Tropisch oder nicht, das ist hier die Frage! – Teil 1

In den letzten Wochen ist der Name „ERIN“ immer wieder in den Themen des Tages aufgetaucht. Anfangs ein tropischer Wirbelsturm, der sogar zeitweise als ein Hurrikan der Stufe 5 kategorisiert worden war, ist er inzwischen bekannt als „Ex-ERIN“. „Ex“, weil er nun nicht mehr tropisch ist. Da stellt sich doch die Frage, woran das festgemacht wird?

Dieser Frage soll im heutigen Thema des Tages mit Hilfe von sogenannten CPS-Diagrammen etwas nachgegangen werden. CPS steht dabei für „Cyclone-Phase-Space“ (zu Deutsch: Zyklonen-Phasenraum). Ein solches Diagramm besteht eigentlich aus zwei einzelnen Diagrammen. Ein Beispiel für den Sturm ALEX aus dem Jahr 2016 ist unten zu finden.

Tropisch oder nicht das ist hier die Frage 1

erstes CPS-Diagramm des Sturms ALEX (2016)

Um diese Darstellung „lesen“ zu können, muss man wissen, dass sich der Aufbau tropischer und nicht-tropischer Stürme fundamental unterscheidet. Die in unseren Breiten auftretenden Systeme, lassen sich dadurch erkennen, dass sie ein Frontensystem haben. Das heißt uns wohl bekannte Kalt- und Warm- (und Okklusions-)fronten sprießen aus dem Tief heraus. Ihr Aufbau ist dementsprechend stark geprägt von asymmetrischen, warmen und kalten, Bereichen, die um den Tiefkern herumwandern. Und da wären wir direkt beim nächsten Merkmal: Dem Kern. Das Gebiet mit dem niedrigsten Bodendruck wird Kern genannt. Die dort herrschende Temperatur ist in solch einem System geringer als drumherum.

Im Kontrast dazu stehen die tropischen Eigenschaften. Diese zeichnen sich durch eine hohe „Rotationssymmetrie“ aus. Das heißt, sie haben einen kreisrunden Aufbau um das Zentrum herum, in dem sich das sogenannte „Auge“ des Sturms befindet. Zugleich besitzen tropische Wirbelstürme einen warmen Kern.
Zurück zu unserem CPS-Diagramm (Bild 1). Auf der y-Achse befindet sich der B-Parameter. Allgemein beschreibt er das Maß an Asymmetrie, das das System besitzt. Je höher dieser Wert, desto frontaler ist der Aufbau. Auf der x-Achse befindet sich ein Parameter, der angibt, wie warm der Kern in der unteren Troposphäre ist. Hier gilt, je kleiner der Wert, desto kälter der Kern.

Mit diesen Informationen, können wir nun vier Bereiche unterscheiden, die durch die breiten grauen Streifen voneinander getrennt sind. Links oben befinden sich asymmetrische Systeme mit kaltem Kern, also unsere außertropischen Zyklone. Rechts unten befinden sich die tropischen Stürme, die einen warmen Kern und einen symmetrischen Aufbau besitzen. Die anderen beiden Bereiche sind Mischformen, sogenannte Hybridzyklonen, die sowohl tropische als auch außertropische Merkmale besitzen.

Das zweite dazugehörige Diagramm (Bild 2) zeigt auf der x- und y-Achse die Temperatur des Kerns. Der Unterschied ist, dass auf der y-Achse die höhere Troposphäre betrachtet wird, auf der x-Achse die untere. Hinter dieser Idee steckt, dass man somit darstellen kann, ob der Sturmkern auch in größerer Höhe stark ausgeprägt ist. Eine erneute Kategorisierung bringt: Rechts oben einen hochreichenden und rechts unten einen nur flachen warmen Kern. Dementsprechend links unten einen hochreichenden und links oben einen flachen kalten Kern.

Tropisch oder nicht das ist hier die Frage 2

zweites CPS-Diagramm des Sturms ALEX (2016)

Wenn Sie mögen, können Sie nun schon einmal anhand der beiden Diagramme versuchen, den Verlauf der Eigenschaften des Sturms ALEX nachzuvollziehen. Hierbei markiert „A“ den Startzustand in der Nähe von Florida und „Z“ das Ende der Zugbahn südlich von Grönland. Mit dem untenstehenden Link, können Sie sich auch durch den Lebenszyklus klicken. Eine Fortsetzung und Erklärung anhand dieses Sturms wird es aber im Laufe der nächsten Tage geben.

M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Der Landgang eines Tropensturms

Wir befinden uns ja aktuell mitten in der Hurrikansaison 2025 und hatten bisher glücklicherweise nur zweimal von einem Landgang zu berichten – Ende Juni traf Tropensturm Barry im Süden von Texas an Land sowie Chantal Anfang Juli im Südosten der USA.

Tropische Stürme sind beeindruckende Energiebündel, die sich meist über den tropischen Meeren bilden und im Zusammenspiel mit warmem Meerwasser, einer nur geringen Zunahme des Windes mit der Höhe (Windscherung) sowie mit einer feuchten Troposphäre innerhalb weniger Tage nicht selten rasant an Kraft zulegen können. Manchmal passieren die heftigsten Intensivierungsschübe innerhalb nur weniger Stunden und lassen die diensthabenden Meteorologen vor Ort gehörig ins Schwitzen kommen. Häufig sind es diese Phasen im Leben eines tropischen Sturms, wo medial (besonders international) noch eher wenig berichtet wird. Meist steigt das Interesse der Medien verständlicherweise deutlich an, sobald sich so ein Tropensturm einer bewohnten Insel oder einer Landmasse nähert.

Nicht nur bei der Intensivierung eines Tropensturms greifen zahlreiche Mechanismen, die sich im ungünstigsten Fall gegenseitig aufschaukeln können und die Rate der Verstärkung diktieren. Auch beim Landgang eines tropischen Sturms wird nicht automatisch (wenigstens zeitnah) eine Abschwächung eingeläutet. Diese Unsicherheiten lassen nicht selten die numerischen Verfahren bzw. die diensthabenden Meteorologen verzweifeln.

Der sicherlich bekannteste Effekt beim Landgang eines Tropensturms ist der sogenannte „brown ocean effect, BOE“, der im Zuge einer NASA Studie aus dem Jahr 2013 seinen Platz in zahlreichen Auswertungen fand. Dieser Effekt beschreibt grob beschrieben eine verzögerte Abschwächung bzw. temporär gar eine erneute Intensivierung über Land. Hierfür muss aber die richtige Bodenbeschaffenheit vorhanden sein, die neben eines sehr hohen Feuchtegehalts auch eine hohe Verdunstungsrate ermöglicht. Letztendlich muss eine anhaltende und kräftige Wolken- und Niederschlagsbildung gewährleistet sein, um den Motor des tropischen Systems auch über Land am Laufen zu halten.

Der Landgang eines Tropensturms 1

Abb 1: Radarbild des ehemaligen Tropensturms ERIN, der sich 2007 über Oklahoma (USA) und somit über Land vorübergehend intensivieren konnte.

Diese Beobachtungen gingen dabei auf Untersuchungen eines tropischen Systems zurück (Tropensturm ERIN), das sich nach der Passage über Texas Mitte August 2007 über Oklahoma plötzlich erneut intensivierte (siehe Abbildung 1). Durch die Interaktion der Reste von Ex-ERIN mit einer außertropischen Störung (einer Kurzwelle), konnte sich Ex-ERIN über Oklahoma vorübergehend deutlich strukturieren. Über mehrere Stunden traten an einigen Stationen anhaltende Winde von Bft 9 bis 10 auf, inklusive einzelner Orkanböen (Bft 12). Noch dramatischer jedoch waren die Zunahme und Intensivierung der hochreichenden Konvektion mit der temporären Ausbildung eines Auges, sodass regional mehr als 200 l/m2 Niederschlag in kurzer Zeit fiel. Dabei sorgte dieser Entwicklungsschub von Ex-ERIN für mehr wetterbedingte Todesopfer als zur Zeit seines Landgangs im Süden von Texas als waschechter Tropensturm.

Etwas versteckt kann so ein Prozess auch in Form eines langlebigen mesoskalig konvektiven Wirbels (engl. Mesoscale convective vortex, MCV) ablaufen, der pulsierend als Rest eines an Land gegangenen Tropensturms besonders ab den Abendstunden regional heftige Niederschläge und teils auch Böen bis weit ins Landesinnere trägt. Das tragische Beispiel eines solchen Ereignisses wurde im Thema des Tages vom 13.07.2025 beschrieben.

Es gibt aber noch einige andere Faktoren, die den Landgang eines Tropensturms nicht selten unberechenbar bzw. schwer vorhersagbar machen.

Der Tropensturm ist ja ein sich rasch drehendes System, bestehend aus sehr schnell um ein Zentrum wirbelnder Winde, die somit ein hohes Maß an Wirbelhaftigkeit bzw. Rotation aufweisen, im engl. unter dem Begriff „Vorticity“ bekannt. Über Wasser, wo das tropische System keine Landmassen oder aber andere meteorologische Faktoren wie Fronten oder Tröge (mit hoher Windscherung) stören, ist so ein Sturm meist durch eine symmetrische, nahezu kreisrunde Verteilung der Vorticity auszumachen. Mittlerweile können sehr hochaufgelöste numerische Simulationen gar diese Vorticity weiter auflösen in unzählige, sich um das Zentrum windende Vorticity-Fragmente und Schlieren. Der Einfachheit halber aber sehen wir den Sturm als eine einheitliche Rotationsmasse an.

Trifft der Sturm nun an Land, so wird natürlich auch erst ein Teil des Sturmes durch die Interaktion mit dem Land negativ bzw. positiv beeinflusst.

Negativ, weil das Windfeld und die begleitende Rotation durch die Interaktion mit der Landmasse in dem Bereich regelrecht fragmentiert bzw. vereinfacht gesagt stark gestört wird. Das hat meist eine Abnahme der Symmetrie und regional auch der intensiven Konvektion zur Folge und kann sich z.B. sehr kurzfristig auf die Verlagerung eines Sturmes auswirken. Fachlich wird das u.a. als „trochoidal motion“ bezeichnet und kann z.B. durch eine asymmetrische Verteilung der Vorticity bzw. der begleitenden intensiven Konvektion hervorgerufen werden (neben weiteren Einflüssen). Bereits kleinste Abweichungen des Zentrums von der vorhergesagten Zugbahn können dabei enormen Einfluss z.B. auf Evakuierungszonen haben. Auch das Ausmaß der küstennahen Überflutung wird bedeutend von der exakten Zugbahn beeinflusst, weshalb es immer besser ist, die evakuierten Bereiche etwas gröber zu fassen.

Wiederholt tritt dieser Effekt in beeindruckender Weise vor Taiwan auf. Wenn die Taifune hier aus südöstlicher Richtung auf die Insel treffen, ergeben sich durch den Einfluss der bergigen Region nicht selten beeindruckende Abweichungen von der vorhergesagten Verlagerung. Nicht selten werden gar Loopings beobachtet. Dies kann man in Abbildung 2 erkennen, wo einige dieser Zugbahnen übereinandergelegt wurden.

Der Landgang eines Tropensturms 2

Abb 2: Zugbahn von einigen tropischen Systemen vor Taiwan.

Positiv (mit Blick auf den Organisationsgrad des Sturmes) kann sich die Landinteraktion aber auf die Konvektionsbänder auswirken, die einen ausgewachsenen Sturm in den meisten Fällen begleiten. Durch die vorübergehend verstärkte Konvergenz entlang der Küste wird die Konvektion innerhalb der Bänder zeitnah intensiviert, was nicht nur die Regenraten erhöht, sondern auch das Potenzial für höhere Windgeschwindigkeiten verstärkt. Dies kann sich natürlich ebenfalls auf die ggf. noch nicht abgeschlossene Evakuierung auswirken, denn nicht selten sorgen bereits diese Bänder weit abseits vom eigentlichen Sturm für die ersten umgeknickten Bäume oder unterbrochenen Stromleitungen.

Ansonsten kann man aber natürlich unter dem Strich sagen, dass über kurz oder lang die innere Struktur eines Tropensturms beim Landgang nachhaltig degradiert wird, was einen mehr oder weniger schnellen Abschwächungstrend induziert. Dieser findet umso nachhaltiger statt, je höher die störende Orografie ist. Eine zunehmende Windscherung, fehlendes Wasser bzw. auch zunehmende Windscherung und/oder trockenere Luftmassen sorgen dann in der Folge für eine Abschwächung des tropischen Sturms bzw. bei weit nordwärts ausgreifenden Zugbahnen auch für eine außertropische Umwandlung.

Der Landgang eines Tropensturms 3

Abb 3: Vergleich von zwei Mikrowellenbildern mit Fokus auf der Entwicklung des Auges von Taifun KAJIKI.

Aktuell trifft der Taifun KAJIKI auf das südliche Nordvietnam, bringt den Regionen Orkanböen und heftigen Regen, bevor sich der Sturm unter zügiger Abschwächung über dem Norden von Laos und Thailand bzw. im Osten von Myanmar auflöst, dort allerdings heftige Regenfälle mit der Gefahr von Sturzfluten und Erdrutschen auslöst. Nicht selten fallen solche Auflösungsprozesse über bergigen Landmassen schadensträchtiger aus als der eigentliche Landgang, was leider auch die Anzahl der Todesopfer betrifft. Auch bei diesem Sturm konnte ein Einfluss der Landnähe (allerdings ohne direkten Landgang) beobachtet werden. In Abbildung 3 ist zu sehen, wie sich die Augenwand während der Passage knapp südlich der Insel Hainan immer weiter intensivieren und das Auge gar schließen konnte. Dabei erkennt man die Konvektion vor allem durch die rote bis schwarze Einfärbung, was auf der Farbskala entsprechend niedrige Temperaturwerte darstellt. Hier spielte sicherlich neben weiteren Mechanismen auch die verstärkte Konvergenz zwischen KAJIKI und Hainan eine Rolle, die für eine Intensivierung der Gewitter im Nordrand der Augenwand sorgte.

Es bleibt nun zu hoffen, dass das Ausmaß der Zerstörung durch den Taifun überschaubar bleibt.

Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Ein letztes Aufbäumen des Hochsommers

Für Frühaufsteher mutete der heutige Morgen bereits leicht frühherbstlich an. In vielen Regionen gab es einstellige Tiefstwerte, nur an den Küsten und den tiefen Lagen des Südens bliebt es mit über 10 Grad etwas milder. In Bodennähe (gemessen in 5 cm Höhe) gab es besonders im Mittelgebirgsraum schon leichten Frost. Wie bereits im gestrigen Thema des Tages beschrieben, dominiert nun der Einfluss des Hochdruckgebiets MAREIKE. Dabei kann sich die eingeflossene kühle Luftmasse langsam wieder erwärmen. Bereits heute Nachmittag steigt die Temperatur vielerorts über die Marke vom 20 Grad, nur im Norden und in manchen Mittelgebirgslagen bleibt es etwas kühler. Doch reicht es in den kommenden Tagen nochmals für eine sommerliche Witterung?

Diese Frage kann mit einem eindeutigen „Ja“ beantwortet werden. Die Gleise für die aktuelle Wetterentwicklung wurden bereits vor knapp zwei Wochen in weit entfernten Gefilden gelegt. Am 11. August entwickelte sich vor der Westküste Afrikas der Tropische Sturm ERIN (etwa bei den Kapverdischen Inseln). In weiterer Folge zog dieser weiter in Richtung Karibik, drehte aber kurz davor nach Norden ab. Ein Glück für die dortigen Inselbewohner, denn er wurde kurzzeitig sogar mit der höchsten Kategorie 5 eingestuft. Auf dem Nordatlantik wandelte er sich schließlich in ein außertropisches Sturmtief um und ist in den heutigen Wetterkarten weit westlich von Irland zu finden. Doch seine Mission ist noch nicht zu Ende. Mit weiterer Ostverlagerung sorgt er zunehmend dafür, dass eine sehr warme Luftmasse aus Südwesteuropa nach Deutschland gelenkt wird.

Ein letztes Aufbaeumen des Hochsommers 1

Tageshöchstwerte und Wetter am Mittwoch, den 27.08.2025

Besonders am Dienstag und Mittwoch wird der Höhenpunkt der Warmluftzufuhr erwartet. In weiten Teilen Deutschlands wird dabei die Marke von 25 Grad deutlich überschritten, am Oberrhein sind sogar knapp 30 Grad möglich. Etwas länger gedulden müssen sich die Bewohnerinnen und Bewohner im Nordosten, dort kommt die Luft von der Iberischen Halbinsel erst am Mittwoch an. Abseits der unmittelbaren Küstengebiete gibt es schließlich auch dort nochmal einen klassischen „Sommertag“ mit mindestens 25 Grad.

Doch EX-ERIN hat ein enormes Durchhaltevermögen und weitet seinen Tiefdruckeinfluss in der zweiten Wochenhälfte auf Mitteleuropa aus. Dabei kommt ihm vielleicht auch ein „kleiner Bruder“ zur Hilfe. An seiner Südwestflanke könnte sich nämlich ein kleines Tief bilden, das sich ab Freitag auf Mitteleuropa auswirken würde. Über den detaillierten Ablauf sind sich die Wettermodelle zwar noch nicht einig, aber der Pfad zu verstärktem Tiefdruckeinfluss scheint in der Modellwelt schon gut ausgetreten zu sein. Mit diesem geht auch die Heranführung von deutlich kühlerer Meeresluft einher.

Ein letztes Aufbaeumen des Hochsommers 2

Temperaturverlauf für ausgewählte Städte bis Samstag, den 30.08.2025

Fans des Hochsommers müssen sich also so langsam damit abfinden, dass die Ausgabe 2025 im Laufe der kommenden Woche zu Ende geht. Denn nicht nur die Temperaturen legen den Rückwärtsgang ein, es wird auch deutlich wechselhafter mit Regenfällen und teils windigen Abschnitten. Allerdings kann es auch im weiteren September nochmal viel Sonne und Wärme geben, dann aber wahrscheinlich eher in der Kategorie „Spätsommer“ oder „Frühherbst“.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Hoch „Mareike“ sorgt für ruhiges Wetter

Am heutigen Samstag (23. August 2025) liegt Deutschland noch zwischen zwei Druckgebilden. Westlich von uns erstreckt sich Hoch „Mareike“ mit seinen beiden Schwerpunkten von Großbritannien bis zu den Färöer-Inseln. Östlich von Deutschland findet man hingegen tiefen Luftdruck auf den Wetterkarten. Insbesondere Tief „Severin“ mit Kern über dem Baltikum und der Ostsee sorgt heute noch für viele Wolken, insbesondere in der Nordosthälfte auch für einige Schauer. Zudem sorgt kalte Höhenluft und die Nähe zum Tief im Nordosten tagsüber sogar für einzelne Graupelgewitter. Diese können aufgrund der trockenen Grundschicht lokal sogar mit stürmischen Böen einhergehen. Aber auch bei nicht-elektrischen Schauern können Windböen auftreten.

Hoch Mareike sorgt fuer ruhiges Wetter 1

Ausschnitt der Warnkarte des Deutschen Wetterdienstes vom 23. August 2025 um 09:59 Uhr. (Quelle:DWD)

Zwischen beiden Druckgebilden herrscht darüber hinaus eine nördliche Strömung, mit der bereits in den vergangenen Tagen deutlich kühlere Luft nach Deutschland strömte. So muten die heutigen Tageshöchstwerte mit 16 bis 23 Grad nicht gerade sommerlich an. Für die Jahreszeit sind die aktuellen Höchsttemperaturen im Vergleich zum klimatologischen Mittel etwas zu tief.

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DWD-Vorhersagekarte für den Bodendruck und die Luftmassengrenzen im Bereich von Europa und dem Nordostatlantik für Samstag, den 23. August 2025, 14 Uhr MESZ auf Basis des ICON-Modelllaufs vom 22. August 2025, 00 UTC. (Quelle:DWD)

Am Sonntag und Montag verlagert Hoch „Mareike“ seinen Schwerpunkt genau über Deutschland hinweg und beruhigt das Wettergeschehen. Gleichzeitig schwindet der Einfluss von Tief „Severin“. So kommt es nur noch im Küstenumfeld zu dichteren Wolkenfeldern und vereinzelten Schauern. Sonst scheint wieder zunehmend die Sonne und die Luft kann sich etwas erwärmen. Am Sonntag werden am Hochrhein möglicherweise die 25 Grad erreicht. Am Montag steigt das Thermometer noch etwas höher. So wird es zumindest in der Südwesthälfte wieder sommerlicher.

Hoch Mareike sorgt fuer ruhiges Wetter 4

DWD-Vorhersagekarte für den Bodendruck und die Luftmassengrenzen im Bereich von Europa und dem Nordostatlantik für Montag, den 25. August 2025, 14 Uhr MESZ auf Basis des ICON-Modelllaufs vom 23. August 2025, 00 UTC. (Quelle:DWD)

Vor allem in der Nacht zum Sonntag sowie in der Nacht zum Montag zeigt sich in den östlichen Mittelgebirgen aber ein weiteres Phänomen, das den fortgeschrittenen Sommer widerspiegelt. In Mulden und Senken kann die bodennahe Temperatur (gemessen 5 cm über dem Erdboden) Werte um 0 Grad annehmen, sodass vereinzelt leichter Frost in Bodennähe nicht ausgeschlossen werden kann.

Ein weiteres, markantes Druckgebilde auf den Wetterkarten fällt derzeit ins Auge: Der ehemalige Hurrikan „Ex-Erin“ zieht aktuell über dem Nordatlantik in Richtung Island und beeinflusst in der kommenden Woche unser Wetter. Was „Ex-Erin“ für Deutschland im Gepäck hat und ob der ehemalige Tropensturm den Sommer zurückbringt, das erfahren Sie am morgigen Sonntag hier im Thema des Tages.

MSc-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Die Gänseblümchenwelt – Teil 2

In Teil 1 haben wir gesehen, dass sich ein Planet, auf dem nur weiße und schwarze Gänseblümchen wachsen können, bis zu einem gewissen Grad selbst regulieren kann. Auch äußere Einflüsse wie zum Beispiel stärkere Sonneneinstrahlung können durch unterschiedlichen Rückstrahl-Eigenschaften des Bewuchses abgefedert werden und eine recht stabile Temperatur auf dem Planeten gewährleisten.

Nun soll es um weitere Modifikationen des ursprünglichen Modells gehen. Man kann beispielsweise die Anzahl an unterschiedlichen Arten von Gänseblümchen ändern. Dabei ist das Ergebnis am Ende jedoch immer gleich; nämlich, dass im Endzustand nie mehr als zwei Arten vorhanden sind.

Eine andere Möglichkeit ist, dass es neben den Daisys z.B. noch „Tiere“ wie Kaninchen oder Füchse gibt, die die Rolle eines Pflanzen- oder Fleischfressers übernehmen. Das Ergebnis dieser Experimente ist zwiespältig. Unter bestimmten Bedingungen haben diese Veränderungen zur Folge, dass sich die Selbstregulierung des Planeten etwas verschlechtert. Andere jedoch zeigen, dass sich zusätzliche Komplexität positiv auf das ganze System auswirkt (Wood et al., 2006).

Eine weitere Idee ist, noch andere Arten von Pflanzen, die sich auf Kosten der Gänseblümchen vermehren, zuzulassen. Diese haben aber den Effekt, dass sie am Ende die ursprünglichen Daisys verdrängen und das ganze System destabilisieren.

Kommen wir zurück zu unserer Erde. Wir wissen, dass die Erdoberfläche etwa zu zwei Dritteln von Wasser bedeckt ist. Was würde mit den Meeren passieren, wenn die Einstrahlung unserer Sonne verringert oder gar komplett ausgeschaltet würde?

Wasser hat eine hohe spezifische Wärmekapazität und damit die Fähigkeit, viel Wärme zu speichern. Ozeane würden daher nur langsam auskühlen und der planetaren Abkühlung zunächst entgegenwirken. Ab einem kritischen Punkt fingen sie aber an zu gefrieren. Schließlich wäre der Planet vollständig vereist. Hypothesen bezüglich einer solchen „Schneeballerde“ besagen, dass sie vor etwa 600 Millionen Jahren tatsächlich existiert haben könnte. Die Datenlage zur Stützung dieser Hypothese ist jedoch ziemlich dürftig.

Die Gaensebluemchenwelt 2

Schneeballerde

Problematisch an dieser Idee ist zudem, dass die gestern beschriebene Albedo eine positive Rückkopplung bewirkt. Sie erhöht sich bei zunehmender Vereisung der Oberfläche. Dementsprechend wird mehr Einstrahlung reflektiert, wodurch es noch kälter wird, was wiederum den Vereisungsvorgang beschleunigt.

Ein anderer Aspekt unseres Klimas muss demnach diese Kälteperiode beendet haben: Es ist der berühmt-berüchtigte Treibhauseffekt. Starke Vulkanaktivität hat enorme Mengen an CO₂ ausgestoßen und dadurch die Erdatmosphäre erwärmt.

Leider ist dieser Begriff heutzutage oftmals negativ konnotiert. Dabei ist er überlebenswichtig für uns Menschen! In der heutigen Zeit liegt die mittlere Oberflächentemperatur weltweit bei etwa +15°C. Ohne diesen wärmenden Schutzmantel aus Gasen läge sie bei rund -18°C!

In den heutigen Klimamodellen spielen natürlich Rückkopplungen, wie der oben im umgekehrten Fall beschriebene Eis-Albedo-Effekt, eine wesentliche Rolle. Leider ist das Erdklima nicht so einfach gestrickt. In der aktuellen Klimaforschung bestehen trotz stetigen Fortschritts daher immer noch Wissenslücken angesichts der Fülle an komplexen Wechselwirkungen von Land, Vegetation, Ozeanen und Atmosphäre. Aktuellster Forschungsgegenstand sind zum Beispiel die Auswirkungen sich verändernder Bewölkungsverhältnisse in den Polarregionen.

MSc.-Met. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Der Gänseblümchenplanet – Teil 1

Stellen Sie sich einen erdähnlichen Planeten vor, der nur mit Land bedeckt ist … und auf dem nur Gänseblümchen wachsen. Sie denken jetzt vielleicht, schön und gut, das ist ja eine nette Idee, aber wozu könnte man die benutzen?

James Lovelock und Andrew Watson entwickelten 1983 eine Modellsimulation ebenjener Idee und tauften sie „Daisyworld“ (Gänseblümchenwelt). Im Prinzip ist der Aufbau einfach: Es gibt einen Planeten mit Sonneneinstrahlung. Durch die Sonneneinstrahlung erwärmt sich die Atmosphäre. Ab einer bestimmten Temperatur (nehmen wir mal 5°C) können Gänseblümchen auf der Oberfläche wachsen. Soweit so gut.

Nun ist auch festgelegt, dass es eine optimale Wachstumstemperatur (z.B. 25°C), aber auch eine Maximaltemperatur (z.B. 40°C) gibt, ab der die Blumen nicht mehr wachsen, sondern absterben. Eine weitere Besonderheit ist, dass vorgegeben wird, dass dabei nur zwei verschiedene Arten wachsen können – weiße und schwarze. Diese haben unterschiedliche Albedowerte (siehe hierzu „Weitere Informationen zum Thema“). Das bedeutet, dass weiße Gänseblümchen mehr Sonnenlicht reflektieren und es damit in ihrer Umgebung kühler ist als ohne Pflanzen und nochmals kühler als bei schwarzen Gänseblümchen, da diese eine niedrigere Albedo besitzen.

Spannend ist jetzt zu beobachten, was passiert.

Zu Beginn ist der Planet noch zu kalt für das Wachstum und erwärmt sich nur langsam durch die Sonne. Dann bilden sich erst einzelne, dann mehr schwarze Gänseblümchen, was dazu führt, dass sich der Planet schneller erwärmt, da weniger Sonnenlicht reflektiert wird. Irgendwann können auch weiße Gänseblümchen überleben und breiten sich aus. Der nächste Schritt ist, dass mit zunehmender Temperatur, die schwarzen Gänseblümchen langsamer wachsen. Nach und nach stellt sich ein Gleichgewicht ein, in dem die komplette Oberfläche mit Pflanzen bedeckt ist.

Das alles ist natürlich nur eine Simulation, daher kann man daran herumschrauben, wie man möchte. Stellen wir doch einfach mal die Sonne etwas „stärker“ ein…

Das hat zur Folge, dass im Endgleichgewicht mehr weiße Gänseblümchen auf der Planetenoberfläche gewachsen sind als davor. Andersherum funktioniert das genauso: Schwächere Sonne, weniger weiße und dafür mehr schwarze Gänseblümchen! Dieses Verhalten ist sogar für recht große Schwankungen in der Sonneneinstrahlung stabil. Viel zu starke (oder schwache) Einstrahlung kann aber trotzdem nicht abgefedert werden und am Ende überlebt die Vegetation die Hitze (Kälte) nicht.

Das heißt aber, alleine die Tatsache, dass zwei Arten von Pflanzen dort wachsen können, hilft dabei, einen Planeten gegen äußere Einflüsse resistenter zu machen und eine lebensfreundliche Umwelt zu erhalten!
Der Gaensebluemchenplanet 1

Gänseblümchenwiese

M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Akklimatisierung – der Schlüssel beim Höhenbergsteigen

Am heutigen Mittwoch ist es genau 45 Jahre her, als Reinhold Messner auf 8848 m Höhe den Gipfel des Mount Everest erreichte und das im Alleingang und im reinen Alpinstil. Das gab es bis dahin noch nie! Alpinstil bedeutet, dass zum Beispiel die Route im Vorfeld nicht vorbereitet, also präpariert, die komplette Verpflegung und Ausrüstung selbst getragen und auf Flaschensauerstoff verzichtet wird. Letzteres heißt also schlicht und ergreifend, man muss mit der Luft auskommen, die einen umgibt und das ist in dieser Höhe nicht sonderlich viel.

Denn Luft ist bekanntlich ein Gasgemisch und besteht zu etwa 21 % aus dem für uns lebenswichtigen Sauerstoff. Auf die Luftmoleküle wirkt – genauso wie auf uns Menschen – die Schwerkraft. Daher sind in den bodennahen Luftschichten die meisten Luftmoleküle zu finden. Je weiter man in die Höhe steigt, desto weniger Moleküle sind in der Luft vorhanden und dementsprechend geringer ist auch der Luftdruck. Die prozentuale Zusammensetzung der Luft ist zwar in der Höhe nahezu unverändert, die Anzahl ihrer Moleküle (und damit auch der Sauerstoffgehalt) aber geringer.

Der Sauerstoffmangel wirkt sich ab etwa 2500 m (Angaben stets ü. NN.) spürbar auf den menschlichen Körper aus. In dieser Höhe kann vor allem bei nicht genügend akklimatisierten Personen bereits die sogenannte akute Höhenkrankheit auftreten. Diese äußert sich beispielsweise durch Kopfweh, Übelkeit und/oder Schwindelgefühle. Oberhalb von etwa 3000 m kann es dann ohne vernünftige Akklimatisierung schon richtig gefährlich werden. Die Wahrscheinlichkeit an der Höhenkrankheit zu erkranken steigt rapide an. Auch die Bildung von Ödemen in Lunge oder Gehirn sind möglich, was im allerschlimmsten Fall sogar tödlich ausgehen kann. Dabei ist die körpereigene Fitness übrigens nicht ausschlaggebend. Entscheidend sind Aufstiegsgeschwindigkeit (je langsamer, desto besser), erreichte Höhe (v.a. die Übernachtungshöhe) und die eigene Empfindlichkeit.

In diesen Höhen ist es also immens wichtig, seinem Körper die nötige Zeit zu geben, sich der dünneren Luft anzupassen. Für die kurzfristige Anpassung beschleunigt der Körper zunächst nur die Atmung, um dem eigenen Sauerstoffbedarf gerecht zu werden. Erst bei mehrtägigem Aufenthalt in großen Höhen beginnt er mit der Produktion roter Blutkörperchen, um mehr Sauerstoff pro Zeit in den Blutbahnen transportieren zu können.

Oberhalb von etwa 7000 m nützt dann aber selbst die beste Akklimatisierung nichts mehr, denn ab dieser Höhe kann der Körper den eigenen Sauerstoffbedarf auf Dauer nicht mehr decken, sodass er unweigerlich abbaut. Das hätte letztendlich für die meisten Menschen den sicheren Tod zur Folge, weshalb man in diesem Höhenbereich auch von der sogenannten Todeszone spricht. Mit letzterer werden manchmal auch erst Höhenbereiche ab 8000 m bezeichnet. Denn dort gilt ein Aufenthalt von mehr als 48 Stunden als quasi nicht überlebbar. Demnach ist es als wahres Wunder anzusehen, als sich im Mai 2012 am Mount Everest ein italienischer Bergsteiger ganze vier Tage auf rund 8300 m aufhielt, ehe er mit starker Erschöpfung und Erfrierungen von chinesischen Kletterern gerettet wurde.

Akklimatisierung der Schluessel beim Hoehenbergsteigen

Nordseite des Mount Everests vom Weg zum Basislager aus gesehen. (Quelle: Luca Galuzzi)

Neben dem Sauerstoffmangel lauern natürlich noch andere Gefahren, die einen erfolgreichen Aufstieg auf den Everest letztlich nicht gerade sehr wahrscheinlich machen: Steinschläge, Lawinen und natürlich auch das Wetter. Trotzdem hat der Tourismus am höchsten Berg der Welt in den vergangenen Jahrzehnten rapide zugenommen. Teilweise stehen die Expeditionsteilnehmer beim Aufstieg regelrecht im Stau. Davon kann man natürlich halten, was man will. Reinhold Messner positioniert sich klar und sagt dazu: „Der Everest ist zu einem Zirkus geworden. Es geht nur noch darum, zahlende Kunden auf den Gipfel zu bringen, ohne Rücksicht auf die Umwelt oder die Kultur der Sherpas.“

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Das Ende der Hundstage

Nach der Hitzewelle der vergangenen Wochen sind die Temperaturen nun deutlich zurückgegangen. Auch wenn uns am heutigen Dienstag noch einmal ein teils heißer Tag mit Höchstwerten vor allem im Südwesten über 30 Grad bevorsteht, zeigen die Temperaturkurven in den nächsten Tagen wieder nach unten. Eine weitere Hitzephase steht also vorerst nicht mehr an und die „Hundstage„, also die aus statistischer Sicht heißesten Tage des Jahres, enden am kommenden Samstag (23.08.2025). Dass sommerliches Wetter oder Hitze damit aber noch nicht vorbei sein müssen, lehrt die Vergangenheit.

So zeigen statistische Auswertungen von über 1200 DWD-Stationen, dass es bis Ende Oktober noch Tageshöchsttemperaturen von 25 Grad oder mehr (nach meteorologischer Definition ein „Sommertag„) geben kann (siehe dazu die rote Kurve in der Abbildung 1). Selbst Tageshöchsttemperaturen von 30 Grad oder mehr (nach meteorologischer Definition ein „heißer Tag„) sind noch bis Anfang Oktober möglich.

Das Ende der Hundstage

Tageshöchsttemperaturen von Juni bis Oktober in Deutschland

Ein Rückschluss bzw. eine Extrapolation des aktuellen Wetters auf die Witterung in den nächsten Wochen ist nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand nicht möglich. So gab es beispielsweise Ende Juli/Anfang August 2025 bereits eine kühlere Phase (siehe blaue Kurve in der Abbildung), der wiederum eine heiße Periode ab dem 8. August folgte. Jedenfalls ist im ersten meteorologischen Herbstmonat September weiterhin Hitze vorstellbar, können doch bis etwa zur Mitte des Monats immer noch Höchsttemperaturen von 34 bis 36 Grad erreicht werden!

Darüber hinaus gibt es im September häufig einen „Altweibersommer„. Dabei handelt es sich um eine beständige Hochdruckwetterlage über Mitteleuropa, die sich hauptsächlich von Mitte September bis Anfang Oktober ausbildet und noch einmal sommerliche Temperaturen bringt. Heiße Tage sind dann immer noch möglich, nun treten sie aber nicht mehr so verbreitet auf. Außerdem werden die Nächte aufgrund abnehmender Tageslänge meist schon frischer und abends kühlt die Luft auch schneller ab.

Zu guter Letzt kommt etwa Mitte Oktober oft eine längere Schönwetterphase vor, die als „Goldener Oktober“ bezeichnet wird. Tageshöchsttemperaturen im sommerlichen Bereich von 25 bis 30 Grad locken dann zu Aktivitäten in den herbstlich bunten Wäldern. Heiße Tage sind zu dieser Zeit zwar sehr selten, aber auch nicht ganz ausgeschlossen.

Der Sommer muss also noch lange nicht ausgedient haben, auch längere Hitzewellen sind noch gut möglich. Die Hitze aus südlichen Gefilden kann immer noch schnell zu uns schwappen und für schweißtreibende Temperaturen sorgen.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.08.2025

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Hurrikan ERIN und dessen Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa

ERIN hatte sich am Samstagabend zwischenzeitlich zu einem Hurrikan der höchsten Kategorie 5 entwickelt. Der Hurrikan befindet sich in leicht abgeschwächter Form aktuell mit seinem Zentrum nördlich der Dominikanischen Republik und wird in den kommenden Tagen zunächst seinen nordwestlichen bis nördlichen Kurs beibehalten. Dabei bleibt seine Intensität zunächst nahezu unverändert. Glücklicherweise wird er aber über dem Meer bleiben und dabei nur einzelne Inselgruppen am Rande beeinflussen. Südöstlich von Neufundland wird ERIN voraussichtlich zu Beginn des kommenden Wochenendes die Transformation von einem tropischen Wirbelsturm in eine extratropische Zyklone vollziehen.

Hurrikan ERIN und dessen Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa

Das Satellitenbild von Hurrikan ERIN am Montagmorgen nahe der Dominikanischen Republik. Der Sturm zeigt eine symmetrische Struktur mit einem klar definierten, kleinen Auge.

Grund dafür sind vor allem die deutlich geringeren Wassertemperaturen des nördlichen Nordatlantiks. Während die Meeresoberflächentemperaturen im tropischen Nordatlantik teils bei über 28 Grad liegen, sind es auf dem nördlichen Nordatlantik südöstlich von Neufundland lediglich noch um oder knapp über 20 Grad. Damit wird dem Hurrikan die Hauptenergiequelle mehr und mehr entzogen. Gleichzeitig gelangt der Sturm in eine Umgebung mit einer erhöhten vertikalen Windscherung. Dies zerstört die symmetrische Struktur des Wirbelsturms und führt zu einer Kappung der Energieflüsse vom Ozean. Dadurch wird sich Erin zum kommenden Wochenende hin nicht nur abschwächen, sondern er wird auch sein Aussehen auf dem Satellitenbild deutlich verändern.

Erreicht der Hurrikan den nördlichen Nordatlantik wird er in die Westwindzone integriert. Dabei findet eine Interaktion mit dem Jetstream statt. In einem Wirbelsturm werden große Mengen an latenter Wärme freigesetzt. Diese Wärmeenergie kann östlich des ehemaligen Hurrikans die großräumige Strömungskonfiguration beeinflussen und gegebenenfalls über Europa einen Höhenrücken verstärken. Damit wird ERIN auch Einfluss auf unser Wettergeschehen nehmen. Allerdings sind die Wechselwirkungen wissenschaftlich noch nicht vollständig verstanden, sodass sich die Wettervorhersage für den mittelfristigen Zeitraum als sehr schwierig gestaltet.

Außerdem könnte sich Ex Hurrikan ERIN nach einer kurzen Abschwächung und der Aufnahme in die Westwindzone wieder intensivieren und als außertropisches Sturmtief oder gar Orkantief Westeuropa beeinflussen. Dabei müsste ERIN in eine günstige Position auf die Vorderseite eines Höhentroges gelangen. Da allerdings auch die Zugbahn von tropischen Wirbelstürmen mit Unsicherheiten verbunden ist, kann das aus heutiger Sicht noch nicht vorhergesagt werden. Es ist aber durchaus möglich, dass sich ERIN als Ex-Hurrikan zu Beginn der kommenden Woche in Westeuropa durch Sturm und kräftige Regenfälle bemerkbar macht. Gerade das Potenzial für kräftige Regenfälle ist in einem ehemaligen Hurrikan kurz nach der Transformation zu einem außertropischen Tief aufgrund seiner immer noch vorhandenen Luftmasse tropischen Ursprungs im Vergleich zu normalen winterlichen Sturmtiefs erhöht.

Dieser mögliche Ex-Hurrikan ist allerdings nicht mehr vergleichbar mit einem ausgewachsenen starken Hurrikan. Ex Hurrikan ERIN wäre durch deutlich geringe Windgeschwindigkeiten gekennzeichnet. Außerdem hätte er im Vergleich zu einem durchschnittlichen Hurrikan eine deutlich größere Ausdehnung und würde klar definierte Frontensysteme aufweisen.

Zudem wäre es ebenfalls möglich, dass ERIN bei seiner Transformation zu einem außertropischen Tief durch den Übertrag von Wärme- und Bewegungsenergie stromabwärts Rossbywellen nicht nur modifizieren, sondern diese auch brechen kann. Dies könnte über Europa blockierenden Wetterlagen führen.

Die mittelfristige Wetterentwicklung auf dem europäischen Kontinent gestaltet also äußerst spannend. Die zunehmende Unsicherheit der Modellwelt zeigt sich auch in der mittelfristigen Ensemblevorhersage des ECMWF. Während die Vorhersage bis einschließlich des kommenden Wochenendes recht sicher ist, divergieren zu Beginn der kommenden Woche die einzelnen Modellösungen stark. Somit ist die wechselhafte und zum Wochenende auch deutlich kühlere Wetterphase so gut wie eingetütet, während die Vorhersage ab der kommenden Woche noch sehr unsicher ist!

Hurrikan ERIN und dessen Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa 2

Ensemblevorhersage der Temperatur, des Niederschlags und des Geopotentials für Offenbach bis einschließlich Mittwoch, den 27.08.2025.

Meteorologe (M.Sc.) Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.08.2025

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Hurrikan ERIN wirbelt über dem Atlantik

Am Abend des 11. August wurde eine tropische Störung knapp östlich der Kapverden vom National Hurricane Center (NHC) der USA als tropischer Sturm analysiert und mit dem Namen ERIN versehen. Bevor wir auf die weitere Entwicklung von ERIN schauen, werfen wir einen Blick zurück. Denn schon bevor ERIN ein Sturm wurde, hat er, für uns in Mitteleuropa wohl meist unbemerkt, auf den Kapverden Schäden verursacht. 14 Menschen verloren dort, insbesondere auf São Vicente ihr Leben. Dabei sorgte nicht Wind, sondern große Niederschlagsmengen für Probleme. Knapp 200 Liter pro Quadratmeter fielen dort in nur fünf Stunden. In dem stark gegliederten und für gewöhnlich eher trockenen Gelände waren Sturzfluten die Folge.

Entwicklung von ERIN

Doch nun zur Entwicklung von ERIN nach dem 11. August. Zunächst verlief die Entwicklung zögerlich. Erin verstärkte sich aufgrund eher ungünstiger Randbedingungen kaum. Die Oberfläche des Ozeans war mit 26/27 Grad gerade warm genug, um ERIN am Leben zu halten. Teils trockene Luft in seiner Umgebung war ebenfalls nicht förderlich. Dies änderte sich auf seiner Zugbahn über dem südlichen Nordatlantik Richtung Westen. Der Ozean, über den ERIN zog, war nun 29/30 Grad warm. Der Unterschied von drei Kelvin mag klein wirken, die zur Verfügung stehende Energie in Form von Wasserdampf wuchs aber beträchtlich an.

Hurrikan ERIN wirbelt ueber dem Atlantik 1

Abb.1: Windfeld von ERIN. orange: Bereich mit Windgeschw. eines tropischen Sturms, rot: Windgeschw. eines Hurrikans

Ab dem 14. August nahm die Konvektion rund um ERIN zu, der Sturm war besser „organisiert“ und bekam zunehmend ein symmetrischeres Aussehen. Der Kerndruck begann langsam zu fallen, die Windgeschwindigkeiten nahmen allmählich zu. Diese zunächst zögernde Entwicklung setzte sich am 15. August fort und am Nachmittag wurde ERIN vom NHC zum ersten Hurrikan 2025 über dem Nordatlantik heraufgestuft.

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Satellitenbild von ERIN vom 16.08.2025 20:40 Uhr MESZ. NOAA GOES-19 Satellit.

Nachdem sich ERIN Zeit genommen hatte sich zu organisieren, verlief die Entwicklung ab dann umso explosiver. Ab der Nacht vom 15. auf den 16. August vertiefte sich ERIN rasant. Innerhalb von 24 Stunden fiel der Kerndruck von 993 Hektopascal (hPa) auf 915 hPa. Die mittleren Windgeschwindigkeiten um das Auge von ERIN herum stiegen von 120 km/h auf 260 km/h. Damit war aus seinem Hurrikan der Kategorie 1 ein Sturm der höchsten Kategorie 5 geworden. So früh im Jahr gab es im Nordatlantik (exklusive Karibik) bisher keinen Sturm dieser Stärke. Die rasche Verstärkung in 6/12/24 Stunden verlief nahe den bisher beobachteten Rekordmarken.

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Flug der NOAA Hurricane Hunters durch die Eyewall von ERIN ins Auge des Hurrikans.

Zugbahn

ERIN zieht bislang über den freien Ozean. Landmassen wurden bisher verschont und auf seiner weiteren Zugbahn wird ERIN sehr wahrscheinlich keine Inseln direkt treffen, sondern nördlich der Karibik, östlich der Bahamas und westlich der Bermuda-Inseln nach Nordwesten und später nach Norden ziehen. Dennoch werden Teile der genannten Inselgruppen von Ausläufern ERINs erfasst. Dabei stehen erneut weniger der Wind als heftige Niederschläge und an der Küste auch hoher Seegang im Fokus.

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Vorhersage der Zugbahn von ERIN (Ausgabe: 17.08.2025 11 Uhr MESZ)

Umwandlung und Kurs Richtung Europa

Auf seinem weiteren Weg wird ERIN zunächst sehr stark bleiben und vor allem an Größe gewinnen. Bislang ist ERIN ein sehr kleiner Hurrikan mit einem sehr kleinen Auge und einem heftigen, aber in seiner horizontalen Dimension ebenfalls kleinen Windfeld (siehe Abbildung1). Wahrscheinlich am kommenden Wochenende wird ERIN östlich von Neufundland eine Umwandlung zu einem außertropischen Sturmtief vollziehen. Und mit dem typischen Ostkurs in diesen Breiten über den Nordatlantik ziehen. Auch wenn der Zeitraum noch über eine Woche in der Zukunft liegt, so ist es doch wahrscheinlich, dass ERIN oder dann besser „Ex-Erin“ Einfluss auf das Wetter in Europa nehmen wird. Starke ehemalige Hurrikane bringen hin und wieder eine Änderung der Großwetterlage in Europa mit sich. Ob das dieses Mal der Fall ist, lässt sich aber jetzt noch nicht sagen.

MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.08.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst