Die zyklonale Westwetterlage ist und bleibt Trumpf!

Regen und Sturm, dazu frühlingshafte Temperaturen – was ist los beim Wetter im Winter 2019/2020? Indices, die die großräumige Geopotential- und Luftdruckverteilung beschreiben sind teilweise auf Rekordniveau.

Egal welche Signalgröße man sich anschaut, nichts deutet auf einen nachhaltigen Wetterumschwung hin. Der „Polarwirbel“ erfreut sich sehr guter Gesundheit, die „Arktische Oszillation (AO)“ schwingt sich seit Januar immer wieder in große Höhen, teils sogar hin zu neuen Rekorden, und die „Nordatlantische Oszillation (NAO)“ verharrt seit Mitte Dezember auch überwiegend im positiven Bereich.

Die sogenannte „Arktische Oszillation (AO)“ beschreibt dabei die Veränderungen der Luftdruckgegensätze in Bodennähe zwischen den arktischen und mittleren Breiten auf der Nordhalbkugel. Dabei wird die AO durch drei Aktionszentren charakterisiert, die im Bereich der Biskaya, bei Island sowie über den Aleuten (westlich von Alaska) zu finden sind. Je nachdem ob an den Aktionszentren hoher oder tiefer Luftdruck vorherrscht, kann die arktische Oszillation, analog zur Nordatlantischen Oszillation, in eine positive und eine negative Phase eingeteilt werden. Als Maß für diese Oszillation dient dabei der dimensionslose AO-Index. Mit dessen Hilfe kann die Stärke des Grundmusters der AO bestimmt werden, wobei ein positiver Index für eine positive AO-Phase und ein negativer Index für eine negative Phase steht.

Aktuelle Berechnungen zeigen bei der Richtung jedoch ein eindeutiges Bild. Seit Ende Dezember ist ein positiver AO-Index an der Tagesordnung. Besonders in diesem Februar konnte er ungewohnte Höhen erklimmen. Am 10 Februar wurde mit einem Wert von 6,34 sogar ein von der NOAA bestätigter neuer Rekord aufgestellt (vgl. Graphik 1).

DWD - zyklonale Westwetterlage

DWD – zyklonale Westwetterlage

Der Partner zur Arktischen Oszillation ist der Polarwirbel. Bei dem sogenannten „Polarwirbel“ handelt es sich um ein großräumiges und hochreichendes Tiefdruckgebiet bis in die Stratosphäre hinein, das sich sowohl über der Nord- als auch über der Südpolargegend insbesondere in den Wintermonaten ausbildet. Verantwortlich für die Entstehung bzw. Verstärkung der Polarwirbel sind markante Kaltluftzonen, die aufgrund der negativen Strahlungsbilanz in den Polargebieten entstehen.

Derzeit erfreut sich der Wirbel, wie eingangs schon beschrieben, bester Gesundheit. Ohne einen Makel dreht er äußerst stark seine Kreise. Von einer Schwächephase oder gar einem Split gibt es derzeit keine Anzeichen (vgl. Graphik 2). Auch die Prognosen bis März und teilweise darüber hinaus zeigen weiter einen kräftigen Polarwirbel, der lediglich seine Lage etwas ändert (vgl. Graphik 3).

Die „NAO“ beschreibt eine sehr großräumige Druckverteilung, die in der Meteorologie bevorzugt im Winterhalbjahr zur Erklärung von Witterungsphasen oder auch Klimaeinschätzungen für die Nordhemisphäre eine bedeutende Rolle spielt. Dabei beschreibt die Nordatlantische Oszillation den Druckunterschied zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch. Je nachdem ob die Differenz positiv oder negativ ist, lassen sich Aussagen über die Stärke der in den gemäßigten Breiten dominierenden Westströmung machen. Die zeitliche Änderung der Druckunterschiede wird dabei üblicherweise durch einen Index abgebildet. Bei einem Luftdruckgegensatz zwischen einem starken Azorenhoch und einem ebenfalls ausgeprägten Islandtief spricht man von einem positiven NAO-Index. In diesem Fall stellt sich eine starke westliche Strömung über dem Atlantik bis nach Mitteleuropa ein. Bei einem negativen NAO-Index sind meist das Azorenhoch sowie auch das Islandtief, aber vor allem das Islandtief schwach ausgeprägt. Wegen der fehlenden stärkeren Druckgegensätze bildet sich nur eine schwache Westströmung aus. Als Folge kann sich entweder das Russlandhoch weit nach Westen ausdehnen oder hoher Luftdruck von Frankreich bis nach Skandinavien ausweiten. Atlantische Tiefausläufer werden in beiden Fällen blockiert und müssen notgedrungen meist auf eine südlichere Bahn ausweichen.

Und auch die dritte Signalgröße bevorzugt Westwetterlagen in Europa und auf dem Atlantik. Mit einer kleinen Ausnahme Ende Januar pendelt der NAO-Index seit Mitte Dezember im positiven Bereich hin und her. Zwar sind seine Werte nicht so rekordverdächtig wie beim AO-Index, nichtsdestotrotz stehen und standen die Weichen klar auf windig bis stürmisch, unbeständig und mild (vgl. Graphik 4)!

Vor allem die aktuelle und wohl auch zukünftige Westwetterlage wird schließlich auch von der Clusteranalyse des Ensembles des ECMWF gestützt. Bei einer Clusteranalyse werden alle Modellläufe eines Zeitpunktes nach der großräumigen Geopotential- und Luftdruckverteilung in unterschiedliche sogenannte Cluster eingeordnet. Ein typisches Cluster wäre demnach „West zyklonal (Wz)“, wobei „West“ für die Strömungsrichtung steht und „zyklonal“ für die Krümmung dieser. Und genau diese Wetterlagen mit dem „W“ für „West“ dominieren derzeit auch das Gesamtpaket aller aktueller Modellläufe des ECMWF. Neben der reinen Westwetterlage sind aber auch noch geringe Abweichungen wie „Nordwest“ oder „Südwest“ in der Verlosung (vgl. Graphik 5). Ab dem 21. Februar gibt es sogar den Hoffnungsschimmer, dass die westliche Grundströmung antizyklonal (mit dem Uhrzeigersinn) geprägt ist und somit vielleicht hoher Luftdruck bzw. eine freundlichere Witterung eine Rolle spielen könnte. Von einem stationären stabilen Hoch oder gar einem nachhaltigen Wintereinbruch gibt es aber keine Spur.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.02.2020

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