häufigkeit von Extremereignissen geführt hat. Dazu blickt man mit Klimamodellen mehrere Tausend Jahre in die Vergangenheit zurück. In diesen Simulationen werden die klimatischen Bedingungen in vergangenen Zeiten, für die es keine (präzisen und flächendeckenden) Messungen gibt, künstlich erzeugt. Da Wetter- und Klimaextreme per Definition selten auftreten, benötigt man für belastbare statistische Aussagen einen derart langen Zeitraum.

DWD Wetterextreme im Klima Wandel Attributionsforschung Teil 2

Für den notwendigen Vergleich zwischen dem Klima der Vergangenheit, den heutigen klimatischen Verhältnissen und denen der Zukunft wird ein weiterer wissenschaftlicher Kunstgriff vollzogen. Sämtliche Simulationen des vergangenen Klimas werden zunächst nur mit natürlichen Klimaantrieben durchgeführt (z.B. Vulkanausbrüche, Änderung der solaren Einstrahlung, …). So erhält man die klimatischen Verhältnisse, die sich ohne den Einfluss des Menschen entwickelt hätten. Anschließend berücksichtigt man in den Klimasimulationen zusätzlich anthropogene (d.h. vom Menschen verursachte) Einflüsse wie den Ausstoß von Treibhausgasen (z.B. CO2, Methan), um ein realitätsnahes Klima zu berechnen.

Um die Bandbreite der natürlichen Variabilität von Extremereignissen abschätzen zu können, werden diese Simulationen mehrfach durchgeführt. So erhält man einen ausreichend großen Datensatz für statistische Analysen. Durch den direkten Vergleich der Klimata mit und ohne anthropogenen Einfluss lassen sich etwaige Unterschiede bezüglich der Häufigkeit von Wetter- oder Witterungsextremen dem menschlichen Handeln „zuordnen“. Damit wären wir zurück bei der namensgebenden „Attribution“. Die Studien basieren also auf einem „Ursache-Wirkungs-Prinzip“. Die Auswertung erfolgt in der Regel in Form einer Auszählung aller dem aktuellen Wetterphänomen (z.B. eine Hitzewelle) sehr ähnlichen Ereignisse. Mit dieser Methode kann man geänderte Eintrittswahrscheinlichkeiten eines betrachteten Extremereignisses im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bestimmen und diese dem Klimawandel zuordnen. Für eine Einschätzung der zukünftig zu erwartenden Verhältnisse können Simulationen unter Hinzunahme der anthropogenen Treibhausgasemissionen aus unterschiedlichen Klimaszenarien durchgeführt und im Hinblick auf Extremereignisse ausgewertet werden.

Bei Attributionsstudien muss allerdings beachtet werden, ob die eingesetzten Klimamodelle überhaupt in der Lage sind, die untersuchten Extremereignisse realitätsgetreu abzubilden. Analysen von kleinräumigen Phänomenen wie Gewitter mit Starkregen sind erst seit der Entwicklung der neuesten Generation der sogenannten konvektionserlaubenden regionalen Klimamodelle möglich. Diese Modellrechnungen sind allerdings rechentechnisch äußerst aufwändig und erfordern sehr leistungsstarke Großrechner.

Zusammengefasst geben uns die Erkenntnisse aus der Attributionsforschung also Aufschluss über den tatsächlichen Einfluss des Klimawandels auf Extremereignisse. Mit ihnen kann selbst für individuelle Extremwetterlagen analysiert werden, ob und in welchem Maße der Klimawandel deren Intensität beeinflusst hat und ob die Eintrittswahrscheinlichkeit für solche Ereignisse bereits zugenommen hat.

Weltweit besteht für diese Thematik bei Politik und Gesellschaft ein sehr hohes Interesse, weil die Attributionsforschung auch dazu dienen kann, Aussagen für die Zukunft abzuleiten. So helfen sie politischen Entscheidungsträgern bei der Konzipierung von Klimaanpassungsstrategien und ermöglichen es uns, die Veränderung von Extremereignissen bei unterschiedlichen Klimaprojektionen abzuschätzen (z.B. bei Einhaltung des 2-Grad-Ziels oder beim Verfehlen dieses).

