Atmosphärische Ballonfahrten
Auch wenn es auf den ersten Blick unintuitiv erscheint: Das Wettergeschehen wird von den obersten Stockwerken der sogenannten Troposphäre bestimmt. Dabei handelt es sich um den Atmosphärenbereich etwa zwischen fünf und zehn Kilometern über der Erdoberfläche. Um das Wetter vernünftig vorhersagen zu können, muss man als Meteorologe also wissen, was dort oben eigentlich los ist. Nun kann man sich sicher vorstellen, dass das gar nicht so einfach ist, schließlich kann man sich schlecht dauerhaft in diesen luftigen Höhen aufhalten. Also ist Findigkeit gefragt. Und diese gibt es auch in Form sogenannter Radiosonden, gerne auch umgangssprachlich als „Wetterballon” bezeichnet.
Dabei handelt es sich um große Ballons, die mit einem Gas gefüllt sind, das eine geringere Dichte als die Luft hat, die den Ballon umgibt. Dieses Füllgas verleiht ihm Auftrieb, sodass dieser Ballon nach oben steigt. Es handelt sich quasi um ein Quietscheentchen in der großen Badewanne namens Atmosphäre. Klassischerweise wird dafür eigentlich Helium verwendet. Aus Gründen der Verfügbarkeit und Kosten – die irdischen Helium-Ressourcen sind endlich – findet aber inzwischen mehrheitlich Wasserstoff Verwendung.
Nun hat so ein aufsteigender Ballon ganz praktische Eigenschaften. Zum Beispiel lassen sich jetzt Messgeräte an ihm befestigen, die auf dem Weg nach oben die für eine weitere Vorhersage notwendigen Parameter messen. Dabei handelt es sich in erster Linie um Temperatur, Feuchte und Luftdruck. Des Weiteren haben die verwendeten Sensoreinheiten noch einen GPS-Empfänger an Bord. Dieser liefert zusätzliche Informationen zur Höhe und Horizontalgeschwindigkeit des Ballons. Aus der Eigengeschwindigkeit des Ballons lassen sich gleichzeitig Windrichtung und -geschwindigkeit ableiten, sodass keine zusätzliche Windmessung benötigt wird. Damit werden praktischerweise gleich noch Platz und Gewicht gespart.
Die Sensoren wiegen insgesamt nur einige Gramm, sodass der Ballon nur wenig Gewicht mitzuschleppen hat auf dem Weg nach oben. Die Daten, die die Messeinheit unterwegs erfasst, werden dabei auf direktem Wege an eine Empfängerstation am Boden gesendet, sodass man den Weg des Ballons und die gemessenen Profile fast in Echtzeit mitverfolgen kann. Theoretisch könnte so ein Ballon bis fast ins Weltall aufsteigen. Praktisch ist das nicht der Fall. Irgendwann erreicht der Ballon so große Höhen, dass der innere Druck gegenüber dem äußeren Luftdruck die Oberhand gewinnt. Er wird also unterwegs immer größer und größer… bis er platzt. Das ist meist in einer Höhe zwischen 10 und 20 km der Fall, wo der Luftdruck weniger als 10 % des Druckes am Boden beträgt. Es gab auch schon Aufstiege von DWD-Radiosonden, bei denen erst nach etwa 40 km Schluss war.
Nachdem so ein Wetterballon geplatzt ist, fallen die daran befestigten Messinstrumente wieder nach unten. Das ist natürlich kein ganz ungefährliches Unterfangen, auch wenn die Geräte insgesamt sehr leicht sind. Deswegen ist zusätzlich noch ein kleiner Fallschirm am Instrumentarium befestigt, damit das ganze Konstrukt wieder sanft auf dem Boden landet.
Für die findigsten unter Ihnen gibt es sogar die Möglichkeit, sich auf Schnitzeljagd zu begeben: wird die Lokalisierung der herunterfallenden Ballons visualisiert, mit Hilfe derer man versuchen kann, die Überreste zu finden und entweder zu behalten oder zu entsorgen oder sogar – im Falle sogenannter Ozonsonden – auch an den Wetterdienst gegen Finderlohn zurückzusenden!
Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache: Kurzentschlossene haben am morgigen Samstag (21.09.2024) Gelegenheit, an der regionalen DWD-Niederlassung in Potsdam zum Tag der offenen Tür einen Radiosondenaufstieg mitzuerleben. Am Stand der Mobilen Messeinheit finden jeweils um 10:45 Uhr und um 15:00 Aufstiege als Live-Vorführung statt.
M.Sc. Felix Dietzsch (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.09.2024
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