Das stürmische Treffen von Hermine Hurtig und Zven Zimperlich
Orkantief Hermine ist am heutigen Sonntag die Dominierende auf der Wetterkarte. Dafür muss auch ihr Hochdruck-Gegenpart Zven weichen.
Hermine hat es satt: Drei langweilige Feiertage liegen hinter ihr, an denen sie irgendwo zwischen Grönland und Island herumdümpelte. Und das, obwohl ihr Kumpel Zven Zimperlich sturmfreie Bude hatte! Zven war schon immer etwas wetterwendisch: Erst versuchte er in Spanien Fuß zu fassen, dann zog er unter Hochdruck über die Alpen und nun will er sich wohl in Osteuropa die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, hat sie gehört. „Gut für mich“, denkt sie sich, „es herrschte lang genug Ruhe vor dem Sturm“ und nimmt just in diesem Moment, am Vormittag des 27.12.2020, Kurs auf Schottland. Hermines stürmisches Gemüt ist bis nach Deutschland zu spüren – kein Wunder, zählt sie in ihrem Kern mit 955 hPa auf dem Barometer doch zu der ausgewachsenen Sorte unter ihren Tief-Kolleg(inn)en. Während sie an der Nordseeküste mit orkanartigen Böen bis 115 km/h peitscht, wehen bis weit ins Landesinnere immerhin noch Wind- und Sturmböen zwischen 50-80 km/h.
Doch Hermine entpuppt am letzten Sonntag in diesem Jahr noch eine Leidenschaft – und zwar für feuchtfröhliche Stunden. Vielleicht war das auch der Grund, warum Zven mal wieder so zimperlich das Weite gesucht hat. Dieses Zeug von oben ist einfach nichts für ihn. Zwar herrschte bei ihm nachts durchaus frostige Stimmung, tagsüber allerdings war dann immer alles heiter (sein Spitzname ist deshalb auch Zven Zonnenschein). Heute lässt er es sich nicht nehmen, ein Finale im Südosten Deutschlands zu geben, worüber Freunde der Sonne zwischen dem östlichen Alpenrand und der Lausitz durchaus dankbar sind. Kein Wunder, dass bei so starken (Druck-)Differenzen Spannungen aufkommen. „Donnerlottchen Hermine“, murrt er, „du stürmst hier nicht nur herein, du schneist auch noch herein!“ – „Du nur wieder, die paar Zentimeter Neuschnee in den Mittelgebirgen, da zuckt man in Grönland nicht einmal mit der Wimper“ (und denkt sich: zumindest noch nicht…). Zven flucht: „Paar Zentimeter? Das Hunsrücker Käseblättchen kündigte heute 20 Zentimeter an! Da läuft doch wieder nichts mehr. Ach, weißt du was, ich krieg ’nen Föhn. Was du mit deinen Orkanböen auf dem Brocken kannst, kann ich auch auf der Zugspitze“, kontert er.
Und während die beiden weiter kabbeln und Zven schließlich das Nachsehen hat und seine Weiterreise von Osteuropa nach Russland plant, präsentiert sich der letzte Sonntag in diesem Jahr 2020 zumindest meteorologisch von seiner interessanten Seite.
Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 27.12.2020
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