OSCAR – Ein Hurricane läuft unter dem Radar

Das National Hurricane Center (NHC), eine Abteilung des Nationalen Wetterdienstes der USA, überwacht den Nordatlantik hinsichtlich der Bildung und Verlagerung von tropischen Stürmen. Am vergangenen Samstag, den 19. Oktober 2024, deuteten zwei „X“ auf der Karte auf zwei Regionen hin, die unter Beobachtung standen, weil dort eine erhöhte Gewitteraktivität vorhanden war. Beiden „Systemen“ wurde eine geringe bis mittlere Entwicklungschance zu einem tropischen Sturm innerhalb der nächsten zwei Tage gegeben. Nur einige Stunden später wurde kommuniziert, dass im Nordteil der Karibik nicht nur eine tropische Depression oder ein tropischer Sturm, sondern ein Hurrikan aktiv war und in Kürze Land bedrohte. Wie kam es zu dieser rasanten Entwicklung?

Über den Ozeanen stehen uns Meteorologen nur wenige direkte Messungen vor Ort zur Verfügung. Diese stammen von Schiffen oder Bojen. Eine andere Datenquelle sind Satelliten, die die Region zum Teil rund um die Uhr im Blick haben (geostationär) und zum anderen Teil die Erde umkreisen (polarumlaufend) und dementsprechend nur im Abstand mehrerer Stunden für eine bestimmte Region Daten liefern. Ein solcher Überflug eines polarumlaufenden Satelliten sowie die Daten eines geostationären Satelliten unter Tageslicht führten zu einer Neubewertung des Gewitterkomplexes. Anders als bisher angenommen war dies keine unorganisierte Zusammenballung von Schauern und Gewittern, sondern in Kreisen angeordnete Konvektion. Dies war ein starker Hinweis, dass ein geschlossenes Windfeld vorhanden war. Die Daten deuteten nun auf ein Tief in Sturmstärke hin. Aus der geringen Wahrscheinlichkeit wurde also ein tropischer Sturm, OSCAR.

DWD OSCAR Ein Hurricane laeuft unter dem Radar

Aufgrund der überraschenden Entwicklung wurde kurzfristig eine Aufklärungsmission durch die NOAA Hurricane Hunters geflogen. Diese fanden aber keinen tropischen Sturm, sondern einen Hurrikan mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von knapp 140 km/h vor. Nur wenige Stunden nachdem OSCAR offiziell „geboren wurde“, wurde er zum Hurrikan hochgestuft. Diese Entwicklung war aber sehr wahrscheinlich nur in unseren Daten und nicht in der Realität so abrupt. OSCAR war recht sicher schon deutlich vor der offiziellen Hochstufung ein Sturm bzw. Hurrikan.

Zusätzliche Brisanz gewann die plötzliche Hochstufung durch die Nähe zu den Turks– und Caicosinseln nördlich von Haiti und der Dominikanischen Republik. Einen Teil dieser Inseln überquerte OSCAR auf seinem Weg nach Westen bzw. Südwesten und in der Nacht zum Montag erreichte er den Osten Kubas. Von dort soll sich OSCAR, mittlerweile zum tropischen Sturm abgeschwächt, in den kommenden Tagen auf nordöstlicher Zugbahn erneut über Teile der Großen Antillen hinwegbewegen.

DWD OSCAR Ein Hurricane laeuft unter dem Radar 1

Doch wie konnte OSCAR sich fast unbemerkt zum Hurrikan entwickeln? Einer der beiden Hauptgründe wurde schon genannt: die dünne Datenlage für die Region zu diesem Zeitpunkt. Ein anderer Grund war die Größe von OSCAR. OSCAR war ein sehr kleiner Sturm und kleine Stürme sind deutlich schwieriger zu detektieren. Zum Zeitpunkt, als die Hurricane Hunter mit ihrem Flugzeug das Auge OSCARS durchflogen, war es kaum größer als das rekordkleine Auge von Hurrikan WILMA (2005) und hatte das kleinste Auge der diesjährigen Hurrikansaison. Eine Folge der fehlenden Messdaten aus dieser Region war das Fehlen des Sturms in den Wettermodellen. Die Qualität der Simulation von Wettermodellen hängt sehr stark von der Qualität und Quantität der zur Verfügung stehenden Messdaten zum Startpunkt des Modells ab. Die fehlenden Hinweise durch die Wettermodelle waren sehr wahrscheinlich ein Grund für die konservative Einschätzung des Systems durch das NHC.

Dieser Fall zeigt, dass es selbst im Jahr 2024 auf kurzer Zeitskala zu größeren Überraschungen und Abweichungen zwischen der Realität und den Wettermodellen kommen kann, wenn der Ist-Zustand in den Modellen nur unzureichend erfasst wird.

DWD OSCAR Ein Hurricane laeuft unter dem Radar 2

MSc.-Meteorologe Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.10.2024
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Komet Tsuchinshan-ATLAS, ein faszinierendes himmlisches Schauspiel

In den vergangenen Tagen hat der Komet C/2023 A (Tsuchinshan-ATLAS) die Aufmerksamkeit von Amateurastronomen, Weltraumbegeisterten und Medien auf sich gezogen. Mit seiner vielversprechenden Sichtbarkeit am Nachthimmel bietet dieser „Schweifstern“ sogar die Möglichkeit, ihn mit bloßem Auge zu beobachten. Er ist somit der hellste Komet seit 25 Jahren. Der Komet wurde Anfang 2023, unabhängig voneinander, mit einem Teleskop des Purple Mountain Observatory in China und dem Asteroid Terrestrial Impact Last Alert System (ATLAS) entdeckt. Der Name Tsuchinshan ist eine andere chinesische Schreibweise für „Purpurberg“.

Kometen sind wenige Kilometer große kosmische Objekte, die meist aus Eis, Staub und Gestein bestehen und Überreste der Entstehung unseres Sonnensystems sind. Sie stammen entweder aus der Oortschen Wolke oder aus dem Kuipergürtel, einer Region jenseits der Neptunbahn. Wenn sich Kometen der Sonne nähern, beginnt das Eis zu sublimieren und es bildet sich eine schalenförmige Koma (neblige Hülle) um den Kern, die vom Sonnenwind zu einem Schweif geformt wird.

Auch der Tsuchinshan-Atlas hat einen Schweif. Wirklich spektakulär konnte dieser aber fast nur auf der Südhalbkugel beobachtet werden. Auf der Nordhalbkugel ist der Komet erst seit etwa einer Woche tief im Westen sichtbar und stand eigentlich zu tief, um ihn in der Dämmerung gut beobachten zu können. Seitdem gewinnt er zwar weiter an Höhe, was für die Beobachtung prinzipiell gut ist, gleichzeitig wird er aber auch schnell schwächer, da er den sonnennächsten Punkt (Perhil) bereits passiert hat und sich wieder von der Erde entfernt. Gegenwärtig hat er sich auf die 4. Größenklasse abgeschwächt und ist bei dunklem Himmel gerade noch mit bloßem Auge zu erkennen. Ein Fernglas ist für die Beobachtung jedoch besser geeignet. Derzeit steht der Komet in den Abendstunden im Westsüdwesten und verschwindet gegen 22:00 Uhr unter dem Horizont. In den nächsten Tagen sollte man sich mit der Beobachtung beeilen, da der Komet zum Ende Ende der Woche nur noch mit dem Fernglas zu sehen sein wird. Tsuchinshan-ATLAS ist auf der Nordhalbkugel jedoch grundsätzlich nicht so spektakulär, wie er in den Medien teilweise als Jahrhundertkomet angekündigt wurde.

DWD Komet Tsuchinshan ATLAS ein faszinierendes himmlisches Schauspiel

Dennoch lohnt sich der Blick in den westlichen Abendhimmel. Gute Beobachtungsbedingungen herrschen heute nur im Südosten, wo Hochnebel den Blick zum Himmel freigibt. Im Nordosten ziehen ab dem späten Nachmittag dichte Cirruswolken auf, die den Blick in den Nachthimmel trüben. Im Westen bleibt es stark bewölkt.

Am Montagabend gibt es in Teilen der nördlichen Mitte größere Wolkenlücken. Im Süden ist es gebietsweise noch hochnebelartig bewölkt. Im Nordwesten besteht keine Chance (vgl. Abb. 2).

DWD Komet Tsuchinshan ATLAS ein faszinierendes himmlisches Schauspiel

Auch am Dienstag gibt es nur wenige Wolkenlücken. Allenfalls in der Nordwesthälfte könnte es größere Auflockerungen geben.
Ab Mittwoch setzt sich zwar Hochdruckeinfluss durch, allerdings bedeutet dies zu dieser Jahreszeit häufig Nebel- und Hochnebel.

Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.10.2024
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Fortsetzung des zu milden und meist ruhigen Herbstwetters

Am heutigen Samstag liegt Deutschland unter einer Hochdruckbrücke zwischen zwei Hochdruckgebieten, einem über Osteuropa (Hoch WERNER) und einem über dem Atlantik. Diese Hochdruckbrücke hat eine Schwachstelle über uns, wo die atlantische Frontensysteme profitieren, die im Westen und Nordwesten des Landes für starke Bewölkung sorgen. Dabei regnet es im Nordwesten zeitweise. Die Niederschläge ziehen allerdings im Laufe des Nachmittags nach Norden ab. Im Süden und Osten hingegen herrscht ruhiges Herbstwetter mit einigen Hochnebelfeldern in den Niederungen. Abseits der Nebelfelder kommt auch die Sonne durch. Grund dafür ist die Nähe des Hochs WERNER. Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 14 und 20 Grad und der Wind weht im Norden zeitweise mäßig aus südwestlichen Richtungen. Im Süden bleibt es hingegen schwachwindig.

In der Nacht zum Sonntag zeigt sich der Himmel im Norden stark bewölkt, aber ohne nennenswerte Niederschläge, während sich in der Mitte und im Süden ausgedehnte Nebelfelder bilden, bei Tiefstwerten zwischen 12 und 6 Grad.

DWD Fortsetzung des zu milden und meist ruhigen Herbstwetters

Am Sonntag verstärkt sich die Hochdruckbrücke über Deutschland. Nur der Norden wird durch Frontensysteme von nordatlantischen Tiefdruckgebieten beeinflusst. Dort bleibt der Himmel stark bewölkt und in Richtung Nordseeküste fällt vereinzelt Regen. In der Mitte und im Süden ist der Himmel wolkig, gebietsweise zeigt sich die Sonne. In den tieferen Lagen hält sich aber zäher Nebel oder Hochnebel. Die Höchstwerte liegen zwischen 16 und 20 Grad, dabei ist es für die Jahreszeit viel zu mild. Der Wind weht im Norden mäßig und in Richtung Nordseeküste auch frisch. Im Süden ist es schwachwindig.

DWD Fortsetzung des zu milden und meist ruhigen Herbstwetters 1

In der Nacht zum Montag regnet es im Nordwesten weiter. Sonst setzt sich das ruhige Herbstwetter mit einigen Nebelfeldern fort. Die Luft kühlt sich auf Werte zwischen 15 Grad im Norden und 7 Grad im Süden. Der Wind weht im Norden mäßig, in Böen frisch aus Südwest. Im Süden weht nur ein schwacher Wind aus unterschiedlichen Richtungen.

Die neue Woche startet sehr mild mit Höchstwerten zwischen 17 und 22 Grad. Jedoch bleibt es im Norden bedeckt und regnerisch, im Süden zeigt sich zeitweise die Sonne. Am Dienstag fällt bei meist stark bewölktem Himmel auch im Rest des Landes etwas Regen. Dabei gehen die Temperaturen mit maximal 13 bis 18 Grad etwas zurück. Ab Mittwoch verstärkt sich der Hochdruckeinfluss wieder, dabei werden kaum Niederschläge mehr erwartet und die Nebelneigung steigt wieder an. Bei 12 bis 16 Grad bleibt es aber weiterhin für die Jahreszeit zu mild und nachts gibt es kaum Frostgefahr.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.10.2024
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Hagel – Von Modelldaten zum „Alle Mann in Deckung!“

Die Grundlage jeder Vorhersage bildet das numerische Wettermodell. Dafür braucht es ein möglichst genaues Abbild des Ist-Zustandes, das anhand von Beobachtungsdaten von Wetterstationen, Satelliten oder den Wetterradaren entsteht. Basierend auf diesen Eingangsdaten wird vom Modell die mögliche Wetterentwicklung in den nächsten Stunden und Tagen simuliert. Da die Erstellung solcher Prognosen aufgrund der riesigen Datenmengen allerdings einiges an Zeit benötigt, laufen die Modelle nicht ununterbrochen, sondern folgen festgelegten Uhrzeiten. Um diese Zeiten jedoch einhalten zu können, müssen die physikalischen Gleichungen, auf denen die Wettermodelle basieren, vereinfacht werden. Auch kleine Änderungen im Anfangszustand einer Wetterlage können aufgrund der hohen Variabilität allerdings große Änderungen in der Prognose bewirken, sodass das „Endprodukt“ ständig variiert. Diese Modellläufe werden von Meteorologen analysiert und daraus entsteht die Vorhersage.

Da Hagel als Begleiterscheinung von Gewittern auftritt, benötigt man für seine Vorhersage zunächst einmal eine Gewittervorhersage. Dafür wird auf die sogenannte „Zutatenmethode“ zurückgegriffen. Wie bei einem Kochrezept sind „Grundzutaten“ notwendig, damit Gewitter entstehen können. Die drei „Hauptzutaten“ für Gewitter sind Labilität, Feuchtigkeit und Hebung.
Entscheidend für die „Zutat“ Labilität, also die Instabilität der Luftmasse, ist die Abnahme der Temperatur mit der Höhe. Je schneller sich die Umgebungsluft mit der Höhe abkühlt, desto größer ist der Temperaturunterschied zu einem aufsteigenden vergleichsweise warmen Luftpaket. Nimmt die Temperatur der Umgebungsluft also mit der Höhe sehr stark ab, spricht man von einer labilen Schichtung. Um möglichst große Eiskörner in der Luft zu halten, ist viel Labilität notwendig. Denn je wärmer ein Luftpaket im Vergleich zu seiner Umgebung ist, desto schneller steigt es in die Höhe. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass kalte Luft schwerer ist als warme Luft.

Die zweite Zutat ist die Feuchtigkeit. Diese ist nötig, damit sich Wolken, Niederschlag und Gewitter überhaupt erst bilden können. Das liegt auf der Hand. Allerdings ist nicht nur die Feuchte der Luft in Bodennähe, also dem Ursprung eines aufsteigenden Luftpakets, wichtig. Auch weiter oben in der Atmosphäre muss ausreichend Feuchte vorhanden sein, da die Wolken sonst beginnen zu verdunsten.

Ein Maß, dessen Stärke die ersten beiden Zutaten berücksichtigt, ist die sogenannte Labilitätsenergie – CAPE (Convective Available Potential Energy). Je größer die CAPE-Werte sind, desto höher ist der Auftrieb und damit die Kraft, um Eiskörner in der Luft zu halten.

Die dritte Zutat „Hebung“ kann verschiedene Ursachen haben. Neben der Orografie können Fronten oder (Wind-)Konvergenzen dafür sorgen, dass die Luftpakete vom Boden aus zum Aufsteigen gezwungen werden.

Diese drei Gewitterzutaten alleine reichen aber noch nicht aus, um große Hagelkörner zu bilden und in der Luft zu halten. Dafür ist eine weitere Komponente ausschlaggebend – die Windscherung. Unter Windscherung versteht man die Änderung des Windes mit der Höhe in Stärke und Richtung. Bei größerer Windscherung können sich sogenannte Superzellen ausbilden, rotierende Gewitterwolken. Solche rotierenden Superzellen erzeugen viel stärkere Aufwinde als nicht-rotierende Gewitter. Im Kernbereich können die Windgeschwindigkeiten über 100 km/h betragen. Diese sind notwendig, um Hagelkörner so lange in der Luft zu halten, dass sie auf eine Größe von mehreren Zentimetern anwachsen können.

Neben Labilitätsenergie, Hebung und Windscherung spielen noch andere Faktoren eine Rolle. Zusätzlich zu einer möglichst niedrigen Nullgradgrenze ist dies auch möglichst viel Feuchtigkeit in der Schicht, wo der Hagel anwächst.

Diese notwendigen Vorhersageparameter können aus den Simulationen der Vorhersagemodelle abgeleitet werden. Der Meteorologe bewertet deren Ausprägung, um daraus eine Aussage für die zu erwartende Wahrscheinlichkeiten für Hagel bzw. großen Hagel abzuleiten. Auf Basis dieser Wahrscheinlichkeiten werden dann auch die entsprechenden Warnungen angepasst.

Die Vorhersage des Gewitter- und Hagelpotenzials ist das eine, sind die Gewitter einmal entstanden, folgt die Beobachtung und Bewertung von aktiven Gewitterzellen – das sogenannte Nowcasting.

DWD Hagel – Von Modelldaten zum Alle Mann in Deckung

Für das Nowcasting ist der Blick auf das Wetterradar unerlässlich. Zum einen lassen sich dabei bestimmte Strukturen und Muster in den Radarsignalen erkennen, zum anderen geht es darum, die Stärke und Entwicklung der Gewitteraktivität anhand der sogenannten Reflektivität, also der Stärke des Radarsignals abzuschätzen. So lässt sich aus dem Wetterradar zum Beispiel ableiten, ob es sich bei bestimmten Gewitterzellen um sogenannte Superzellen handelt. Je höher die Reflektivität der Zelle ausfällt, desto mehr oder desto größere Niederschlagspartikel sind in ihr enthalten. Allerdings weiß man allein durch Betrachtung der Reflektivität noch nicht, ob es sich bei dem Signal eher um viel großtropfigen Regen oder eben um Hagel handelt.

BSc.-Meteorologin Lea Wilbert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.10.2024
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Warum ist das Wetter wichtig bei der Feinstaubvorhersage?

Seit dem Jahr 2019 gibt es zwischen dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und dem Amt für Umweltschutz der Stadt Leipzig eine enge Zusammenarbeit. Dabei geht es vor allem um die Vorhersage des Austauschvermögens im Bereich der Stadt. Mit Hilfe der meteorologischen Einschätzung des DWDs kann das Amt für Umweltschutz die Feinstaubkonzentration der nächsten Tage besser abschätzen und bei Bedarf einen „Feinstaub-Appell“ ausgeben. Damit ist gemeint, die Bevölkerung über eine absehbar hohe Feinstaubbelastung zu informieren.

Doch erst einmal der Reihe nach: Was bedeutet eigentlich der Begriff „Austauschvermögen“? Das Austauschvermögen gibt in unserem Fall die Fähigkeit der unteren Luftschichten (< 1.500 m) an, dass die vorhandene Luft ersetzt und durchmischt oder Partikel ausgewaschen werden können. Besonders bei Fehlen nennenswerter Windgeschwindigkeiten, bei einer, einer ungünstigen Windrichtung oder bei fehlendem Niederschlag kann das Austauschvermögen beeinträchtigt sein.

Um dieses Austauschvermögen im Bereich der Stadt Leipzig einzuschätzen, erstellen die Wetterberater und -beraterinnen von Oktober bis April täglich eine spezielle Wettervorhersage. Grundlage dafür sind Grenzwerte der einzelnen meteorologischen Parameter, die anhand einer Auswertung von Wetterdaten der Jahre 2000 bis 2019 festgelegt wurden.

Folgende Grenzwerte der einzelnen meteorologischen Parameter gingen aus der Auswertung hervor:
Niederschlag: < 0,3 mm in 24 Stunden
Inversion: vorherrschend höchstens an drei der vier Haupttermine (6, 12, 18 und 24 Uhr)
Windgeschwindigkeit: < 3 m/s im Tagesmittel
Windrichtung: Ost bis Südost (wegen Advektion von Feinstaub aus angrenzenden Ländern)
Temperatur: < 0°C (erhöhter Gebrauch von Öfen)
Großwetterlage: antizyklonal (also von einem Hoch geprägt)

Besonders das Ausbleiben von Niederschlägen und das Vorhandensein möglichst kräftiger Inversionen in bodennahen Schichten sorgen allein schon für eine „Einschränkung des Austauschvermögens“. Kommen nun noch die übrigen Parameter begünstigend hinzu, wird sogar von einer „starken Einschränkung des Austauschvermögens“ ausgegangen.

An diesem Punkt endet die Arbeit der Meteorologen und Meteorologinnen des DWD in Leipzig. Der Arbeitsprozess setzt sich nun aber bei der Stadt Leipzig fort. Dazu Mario Anhalt vom Amt für Umweltschutz: „Wir sind dankbar für die Unterstützung durch den DWD und die erfolgreiche Zusammenarbeit. Diese ermöglicht es uns, die Leipziger Bevölkerung im Vorfeld einer zu erwartenden hohen Feinstaubbelastung zu informieren. Neben der reinen Sachinformation werden Tipps gegeben, das persönliche Verhalten an die Feinstaubsituation anzupassen, z.B. das Joggen auf einen anderen Tag zu verlegen oder durch den Verzicht auf den Betrieb des eigenen Kamins die Luftschadstoffbelastung nicht noch zusätzlich zu erhöhen. In Bezug auf Feinstaub enthalten die gesetzlichen Regelungen bisher keinen Auftrag, die Bevölkerung bei hoher Belastung der Außenluft mit Feinstaub aktiv zu informieren. Als Amt für Umweltschutz sind wir neben dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen auch zur Vorsorge verpflichtet und interpretieren diesen Auftrag unter anderem dahingehend, die Bürgerinnen und Bürger sowie die Gäste unserer Stadt mit dem Feinstaub-Appell auf die gesundheitlichen Belastungen aufmerksam zu machen.“

Alle weiteren Informationen zum Thema Feinstaubappell der Stadt Leipzig finden sich

Schlussendlich trägt der DWD damit zur Verbesserung der Luftqualität in Leipzig bei. Auch in diesem Herbst ist wieder eine neue Feinstaubsaison gestartet und die Zusammenarbeit zwischen DWD und der Stadt Leipzig geht in die 6. Runde.

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer und B.Sc. Meteorologe Florian Engelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Nasser anstatt goldener Oktoberstart

Die erste Hälfte des Oktobers ist bereits schon wieder vorbei. Das Wetter präsentierte sich meist wechselhaft. Für einen goldenen Oktober sind hingegen längere Phasen mit stimmungsvollem Sonnenschein notwendig. Vergleichsweise häufig zeigte sich die Sonne bislang allenfalls im Nordwesten Deutschlands. Ansonsten suchte man die Sonne und damit den goldenen Oktober meist vergeblich.

Die Verfärbung des Laubs in prächtiges Gelb, Orange und Rot wird durch die kürzer werdenden Tage bzw. länger werdenden Nächte ausgelöst. Aufgrund des mangelnden Lichts und weil die Nährstoffversorgung der Blätter im Winter nicht gewährleistet werden kann, stellen die Laubbäume die Photosynthese ein und „entledigen“ sich der Blätter. Dabei werden zunächst einmal das Chlorophyll, das die Blätter grün erscheinen lässt, und andere wichtige Nährstoffe abgebaut und im Stamm, in den Ästen oder in den Wurzeln eingelagert. Anschließend überwiegen die Gelb- und Rottöne. Braun werden die Blätter erst beim Absterben.

Neben kürzer werdenden Tageslängen sind auch kalte Nächte für die Blattverfärbung notwendig. Sinken die Temperaturen in mehreren, aufeinander folgenden Nächten unter den Gefrierpunkt, so ist dies für einen schnelleren und großflächigen Verfärbungsprozess vorteilhaft. Daneben spielen auch die gefallenen Niederschlagsmengen eine wichtige Rolle. Doch wie viel Niederschlag kam in den vergangenen zwei Wochen zusammen?

Wetterstationen können hierbei Aufschluss geben, wie viel Niederschlag genau an einem bestimmten Punkt in einer gewissen Zeit gefallen ist. Allerdings kann man durch Wetterstationen nur ein unzureichendes Bild davon bekommen, wie viel Niederschlag in der Fläche gefallen ist. Auch können teilweise kräftige Niederschläge nicht erfasst werden, wenn sie nicht gerade über eine Wetterstation hinwegziehen. Die Lösung für dieses Problem sind die aus Radardaten abgeleiteten Niederschlagsmengen.
Die nachfolgende Abbildung zeigt die aus Radardaten abgeleiteten Niederschlagsmengen seit dem 01. Oktober.

DWD Nasser anstatt goldener Oktoberstart

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass gebietsweise bereits sehr viel Nass von oben kam. Mancherorts regnete es teils langanhaltend und kräftig. Schauer und einzelne Gewitter lieferten zwar nicht flächig, mancherorts aber in Summe durchaus nennenswerte Niederschlagsmengen.
Dass sich die Niederschläge nicht gleichmäßig über Deutschland verteilen, liegt in der Natur der Sache. Bei den Maxima stechen vor allem der Westen, der Südwesten, das Alpenvorland sowie Teile der Mitte hervor. In der östlichen Mitte heben sich interessanterweise die Umrisse des Harzes und des Thüringer Waldes von ihrem Umland ab. Auch im Norden gibt es Regionen mit beachtlichen Niederschlagsmengen.

Im Gegensatz dazu erkennt man im Osten, im äußersten Nordwesten sowie in Teilen Bayerns grüne Flächen, die zeigen, dass dort im Oktober bislang nur Mengen von 10 bis 30 Liter pro Quadratmeter zusammengekommen sind.

Im Durchschnitt fallen im Monat Oktober 40 bis 80 Liter pro Quadratmeter. Die nachfolgende Abbildung zeigt die bisherigen Niederschlagsmengen relativ zum vieljährigen Mittel.

DWD Nasser anstatt goldener Oktoberstart 1

Besonders die pinkfarbenen Flächen von der Pfalz über das nördliche Baden-Württemberg bis nach Unterfranken springen hierbei direkt ins Auge. Diese Farbgebung ist gleichbedeutend mit 250 Prozent und mehr der im Oktober in diesen Regionen sonst üblichen Niederschlagsmengen. Auch sonst ist das Monatssoll oftmals bereits erreicht oder gar weit überschritten. Selbst den oben genannten, vermeintlich trockenen Regionen fehlt teilweise nicht mehr viel bis zur 100-Prozent-Marke.

Nur im äußersten Nordwesten sind gelbliche Farbtöne erkennbar, die darauf schließen lassen, dass hier bislang zwischen 30 und 50 Prozent des Monatssolls zusammengekommen ist. Im Oktober ist die Nordsee hinsichtlich ihrer Oberflächentemperatur noch vergleichsweise warm. Bei entsprechenden Wetterlagen mit höhenkalter Luft wird die Schauertätigkeit in Gang gesetzt. Diese Schauer ziehen dann in das Küstenumfeld und sorgen somit normalerweise für die Erfüllung des Monatssolls.

Doch sieht es nun wenigstens in den kommenden Tagen nach goldenem Oktober aus? Hoch WERNER beschert vor allem dem Osten Deutschlands sonniges und trockenes Wetter. Im Westen ist es hingegen nichts mit eitel Sonnenschein. Das Vorhersagegebiet wird hier zeit- und gebietsweise von schwachen Tiefausläufern gestreift. Zwar liegt die Höchsttemperatur bei Werten um 20 Grad, aber zeitweise ziehen teils dichte Wolkenfelder durch. Am heutigen Mittwoch reicht es nur ganz lokal für ein paar Tropfen, am morgigen Donnerstag und am Freitag ist dann gebietsweise mit etwas Regen oder kurzen Schauern zu rechnen.

DWD Nasser anstatt goldener Oktoberstart 2

In den Nächten ist es meist schwachwindig und in der feuchten Herbstluft begünstigt dies vor allem im Süden die Bildung teils dichter Nebel- und Hochnebelfelder. Diese halten sich teilweise recht zäh und lösen sich im Tagesverlauf in ungünstigen Lagen eventuell auch gar nicht auf. Zudem ist auch von für einen beschleunigten Verfärbungsprozess notwendigen Frost keine Spur.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Egerer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.10.2024
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Ruhiges Herbstwetter

Hoch WERNER mit Schwerpunkt über Ostdeutschland beschert uns ruhiges Herbstwetter. Obwohl sich der Schwerpunkt des Hochs in den nächsten Tagen nach Osteuropa verlagert, bleibt es zumindest in der Osthälfte des Landes wetterbestimmend. Dabei stellt sich zusammen mit den Tiefdruckgebieten über West- und Südwesteuropa eine südliche Strömung ein, so dass sehr milde Luft nach Deutschland geführt wird. Im Herbst kann sich aber diese wärmere Luft nicht überall bis zum Boden durchsetzen. Nur mit Hilfe des Windes, der für Durchmischung sorgt, kann die kältere und schwerere Luft in den tieferen Luftschichten ausgeräumt werden.

 

DWD Ruhiges Herbstwetter

Am heutigen Dienstag zeigt sich nach Nebelauflösung vor allem im Norden die Sonne, ansonsten halten sich meist zähe Hochnebelfelder. Gleichzeitig ziehen von Süden hohe und mittelhohe Wolkenfelder durch, die dann am Abend im Südwesten etwas Regen bringen können. Die Höchstwerte liegen zwischen 11 und 18 Grad. Der Wind weht schwach bis mäßig aus Südost bis Ost.

In der Nacht zum Mittwoch fällt im Westen vereinzelt Regen, ansonsten ist der Himmel unterschiedlich bewölkt. Wo es länger klar ist, bildet sich Nebel. An der Nordsee und am Erzgebirge frischt der Südostwind mit ersten starken bis stürmischen Böen auf und an den Alpen stellt sich der Südföhn mit Sturmböen auf den Gipfeln und starken bis stürmischen Böen in einigen prädestinierten Tälern ein. Die Tiefstwerte liegen zwischen 11 und 5 Grad im Westen und Südwersten und zwischen 5 und 1 Grad in den übrigen Regionen.

Am Mittwoch ist der Südföhn in den Alpen voll im Gange. Dabei kann in einigen Föhntälern knapp 25 Grad erreicht werden. In Nordrhein-Westfalen werden im Lee von Sauerland (Ruhrgebiet) auch Höchstwerte zwischen 20 und 23 Grad erwartet. Ansonsten ist es mit 13 bis 19 Grad mild für die Jahreszeit. Auf den Alpengipfeln treten schwere Sturmböen und in einigen Tälern starke bis stürmische Böen aus Süd bis Südwest auf. Stürmisch wird es auch im ostdeutschen Bergland, vor allem in Sachsen, wo der Böhmische Wind entsprechend stark durch die Täler pfeifen wird. Die Sonne zeigt sich nur stellenweise. Oft ziehen mittelhohe und hohe Wolkenfelder durch, die zeitweise kompakter sein können, aber keinen Regen bringen.

DWD Ruhiges Herbstwetter 1

An dieser Wetterentwicklung ändert sich auch am Donnerstag nicht viel, wenngleich es ganz im Westen etwas Regen geben kann. Wie es zum und am Wochenende weitergeht, ist noch nicht so ganz sicher. Der Hochdruckeinfluss dürfte jedoch überwiegen. Nur der Westen und Südwesten werden von Tiefausläufern gestreift, die aber kaum wetterwirksam sind. Das ruhige Herbstwetter setzt sich also fort.

Dipl.-Met. Marco Manitta
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.10.2024
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Zum Weltnormentag: Die Standardatmosphäre

Am heutigen Montag ist Weltnormentag, ein Tag zu Ehren der Arbeit derjenigen, die sich tagtäglich mit der Entwicklung von Normen und Standards beschäftigen. Er wurde von der Internationalen Organisation für Normung (ISO), der International Electrotechnical Commission (IEC) und der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) initiiert. Der 14. Oktober wurde dabei nicht zufällig gewählt. Am 14. Oktober 1946 wurde nämlich auf einer Konferenz in London von Delegierten aus 25 Ländern beschlossen, eine internationale Organisation zur Erleichterung der Standardisierung zu schaffen. Aus diesem Beschluss ging ein Jahr später die ISO hervor.

Auch in der Meteorologie gibt es Normen und Standards, die sich beispielsweise in der sogenannten Standardatmosphäre wiederfinden. Sie wurde von der International Civil Aviation Organization (ICAO), zu Deutsch Internationale Organisation für zivile Luftfahrt, ins Leben gerufen und weltweit verbindlich festgelegt. Sie beschreibt den mittleren Zustand unserer Erdatmosphäre in den mittleren Breiten. Genau genommen geht es um die durchschnittliche Druck-, Temperatur- und Dichteverteilung. Diese betragen 1013,25 hPa, 15 Grad (Celsius), und 1,2250 kg pro Kubikmeter. Tages- und jahreszeitliche Schwankungen werden dabei außer Acht gelassen. Dazu wird die Luft als absolut trockenes Gas betrachtet, die relative Luftfeuchtigkeit beträgt also 0 %.

Vielleicht fragen Sie sich, wofür man denn bitte standardisierte Werte für atmosphärische Eigenschaften braucht, die in dieser Form über ein ganzes Jahr betrachtet wohl nur sehr selten gemeinsam auftreten. Nun, ihren Einsatz findet die Standardatmosphäre zum Beispiel – wie der Name ihrer Gründungsorganisation schon verrät – in der Luftfahrt. Dort werden diese Mittelwerte unter anderem zur Eichung von Messgeräten, wie den Höhenmessern in Flugzeugen, herangezogen.

Und da es in der Luftfahrt auch immer hoch hinaus geht und die Atmosphäre natürlich nicht zwei-, sondern dreidimensional ist, gibt es nicht nur für das Bodenniveau, sondern auch für höhere Luftschichten Standardwerte. Beim Luftdruck zählen dabei zum Beispiel 850 hPa in 1,5 km Höhe, 500 hPa in 5,6 km Höhe und 300 hPa in 9,2 km Höhe. Am Oberrand der Troposphäre, der auf 11 km Höhe genormt wurde und das Ende der untersten Schicht unserer Atmosphäre beschreibt, liegt der Luftdruck nur noch bei 226,32 hPa. Die Luftdichte nimmt ebenfalls Stück für Stück ab und wurde in 11 km Höhe auf 0,3692 kg pro Kubikmeter festgesetzt.

Die standardisierte Temperaturabnahme mit der Höhe beträgt 0,65 K pro 100 m (entspricht 0,65 Grad Celsius pro 100 m). In der „Realität“ entspricht dieser Wert der Temperaturabnahme von gesättigter, also feuchter Luft. Trockene Luft kühlt dagegen mit der Höhe um 1 K pro 100 m, also stärker ab. Aber zurück zum Standard. Im Druckniveau 850 hPa liegt die Temperatur damit bei 5,5 Grad, in 500 hPa bei -21,3 Grad und in 300 hPa bei -44,5 Grad. Für den Oberrand der Troposphäre ergeben sich schließlich -56,5 Grad.

DWD Zum Weltnormentag Die Standardatmosphaere

Da sich in der Troposphäre unser tägliches Wettergeschehen abspielt, wollen wir unseren Höhenflug an dieser Stelle beenden. Weitere Informationen zur Standardatmosphäre finden Sie zum Beispiel im DWD-Wetterlexikon (siehe „Weitere Informationen zum Thema“).

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.10.2024
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Historische Wetterkarten Teil 2 – Die Schneehöhen im Königreiche Bayern

Die erste „Schneehöhenkarte aus dem Königreiche Bayern“ findet sich aus dem Jahr 1899 in der digitalen Literatursammlung des DWD. Detailliert wurde in den damaligen Berichten zum einen die Witterung der zurückliegenden Woche oder Wochen beschrieben und die vorhandenen Messwerte genutzt, um eine übersichtliche Karte des Königreichs Bayern und der Schneehöhe zu erstellen.

Auf Seite eins des Berichts findet sich auf der oberen Hälfte der Seite eine Karte mit dem Südteil des Deutschen Kaiserreichs. Dargestellt auf der Karte sind die Linien gleicher Schneehöhe. Zwischen 0 und 10 cm Schneehöhe wurde diese in 5 cm Schritten aufgezeichnet, darüber in 10, 20 bzw. 50 cm – Schritten. Schneefreie Regionen wurden entsprechend mit „Schneefrei“ markiert. In der für dieses Thema des Tages gewählten Karte vom 15. Dezember 1901 finden sich schneefreie Regionen am Untermain und entlang des Rheins. Zu beachten ist, dass das Königreich Bayern in seiner Fläche nicht identisch mit dem heutigen Freistaat Bayern ist. So gehörten damals auch Regionen westlich des Rheins, im heutigen Rheinland-Pfalz und Saarland zu Bayern. Der große Rest des Königreichs Bayern lag dagegen verbreitet unter einer Schneedecke. Meist betrug die Schneehöhe damals um 5 cm. Deutlich mehr lag in höheren Lagen mit Spitzenwerten von bis zu 150 cm auf den Gipfeln des Bayerischen Waldes.

 

DWD Historische Wetterkarten Teil 2 Die Schneehoehen im Koenigreiche Bayern

Unterhalb der Karte folgt in fein säuberlicher Handschrift eine „Allgemeine Übersicht“. In dieser wird die vergangene Luftdruckverteilung über Europa und die daraus resultierende Witterung für das Königreich Bayern beschrieben. So heißt es beispielsweise für die ersten Dezembertage: „Nur am Mittwoch, den 4. kam es im rechtsrheinischen Bayern zu stellenweisen Niederschlägen, welche im Gebirge und dessen Vorland als Schnee zu Boden gelangten.“ Im Laufe des Textes wird dem geneigten Leser sicherlich der ein oder andere Unterschied zwischen der damaligen und der heutigen Bezeichnung meteorologischer Phänomene auffallen. So wurde damals von „Depressionen“ geschrieben, wo heute das Wort „Tief“ zu finden wäre. So würde man heute auch nicht von „einer Furche tiefen Druckes“, sondern von einem Trog oder einer Tiefdruckrinne sprechen.

Die Herausarbeitung von Unterschieden soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich ein heutiger Witterungsbericht in vielen Dingen sehr ähnlich lesen würde als jener vor über 120 Jahren. Nur zum Füllfederhalter wird heute nicht mehr gegriffen und auch im Königreich Bayern dauerte es nur noch ein paar Jahre, bis die Schreibmaschine ihre Anwendung in der Erstellung der Berichte fand. 1912 war es soweit und die Berichte erhielten eine modernere Form.

Ein Sprung zurück in die Gegenwart bzw. ein Blick in die nahe Zukunft: Von Schnee im Flachland sind wir weit entfernt. Um aktuell eine Schneedecke zu sehen, bedarf es schon einer Höhe von 1500 bis 2000 m. Allein in den Alpen liegt also genug Schnee dafür. Der höchste Messwert mit 57 Zentimetern kommt dabei wenig überraschend von der Zugspitze. Und auch in der kommenden Woche ist Schnee kein Thema. Bei Höchstwerten von zum Teil über 20 Grad und nur wenig Niederschlag wird sich keine Schneeflocke in tiefe Lagen verirren und in den Alpen wird die Schneegrenze nach oben wandern.

DWD Historische Wetterkarten Teil 2 Die Schneehoehen im Koenigreiche Bayern 1

Die gezeigten Grafiken und noch viele weitere Veröffentlichungen unterschiedlichen Alters finden Sie frei zugänglich in der digitalen Literatursammlung des DWD, kurz: DWDbib

MSc. (Meteorologe) Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.10.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Spektakuläre Grüße von der Sonne

Glücklich dürften diejenigen sein, die in der nördlichen Hälfte Deutschlands beheimatet sind. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man in der Nacht zum Freitag in den Genuss von Polarlichtern gekommen ist. Im Süden des Landes war der Himmel dagegen oftmals wolkenverhangen, entlang des Mains bis nach Mitteldeutschland regnete es sogar nochmals etwas stärker. Unpassender hätte dort der Zeitpunkt kaum sein können, denn bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr gab es nahezu überall das wunderbare Farbspektakel am Himmel zu bestaunen – oder hätte es gegeben. Wie gesagt, nicht immer ist das Wetter jedermanns Freund.

Verantwortlich für das momentan gehäufte Auftreten ist natürlich die Sonne. Genauer gesagt: Die Sonnenfleckenaktivität unterliegt einem etwa 11-jährigen Zyklus. Dieser Zyklus befindet sich aktuell auf seinem Aktivitätshöhepunkt. Dementsprechend gibt es wiederholt Sonnenflecken zu beobachten. Dabei handelt es sich, vereinfacht gesagt, um Anomalien auf der Sonnenoberfläche, verursacht durch periodische Schwankungen des Magnetfelds der Sonne. Unter bestimmten Voraussetzungen bricht an diesen Stellen das Magnetfeld auch komplett zusammen. Dann kann umliegendes Plasma freigesetzt werden und als sogenannter „koronaler Massenauswurf“ (engl. „coronal mass ejection“, CME) ins All geschleudert werden. Das kommt tatsächlich relativ häufig vor, nämlich mitunter mehrfach am Tag. Dass dieser Ausstoß dabei aber genau Richtung Erde gerichtet ist, ist dagegen schon seltener. Erreichen die Plasmateilchen die Erde, wechselwirken sie mit dem Magnetfeld unseres Planeten und deformieren es stark. Dabei wird Energie freigesetzt. Grob beschrieben werden durch die Magnetfeldschwankungen elektrische Ströme in der Atmosphäre induziert. Dabei fließen Elektronen entlang des Magnetfeldes Richtung Erdoberfläche und regen dabei Atome in der oberen Atmosphäre an. Dadurch wird Licht in verschiedenen Farben emittiert, je nachdem ob es sich um Sauerstoff oder Stickstoff handelt. Meist resultieren daraus Nuancierungen von grünen und roten Farben bis ins violette. In seltenen Fällen können auch blaue Farben zu sehen sein.

Je stärker so ein Sonnensturm ausfällt, desto gravierender wird das Erdmagnetfeld deformiert. Je deformierter das Erdmagnetfeld ist, desto südlicher können Polarlichter beobachtet werden. Beim Ereignis im Mai dieses Jahres gab es sogar Berichte über Polarlichter in tropischen Gebieten. Die Stärke einer solchen Sonneneruption wird dabei in Form von Klassen angegeben und bezeichnen die freigesetzte Energie der auftretenden Röntgenstrahlung auf einer logarithmischen Skala. Die beiden höchsten Klassen werden dabei mit „M“ und „X“ bezeichnet. Stärken von mehr als 10 werden mit der nächsthöheren Klasse bezeichnet. Das heißt ein Ausbruch der Stärke „M10“ entspricht der Klasse „X1“. Die X-Klasse ist nach oben offen.

Die jetzigen Polarlichtsichtungen verdanken wir einer Sonneneruption der Stärke X1.8. Die Besonderheit lag dabei in der langen Andauer dieses sogenannten „Flares“. Damit erreichte uns ein langanhaltender Plasmastrom, der das Magnetfeld nachhaltig stören konnte und so das Polarlicht ermöglichte.

Aktuell ist noch nicht abzusehen, dass die Sonnenaktivität demnächst signifikant abnehmen wird. Daher ist durchaus damit zu rechnen, dass uns noch weitere Sonnenstürme erreichen werden und Polarlichtsichtungen ermöglichen. Im jetzt beginnenden Winterhalbjahr ist das aus Beobachtersicht mit der abnehmenden Tageslänge natürlich ziemlich praktisch. Bleibt zu hoffen, dass das Wetter beim nächsten Mal wieder besser mitspielt.

DWD Spektakulaere Gruesse von der Sonne

DWD Spektakulaere Gruesse von der Sonne

PS: Schon gewusst? Polarlichter werden bei uns auch lateinisch „Aurora borealis“ genannt. Aber es gibt sie logischerweise auch auf der Südhalbkugel zu bestaunen. Dort heißen sie dann „Aurora australis“ – also „Südlicht“.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.10.2024
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