Im dritten und letzten Teil dieser Themenreihe stellen wir demnächst die wesentlichen Ergebnisse von Attributionsstudien zu Extremwetterlagen der jüngeren Vergangenheit vor.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Herbstzwischenbilanz – Wann gibt es den ersten Frost?

Einleitung

Schon mehr als die Hälfte des Herbstes ist vorbei und wir nähern uns unaufhaltsamen Schrittes der Jahreszeit Winter. Zeit mal einen Blick auf den bisherigen Temperaturverlauf des Herbstes zu werfen.

Der erste Herbstmonat September
Der erste Herbstmonat September war vor allem im Osten und Nordosten des Landes deutlich wärmer, als im vieljährigen Mittel. Das gilt sowohl für den Referenzzeitraum 1961-1990, als auch 1991-2020. Zu Monatsbeginn wurden dort zum Teil neue Rekordwerte für den ersten Herbstmonat aufgestellt, es gab Maxima bis 35 Grad. Im Deutschlandmittel lag man am Ende bei den wärmsten Septembermonaten seit Aufzeichnungsbeginn auf Platz 12 von 143. Mehr zum September 2024 gibt es hier zu lesen:

Der zweite Herbstmonat Oktober
Auch der Oktober schaut da bisher nicht viel anders aus. Die Abweichungen zu den Referenzwerten sind deutschlandweit positiv, wobei sie in der Südhälfte des Landes am deutlichsten sind. Dabei ist der zweite Herbstmonat noch recht kühl gestartet und in einigen Kältelöchern gab es bereits den ersten Nachtfrost. In der zweiten Dekade hat sich der Oktober aber berappelt und mit einigen warmen Tagen aufgewartet. Unter Berücksichtigung der Prognosen könnte es vielleicht gerade noch für einen Top10 Platz bei den wärmsten Oktobermonaten reichen. Aber da muss man zunächst abwarten, wie sich Nebel und Hochnebel, und damit auch die Höchstwerte, in den nächsten Tagen entwickeln. In den süddeutschen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg ist die Top10 aber schon sicher.

Oktober 2022 – rekordwarm
Der Monat Oktober kann sehr unterschiedliche Gesichter haben. Schaut man in die Vergangenheit, so gibt es verschiedene Extreme. Der wärmste Oktober wurde im Deutschlandmittel im Jahr 2022 registriert (gleichauf mit 2001). Der Monat war mit einem Mittel von 12.5°C ganze 3.1 K wärmer als in der Referenzperiode 1991 bis 2020 (+3.5 K im Vergleich zu 1961 bis 1990). Dabei wurden im Süden in der letzten Monatsdekade sogar nochmal Sommertage (>25 Grad) registriert. Mehr zum Oktober 2022 gibt es

DWD Herbstzwischenbilanz Wann gibt es den ersten Frost 1

Oktober 2003 – außergewöhnlich kalt
Ein völlig anderes Bild bot sich im Oktober 2003, also vor 21 Jahren (siehe auch Dieser Monat war außergewöhnlich kalt und ordnete sich am Ende auf Platz sechs der kältesten Oktobermonate seit Aufzeichnungsbeginn ein. Seit 1974 war es in einem zweiten Herbstmonat nicht mehr so kalt. Die mittlere Temperatur im Flächenmittel über Deutschland lag gerade einmal bei 5.9°C und damit 3.5 K unter der Referenzperiode 1991 bis 2020 (-3.1 K im Vergleich zu 1961 bis 1990). In manchen Regionen gab es sogar den ersten Schnee. So zum Beispiel in München, wo in der Stadt am 24.10. ganze 3 cm lagen.

Rekorde an Frosttagen im Oktober
Aber auch in anderer Hinsicht war der Oktober 2003 außergewöhnlich. In vielen Regionen, vor allem über der Mitte und dem Norden des Landes, wurde in diesem Jahr die höchste Anzahl an Frosttagen (Minimumtemperatur kleiner 0 Grad) erreicht. In Hamburg gab es beispielsweise ganze 15 Tage mit Nachtfrost. Schaut man sich die Statistiken von 1961 bis heute an, liegt das Jahr 1997 mit neun Frosttagen abgeschlagen auf Platz 2. Für die Station Hannover gibt es ähnliche Zahlen zu vermelden. An dieser Wetterstation war 2003 sogar der kälteste Oktober seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1936.

DWD Herbstzwischenbilanz Wann gibt es den ersten Frost

Der erste Nachtfrost im (Winter)jahr
Man erkennt also, dass es in einem Oktobermonat schon deutlich ungemütlicher zur Sache gehen kann. Werfen wir zum Schluss nun noch einen Blick auf den Zeitpunkt, wann es normalerweise den ersten Frost gibt. Dafür werden die Jahre ab 1961 betrachtet. In der Karte sieht man für ausgewählte Stationen das Mittel 1961 bis 1990 und 1991 bis 2020 sowie den frühesten und spätesten ersten Nachtfrost.
Für die Mehrzahl der Stationen hat sich der erste Frost in den letzten Jahren nach hinten verschoben, wobei sich beim Vergleich der Mittelwerte auch Ausnahmen zeigen.
Den frühesten ersten Frost gab es oft schon im September. Ausnahmen gibt es in Ballungsräumen (z.B. München Stadt) oder in den Küstenregionen (z.B. Rostock). Dort gab es bisher frühestens im Oktober den ersten Nachtfrost.
Den spätesten ersten Frost gab es in vielen Regionen erst im Dezember. In Berlin Tempelhof steht zum Beispiel der 18.12. aus dem Jahr 2000 zu Buche. Aus dem Jahr 2000 stammen auch viele andere Rekorde, wie in Köln oder Hamburg. In München ist es der 19.12.2014. In Rostock musste man im Jahr 2015 sogar bis zum 31.12. warten, um die magische Nullgradgrenze zu unterschreiten. Auf den Nordseeinseln hilft indes das warme Meerwasser. In List auf Sylt ist man im Jahre 2019 komplett frostfrei durch den Winter gekommen.

DWD Herbstzwischenbilanz Wann gibt es den ersten Frost 2

DWD Herbstzwischenbilanz Wann gibt es den ersten Frost 3

Ausblick
In diesem Jahr warten die in der Karte ausgewählten Stationen wie die Mehrzahl der Deutschen noch auf den ersten Nachtfrost. Die Wahrscheinlichkeit liegt nahe Null, dass dies noch vor dem Monatsende passieren wird. Zu Beginn des Novembers könnte es dann aber mit einem herbstlichen Kaltlufteinbruch spannend werden, ob an manchen Stationen das erste Mal ein Minus in diesem Jahr zu verzeichnen sein wird.

Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wetterextreme im (Klima-)Wandel – Attributionsforschung (Teil 1)

2021: Flutkatastrophe im Ahrtal; 2022: Dürre und Hitze bis 40 Grad in Deutschland; 2024: mehrfach Rekordniederschläge, zuerst im Saarland und der Pfalz (Mai), gefolgt von Süddeutschland (Juni) und gegipfelt im östlichen Mitteleuropa (September). „Ist das schon der Klimawandel?“ oder „Ist das eine Folge der Erderwärmung?“ Diese oder ähnliche Fragen brennen vielen unter den Fingernägeln. So sicher wie das Amen in der Kirche werden wir Meteorologen bei jedem Extremwetter – seien es unerträgliche Hitze, langanhaltende Dürreperioden, Stürme oder Starkregen – immer aufs Neue gefragt, ob diese Extreme bei uns oder anderswo auf der Welt bereits Auswirkungen des Klimawandels sind. Freunde und Verwandte interessieren sich hierfür genauso wie Journalisten oder Politiker.

Nicht selten haben sich die Fragenden vorher schon ihre eigene Meinung dazu gebildet. Klimaskeptiker bringen als Argumente gegen den Klimawandel gerne an, dass es solche extremen Wetterereignisse schon immer gegeben habe und dass man ohnehin von einem einzelnen Wetterereignis nicht auf das Klima oder eine Veränderung dessen schließen könne – womit sie nicht ganz unrecht haben. Klimaaktivisten, aber auch einige Politiker halten dagegen, dass diese Wetterextreme bereits eindeutige Zeichen des Klimawandels seien und nehmen diese als Mahnmale, wie dringend wir etwas gegen die fortschreitende Erderwärmung unternehmen müssen. Auch die zweite Gruppe hat mit ihrer Einschätzung nicht ganz unrecht. Wie kann das sein? Es können doch nicht beide derart gegensätzlichen Ansichten irgendwie richtig sein!

Zunächst einmal muss man wissen, dass es sich bei Wetter und Klima um zwei komplett unterschiedliche Zeiträume handelt, die man so nicht direkt miteinander vergleichen kann. Wetter ist das, was wir Menschen aktuell spüren können wie die wärmende Sonnenstrahlung oder nasse Regentropfen auf der Haut, Wind der uns um die Ohren pfeift oder ob wir frieren oder schwitzen. Wetter ist also hochgradig variabel und verändert sich von Tag zu Tag und manchmal sogar von Minute zu Minute. Beim Klima handelt es sich hingegen um den gemittelten Zustand der Atmosphäre über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren. Um also feststellen zu können, ob sich das Klima global oder in einer bestimmten Region verändert, kann man verschiedene 30-Jahres-Zeiträume miteinander vergleichen. Bei der mittleren Temperatur zeigt sich beispielsweise ein klarer Trend hin zu höheren Werten.

Bei Wetterextremen wie Hitzewellen, Dürren oder Starkregen wird die Sache deutlich komplizierter. Gerade weil das Wetter so veränderlich ist, gab es schon immer extreme Wetterereignisse und sie wird es auch in Zukunft weiterhin geben. Daher haben Klimaskeptiker pauschal gesehen zwar recht, dass man ein EINZELNES Extremereignis nicht so leicht auf den Klimawandel schieben kann. Allerdings darf man es sich so einfach nicht machen. Es könnte ja sein, dass bei einer vergleichbaren Wetterlage in der vorindustriellen Zeit das Wetter weniger extrem verlaufen wäre oder dass im Zuge der Klimaveränderung bestimmte Wetterextreme häufiger auftreten. Oder anders ausgedrückt: Was früher extrem war, könnte in Zukunft möglicherweise zur Normalität werden.

DWD Wetterextreme im Klima Wandel Attributionsforschung Teil 1

Um herauszufinden, ob oder inwieweit die fortschreitende Erderwärmung die Häufigkeit und Eigenschaften extremer Wetterereignisse bereits verändert hat, reicht eine Auswertung der bisherigen weltweiten Wetteraufzeichnungen leider nicht aus. Wetterextreme sind nämlich per Definition selten und je extremer sie sind, desto seltener werden sie. Für ein Wetterereignis, das statistisch gesehen an einem bestimmten Ort nur alle 100 Jahre oder sogar noch seltener auftritt, reichen die Messzeitreihen nicht lange genug in die Vergangenheit zurück, um belastbare statistische Aussagen über den Zusammenhang zwischen Wetterextremen und Klimaveränderung treffen zu können. Dabei kommt noch erschwerend hinzu, dass das Klima neben den vom Menschen verursachten Veränderungen auch natürlichen Schwankungen unterliegt, was eindeutige Aussagen über die Veränderung von Extremereignissen schwierig macht.

Sie merken also, mit Beobachtungen alleine kommen wir bei der Beantwortung unserer eingangs gestellten Fragen nicht weiter. Eine geeignete Lösung bietet hingegen die sogenannte „Attributionsforschung“. Sie beruht auf einer Ursache-Wirkungs-Beziehung. Im Bereich der Klimaforschung versucht man mithilfe von aufwändigen Klimamodellsimulationen abzuschätzen, inwieweit anthropogene (also vom Menschen verursachte) Klimaveränderungen das Auftreten, die Häufigkeit und Intensität von meteorologischen und klimatologischen Extremereignissen beeinflussen und mit fortschreitender Erderwärmung weiter verändern.

Wie man bei solchen Attributionsstudien vorgeht, erklären wir im nächsten Teil dieser Reihe. Zuletzt stellen wir einige Ergebnisse von Studien vor. Damit zeigen wir, dass dieser Forschungsbereich zumindest teilweise die Frage beantworten kann, ob ein bestimmtes Extremwetter in gewissem Maße eine Folge des vom Menschen verursachten Klimawandels ist.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Herbstliches Hochdruckwetter: Sonne pur versus Dauergrau

Hochdruckwetter im Herbst – eine Wetterlage, bei der manch einer wohl ernsthaft an der Funktionalität seines Barometers zweifelt. Denn während letzter irgendetwas zwischen ’sonnig‘ und ’schön‘ anzeigt, kann sich die Realität durchaus den ganzen Tag über von seiner neblig-trüben Seite zeigen. Durch die mittlerweile recht langen Nächte können der Boden und damit auch die bodennahe Luft deutlich stärker auskühlen als die darüber befindlichen Luftschichten. Es entsteht eine Inversion, die Temperatur nimmt mit der Höhe also zu. Dadurch sind die Luftschichten innerhalb der Inversion von denen darüber entkoppelt und ein vertikaler Luftaustausch wird verhindert. Typischerweise erstreckt sich eine solche Inversion in einem Bereich zwischen wenigen hundert bis rund 2000 m Höhe über Grund.

Ist die Luft zudem noch entsprechend feucht, können sich bei windschwachen Verhältnissen Nebel und Hochnebel bilden, die sich vor allem in den (Fluss-)Niederungen der Mitte und des Südens zäh oder teilweise sogar ganztägig halten können. Dort wo sich die Nebelschwaden auflösen oder erst gar nicht gebildet haben, scheint dann aber die Sonne oftmals ohne Unterlass. Auf der Sonnenseite ist man bei solchen Lagen meistens auch in höheren Berglagen, wo man sich dann oberhalb der Inversion und damit der Nebelluft befindet.

Dank Hoch XELAT über dem östlichen Mitteleuropa herrschen derzeit quasi optimale atmosphärische Bedingungen für die Ausbildung des tristen Graus in Deutschland vor. Ein Blick auf den Radiosondenaufstieg aus Idar-Oberstein von heute (Donnerstag) früh 8 Uhr (MESZ) zeigt schön die Inversion in den untersten 1000 m über Grund (siehe folgende Abbildung). Ganz kurz zur Erklärung: Das Diagramm zeigt den vertikalen Verlauf der Temperatur (durchgezogene schwarze Linie) und des Taupunkts (strichlierte schwarze Linie; Maß für die Luftfeuchtigkeit). Auf der unteren, horizontalen Diagrammachse ist die Temperatur in Grad Celsius aufgeführt und auf der linken, vertikalen Achse der Luftdruck in hPa (mit der Höhe abnehmend). Die Temperatur bleibt entlang der roten, von unten nach rechts oben verlaufenden Linien konstant. Mehr dazu finden Sie zum Beispiel im Thema des Tages vom 03.07.2020.

DWD Herbstliches Hochdruckwetter Sonne pur versus Dauergrau

Man sieht, dass die Temperatur bis rund 560 m Höhe über Grund (etwa 920 hPa) mehr oder weniger konstant bei etwa 6 Grad bleibt (isotherme Schichtung), bevor sie innerhalb von 50 Meter auf knapp 9 Grad ansteigt. Bei circa 900 m Höhe über Grund liegt sie bei 10 Grad, was ungefähr den Oberrand der Inversion markiert. Danach nimmt sie nach einer weiteren kurzen isothermen Phase mit der Höhe ab. Zudem fällt auf, dass die Kurve des Taupunkts bis etwa 600 m Höhe über Grund (etwa 915 hPa) mit derjenigen der Temperatur quasi zusammenfällt. Die Luft ist also gesättigt, sprich die relative Luftfeuchtigkeit beträgt 100 %. Darüber nimmt der Taupunkt und damit auch die Feuchtigkeit deutlich ab. Bei etwa 600 m Höhe über Grund liegt also die Obergrenze der Hochnebeldecke. Darüber würde folglich die Sonne scheinen, zumindest sofern in höheren Luftschichten keine Wolkenfelder unterwegs sind.

Stellt sich noch die Frage, wie man aus so einer Inversionslage wieder herauskommt, wenn die Sonneneinstrahlung nicht mehr ausreicht, um sie im wahrsten Sinne des Wortes „wegzuheizen“. Letztlich braucht man etwas, das die Luftschichten durchmischt. Das kann zum Beispiel der Durchgang einer Kaltfront sein oder einfach ein zunehmender Wind. Beides wirkt im Prinzip wie ein Löffel, der die „Suppe“ aus kalter und feuchter Luft unten und wärmerer und trockenerer Luft oben verrührt.

Und wie geht es bei uns in Deutschland die nächsten Tage in Sachen Nebel weiter? Es bleibt bei einem meist trockenen Mix aus Sonnenschein und zähen Nebel- und Hochnebelfeldern. Im Laufe des Wochenendes verabschiedet sich Hoch XELAT zwar nach Osteuropa, von Westen nimmt aber ein Ableger des Azorenhochs dessen Platz ein. Damit hält wohl auch in der nächsten Woche das ruhige, nebellastige und milde Herbstwetter über der Mitte und dem Süden an. Der Norden wird dagegen immer wieder mal von Tiefausläufern gestreift. Dort dürfte die Nebelneigung nächste Woche also deutlich zurückgehen.

DWD Herbstliches Hochdruckwetter Sonne pur versus Dauergrau 1

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Kunterbunte Blätter im goldenen Oktober

Streift man dieser Tage durch die Natur, so leuchten die Blätter der Bäume in allen möglichen Farben von Gelb über Orange zu Rot, Braun und teils auch noch zu Grün. Die nächsten Tage versprechen zudem in einigen Teilen Deutschlands (leider nicht in allen) längeren Sonnenschein bei weiterhin meist milden Temperaturen mit Höchstwerten von 11 bis 18 Grad. Das ist das perfekte Zusammenspiel für den goldenen Oktober! Warum aber verfärben sich die Blätter der Bäume jetzt überhaupt und fallen dann zu Boden?

DWD Kunterbunte Blaetter im goldenen Oktober

Blattverfärbungen

Blattverfärbungen werden im Herbst ausgelöst, wenn der Sonnenstand immer niedriger und die Tageslänge immer kürzer werden und vor allem die nächtlichen Temperaturen in den einstelligen Bereich sinken. Dabei sollte es mehrere sehr kühle Nächte hintereinander geben. Ist es soweit, wird der in den grünen Blättern vorherrschende Farbstoff Chlorophyll schneller abgebaut. Der Baum zerlegt diesen in seine Bausteine und holt es in die dicken Äste und den Stamm zurück. Dort werden sie bis zum nächsten Frühjahr eingelagert und dann wiederverwertet. Blattverfärbungen stellen sich also nicht nur aufgrund der kürzeren Tage ein, sondern auch im Zusammenhang mit der aktuellen Witterung.

In diesem Herbst sorgte die Witterung mit teils schon kalten Nächten für ein zeitlich fast passendes Eintreffen der Blattverfärbung. Anhand der aktuellen phänologischen Uhr (weitere Informationen zur Phänologie ) lässt sich ablesen, dass die Leitphase für den Spätherbst mit der Blattverfärbung der Stieleiche üblicherweise um den 19. Oktober herum einsetzt (Mittel der Jahre 2011 bis 2023). In diesem Jahr wurde dafür der 21. Oktober gemeldet, also der vergangene Montag. Die aktuelle Blattverfärbung hält sich folglich recht eng an den Fahrplan der letzten 13 Jahren.

DWD Kunterbunte Blaetter im goldenen Oktober

Blattfall

Als nächstes steht der Blattfall an, der zum Teil auch schon eingesetzt hat. In der Phänologie wird als Leitphase der Blattfall der Stieleiche für den beginnenden Winter ermittelt. Diese Leitphase beginnt im Mittel am 7. November eines Jahres, also etwa 3 Wochen nach der Blattverfärbung.

Ob sich die Natur in den nächsten Wochen weiter an den Fahrplan der vergangenen Jahre hält, bleibt abzuwarten. Das meist milde und sonnige Wetter der nächsten Tage könnte weiterhin für eine kleine Verzögerung sorgen.

Die alte Bauernregel, die besagt: „Hängt das Laub bis November hinein, wird der Winter lange sein“ lässt sich übrigens nicht belegen. Sie steht wissenschaftlich auf sehr wackeligen Beinen. Wie der Winter wird, können uns die Bäume auch heute leider noch nicht verraten.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Rückkehr zu ruhigem Herbstwetter

Am heutigen Dienstag liegt ein Bewölkungsband (Abb. 1) mit zeitweiligem Regen zunächst diagonal von Südwest nach Nordost über Deutschland. Im Nordteil ziehen sowohl der Niederschlag als auch die Bewölkung relativ rasch ostwärts ab. Rückseitig zeigen sich von Nordwesten bereits seit den Morgenstunden zunehmende Auflockerungen und die Sonne scheint häufig. Nach Süden hin wird die Südostverlagerung etwas ausgebremst. Erst in den Abendstunden erreicht das frontale Niederschlagsgebiet die Region südlich der Donau und den Alpenrand. Vorderseitig der Front lagert im Südosten des Landes noch eine sehr milde, feuchte und leicht labile Luftmasse, in der sich ab dem Nachmittag vor allem aus den Alpen heraus örtlich Schauer und eventuell einzelne Gewitter auftreten können, auch lokaler Starkregen ist dabei möglich.

DWD Rueckkehr zu ruhigem Herbstwetter

Auf der Rückseite der Front sickert eine etwas kühlere Luftmasse ein, die zunehmend unter Hochdruckeinfluss gerät. Von Westen verlagert sich der Schwerpunkt eines Hochs namens XELAT zunehmend ostwärts und liegt dann am morgigen Mittwoch über den mittleren Landesteilen (Abb. 2). Unter dem Einfluss von XELAT zeigt sich der Himmel überwiegend gering bewölkt oder auch wolkenlos, allerdings kann sich in der sehr feuchten Grundschicht und im Laufe der bereits recht langen Nächte gebietsweise dichter Nebel oder Hochnebel bilden. Dieser Nebel kann sich dann am Mittwoch in Ermangelung von nennenswerter Luftbewegung gebietsweise nur sehr zögerlich, teils vielleicht auch gar nicht auflösen. Ganz im Norden ist es am Mittwoch noch zeitweise wolkig, vereinzelt kann es mal ein paar Regentropfen geben. Ansonsten ist es vor allem ganz im Süden, etwa südlich der Donau und in Richtung Bayerischer Wald, überwiegend stark bewölkt und zeitweise regnet es bis in die Abendstunden.

DWD Rueckkehr zu ruhigem Herbstwetter

Am Donnerstag verlagert sich der Schwerpunkt von Hoch XELAT in Richtung östliches Mitteleuropa bzw. Osteuropa. Es dominiert dann deutschlandweit, also auch ganz im Süden, störungsfreies, wenn gleich auch herbstliches Hochdruckwetter. In der Nacht zum Donnerstag breiten sich Nebelfelder häufig aus bzw. bilden sich erneut. Tagsüber lösen sie sich teils nur zögerlich auf, gebietsweise kann es auch ganztägig neblig-trüb bleiben.

Insgesamt bleiben die Temperaturen auf einem relativ milden Niveau bei Werten meist zwischen 14 und 18 Grad, im Dauergrau allerdings bei recht kühlen Werten um oder leicht unter 10 Grad. Die eingesickerte, etwas kühlere Luft kann in den recht langen Herbstnächten teils stärker auskühlen. Insbesondere bei doch länger gering bewölktem oder klarem Nachthimmel sind niedrige einstellige Tiefstwerte zu erwarten und stellenweise muss mit Frost in Bodennähe gerechnet werden. Luftfrost sollte nach aktuellem Stand der Prognosen aber kein Thema sein.

Da sich das Hochdruckgebiet zum Ende der Woche mehr und mehr ostwärts verlagert, nimmt ab Freitag von Westen her der Tiefdruckeinfluss mit mehr Bewölkung sowie zeit- und gebietsweise etwas Regen wieder zu.

Dipl. Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst