Lesen bildet

Bereits im Jahre 2004 haben die Stiftung Lesen, die Deutsche Bahn und die Zeitung DIE ZEIT den „Vorlesetag“ ins Leben gerufen. In erster Linie wollten die Initiatoren die Bedeutung der Lesekompetenz stärker in den Fokus rücken. Nebenbei steigert Vorlesen aber auch die Neugier und Vorstellungskraft, vor allem bei Kindern.

Der Aktionstag freut sich immer größerer Beliebtheit und so ist es nicht verwunderlich, dass neben vielen ehrenamtlichen Vorlesern auch immer mehr Prominente teilnehmen. In diesem Jahr steht der Tag unter dem Motto: Vorlesen spricht Deine Sprache. Damit soll auf die Vielfältigkeit der in Deutschland gesprochenen Sprachen hingewiesen werden. Und so kommt es auch, dass in diesem Jahr in vielen Sprachen vorgelesen wird. Wer es nicht zu einer der zahlreichen Veranstaltungen schafft, der kann auch online teilnehmen. Unter www.vorlesetag.de gibt es alle Informationen. 

Lesen bildet

Illustration zum bundesweiten Vorlesetag (Quelle: Gert Albrecht für DIE ZEIT, Stiftung Lesen, Deutsche Bahn Stiftung) 

Soviel zum theoretischen Teil. Nun aber zu den versprochenen Büchern für Klein und Groß.

Zu allererst seien die hauseigenen Publikationen erwähnt: Die kleine Wetterhexe gibt es nun schon einige Jahre beim Deutschen Wetterdienst. Mit den Geschichten „Die kleine Wetterhexe feiert ein Fest“ und „Heiße Zeiten“ sollen Kindern die Grundbegriffe des Wetters und die Entstehung erklärt werden. Außerdem gibt es in jedem Heft kleine Rätsel, die das erworbene Wissen abfragen: https://www.dwd.de/DE/presse/publikationen/fuer_kinder_node.html

Aus der bei Ravensburger erschienenen Reihe „Wieso? Weshalb? Warum?“ gibt es ein Band zum Thema Wetter, das die Theorie kindgerecht erklärt. Hier empfiehlt sich nach dem Vorlesen das Selbststudium der Grafiken und Abbildungen, um das Thema in Gänze zu erfassen. Auch der Carlsen Verlag hat ein aufklärendes Buch zu „Wetter und Klima“ unter der Reihe „Frag doch mal die Maus“ veröffentlicht.

Eher poetisch und weniger aufklärend geht es bei „Wetter“ von Sam Usher zu. Die vierteilige Reihe ist beim Annette Betz Verlag erschienen und handelt von einem Jungen und seinem Opa, die aus jedem Wetter das Beste herausholen.

Wer es tierisch mag, der kann mit Matz, Fratz und Lisettchen in Reimform durch die Jahreszeiten wandeln. Erschienen beim NordSüd Verlag erleben drei kleine Eichhörnchen in mehreren Büchern verschiedenes Wetter.

Der Verlag Neunmalklug hat mit „Wolkenzoo und Donnerwetter“ ebenfalls ein eher poetisches Buch über Wolken und Niederschlag herausgebracht. Hier erklären Mama und Papa ihren Kindern die Welt des Wetters auf einer kleinen Reise.

Wer sich nicht mit Kinderbüchern befassen möchte, dem seien „Wetter und Klimaphänomene“ aus dem Ulmer Verlag, „Wetter für dummies“ von John D. Cox und „Wetterkunde für Wanderer und Bergsteiger“ vom SAC (Schweizer Alpen Club) ans Herz gelegt. Einfach und anschaulich werden die wichtigsten Wetterbegriffe erklärt und die Zusammenhänge dargestellt.

Für alle, die nicht nur lesen, sondern auch erfahren wollen, bieten sich Wetterexperimente an. Der Moses Verlag hat in der Reihe „PhänoMINT“ ein Kartenset mit 75 Experimenten rund um Wetter und Klima herausgebracht. In englischer Sprache sei „Clouds in a glass of beer“ empfohlen. Ein Physikprofessor erklärt darin meteorologische Phänomene in alltäglichen Situationen.

Wer sich auf die Suche begibt, der findet sicherlich noch etliche Bücher mehr. Heutzutage hat fast jeder Wetterexperte ein eigenes Buch zum Thema Wetter und/oder Klima verfasst. Wenn Sie also einen Lieblingsmoderator haben, dann suchen Sie doch nach ihm. Wenn man sich den Schreiber bei den Erklärungen bildhaft vorstellen kann, fällt das Verstehen oft etwas leichter.

Diplom-Meteorologin Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Eisige Nächte am Wochenende 

Derzeit zieht Tief „Talat“ von Rügen in die Ostsee. Die zugehörige Luftmassengrenze überquert uns von West nach Ost und sorgt gebietsweise für frühwinterliche Wetterbedingungen in Form von Schneeregen oder Schneefall. Auf der Westflanke des Tiefs wird aber bereits mäßig-kalte Meeresluft aus polaren Regionen nach Süden geführt. Diese Polarluft hält in den kommenden Tagen auch in Deutschland Einzug.
 

Eisige Naechte am Wochenende

Auswahl von Nutzerbildern aus der DWD-WarnWetter-App vom 19. und 20. November 2025. 

In der Folge sinken die Temperaturen allmählich ab. So werden verbreitet niedrige einstellige Höchstwerte erwartet. Bei Schneefall oder im dichten Nebel muss ebenso wie im Bergland mit leichtem Dauerfrost gerechnet werden. Da der Himmel in den kommenden Nächten unter Hochdruckeinfluss teilweise klar bleibt, sinken die Tiefstwerte gebietsweise in den mäßigen Frostbereich (-5 bis -10 °C). Über Schnee werden in der Nacht zum Samstag und Sonntag in einigen Tallagen Süddeutschlands sogar Minima im strengen Frostbereich erwartet (unter -10 °C). 

Eisige Naechte am Wochenende 2

Bodendruckverteilung und Satellitenbild im Europaausschnitt von Donnerstag, den 20 November 2025. Blauer Pfeil markiert den Zustrom mäßig-kalter Polarluft. 

Wie sind diese Tiefstwerte im November einzuordnen?
Vergleicht man die aktuellen Vorhersagen mit dem Klimamittel zwischen 1991 und 2020, so fällt der aktuelle Witterungsabschnitt zu kalt aus. In Abbildung 3 ist die Abweichung der Tagesmitteltemperatur vom Klimamittel 1991 – 2020 (blaue 0 Kelvin-Linie) im Flächenmittel von Deutschland für den Monat November dargestellt. Die grüne Linie zeigt dabei die bisher beobachteten Tagesmitteltemperaturen. Die Linien mit den Farben violett, rot und türkis zeigen verschiedene Vorhersagen bis zum Monatsende. Daraus geht hervor, dass die Abweichung zur Tagesmitteltemperatur am Wochenende fast 6 Kelvin nach unten betragen und somit deutlich zu kalt ausfallen wird.
 

Eisige Naechte am Wochenende 3 

Abweichung der Tagesmitteltemperatur vom Klimamittel 1991 bis 2020 im Flächenmittel in Deutschland von November 2025 samt Vorhersagen bis Monatsende. 

Sind diese Temperaturen rekordverdächtig?
Von neuen Kälterekorden sind wir aber noch ein ganzes Stück entfernt. So gibt es einige Stationen, die in der Vergangenheit in der letzten Novemberdekade Tiefstwerte knapp unter -20 °C registrierten. Beispielsweise maß die Station in Oberstdorf am 22. November 1998 einen Tiefstwert von -22,4 °C. Damals verzeichnete die Wetterstation allerdings eine Schneedecke von 33 Zentimetern. Aber auch Ende November 2010 wurden an der Station -20,1 °C bei 23 Zentimetern Schnee gemessen. Rekordverdächtig sind die aktuellen Vorhersagen also nicht.

Sie geben aber einen kleinen Vorgeschmack auf den bevorstehenden Winter. Immerhin können die Tiefstwerte in Deutschland im Laufe des Winters noch etwas niedriger ausfallen. So registrierte die Station in Wolnzach-Hüll (Bayern) am 12. Februar 1929 eine Temperatur von -37,8 °C und hält damit den bis heute ungeschlagenen Rekord der niedrigsten, jemals offiziell im DWD-Messnetz gemessenen Temperatur in Deutschland. Auf der Zugspitze sank die Temperatur dagegen im Februar 1940 „nur“ auf -35,6 °C als minimalster Wert der dort installierten Wetterstation ab. Grundsätzlich haben Temperaturen unter -25 °C in Deutschland im 21. Jahrhundert aber Seltenheitswert. Eine Temperatur unter -30 °C wurde nach 2000 lediglich auf der Zugspitze nochmals am 26. Februar 2018 gemessen.

Schaut man auf die Kälterekorde weltweit, so zeigt sich deutlich, dass wir in einer gemäßigten Klimazone leben. Denn es geht noch deutlich kälter. Die kältesten Orte auf der Nordhalbkugel liegen in Ostsibirien. Sowohl in Oimjakon (Februar 1933) als auch in Werchojansk (Februar 1892) wurden jeweils -67,8 °C registriert. Diese sind zudem die kältesten bewohnten Orte der Erde. Nicht mehr bewohnt, aber dennoch eisig kalt wird es in Prospect Creek in Alaska (USA). Dort wurden im Januar 1971 -62,2 °C gemessen. Auch im kanadischen Snag wurden im Jahr 1947 -63 °C registriert. Während einer zehnjährigen Messkampagne wurde am Mount Denali, dem höchsten Berg Nordamerikas, ein Kälterekord von -73,8 °C ermittelt.

Die weltweit niedrigste Messung wurde aber – wie könnte es anders sein – im „Eisschrank“ der Erde vorgenommen, der Antarktis. Am 21. Juli 1983 zeigte das Thermometer auf 2 Meter Höhe über dem Eis der russischen Forschungsstation Wostok (Antarktis) -89,2 °C an. Allerdings wurde dieser Kälterekord mithilfe moderner Messmethoden in Form neuester Satellitentechnologie noch unterboten. Im Juni 2018 veröffentlichten Forscher des „National Snow and Ice Data Center“ der Universität von Colorado in Boulder (USA) einen Artikel über den kältesten Ort der Erde im „Geophysical Research Letters“, einem renommierten Wissenschaftsjournal. Dieser befindet sich auf einem Hochplateau im Osten der Antarktis in einer Höhe zwischen 3850 und 4050 Metern. Dort verzeichneten die Forscherinnen und Forscher bei Messungen in den Wintern von 2004 bis 2016 rund 100 Stellen mit der unvorstellbaren Temperatur von etwa -98 °C, ein neuer weltweiter Rekord. Dabei handelt es sich um schmale Täler oder Senken, in denen sich die vergleichsweise schwere Kaltluft ansammelt.

Da Satelliten nur die Bodentemperatur messen, ergibt sich im Vergleich mit Stationen wie Wostok eine geschätzte Lufttemperatur in zwei Metern Höhe von etwa -94 °C, was immer noch rekordverdächtig ist. Die Rekordtemperatur ist von aktuellen deutschen Verhältnissen also ähnlich weit entfernt wie gefrorenes Wasser vom Kochen.

Dass die gemessene Temperatur von -98 °C noch tiefer abfällt, ist laut der Forscher jedoch sehr unwahrscheinlich. Um diese überhaupt erreichen zu können, müssen ideale Bedingungen wie ein klarer Himmel und eine extrem trockene Luft über mehrere Tage anhalten. Tiefere Temperaturen könnten also nur auftreten, wenn diese Bedingungen über Wochen vorherrschen.

Auch wenn es in Deutschland und weltweit deutlich kälter werden kann, sollten die eisigen Temperaturen der kommenden Nächte nicht unterschätzt werden. Wir kommen aus dem Sommerhalbjahr und sind bisher noch nicht vollständige an die Kälte angepasst. Ziehen Sie sich also besser warm an. Für alle „Spätentschlossene“ empfiehlt sich darüber hinaus spätestens jetzt über einen Wechsel von Sommer- auf Winterreifen nachzudenken. 

MSc.Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Wenn es so kräftig regnet, dass es schneit: Die Niederschlagsabkühlung!

Tief TALAT, das am heutigen Mittwoch von den Niederlanden zur Ostsee zieht, sorgt aktuell für nasskaltes beziehungsweise frühwinterliches Wetter in einigen Teilen unseres Landes. Während es in der vorherrschenden Polarluft über der Mitte oberhalb von etwa 200 bis 400 m schneit, fällt der Niederschlag im Norden überall noch als Regen. Überall? Nein! Im Norden von Schleswig-Holstein ist der Regen im Laufe des heutigen Vormittags in Schnee übergegangen. Dabei ist die vorherrschende Luftmasse dort kaum kälter als ansonsten im Norden. Was ist da denn bitte los? 

Schauen wir uns doch mal den vertikalen Temperaturverlauf im Norden von Schleswig-Holstein von heute früh 5 Uhr an. Das entspricht ungefähr dem Zeitpunkt, an dem es angefangen hat, zu regnen. Genauer genommen handelt es sich dabei um einen Modellaufstieg (von einem Wettermodell berechneter Radiosondenaufstieg). Ganz kurz zur Erklärung: Das Diagramm zeigt den vertikalen Verlauf der Temperatur (durchgezogene schwarze Linie) und des Taupunkts (strichlierte schwarze Linie; Maß für die Luftfeuchtigkeit). Auf der unteren, horizontalen Diagrammachse ist die Temperatur in Grad Celsius aufgeführt und auf der linken, vertikalen Achse der Luftdruck in hPa (mit der Höhe abnehmend). Die Temperatur bleibt entlang der roten, von unten nach rechts oben verlaufenden Linien konstant. Mehr dazu finden Sie zum Beispiel im Thema des Tages vom 03.07.2020 . 

Wenn es so kraeftig regnet dass es schneit Die Niederschlagsabkuehlung

Modellaufstieg im Norden Schleswig-Holsteins für den 19.11.2025, 5 Uhr (MEZ). (Quelle:DWD) 

Man sieht, dass die Temperatur in Bodennähe bei knapp 5 Grad liegt, mit der Höhe kontinuierlich abnimmt und im Druckniveau von etwa 925 hPa (entspricht in diesem Fall ungefähr 650 m Höhe) die Null-Grad-Marke erreicht. Außerdem fällt auf, dass Taupunkt- und Temperaturkurve recht nah beieinander liegen, die Luft ist also relativ feucht. Trockene Schichten, in denen der Niederschlag komplett verdunsten und somit nicht am Boden ankommen würde, sind also nicht vorhanden. Da der Schnee nicht direkt mit Überschreiten der Null-Grad-Marke schmilzt, sondern noch etwas weiter in den positiven Bereich fällt, liegt die Schneefallgrenze in diesem Fall bei grob 400 m. Schnee am Boden ist also kein Thema. 

Wenn es so kraeftig regnet dass es schneit Die Niederschlagsabkuehlung 2

Radarbild und Temperatur in 2 m Höhe am 19.11.2025, 5 Uhr. (Quelle:DWD) 

Wenige Stunden später, um 10 Uhr, sieht die Lage deutlich anders aus. Vor allem unterhalb von etwa 925 hPa hat sich die Luft deutlich abgekühlt. Ihre Temperaturkurve verläuft zwischen 950 hPa (etwa 500 m Höhe) und dem Boden entlang der 0-Grad-Isotherme. Die Schichtung dort ist also isotherm, das heißt die Temperatur ändert sich nicht mit der Höhe, sondern bleibt nahezu konstant. Der fallende Schnee hat nun keine Möglichkeit mehr, zu schmelzen und kommt in der Folge am Boden an – es schneit! 

Wenn es so kraeftig regnet dass es schneit Die Niederschlagsabkuehlung 3

Modellaufstieg im Norden Schleswig-Holsteins für den 19.11.2025, 10 Uhr (MEZ). 

Sankt Peter-Ording meldete um 10 Uhr als erste Station im dortigen Niederschlagsgebiet 0 Grad. Um 11 Uhr folgten auch im Binnenland einige Stationen diesem Beispiel.

Wenn es so kraeftig regnet dass es schneit Die Niederschlagsabkuehlung 4 

Radarbild und Temperatur in 2 m Höhe am 19.11.2025, 11 Uhr. (Quelle:DWD) 

Durch die für diese Luftmasse durchaus ordentlichen Niederschlagsraten von bis zu 4 mm pro Stunde konnte einerseits kalte Luft aus etwas höheren Luftschichten zum Boden heruntergemischt werden. Andererseits wurde der Luft durch Verdunstungsprozesse zusätzlich etwas Energie entzogen. Das mündete letztlich im angesprochenen Rückgang der Temperatur und dem Arbeitsauftrag für Frau Holle. 

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Wintereinbruch – oder doch nur spätherbstliches „Geflöckel“?

In einem herrscht Einigkeit: Polare Luftmassen werden in den kommenden Tagen bei uns das Wettergeschehen bestimmen. Es wird kälter, und mit sinkender Schneefallgrenze steigen unweigerlich die Chancen auf Schnee. Eine wesentliche Rolle im Wetterablauf der kommenden Tage nimmt dabei das kleinräumige Tief TALAT ein. Es ist aktuell (Dienstagmittag) auf den Wetterkarten noch über Schottland zu erkennen, soll aber in den kommenden 36 Stunden über die Nordsee und den Norden Deutschlands hinweg zur Ostsee ziehen. 

Wintereinbruch – oder doch nur spaetherbstliches „Gefloeckel

Zugbahn des kleinräumigen Tiefs TALAT sowie Frontenprognose (kleine Karte) für den heutigen Dienstag (12 UTC) 

In Abbildung 1 ist nicht nur die Zugbahn des Tiefs schematisch abgebildet, sondern oben rechts in der Ecke auch ein Ausschnitt der Frontenvorhersagekarte vom gestrigen Montag mit Zieltermin heutiger Dienstag um 12 UTC (13 MEZ). Tief TALAT bildet dabei den südwestlichen Schwerpunkt eines großräumigen Tiefdruckkomplexes, der sich über Skandinavien und weite Teile Nordwestrusslands erstreckt. Tief TALAT blockiert für die Polarluft (blaue Pfeile) aber andererseits auch den direkten Weg nach Mitteleuropa. Entsprechend zeigen die in der Frontenvorhersagekarte dargestellten Isobaren auch eine deutliche „Beule“ in Richtung Südwesten, um die die Polarluft herumgeführt wird. 

Wenn TALAT also in den nächsten Tagen seinen Platz räumt, freuen sich die Eisbären über die für ihre Spezies kommoden Temperaturen. In der zweiten Wochenhälfte liegen die Maxima am Tage nur noch in einer Spanne von 0 bis +5 °C, im Süden wird es wohl Ecken geben, an denen die Werte nicht über den Gefrierpunkt steigen. Und ab der Nacht zum Freitag gibt es dann überall leichten Frost bis -5 °C, im Süden gebietsweise auch mäßigen Frost unter -5°C. 

Bleibt für den Wintereinbruch aber noch die Frage nach dem Schnee – über den sich dann vielleicht die Schneehasen freuen. Bei der Beantwortung dieser Frage spielt TALAT auch eine wesentliche Rolle. Denn genau im Bereich der Zugbahn des Tiefs erwarten manche Modelle recht kräftige Niederschläge. Beispielhaft dafür ist in Abbildung 2 (unten) die Lösung unseres DWD-Modells ICON-EU für den 24-stündigen Schneeanteil bis Mittwochabend angegeben. Auffällig ist über Norddeutschland der Streifen vom nördlichen Emsland und Ostfriesland bis zur schleswig-holsteinischen Ostseeküste – ein Streifen, der recht gut zur Verlagerung von TALAT passt (Abbildung 1). Nimmt man das Modell beim Wort, sollen nördlich von Hamburg bis zu 14 l/m2 in fester Form fallen. 

Aber wieviel Schnee ergibt das dann? Da es sich voraussichtlich um Nassschnee handelt, dürfte ein grober Umrechnungsfaktor pro 2 l/m2 Wasseräquivalent etwa 1 cm Schnee ergeben. Damit sagt das Modell punktuell knapp über 5 cm Neuschnee vorher. Allerdings muss man sagen: ICON-EU prognostiziert eine recht weit südlich verlaufende Zugbahn mit Schneefall vor allem auf der kalten Seite des Tiefs. Und die Niederschläge fallen zumeist ausgangs der Nacht und am Vormittag des Mittwochs, was vom Tagesgang her recht günstig ist. 

Wintereinbruch – oder doch nur spaetherbstliches „Gefloeckel 2

Schneeanteil am 24-stündigen Niederschlag bis Mittwochabend 18 UTC; oben: Modell UK10 des britischen MetOffice, unten: DWD-Modell ICON-EU 

Andere Modelle bieten andere Lösungen. Recht plakativ ist das in Abbildung 2 beim Vergleich des unten dargestellten ICON-EU mit dem oben dargestellten britischen Modell UK10 zu erkennen. Laut dieser Modelllösung kann es im Küstenumfeld mal ein bisschen Schnee geben, ohne dass sich dabei bis Mittwochabend nennenswerte Schneehöhen ansammeln. Wahrscheinlich ist es sogar so, dass der Bodenwärmestrom den Schnee schnell dahinrafft. Dies auch deshalb, weil sich das Tief bei UK10 langsamer verlagert und in der Folge vorderseitig die Warmluftadvektion länger anhält als bei ICON-EU, außerdem setzen die Niederschläge insgesamt später ein bzw. werden erst ab der Mittagszeit kräftiger ausfallen, dann wenn die Temperaturen ihr Maximum erreichen und der Schnee es auch grundsätzlich schwerer hat, eine Schneedecke zu bilden. 

Je mehr Modelle man sich anschaut, desto mehr Lösungen ergeben sich. Insgesamt würde von dieser Stelle die Prognose lauten: Die Norddeutsche Tiefebene bleibt abgesehen von unmittelbar im Einflussbereich des Tiefs gelegenen Bereichen schneefrei bzw. eine eventuelle dünne Schneedecke taut schnell wieder ab. 

Nach der komplexen Analyse der Situation im Norden fällt der Blick auf die nördlichen Mittelgebirge, die in Abbildung 2 ja ebenfalls zu erkennen sind. Dort sind die Unterschiede nicht ganz so gravierend. Bis in mittlere Lagen kann es bis Mittwochabend Schnee geben, laut ICON schaffen es ein paar Flocken auch bis „ganz runter“. Dabei sind aber auch dort die Mengen keinesfalls üppig, um 5 cm Neuschnee in den Hochlagen, auf exponierten Gipfeln um 10 cm, mehr wird es wohl nicht werden. Und auch hier arbeitet der Bodenwärmestrom gegen den Schnee, wenn auch in höheren Lagen nicht ganz so kräftig wie im Norden. 

Die Schneefälle über der Mitte sind dabei an die Kaltfront von Tief TALAT gekoppelt. Dass im Erzgebirge und im Fichtelgebirge kein Schnee verzeichnet wird liegt schlicht daran, dass zu diesem Zeitpunkt die Front noch nicht so weit nach Südosten vorangekommen ist. Erst in der Nacht zum Donnerstag beginnt es im Südosten zu schneien. Aber auch in den südlichen Mittelgebirgen sind die Schneemengen insgesamt überschaubar, und in den nördlichen Mittelgebirgen kommt wegen des dann zunehmenden Hochdruckeinflusses wohl nicht mehr viel Schnee nach – auch wenn der Zustrom polarer Luftmassen anhält. Nur an den Alpen, wo der Schneefall bis in den Freitag anhält, werden üppigere Schneemengen bis in den mittleren zweistelligen cm-Bereich erwartet – grob abgeschätzt könnten dort in Staulagen insgesamt bis zu 40 cm Neuschnee zusammenkommen. 

  

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Begrifflichkeiten und Geografie im Wetterbericht 

Der Wetterbericht für den morgigen Dienstag und die Nacht zum Mittwoch könnte folgendermaßen aussehen: 

Am Dienstag im Norden und Westen viele Wolken und gelegentlich Regen, oberhalb 400-600 m Schnee. Sonst Wechsel von Wolken, Auflockerungen und bevorzugt im Süden längeren sonnigen Phasen, dabei meist trocken. Höchstwerte im Südosten und im Bergland zwischen 2 und 6 Grad, sonst 4 bis 8 Grad. In der Nordhälfte mäßiger Wind aus Südwest bis West, an den Küsten böig auflebend, in der Südhälfte schwachwindig.
In der Nacht zum Mittwoch in der Nordwesthälfte viele Wolken und zeitweise Regen, ab mittleren Lagen etwas Schnee, Minima zwischen 3 und 0 Grad. In der Südosthälfte gering bewölkt oder klar und niederschlagsfrei, Minima zwischen 0 und -7 Grad. Örtlich Glätte. 

Räumliche und zeitliche Begriffe wurden fett markiert. Dass Schleswig-Holstein zum Norden gehört und der Niederrhein zum Westen ist unstrittig, aber wie schaut es beispielsweise mit dem Rhein-Main-Gebiet oder der Altmark aus? Eine grobe Einschätzung, die für Berichte des Deutschen Wetterdienstes verwendet wird, ist aus den folgenden Bildern zu entnehmen. Die Grenzen sind dabei etwas schwammig und sollten nicht für bare Münze genommen werden, aber ein ungefährer Überblick ist dadurch definitiv gegeben.

 Begrifflichkeiten und Geografie im Wetterbericht

Geografische Aufteilung Deutschlands in Nord- und Südhälfte sowie in West- und Osthälfte. Quelle: DWD 

Begrifflichkeiten und Geografie im Wetterbericht 2

Geografische Aufteilung Deutschlands in Nordost- und Südwesthälfte sowie in Nordwest- und Südosthälfte. Quelle: DWD 

Begrifflichkeiten und Geografie im Wetterbericht 3

Geografische Aufteilung Deutschlands in Norden, Mitte und Süden sowie in Westen, Osten, Nordwesten, Nordosten, Südwesten und Südosten. Quelle: DWD 

Nachdem nun die Geografie behandelt wurde, sollen die nachfolgenden Tabellen Aufschluss über die Verbreitung und räumliche sowie zeitliche Ausdehnung der Wetterparameter (meist in Bezug auf Niederschlag) liefern. 

Begriff  Räumliche Angaben  Prozent des Vorhersagegebietes 
vereinzelt, einzelne  Niederschlag auf kleinstem Gebiet oder in einer Großstadt nicht in allen Stadtteilen  < 10 % 
örtlich  Ein etwas größerer Teil des Gebietes  10 bis 20 % 
strichweise    10 bis 30 % 
gebietsweise  ein größerer Teil des Gebietes  20 bis 50 % 
verbreitet  mehr als 50 % aller Stationen mit Niederschlag  > 50 % 
vielfach  an vielen Orten, aber nicht zusammenhängend   
Begriff  Zeitliche Angaben  Prozent des Vorhersagezeitraums 
kaum    < 10 % 
gelegentlich  in größeren zeitlichen Abständen, Dauer jeweils kurz  ≤ 30 % 
wiederholt kurze  in häufiger zeitlicher Abfolge, Dauer jeweils kurz  mehrere aufeinander folgende Ereignisse 
wiederholt  in häufiger zeitlicher Abfolge  mehrere aufeinander folgende Ereignisse 
zeitweise  in Zeitabständen von längerer Dauer  30 bis 60 % 
länger andauernde  Niederschlag über eine längere Zeit hinweg  > 60 % 
überwiegend    > 80 % 
meist    > 90 % 

Jetzt aber genug Geografie und Begrifflichkeiten im heutigen Thema des Tages. Hoffentlich wurde mit den Ausführungen etwas klarer, welche geografischen Einordnungen und Begrifflichkeiten wir beim Deutschen Wetterdienst verwenden. 

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Ein gestörter Polarwirbel ist nicht alles

Wie so oft zu dieser Jahreszeit richten einige Meteorologen ihre Blicke nach oben. „Nichts Ungewöhnliches!“ möchten Sie sagen? Das stimmt! Gemeint ist aber „ganz weit nach oben“. Im Mittelpunkt stehen die Stratosphäre und besonders der sich alljährlich zur Winterzeit etablierende Polarwirbel. Leider wird dessen Intensität (und besonders seine Schwächephase) jedes Jahr immer wieder in diversen Presseartikeln mit unweigerlich drohenden Schneestürmen und klirrender Kälte in Verbindung gebracht. Doch ist das alles auch wirklich so einfach? 

Zunächst stellen wir einige treibende Kräfte vor, betrachten deren Istzustand sowie ihre weitere Entwicklung im subsaisonalen Vorhersagebereich – also drei bis sechs Wochen in der Zukunft. Dies ist nur ein flüchtiger Blick in die Thematik der subsaisonalen Vorhersage und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dennoch dürfte dieser oberflächliche Blick die Komplexität des Themas bereits hervorheben. 

Polarwirbel in der Stratosphäre [englisch: stratospheric polar vortex (SPV)]:
Erklärung: Thema des Tages 29.12.2023 und Thema des Tages 20.07.2022

 Ein gestoerter Polarwirbel ist nicht alles

Bild 1: Der zonal gemittelte Zonalwind in 10 hPa bei 60 Grad Nord.  

In Bild_1 zeigt die dicke blaue Linie das Mittel des Ensembles vom ECMWF (IFS-ENS) sowie in rot das Mittel der Hintergrundklimatologie des Modells. Dem SPV steht zum Ende dieses Novembers also eine erhebliche Abschwächung bevor, die durch planetare Wellen angetrieben wird. Diese brechen sich in der Stratosphäre (wie Wellen am Strand) und schwächen den aus westlicher Richtung wehenden Polarwirbel mit der Zeit ab. Die Abschwächung erfolgt umso effektiver, je länger diese Störungen andauern. Dies geht teilweise bis hin zur Windumkehr eines „major warmings“, wobei die Wahrscheinlichkeit einer Windumkehr bei diesem Ereignis mittlerweile etwas zurückgegangen ist. Eine schöne Skizze diesbezüglich wurde von den Kollegen der NOAA erstellt.

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Bild 2: Wie eine Störung des Polarwirbels in der Stratosphäre die Troposphäre erreichen kann. 

Die Vorhersage des ECMWF deutet in der Folge eine sukzessive Regeneration des SPV an, allerdings bis auf Weiteres unter dem Klimamittel verlaufend, was auf einen vorerst noch schwächelnden Polarwirbel hindeutet. Das amerikanische Wettermodell der NOAA hebt aus heutiger Sicht gar eine noch länger anhaltende und kräftigere Schwächephase des SPV bis weit in den Dezember hervor. Wie sich im Verlauf der kommenden Wochen die störenden Einflüsse aus der Troposphäre auf den SPV auswirken ist noch sehr unsicher und wird innerhalb der Numerik nur schwer erfasst. Daher sind weitere Überraschungen bezüglich der Intensität des SPV innerhalb der kommenden Wochen nicht ausgeschlossen. 

Polarwirbel in der Troposphäre [englisch: tropospheric polar vortex (TPV)]:
Erklärung der zweideutigen Bedeutung dieses Begriffs: Thema des Tages 20.02.2023 

Der TPV besteht im Gegensatz zum SPV nicht aus einem zusammenhängenden Starkwindband, sondern setzt sich eher aus unterschiedlich großen planetaren Wellen mit variabler Anzahl zusammen (mit Blick auf die Nordhemisphäre). Diese Wellen verlagern sich (oder auch nicht) entlang des Jet streams (bzw. „wave guide“) und heben ein deutlich variableres Verhalten im Vergleich zum SPV hervor. 

Wichtig ist, dass bei einer Veränderung des SPV die Erwärmung aus der oberen Stratosphäre auch in Richtung Troposphäre gebracht wird, was jedoch bei Weitem nicht immer gewährleistet ist. Einem schwachen SPV kann ein kräftiger TPV und umgekehrt gegenüberstehen. Dieser Informationstransfer steht weiter im Fokus der Forschung. Aktuell deuten die Vorhersagen an, dass die Erwärmung inklusiver einer Windabschwächung recht zügig in Richtung untere Stratosphäre vorankommen könnte, was besonders bei einem „major warming“ der Fall wäre. Diese Entwicklung birgt aktuell das größte Potenzial für kalte Überraschungen im Bereich der subsaisonalen Vorhersage. 

Quasi-Biennial Oszillation (QBO):
Erklärung: Thema des Tages 04.09.2021

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Bild 3: Darstellung der aktuellen QBO-Phase.  

Statistisch gesehen wirkt sich die periodisch wechselnde und sich nun in der östlichen Phase befindende QBO abschwächend auf den SPV aus, was wiederum die Wahrscheinlichkeit für gestörte Phasen des SPV im Verlauf dieses Winters grundsätzlich erhöht.
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Bild 4: SST Abweichungen von der ESA SST CCI Klimatologie 

Beim Blick auf die Anomalien der Wasseroberflächentemperaturen rund um Europa fallen beinahe durchweg positiven Anomaliewerte von 0.5 bis 2, lokal bis über 3 Kelvin ins Auge. Arktische Luftmassen, die nun südwärts über diese Wasserflächen geführt werden, können wenigstens in den unteren Bereichen stark modifiziert (sprich: erwärmt) werden. Bei einer aktuell unter dem Interdezilbereich (also zwischen dem 10. und 90. Perzentil der Datenmenge) verlaufenden Meereisverteilung ist auch ausreichend Meeresoberfläche für eine nachhaltige thermische Änderung der einst so eisigen Luftmasse vorhanden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die positiven Anomalien der Wassertemperaturen z.B. auf die regionale Druckverteilung, Aktivität der Konvektion, Lage und Intensität der Jets etc. auswirken können. Dies sät weitere Unsicherheiten in ansonsten bekannten Mustern der Ausbreitung von planetaren Wellen. 

El-Nino Southern Oszillation (ENSO) und Madden-Julian-Oszillation (MJO):
Erklärung ENSO: Beschreibung der ENSO(DWD)(siehe „Weitere Informationen zum Thema“)
Erklärung MJO: Thema des Tages 06.09.2015

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Bild 5: Entwicklung der ENSO 

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Bild 6: Entwicklung der MJO  

Ein wichtiger Baustein ist auch die niederfrequente ENSO (Bild_5) im Pazifik, die aktuell im La Nina Zustand verweilt, wenngleich nur im Bereich einer schwachen La Nina mit bereits vom La Nina Zustand abweichenden Bedingungen in der oberen Troposphäre. Eine allmähliche Abschwächung der kalten ENSO ist ab dem Jahreswechsel zu erwarten. Auf den SPV wirkt sich eine kalten ENSO eher verstärkend aus. 

Darin eingebettet wird die Verlagerung der Madden-Julian-Oszillation (MJO) verfolgt, die entweder konstruktiv oder destruktiv mit der ENSO interagiert. Ausgehend von diesen tropischen Konvektionsbereichen werden je nach Intensität und Phase auf troposphärischen Pfaden Rossbywellen in die Außertropen geführt, die nicht selten im Atlantik per Fernwirkung (fachlich: „downstream development“) auch die Nordatlantische Oszillation (NAO) beeinflussen. Aktuell geht die MJO durch Phase 6 in Phase 7, allerdings mit geringer Intensität. Die Fernwirkung für den europäischen Sektor wäre bei Passage dieser MJO-Phasen eigentlich eine blockierungsfreudige. Allerdings darf der Einfluss dieser MJO dank rascher Abschwächung angezweifelt werden. Interessant könnte es werden, sollte sich im Dezember eine neue Welle in diesem Phasenbereich (6 bis 8) entwickeln, was von einzelnen Modellen angedeutet wird. 

Globale Impulsbilanz: 

Hier geht es stark vereinfacht um den Impulstransfer zwischen Atmosphäre und der Landmasse. Konvektion nahe der Tropen verteilt höheren Impuls polwärts (variable Drehbewegung der Erde am Äquator und Pol), der wiederum entlang bestimmter Gebirgszüge zurückgeführt wird (eng. „mountain bzw. friction torques“). Ein Beispiel ist der Himalaya. Dieser Energietransfer kann Einfluss auf die Intensität des Höhenjets haben bzw. die Wahrscheinlichkeit für blockierende Hochdruckgebiete beeinflussen. Seit Mitte Oktober fand nach Monaten der negativen globalen Impulsbilanz (klassisch bei sich entwickelnden La Nina Ereignissen) ein rasanter Anstieg in neutrale Gefilde statt, was sich aktuell günstig auf weit nördlich ansetzenden Blockierungslagen ausgewirkt hat. 

Fügen wir all das Gesagte zusammen und versuchen daraus ein Bild für die nun anstehende Entwicklung im subsaisonalen Vorhersagebereich (Dezember/Januar) abzuleiten. 

Der sich abschwächende Polarwirbel in der Stratosphäre ist für Winterfans schon mal ein guter Anfang. Günstig wäre ein „major warming“, was uns für Mitte/Ende Dezember eine gute Ausgangslage für Kaltlufteinbrüche bescheren könnte (sollte die Kopplung Stratosphäre-Troposphäre gelingen). Es sieht aber auch im Ensemble vom EZMWF (dem IFS-ENS) eher nach einem „minor warming“ aus, somit ohne Windumkehr und daher weiter anfällig für Störungen aus den außertropischen Bereichen. In dem Fall wäre die treibende Kraft für eventuelle Blockierungslagen eher aus der Troposphäre heraus zu erwarten, was aber mit einer komplexen und nur schwer zu erfassenden Dynamik innerhalb der Troposphäre einhergeht. Zusätzlich erfolgt auch ein komplexes Zusammenspiel mit der tropischen Konvektion und/oder mit der Wasseroberflächentemperatur der Weltmeere. 

In der nun anstehenden Arbeitswoche steht ja in Deutschland eine nachhaltige Abkühlung bevor. Deren Antrieb scheint einerseits aus der Troposphäre zu kommen, andererseits spielt sicherlich auch die jüngste Entwicklung innerhalb der Stratosphäre eine Rolle, wo eine Erwärmung im kanadischen Sektor beobachtet wurde, auch als „canadian warming“ bekannt. Die dadurch induzierte und weit zum Pol reichende blockierende Antizyklone über Grönland sorgt nächste Woche für eine cross-polare Nordströmung mit Schneeoptionen im Bergland und nass-kalter Tieflandwitterung. Vielleicht kann man auch im Tiefland hier und da in den Genuss von etwas Nassschneefall kommen, wo sich aber Tageszeit und Niederschlagsintensität günstig überlappen müssen. Beeindruckend ist das nordhemisphärische Strömungsmuster allemal, allerdings auch die abschwächende Wirkung der modifizierend wirkenden Oberflächentemperatur der Nordmeere. 

Die jüngste subsaisonale Vorhersage des EZMWF für Dezember 2025 scheint die blockierungsfreudigen Signale sowohl aus der Troposphäre, aber auch aus der Stratosphäre zu erkennen. Es wird im Verlauf des Dezembers (Mitte/Ende Dezember) ein ansteigendes Potenzial für eine blockierende Antizyklone entweder im grönländischen oder skandinavischen Sektor hervorgehoben. Einhergehend mit dieser Blockierung im IFS-ENS gehen auch die subsaisonalen Temperaturvorhersagen für Mitteleuropa ab Mitte Dezember etwas zurück. 

Fassen wir also zusammen: Einige der genannten Bausteine sehen im Vergleich zu den letzten Jahren günstiger aus für winterliche Intermezzi ab Mitte Dezember bis in den Januar hinein. Auch wenn aus aktueller Sicht besonders Kanada und weite Bereiche der USA von dieser Störung des Stratosphärenwirbels durch Kaltluft und Schnee zu „profitieren“ scheinen, so bleibt für uns wenigsten das Potenzial. Jetzt gilt es erst einmal die zeitnah erfolgende Störung beim SPV zu verfolgen. 

Zum Schluss machen wir es uns aber einfach und schauen, wie sich vergangene Winter mit einer östlichen QBO, einer kühlen/neutralen ENSO oder aber einer La Nina und weiteren, mit der aktuellen Ausgangslage übereinstimmenden Merkmalen entwickelt haben. Es fließen zusätzlich die Ausarbeitungen von Gray et. al. (2004) mit ein [Gray et. al. (siehe „Weitere Informationen zum Thema)]. 

Ein gestoerter Polarwirbel ist nicht alles 7

Bild 7: Ähnliche Winter an Hand der NOAA 20th Century Reanalysis 

Der Einstieg in den Winter 2025/26 steht recht gut im Einklang mit ähnlichen Wintern, die zum Beginn (Dezember/Januar) häufig negative AO/NAO Werte aufwiesen. Dies war in diesem Herbst (über September und Oktober gemittelt) bereits der Fall. In der jüngsten subsaisonalen Vorhersage des ECMWF wird Ende Dezember im Bereich der Aleuten und über Grönland eine positive Abweichung beim Bodendruck angezeigt. Dies deckt sich auch mit einem statistisch recht frühen Auftreten einer Erwärmung/Störung des Stratosphärenwirbels in diesen Jahren. 

Im Verlauf der jeweiligen Winter (ab dem Februar) erkennt man jedoch eine sich immer weiter ausweitende negative Bodendruckanomalie im Bereich des Nordpols, was sich auch mit einem stetig verstärkenden SPV deckt. Dieses Muster zeichnet sich auch in den jüngsten europäischen Saisonalvorhersagen ansatzweise ab, wenngleich hier natürlich noch hohe Unsicherheiten vorhanden sind. Hierfür wurde das C3S Multisystemvorhersage von Copernicus betrachtet.

Die Stärkung des SPV würde durch ein La Nina Ereignis gestützt werden, das einen kräftigeren und stabilen Polarwirbel (statistisch) fördert, der allerdings durch die östliche QBO immer wieder angegriffen werden kann. Daher sehen auch die Saisonalvorhersagen für Kanada und Teile der nördlichen USA negative Temperaturabweichungen vorher, was deckungsgleich ist mit einem schwächelnden Aleutentief (La Nina) und möglicherweise wiederholt auftretenden Wellenreflexionen entlang des SPV. Letztere würden den Bodendruck im Bereich der Aleuten ebenfalls tendenziell erhöhen. Kanada, am Ostrand dieser positiven Druckanomalie gelegen, wäre daher gut positioniert für wiederholt auftretende, intensive Kaltluftausbrüche. 

Die genannten Tendenzen fußen auf vergangene Ereignisse, auf den Istzustand und auf die jüngsten (sub)saisonalen Vorhersagen. Diese Abschätzungen sind aber unzähligen Überraschungen unterworfen, ausgelöst durch Wechselwirkungen der einzelnen Bausteine (z.B. La Nina und QBO), Überraschungen aus Richtung der Stratosphäre und einer dynamischen Troposphäre im Wechselspiel mit den warmen Meeresoberflächen. Diese Komplexität lässt einerseits nur Tendenzabschätzungen zu, zeigt aber auch, dass lineare Aussagen (schwacher SPV = eisige Kälte) ebenso kaum zielführend sind. Abgerechnet wird dann Ende Februar, wenn der meteorologische Winter 2025/26 Geschichte ist. 

Dipl. Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Nasser Norden 

Schon im gestrigen Thema des Tages wurde die Luftmassengrenze über Norddeutschland angesprochen. Auch die Abläufe mit der Hebung der Warmluft durch die von Norden einströmende Kaltluft wurden skizziert. Da kann man sich natürlich die Frage stellen, wieviel Regen denn bisher gefallen ist – auch wenn der Regen im Norden weiterhin andauert.

Die Abbildung eins zeigt dazu oben die 24-stündigen Niederschlagsmengen bis zum gestrigen Morgen (14.11., 07 MEZ), unten sind entsprechend die 24-stündigen Mengen bis zum Samstagmorgen abgebildet. Dabei stammen die Zahlenwerte aus dem DWD-Messnetz, die Flächendarstellung ist dagegen aus dem DWD-Radarverbund abgeleitet (die zu den Radardaten gehörende Legende ist rechts im Bild zu sehen). Schon am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag bildete sich ein Streifen vom mittleren Emsland bis in die Lüneburger Heide, in dem über 10 mm, lokal sogar über 15 mm zusammengekommen sind (Station Saterland-Ramsloh: 17 mm).

Am Freitag selbst intensivierte sich dann das Niederschlagsgeschehen. Von Ostfriesland und dem nördlichen Emsland bis nach Vorpommern zog sich ein Bereich mit mehr als 15 mm akkumuliertem Regen, in diesem Streifen war, geht man nach den Messstationen, der Regen in Emden mit 31 mm am ergiebigsten. 

Nasser Norden

24-stündige Niederschläge über dem Norden Deutschlands, oben bis Freitagmorgen, 14.11., 07 MEZ, unten bis Samstagmorgen, 15.11., 07 MEZ. Flächige Darstellung: Niederschlagswerte abgeleitet aus dem Radar, Zahlenwerte: Messungen aus dem Messnetz. 

Erklären kann man die Intensivierung der Hebung und der Niederschlagsraten mit einem verstärkten Aufgleiten. In der Höhe wurde warme Luft noch etwas nach Norden gedrückt. So stieg die Temperatur in 500 hPa (etwa 5,5 km Höhe) über Sylt um etwa 2 °C an (von knapp über -20 °C auf knapp über -18 °C). Andererseits sickerte bodennah Kaltluft ein und schob sich nach Süden voran. Die Abbildung zwei zeigt entsprechend die Temperatur (und den für uns hier nicht relevanten Taupunkt) im südlich von Bremen gelegenen Bassum. Während am Donnerstag noch der übliche Tagesgang zu erkennen ist, bei dem die Temperatur am Morgen etwa 9 °C beträgt und sich bis zu einem Spitzenwert von etwa 16 °C am frühen Nachmittag aufschwingen kann, zeigt der Freitag ein gänzlich anderes Bild. Aus der Nacht heraus bei milden 11 °C liegend, sinkt die Temperatur ab dem Morgen kontinuierlich ab. Abends sind es dann nur noch gut 6 °C, die Kaltluft ist bodennah also vorangekommen. Das Zusammenspiel dieser gegenläufigen Entwicklungen in der Höhe und am Boden ist ein Grund für den kräftigeren Regen am Freitag. 

Nasser Norden 2

Meteogramm mit der Temperaturentwicklung der Station Bassum am Donnerstag und Freitag (12. und 13.11.) 

Es lohnt sich allerdings, noch einmal einen zweiten Blick auf den unteren Teil der Abbildung eins zu werfen. Denn auffällig ist dort nicht nur der angesprochene Niederschlagsstreifen, sondern auch eine halbkreisförmige Zone vermeintlich sehr starker Niederschläge über der Nordsee. Allerdings handelt es sich hier mitnichten um kräftigen Regen, sondern um ein Artefakt bei der Radarmessung.

Im gedachten Zentrum des Halbkreises steht eine 17 (Niederschlagsmessung in mm des Flugplatzes auf Borkum). Und nicht weit davon entfernt (für Borkum als Insel aber dann doch relativ weit weg) steht am Borkumer Hafen der Radarturm des Deutschen Wetterdienstes. Der Halbkreis scheint sich um das Radar herum zu winden – und das hat gute Gründe. Denn die Strahlen, die das Radar aussendet, schließen mit dem Erdboden immer einen kleinen Winkel ein. Sie sind also leicht nach oben gerichtet. In der Folge erreichen sie irgendwann die Schicht in der Atmosphäre, in dem der fallende Niederschlag schmilzt. In dieser Schicht werden die Radarstrahlen besonders effektiv reflektiert, was dann als besonders kräftiger Niederschlag interpretiert wird. 

Nasser Norden 3

Brightband-Effekt: grafische Erläuterung (unten) sowie Beispielwetterlage (oben) 

Die Abbildung drei zeigt dazu eine schematische Darstellung (unten) und ein Beispielbild aus dem Jahr 2019. Weitere Erläuterungen sind auch im DWD-Lexikon zu finden, aus dem auch die Grafik stammt. Und dort findet man auch die Erklärung dafür, warum der Ring am gestrigen Tag nur ein halber Ring gewesen ist. Der Ring oder Ausschnitte eines Ringes werden vom Radar dann abgebildet, wenn der Radarstrahl im Bereich der Schneefallgrenze unterwegs ist. Und die Schneefallgrenze lag gestern auf der Nordseite der Luftmassengrenze in der Kaltluft viel niedriger als in der südlich der Luftmassengrenze befindlichen Warmluft. Entsprechend stärker ist die Reflektivität – und es entsteht ein halber Ring.

Noch als Schlussbemerkung: Genau genommen ist die Niederschlagsabschätzung aus den Radarreflektivitäten natürlich kein einzelnes Radarbild, sondern nutzt eine Vielzahl von Einzelbildern. Eine gewisse Verzerrung der Situation durch zeitliche Entwicklungen ist somit eigentlich zu erwarten. Umso erstaunlicher, wie klar sich der Ring trotz der zeitlichen Integration bzw. Aufsummierung herausbildet. Das spricht auch dafür, dass sich die Situation im Laufe des Tages nur wenig verändert hat und die Position der Luftmassengrenze recht stabil gewesen ist. 

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Was kostet dein täglicher Chat mit der Umwelt?

Digital ist nicht gleich emissionsfrei

Das Internet scheint auf den ersten Blick sauber zu sein. Kein sichtbarer Müll, keine rauchenden Schornsteine, kein Stau auf der Datenautobahn. Doch sobald du eine Frage an eine KI stellst, beginnt im Hintergrund ein hochkomplexer Prozess. Server springen an, Daten werden verarbeitet, verschickt, gespeichert. All das braucht Energie. Nicht ein bisschen, sondern ziemlich viel.

Gerade große Sprachmodelle wie ChatGPT wurden mit enormen Datenmengen trainiert. Dieses Training erfordert monatelanges Rechnen in gigantischen Rechenzentren, oft betrieben von Hunderten oder sogar Tausenden Servern.

Um beispielsweise KI-Modelle wie ChatGPT zu trainieren, wird laut Expertenschätzungen etwa so viel Strom benötigt wie für eine Großstadt. Das sorgt nicht nur für einen enormen Stromverbrauch, sondern auch für zusätzliche Kühlleistung. Schließlich müssen diese Maschinen rund um die Uhr laufen, ohne zu überhitzen. Eine einzelne Trainingsphase kann so viel CO₂ ausstoßen wie mehrere Langstreckenflüge.

Was kostet dein taglicher chat mit der umwelt

Stromverbrauch von Rechenzentren

Der tägliche Verbrauch zählt

Natürlich verursacht nicht jede einzelne Anfrage solche Mengen an Emissionen. Aber auch der alltägliche Gebrauch von KI ist energieintensiver als man denkt. Schätzungen zufolge verbraucht eine einzige KI-Anfrage drei- bis fünfmal so viel Energie wie eine klassische Google-Suche. Und wenn du dann mehrere Fragen am Tag stellst, rechnet sich das schnell hoch. Multipliziert man das mit Millionen Nutzern weltweit, ergibt sich ein überraschend großer ökologischer Fußabdruck.

Dabei spielt nicht nur der Energiebedarf selbst eine Rolle, sondern auch die Frage, woher der Strom kommt. Wird das Rechenzentrum mit grünem Strom betrieben oder mit fossiler Energie? Leider ist das oft unklar. Transparenz ist in dieser Branche noch keine Selbstverständlichkeit.

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Energy consumption

Wo landen deine Daten eigentlich?

Viele Rechenzentren stehen in Ländern mit günstigen Strompreisen. Das klingt auf den ersten Blick effizient, ist aber in Sachen Nachhaltigkeit nicht immer optimal. Denn günstiger Strom bedeutet nicht automatisch klimafreundlicher Strom. In manchen Regionen wird Energie noch immer aus Kohle oder Gas gewonnen. Auch wenn einige Tech-Konzerne mittlerweile grüne Initiativen starten, ist der Wandel längst nicht überall vollzogen.

Je nach Standort des Nutzers und technischer Struktur der Anwendung können Anfragen unterschiedliche Wege nehmen. Deine Frage an die KI wird möglicherweise über viele Server geleitet, bevor sie verarbeitet wird. Je nach Tageszeit, Netzbelastung und Serverkapazität kann sich der Energiebedarf pro Anfrage also deutlich unterscheiden.

Digitale Tools als heimliche Stromfresser

Manche Nutzer verändern den Weg ihrer Daten ganz bewusst. Wer etwa einen günstigen VPN nutzt, leitet seine Anfrage durch zusätzliche Server – oft in einem anderen Land. Das hat Vorteile beim Datenschutz und schützt die eigene Privatsphäre. Gleichzeitig wird der Datenweg verlängert und komplexer. Das ist nicht dramatisch, aber es erhöht den Ressourcenverbrauch pro Anfrage ein kleines Stück.

Gleiches gilt für Browser-Erweiterungen oder Tracker-Blocker. Auch sie greifen in die Struktur des Datenflusses ein und können die Rechenleistung leicht erhöhen. Das ist in vielen Fällen sinnvoll und notwendig, aber es ist gut zu wissen, dass auch solche digitalen Helfer einen kleinen Einfluss auf die Umweltbilanz haben können.

Was kannst du tun?

Du musst nicht auf KI verzichten oder dein digitales Leben komplett ändern. Aber ein bewussterer Umgang kann schon viel bewirken. Frag dich beim nächsten Mal kurz, ob du die Antwort von ChatGPT wirklich brauchst – oder ob du sie auch selbst finden kannst. Vielleicht hilft ein Blick ins Bücherregal, ein Gespräch mit einer Kollegin oder dein eigener gesunder Menschenverstand.

Auch etwas Ordnung im digitalen Alltag tut gut. Muss jede App ständig im Hintergrund laufen? Brauchst du wirklich alle Push-Nachrichten? Und ist ein VPN immer nötig – oder nur in bestimmten Situationen?

Und was ist mit den Anbietern?

Während du als Nutzer deinen kleinen Teil beitragen kannst, liegt die größere Verantwortung bei den Anbietern. Rechenzentren effizienter gestalten, auf Ökostrom setzen, Prozesse optimieren – all das ist technisch längst möglich. Was fehlt, ist häufig der Druck von außen. Mehr Transparenz über den Energieverbrauch einzelner Dienste wäre ein Anfang. Und auch regulatorisch könnte mehr passieren, um nachhaltige digitale Infrastrukturen zur Norm zu machen.

Fazit: Smarte Tools, echte Auswirkungen

Digitale Technologien wie ChatGPT erleichtern uns den Alltag und eröffnen faszinierende Möglichkeiten. Aber sie sind nicht gratis – zumindest nicht für die Umwelt. Jeder Chat, jede Suche, jede KI-generierte Antwort hat ihren Preis, auch wenn wir ihn auf der Stromrechnung nicht direkt sehen.

Deshalb lohnt sich ein zweiter Blick auf die eigene digitale Gewohnheit. Wer seine Tools überlegt einsetzt, kann nicht nur sich selbst besser schützen, sondern auch einen kleinen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Das gilt übrigens nicht nur für KI, sondern auch für Streaming, Cloud-Speicher, Online-Gaming und vieles mehr. Das digitale Leben ist nicht immateriell – es ist nur unsichtbar. Und genau deshalb sollten wir es bewusst gestalten.

Polarluft versus Warmluft 

Zwei völlig konträre Luftmassen treffen derzeit in Deutschland aufeinander. Während in den Norden bereits polare Meeresluft einfließt, lagert im Süden subtropische Warmluft. Dort wo diese zwei Luftmassen aufeinandertreffen hat sich eine Luftmassengrenze etabliert, in deren Umgebung es zu länger anhaltenden Regenfällen kommt. Am Freitagmorgen erstreckte sich die Luftmassengrenze in etwa vom Emsland über die Lüneburger Heide bis in die Uckermark. 

Polarluft versus Warmluft

Analysekarte für Europa mit Lage der Druckgebilde und Isobaren sowie Stationsdaten am Freitagmorgen, den 14.11.2025 um 06 UTC. Quelle: DWD 

Am heutigen Freitag stehen in der Warmluft im Süden und Südwesten des Landes nochmals außergewöhnlich milde Temperaturen auf der Agenda. Die Höchstwerte bewegen sich dort zwischen 18 und 22 Grad. Bereits gestern wurden ähnliche Maxima erreicht, sodass an einigen Stationen Dekaden-, teils auch Monatsrekorde gemessen wurden. Nachfolgend eine kleine Tabelle der Höchstwerte des gestrigen Tages (Donnerstag, 13.11.2025).
 

Station  Temperatur 
Emmendingen-Mundingen (BW)  22,3 °C. 
Baden-Baden-Geroldsau (BW)  22,1 °C. 
Freiburg (BW)  22,0 °C. 
Hechingen (BW)  21,5 °C. 
Elzach-Fisnacht (BW)  21,4 °C. 

Am Samstag gehen die Höchstwerte dann auch im Süden etwas zurück, liegen aber immer noch im sehr milden Bereich zwischen 10 und 15 Grad. 

Wir wollen uns nun aber der Luftmassengrenze am Samstagnachmittag widmen. In nachfolgendem Bild wurde eine Cross-Section, also ein Vertikalschnitt durch die untere Atmosphäre, durchgeführt. Die Route verläuft vom äußersten Süden über die Mitte bis in den Norden Deutschlands (Kaufbeuren-Meiningen-Peine-Hamburg-Flensburg). 

Polarluft versus Warmluft 2

Cross-Section von Süd nach Nord am Samstagnachmittag, den 15.11.2025 um 15 UTC. Quelle: DWD 

Im oberen Bild ist die Bewölkung in verschiedenen Höhenniveaus (1), die Nullgradgrenze (2), die Schneefallgrenze (3) und die Topografie (4) abgebildet. Die ganzen Angaben beziehen sich immer auf den jeweiligen Streckenabschnitt (Distanz zum Startpunkt ist ganz unten im Bild in Kilometer angegeben). Ganz im Süden herrscht am Samstagnachmittag nur etwas hohe Bewölkung vor, anschließend gesellt sich weiter in Richtung Landesmitte auch mittelhohe Bewölkung dazu und im frontalen Bereich (Luftmassengrenze) erstreckt sich die Bewölkung nahezu über alle Höhenniveaus. Ganz im Norden gibt es dann kaum noch Bewölkung. Die Höhe der Nullgradgrenze verläuft im Bereich der Warmluft sehr konstant in etwa 2500 m Höhe und sinkt dann nördlich der Luftmassengrenze rapide auf etwa 800 m ab. Mit der Schneefallgrenze verhält es sich ähnlich auf etwas niedrigerem Niveau. Das ist daher der Fall, da Schnee auch bei leichten Plusgraden fällt, bevor er schmilzt. Da die Schneefallgrenze aber auch im Norden noch bei 400-600 m liegt und es dort keine entsprechend hohen Erhebungen gibt, ist am Samstag auch in der Polarluft nicht mit Schneefall am Boden zu rechnen. 

Im unteren Bild ist die Temperatur in verschiedenen Höhenniveaus sowohl als farbige Flächendarstellung, als auch als Zahlenwert abgebildet. In der Warmluft ergibt sich eine relativ homogene Verteilung und die Temperatur nimmt nach Norden hin langsam ab. Als interessant kristallisiert sich der rot eingekreiste Bereich heraus. Hier kann bodennah mit einem östlichen Wind bereits die kältere Luft (blauer Pfeil) einfließen, während im etwas höheren Niveau noch die Warmluft vorherrschend bleibt. Die Kaltluft schiebt sich also wie ein Keil unter die Warmluft und zwingt diese zur Hebung, wodurch Niederschläge ausgelöst werden. Wäre die einfließende Kaltluft bodennah noch etwas kälter und der Boden ausgekühlt, könnte sich hier eine gefährliche Lage mit gefrierendem Regen einstellen, was aber am Samstag nicht der Fall sein wird. 

Am Sonntag erstreckt sich die Luftmassengrenze in etwa vom Niederrhein bis zur Lausitz und am Montag wird dann das ganze Land mit polarer Kaltluft geflutet. 

3Polarluft versus Warmluft

Vorhersagekarte für die Druckverteilung und die Lage der Frontensysteme am Sonntag, den 16.11.2025 um 12 UTC und am Montag, den 17.11.2025 um 12 UTC. Quelle: DWD 

Wer nun aber deutschlandweit einen Wintereinbruch samt Schneefall bis ins Tiefland erwartet, der wird enttäuscht. Allenfalls in den Alpen kann sich ab Montagnachmittag eine Schneedecke bilden und auch in den höheren Lagen der Mittelgebirge reicht es hier und da für eine dünne Neuschneedecke. 

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Die Deckenkugel 

Die Atmosphäre ist eine Zwiebel! Dieser Satz eignet sich als „Icebreaker“ hervorragend, stimmt aber natürlich nicht. Dass der schichtartige Aufbau der Atmosphäre eine gewisse Ähnlichkeit zur Struktur einer Zwiebel hat, ist jedoch nicht völlig aus der Luft gegriffen. Im Thema des Tages vom 17.10.2025 wurde schon ein kurzer Überblick über die verschiedenen Schichten gegeben. Dem Aufbau der Atmosphäre folgend, ist nun nach Betrachtung der Troposphäre im TdT am 01.11.2025 die Stratosphäre an der Reihe.

Der Name dieser Schicht leitet sich aus dem lateinischen Wort „strātum“ – Decke/Schicht und dem altgriechischen Wort „sphaira“ – Kugel ab. Die Stratosphäre schließt an den oberen Rand der Troposphäre (bzw. der Tropopause) an und erstreckt sich bis in eine Höhe von etwa 50 km, wo sie dann von der Stratopause begrenzt wird. Da sich das Wetter vorrangig unter ihr abspielt, ist sie wie eine Decke, die darüber liegt. Der Name „Deckenkugel“ beschreibt diesen Aspekt also ziemlich treffend.

Grundlage für die Abgrenzung dieser Schicht ist der vertikale Temperaturgradient. In der Troposphäre ist dieser negativ, in der Stratosphäre kehrt er sich jedoch auf einmal um und es wird wärmer mit der Höhe – von -50 °C bis -80 °C an der Unterkante, liegt die Temperatur am Oberrand der Stratosphäre wieder bei rund 0 °C! Woran liegt das? Ausschlaggebend hierfür ist einerseits natürlich die Einstrahlung der Sonne, andererseits spielt ein ganz besonderes Molekül eine große Rolle. Es ist das Ozon (O3).

Von Ozon hört man oft genau dann viel, wenn es gerade fehlt. Ozon hat die Eigenschaft, dass es einen ganz speziellen Teil der Sonneneinstrahlung absorbiert. Die absorbierte Energie wird in Wärmeenergie umgewandelt und erklärt die Temperaturinversion in der Schicht. Der sogenannte „Chapman-Zyklus“ beschreibt dabei den Kreislauf des Ozons. Ultraviolette Strahlung (der Wellenlänge λ<230 nm) lässt Sauerstoffmoleküle (O2) in zwei einzelne Sauerstoffatome (O) zerfallen. Solch ein Sauerstoffatom kann sich nun wiederum an ein Sauerstoffmolekül hängen und es entsteht Ozon. Nach dieser Rechnung wird nun andauernd Ozon produziert. Ein Gleichgewicht stellt sich dadurch ein, dass Ozon unter Einfluss ultravioletter Strahlung (der Wellenlänge λ<310 nm) zu einem Sauerstoffmolekül und einem Sauerstoffatom zerfällt und somit abgebaut wird. Das Ozon filtert somit die für uns gefährliche UV-Strahlung aus dem Sonnenlicht. 

Die Deckenkugel

Abb. 1: Schematische Darstellung des Chapman-Zyklus. 

Ein Fehlen jenes Schutzschildes in Form des bekannten Ozonlochs ist deshalb gefährlich. Die Maßnahmen zum Schutze der Ozonschicht, allen voran das Montrealer Protokoll von 1987, regulieren die Verwendung von Ozon-abbauenden Stoffen und helfen bei der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes der Ozonschicht. Dies ist das beste Beispiel dafür, dass globale Probleme tatsächlich durch Zusammenarbeit und Abkommen zwischen möglichst vielen Ländern lösbar sind!

Ein anderes spannendes Thema der Stratosphäre sind „Polare Stratosphärenwolken“, die sogar entstehen, obwohl so gut wie kein Wasserdampf in dieser Schicht vorhanden ist. Im jeweiligen Winter ist es möglich, dass die Temperatur im Umfeld der Pole unter -78 °C fällt. Diese Temperaturen sind tief genug, damit sich unterkühlte Tröpfchen oder Kristalle aus Salpeter- oder Schwefelsäure bilden können. Wenn Licht auf die Kristalle fällt, dann entstehen durch Beugungseffekte und Interferenz des Lichts faszinierende Farbverläufe, weswegen diese Art der Wolken auch „Perlmuttwolken“ genannt wird. 

Die Deckenkugel 2

Abb. 2: Bild von Stratosphärenwolken. 

Nun können wir noch einen Blick auf die mittlere Luftzirkulation in der Stratosphäre werfen. Hier ist die „Brewer-Dobson-Zirkulation“ das hervorstechende Element. Sie entsteht dadurch, dass tropische Luft bis in die Stratosphäre und sogar zum Teil in die darüber befindliche Mesosphäre aufsteigt. Dort teilt sie sich und wird während sie absinkt polwärts verlagert. Sie sorgt dafür, dass die Stratosphäre sowohl mit der Troposphäre gekoppelt ist. 

Die Deckenkugel 3

Abb. 3: Schematische Darstellung der Brewer-Dobson-Zirkulation. 

Wir haben nun etwas über die Wichtigkeit von Ozon gelernt und ein hervorragendes Beispiel dafür kennengelernt, dass selbst so komplexe Probleme wie das Ozonloch durch Zusammenarbeit vieler Nationen bewältigt werden können. Anschließen wurde ein Blick auf bunte Wolken geworfen. Zum Schluss gab es noch einen Abstecher in die Zirkulation und es ist ersichtlich geworden, dass die Stratosphäre zwar ein bisschen wie eine „Decke“ für das Wetter ist, aber dennoch mit der darunter und darüberliegenden Schicht im Austausch ist und sie sich gegenseitig beeinflussen. Nun warten weitere atmosphärische Schichten darauf, etwas genauer betrachtet zu werden. Aber das ist eine Geschichte für ein andermal… 

M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.11.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst