„Karl the Fog“
„All that is sunny does not glitter, not all those in the fog are lost.“ („Nicht alles, was sonnig ist, glänzt, nicht alle im Nebel sind verloren.“) So begrüßt @KarlTheFog die Besucher seines Twitter-Accounts. Ja, der Nebel entlang der kalifornischen Westküste und insbesondere in der San Francisco Bay Area besitzt sogar eigene Internetseiten (mehr dazu am Ende).
Was ist die Ursache des Nebels?
Der Nebel in San Francisco und Umgebung wird als Advektionsnebel bezeichnet, der sich horizontal bewegt und entsteht, wenn feucht-warme Luft über eine kältere Oberfläche strömt und dabei abgekühlt wird. Hauptursache ist die Wechselwirkung zwischen dem kalifornischen Festland, dem Pazifischen Ozean und bestimmten Meeresströmungen. Über dem Nordpazifik kann sich die untere Atmosphärenschicht, die sogenannte „Meeresschicht“, über tausende von Kilometern durch Verdunstung vom Ozean mit Wasserdampf anreichern. Durch das typischerweise vorherrschende Nordpazifikhoch wird diese vergleichsweise kühle Meeresluft mit einer nordwestlichen Strömung nach Kalifornien geführt. Unmittelbar entlang der Küste kommt es im Ozean zu einem starken Auftrieb, der kalte unterirdische Gewässer nach oben befördert.
Dadurch herrschen entlang der Küste ganzjährig Wassertemperaturen von nur 11 bis 14 °C. Diese kalten Meeresströmungen kühlen die Meeresschicht entlang der Küstenlinie weiter ab, der Wasserdampf kondensiert und es bildet sich Nebel. Gleichzeitig kann sich im Sommer das kalifornische Festland stark aufheizen. Temperaturen von 40 °C sind dort keine Seltenheit. Dadurch entsteht ein starker Druckunterschied zwischen dem Landesinneren (tiefer Luftdruck) und dem Pazifik (hoher Luftdruck). Dieser dreht die nordwestlichen Winde entlang der Küste auf West, womit der Nebel landeinwärts „schwappen“ kann. Die ca. 50 km nordwestlich von San Francisco gelegene Meerzunge „Point Reyes“ kommt so auf durchschnittlich 200 Nebeltage pro Jahr und ist der nebligste Ort der nordamerikanischen Pazifikküste.
Wann tritt der Nebel auf?
„Karl“ legt sich folglich hauptsächlich im Sommerhalbjahr über die Stadt, normalerweise von April/Mai bis Oktober, mit dem Höhepunkt der Nebelsaison im Juli und August. Während das Nebelhorn der Golden Gate Bridge im März durchschnittlich nur 30 Stunden ertönt, warnt es im Juli und August jeweils etwa 160 Stunden durchfahrende Schiffe vor schlechter Sicht.
Der Nebel durchläuft dabei einen typischen Tageszyklus. Das morgendliche Sonnenlicht durchdringt die Nebelschicht und erwärmt die Erdoberfläche sowie anschließend die darüber liegende Meeresschicht. Dadurch setzt turbulente Durchmischung ein, die allmählich den Nebel auflöst. Er zieht sich üblicherweise gegen Mittag Richtung Küste zurück. Bis zum Nachmittag erwärmt sich die Luft über der Stadt weiter, wodurch ein kleines Wärmetief entsteht. Als Folge setzt ein Wind vom Meer Richtung Stadt ein, der die kühle Meeresschicht samt Nebel wieder über die Stadt fließen lässt.
Durch die Golden-Gate-Meerenge, über die die gleichnamige Brücke führt, wird das Ansaugen des Nebels noch verstärkt. Dort kann man besonders eindrucksvoll beobachten, wie der Nebel vom Pazifik kommend durchs Golden Gate zieht und die Brücke zunehmend im Nebel verschwindet. Nachts kühlt sich die Luft auch weiter landeinwärts ab, sodass der Wind einschläft und der Nebel bis zum nächsten Morgen über der Stadt liegenbleibt.
Wenn die Meeresschicht relativ dünn ist, bilden die bekannten Hügel, die sich quer durch San Francisco ziehen, eine Barriere. Von oben kann man so am Morgen im Westen auf ein Nebelmeer blicken, während die Wolkenkratzer im Osten der Stadt bereits im Sonnenlicht glänzen. Daher ist es im Sommer in den östlichen Stadtteilen viel sonniger und wärmer als in den westlichen Wohnvierteln.
Wird der nachmittägliche Seewind durch ein schwaches Tief über dem Pazifik verstärkt, kann der Nebel weiter landeinwärts vordringen. Vor allem die westlichen Stadtteile bekommen mitunter bis zu zwei Wochen oder länger keine Sonne zu Gesicht. Einheimische sprechen dann von „May Grey„, „June Gloom„, „No Sky July“ oder „Fogust„.
Welche Auswirkungen hat der Nebel?
„Karl the Fog“ beschert San Francisco ein besonderes Mikroklima. Im Gegensatz zum im Sommer tagsüber oft sehr heißen amerikanischen Kontinent hat der Nebel in Kombination mit dem vom Pazifik wehenden Seewind eine kühlende Wirkung. Selbst im Hochsommer steigen die Temperaturen nachmittags durchschnittlich nur auf knapp 20 °C. San Francisco wird quasi natürlich klimatisiert und weist unter allen größeren Städten der USA im Sommer die kühlsten Nachmittagstemperaturen auf.
„Karl the Fog“ als Influencer
Wie schon angedeutet, ist „Karl“ zum Internetstar oder neudeutsch „Influencer“ geworden. Seit August 2010 besitzt er den Twitter-Account @KarlTheFog und hat mittlerweile über 350.000 Follower. Auf seinem Kanal twittert er regelmäßig launige und mitunter sehr amüsante Kommentare über sich und seine Heimat oder zeigt auf Fotos seinen Facettenreichtum. Auch auf Instagram und dem Fotosharing-Dienst Flickr ist er sehr präsent. Werfen Sie mal einen Blick auf diese Seiten und lernen die Schönheit und den Humor von @KarlTheFog kennen. Und falls Sie mal in San Francisco sind, scheuen Sie sich nicht, ihn zu fotografieren und Ihre Aufnahmen zu posten. „Karl the Fog“ freut sich über jedes Foto, das Sie mit ihm und anderen Followern teilen – man könnte auch behaupten, er steht gerne im Rampenlicht.
Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.05.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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