Wenn die Müdigkeit im Frühjahr zuschlägt
Nach den kalten und grauen Wintertagen zeigt sich der Frühling derzeit von seiner besten Seite. Bei nahezu wolkenlosem Himmel scheint vielerorts die bereits kräftige Märzsonne. Das geht auch an der Natur nicht spurlos vorbei. Diese erwacht aus ihrem Winterschlaf und läuft gerade zu Hochleistungen auf. Viele Frühlingsblumen schmücken die Wiesen mit ihren bunten Blüten und man spürt das Wiedererwachen. Bis Ende April kehren dann Abermillionen Zugvögel zurück in unsere Breiten, die balzenden Herren der Schöpfung stimmen ein herrliches Konzert im heimischen Garten oder im öffentlichen Park an und die Winterschläfer „kriechen ebenfalls aus ihren Federn“. Vielleicht nicht alle: Der Siebenschläfer kann da nur müde lächeln und dreht sich bis Mai, teilweise sogar bis in den Juni lieber noch einmal in seiner Erdhöhle um.
Auswahl verschiedener Nutzerbilder aus der DWD-WarnWetter-App. Blüten von oben links nach unten rechts: Mirabelle in Hamburg-Nord, Kornelkirsche in Groß Twülpstedt, Küchenschelle in Lenningen, Krokus in Husum, Mandel in Neustadt an der Weinstraße, Sal-Weide in Carmzow-Wallmow.
Auch wenn sich im Frühling unser Allgemeinbefinden und Gemütszustand mit jedem weiteren wärmenden Sonnenstrahl bessert, so spüren viele Menschen statt eines nachhaltigen Energieschubs eher die große Frühjahrsmüdigkeit. Dann würde man sich lieber wieder zurück auf die Couch kuscheln, ist etwas wetterfühliger als sonst oder leidet unter Stimmungsschwankungen. Tagsüber macht sich dann eine intensive Schläfrigkeit breit, in den Nächten treten Schlafstörungen auf. Weiterhin sorgen Kopfschmerzen, Gereiztheit, Konzentrationsschwächen oder sogar Kreislaufprobleme für Unmut.
Die Frühjahrsmüdigkeit ist recht weit verbreitet. Häufig trifft es besonders Wetterfühlige, Ältere oder Menschen mit einem niedrigeren Blutdruck. Auch Frauen spüren das Phänomen gewöhnlich häufiger als Männer. Es gibt jedoch nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen dazu, weshalb die genauen Ursachen noch nicht hinreichend bekannt sind. Dennoch gibt es Faktoren, die für die Müdigkeit verantwortlich sein können.
Was verursacht die Frühjahrsmüdigkeit?
Es handelt sich bei der Frühjahrsmüdigkeit nicht um eine Krankheit, sondern vielmehr um eine durch Jahreszeiten- bzw. Klimawechsel hervorgerufene Erscheinung. Evolutionsbedingt läuft unser Körper im Winter auf Sparmodus, aufgrund der kürzeren Tage schlafen viele im Durchschnitt etwas länger und unser Hormonhaushalt stellt sich quasi auf „Winterschlaf“ ein. Im Frühjahr steht die Sonne bereits etwas höher am Himmel und kann die Erde tagsüber nach einer frostigen Nacht schon kräftig erwärmen. In der Folge schwankt die Temperatur im Tagesverlauf stärker. Das wirkt sich direkt auf unsere Blutgefäße aus, die sich bei Kälte zusammenziehen, um wenig Wärme zu verlieren. Bei steigenden Temperaturen weiten sie sich hingegen und der Blutdruck fällt etwas ab, was zu Müdigkeit oder Kreislaufproblemen führen kann. Zudem stellt auch unser Hormonhaushalt auf „Aufwachen“ um. Aufgrund der zunehmenden Lichtintensität und der längeren Tage wird das stimmungsaufhellende „Glückshormon“ Serotonin verstärkt ausgeschüttet, gleichzeitig wird die Produktion des „Schlafhormons“ Melatonin gehemmt. Unser Hormonhaushalt gerät also kurzzeitig durcheinander, was ebenfalls ermüdend auf den Organismus wirken kann.
Die Temperatur hat derzeit einen großen Tagesgang von 20 bis 25°C. Nachts herrscht noch leichter Frost, tagsüber kann die kräftige Märzsonne die Erde stark erwärmen. Links: Tiefstwerte der vergangenen Nacht zum Mittwoch. Rechts: Vorhersage der Höchstwerte für den heutigen Mittwoch, den 19. März 2025.
Was kann man dagegen tun?
Wenngleich die genauen Ursachen noch nicht vollständig bekannt sind, so kann man doch die Symptome der Frühjahrsmüdigkeit bekämpfen. Dabei ist es jedoch keine gute Idee, sich der Müdigkeit hinzugeben und einen Mittagsschlaf zu machen. Dann wird wieder vermehrt Melatonin gebildet und Serotonin verbracht. Dies möchte man jedoch vermeiden. Stattdessen kurbeln Bewegung an der frischen Luft und Sport den Kreislauf an. Das Tageslicht spielt dabei eine wichtige Rolle, denn es fungiert als eine Art „biologischer Wecker“. Wem das nicht reicht, der bringt das eigene Blut zusätzlich mit Wechselduschen oder einem Saunabesuch ins Wallen. Außerdem raten Experten auf ausreichende Flüssigkeitsaufnahme und frische, nährstoffreiche Kost mit viel Obst, Gemüse, Getreideprodukten sowie Hülsenfrüchten zu achten.
Dass die atmosphärische Umwelt die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen in vielerlei Hinsicht beeinflusst, ist allgemein bekannt. Das Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes stellt dementsprechend ein vielfältiges Spektrum an Produkten und Leistungen zur Verfügung, wobei dabei der Vorsorge-Gedanke im Vordergrund steht. Weitere Informationen finden Sie im Anhang unter „Produkte des Zentrums für Medizin-Meteorologische Forschung des Deutschen Wetterdienstes“.
MSc.-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.03.2025
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