Oster(wetter)-Erinnerungen

Bestimmt geht es Ihnen genauso wie mir. Gerade die Erlebnisse und das Wetter an speziellen Tagen im Jahr wie Weihnachten, Ostern oder der eigene Geburtstag bleiben einem besonders in Erinnerung. Wahrscheinlich können auch Sie sich noch an das eine oder andere Wettererlebnis der Vergangenheit erinnern, vor allem wenn es außergewöhnlich oder besonders spektakulär war. Bei mir als Meteorologen sind die Wettererinnerungen aber möglicherweise präsenter als bei manchem Nicht-Meteorologen.

Besonders das Osterwetter kann kaum unterschiedlicher ausfallen. Viel Sonnenschein und sommerliche Temperaturen sind genauso möglich wie tiefstes Winterwetter mit schneebedeckten Landschaften bis ins Flachland. Das liegt zum einen daran, dass in der Übergangsjahreszeit im März und April die Wettergegensätze besonders groß sind und zum anderen daran, dass Ostern jedes Jahr auf ein anderes Datum fällt (frühester Termin: 22. März, spätester Termin: 25. April).

Zum Abschluss der Osterfeiertage lasse ich Sie an meinen ganz persönlichen Ostererinnerungen teilhaben:

Ostern 2001 (13. bis 16. April)

Nach einem erlebnisreichen Urlaub auf Mallorca begrüßte uns am Ostersonntag der Flugkapitän folgendermaßen: „Wir starten in Palma de Mallorca bei sonnigen 25 Grad, am Zielflughafen in Nürnberg aktuell mäßiger Schneefall bei +1 Grad“. Ein Sitznachbar im Flugzeug blickte ungläubig auf seine kurze Hose. Tatsächlich wurden wir von einem verschneiten Nürnberg empfangen. Die damals noch moderne Technik der blinkenden Scheinwerfer beim Aufsperren der Autotüren per Fernbedienung war unsere Rettung! So konnten wir unseren PKW mitten auf einem riesigen Parkplatz voller eingeschneiter Autos finden. Auf der mit Schneematsch bedeckten Autobahn ging es nach Hause, doch schon am Abend taute der Schnee und an Ostermontag war von der weißen Pracht nichts mehr übrig.
Ein heftiger Kaltlufteinbruch brachte in der Karwoche mit einer Nordströmung Polarluft nach Deutschland. Ostersonntag wurde diese durch eine Warmfront nach Osten verdrängt, wobei im Übergangsbereich die Aufgleitniederschläge bis ins Flachland als Schnee fielen. Vom westlichen Schleswig-Holstein über Teile Niedersachsens und Hessens bis nach Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Franken gab es einige Zentimeter Neuschnee. Außergewöhnlich war, dass es sich 2001 nicht um ein besonders frühes Ostern handelte.

Ostern 2008 (21. bis 24. März)

Dieses Osterfest ging als kältestes der letzten Jahrzehnte in die Geschichte ein. Während wir am Karfreitag für eine Schneewanderung noch auf die Höhen der Fränkischen Schweiz fahren mussten, wurde es an den Folgetagen auch in den Niederungen Frankens (und nicht nur da) immer wieder weiß. Wiederholte Schneefälle überzuckerten mehrfach die Landschaft meiner Heimat. Selbst ein Gewitter mit Graupel und Starkschneefall durfte ich bewundern.
Ein ausgedehnter Höhentrog erfasste weite Teile Europas. In diesem kreisten am Boden mehrere Tiefs über Deutschland, Skandinavien und der Norwegischen See. Sie bescherten uns im Zusammenspiel mit kalter Polarluft wiederholte Schneefälle. Ab Ostersonntag kam auch noch Höhenkaltluft ins Spiel, die zahlreiche Schneeschauer und kräftige Kaltluftgewitter auslöste. Am Karfreitag war es im Tiefland nur regional in Bayern und Baden-Württemberg weiß, die Mittelgebirge präsentierten sich mit teils über 30 cm schon tief verschneit. An den Folgetagen wurde es mehr und mehr auch im Flachland weiß. In mittleren Lagen der Mittelgebirge war es mit verbreitet 10-25 cm Schnee, in höheren Lagen sogar 30-50 cm, tief winterlich. Auf dem Brocken lag ein Meter und auf dem Großen Arber 181 cm Schnee. Zudem war es am Ostersonntag mit 1 bis 6 Grad ungewöhnlich kalt. In Teilen Hessens, Thüringens und Sachsens herrschte selbst im Tiefland Dauerfrost!

Ostern 2011 (22. bis 25. April)

Das sonnige und frühsommerlich warme Wetter nutzen wir für einen schönen Ausflug nach Thüringen. Mit kurzen Hemden und luftigen Blusen konnten wir eine Schifffahrt auf dem Hohenwarter Stausee genießen. Nur die Heimfahrt war etwas abenteuerlich, da dem BMW meines Onkels die Puste ausging und wir uns an einer Steigung von einem alten Ford Fiesta überholen lassen mussten.
Zu dieser Zeit waren über weiten Teilen Europas nur schwache Luftdruckgegensätze vorhanden. Die kräftige Aprilsonne konnte die Luft immer mehr erwärmen. Tatsächlich konnte man an den Osterfeiertagen über Deutschland die europaweit wärmste Luft antreffen.

Ostern 2018 (30. März bis 2. April)

Damals war ich schon als Vorhersage-Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst tätig. Während das Wetter in weiten Teilen Deutschlands zwar kühl, aber unspektakulär verlief, kam es im Nordosten Deutschlands in der Osternacht bis weit in den Ostersonntag hinein zu rekordverdächtigen Schneefällen. Von Schwerin über Rostock bis nach Rügen fielen verbreitet 10-25 cm Neuschnee, stellenweise kamen sogar 30-40 cm zusammen. Selbst auf Rügen lagen am Ostermontag 15-30 cm Schnee. Die Kinder mussten dort die Ostereier im Tiefschnee suchen. Nur einen Tag später setzte massives Tauwetter ein und erstmals in der Geschichte mussten wir für diese Region eine Tauwetterwarnung ausgeben.
Die starken Schneefälle wurden von einem Tief über Polen ausgelöst. Es hatte sehr feuchte Mittelmeerluft im Gepäck, die auf kalte Festlandsluft aufglitt, welche bodennah aus Nordosteuropa einströmte.

Ostern 2000 (21. bis 24. April)

Nicht vorenthalten möchte ich Ihnen Ostern 2000, das regional als das wärmste seit Messbeginn gilt. Östlich eines Tiefs über dem nahen Ostatlantik wurde sehr warme Subtropenluft nach Deutschland geführt. Am Karsamstag kletterten die Temperaturen außer im Norden verbreitet auf Werte um 25 Grad (im Süden sogar bis 29 Grad). Am Ostersonntag verlagerte sich der Hitzeschwerpunkt in die Osthälfte, wo verbreitet sommerliche 25 bis 30 Grad gemessen wurden. Am wärmsten war es rund um Berlin (Berlin-Zehlendorf: 30,5 °C; Potsdam: 30,0 °C). In der Westhälfte strömte deutlich kühlere Luft ein, die am Ostermontag auch den Osten erreichte.
Ich persönlich habe an dieses Ostern keine speziellen Erinnerungen mehr, aber vielleicht wissen Sie ja noch, was Sie in diesem Jahr gemacht haben?

Beim Schreiben fiel mir auf, dass ich mich gefühlt an mehr weiße Ostern als weiße Weihnachten erinnern kann. Das liegt aber vermutlich daran, dass einem Schnee an Ostern ungewöhnlicher erscheint als an Weihnachten, obwohl auch weiße Weihnachten zumindest im Flachland eher selten vorkommen.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.04.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Teile die Seite mit Freunden

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar