Wassermassen im Paradies

Während hierzulande das umfangreiche Sturmtief JOSHUA mit Zentrum bei Dänemark für klassisches Herbstwetter mit viel Wind, Regen und kühle Temperaturen sorgt, kommt es für Teile der Karibik in den kommenden Stunden knüppeldick mit Gefahr für Leib und Leben. So schickt sich zur langsam aber sicher zu Ende gehenden Hurrikansaison (im Normalfall bis Ende November) Hurrikan MELISSA an, der bis dato eher ruhigen Saison nochmal ein gewaltiges Ausrufezeichen zu verpassen.

Wobei man hierbei differenzieren muss. So war die Vorhersage des Klimaprognosezentrums der US-amerikanischen NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) für eine tendenziell leicht überdurchschnittliche Wirbelsturmaktivität auf dem Nordatlantik durchaus zutreffend ( Thema des Tages vom 08.08.2025) und eben nicht gerade ruhig. Ein teilweise verzerrtes Bild in der Öffentlichkeit ist dadurch entstanden, dass bisher so gut wie keine Auswirkungen auf die US-Küste oder Karibikstaaten entstanden sind und es in der Mehrheit „nur“ sogenannte Fischstürme über offenem Wasser waren. Die avisierten 6 bis 10 Hurrikans sind zwar noch nicht erreicht, MELISSA ist aber bereits der 5. Hurrikan der Saison und nach ERIN, GABRIELLE und HUMBERTO bereits der 4. Major Hurrikan (Kategorie 3+). Dabei ist die Prognose bezüglich der Anzahl schwerer Hurrikans bis zum Limit ausgereizt (vorhergesagt waren 2-5).

Satellitenbild von 12 UTC mit Hurrikan MELISSA südlich von Kingston/Jamaika (Quelle:DWD)

Wassermassen im Paradies

Mit einem Kerndruck von rund 950 hPa steuert der Wirbel nun allmählich auf Jamaika zu, liegt aktuell rund 200 km südöstlich des Inselstaates. Im Satellitenbild von 12 UTC erkennt man gut das Auge des Hurrikans (Bild 1). In den letzten 24 Stunden hat sich MELISSA extrem intensiviert, die Mittelwinde um rund 50 Knoten (entspricht knapp 100 Kilometer pro Stunde) auf über 120 Knoten (circa 220 km/h) zugenommen. Damit hat der Wirbel mal eben so die Hürde von einem Tropensturm zu einem Hurrikan der Kategorie 4 genommen, soll sich laut Prognosen des National Hurricane Centers bis zum noch auf Kategorie 5 mit dann 140 Knoten im Mittel hochschrauben. Spitzenböen können unfassbare 300 km/h überschreiten. Dafür findet MELISSA ideale Bedingungen mit Wassertemperaturen nahe 30 °C und keinerlei nennenswerter Änderungen der Windrichtung und -geschwindigkeit in höheren Luftschichten vor.

Als wäre das alles nicht schon genug, kommt nun noch erschwerend hinzu, dass sich der Hurrikan nur sehr langsam verlagert, derzeit mit gerade einmal 7 Kilometern pro Stunde westwärts. Laut übereinstimmenden Berechnungen erfolgt zum Montag dann der langsame Abzweig nordwärts, so dass das System in der Nacht zum Dienstag an der Ostseite Jamaikas aufschlagen dürfte. Dabei lädt es unvorstellbare Regenmassen ab. Aktuelle Prognosen gehen von verbreitet 300 bis 500, kleinräumig von mehr als 750 Litern auf den Quadratmetern (entspricht auch Millimetern/mm) aus, teilweise innerhalb von 24 Stunden (Bild 2). Zum Vergleich: Die durchschnittliche jährliche Niederschlagssumme liegt in Berlin bei etwa 600, in Düsseldorf bei rund 800 Litern pro Quadratmeter. Das bedeutet, dass sämtliche Summen aus winterlichen Niederschlägen und sommerlichen Gewittern hierzulande in diesem tropischen System binnen eines Tages abgeladen werden. Wahnsinn!

Prognostizierte 24-stündige Niederschlagssumme ab Sonntag, 26.10.2025 18 UTC (Quelle:DWD)

Wassermassen im Paradies 2

Dementsprechend sind bereits zahlreiche Warnungen der Behörden ausgegeben worden. Für Jamaika, zur Wochenmitte auch in Teilen Haitis, der Dominikanischen Republik und der Ostteil Kubas besteht erhöhte Gefahr von schweren Überschwemmungen, Landrutschen, zerstörter Infrastruktur und von der Außenwelt abgeschnittenen Regionen. Eine Flutwelle bis zu 4 Metern wird prognostiziert. Erst zum Donnerstag, wenn der Hurrikan von einem Höhentrog über dem Osten der USA eingefangen und dadurch beschleunigter nordostwärts geführt wird, kann Entwarnung gegeben werden. Es steht zu befürchten, dass man diesbezüglich bis dahin in den kommenden Tagen aber erstmal einiges an verheerendem Bild- und Videomaterial in den einschlägigen Medien zu sehen bekommen wird.

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Zwei Monate vor Weihnachten: Der Weihnachtsmann prüft die Wettervorhersage

Die Sonne ist längst verschwunden hinter den Hügeln von Korvatunturi in Finnisch Lappland, als sich der Weihnachtsmann am Abend des 25. Oktober auf die Suche nach seinem Laptop begibt. Noch zwei Monate bis Weihnachten – höchste Zeit also, die aktuellen subsaisonalen und saisonalen Wettervorhersagen zu prüfen. Dieses Mal möchte er perfekt vorbereitet sein für seine Reise nach Mitteleuropa. Unweigerlich fällt ihm die Odyssee vor drei Jahren ein, als Rudolf sich an den Kanelbullar übernommen hatte und die Huskys kurzfristig einspringen mussten (Die ganze Geschichte ist hier nachzulesen).

Mit einem tiefen Seufzer klappt der Weihnachtsmann seinen Laptop auf. Seit einigen Jahren nutzt er die Wettermodelle des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage, um einen vagen Trend für die nächsten Wochen und Monate zu bekommen. Doch die bunten Karten mit Luftdruck und Temperaturfeldern bestätigen seine Befürchtung: Kein Kälteeinbruch in Sicht. Ein kräftiges Hoch über Nordskandinavien würde ihm deutlich besser gefallen. „Mal wieder eine ordentliche Inversionslage, das wäre doch was“, brummt er enttäuscht. Klare Nächte, gefrorene Seen, glitzernde Schneekristalle – so sähe für ihn der perfekte Winterbeginn aus.

„Vielleicht haben die Europäer dieses Mal auch einfach nicht recht“, denkt sich der Weihnachtsmann und schmunzelt, als ihm sein inzwischen meteorologisch-umgangssprachlicher Jargon bewusst wird. Enthusiastisch öffnet er die saisonalen Vorhersagekarten des Deutschen Wetterdienstes. Doch auch hier mehr rote als blaue Farben bei den Temperaturprognosen. „Schade, Schokolade“ entfährt es ihm und er kann nicht anders, als ein kleines Schoko-Stückchen von den vorbereiteten Geschenken zu stibitzen. Ganz möchte er die Hoffnung auf schneereiche, klirrend kalte Weihnachten aber nicht aufgeben, weiß er doch, dass (sub)saisonale Vorhersagen keine exakte Prognose für die Weihnachtstage geben, sondern vielmehr eine zeitlich gemittelte und probabilistische Aussage liefern.

Draußen herrschen -2 °C, und noch liegt kein geschlossener Schnee. „Das Albedo-Feedback läuft noch auf Sparflamme“, denkt der Weihnachtsmann, während er sich in seinen roten Mantel hüllt. Ohne helle Schneeflächen, die das Sonnenlicht zurückwerfen, bleibt der Boden dunkler und nimmt mehr Energie auf – was die winterliche Abkühlung zunächst bremst. Aber lange kann es nicht mehr dauern, bis der erste Pulverschnee fällt. Die Rentiere scharren jedenfalls schon ungeduldig mit den Hufen.

Beim Blick aus dem Fenster erkennt er die ersten Eiskristalle an den Fensterscheiben und seine Augen strahlen. „Resublimation“, murmelt der Weihnachtsmann in seinen langen Bart, „der Wasserdampf geht direkt in festen Zustand über, ganz ohne flüssige Zwischenphase.“ Wenn sich jetzt noch eine ruhige, feuchte Luftschicht bilden würde, könnte es Eisnebel geben. Das wäre zwar romantisch, aber für die Navigation mit dem Schlitten nicht ganz ungefährlich. Vielleicht sollte er doch die GPS-Antenne am Schlitten überprüfen – oder den Polarstern, seinen altbewährten Kompass, wieder stärker in den Mittelpunkt rücken.

Er zündet eine kleine Kerze an, setzt sich an seinen Schreibtisch und macht sich Notizen. „Schlittenkufen einfetten, Rentierdecken ausbürsten, GPS-Antenne überprüfen, Schneeflockentypen checken, …“ – denn je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit verändern sich Form und Dichte der Kristalle, und auf nassem, grobkörnigem Schnee ist das Bremsen deutlich schwieriger. Letztes Jahr ist er auf spiegelglattem Reif sogar rückwärts gerutscht – und das ausgerechnet mit vollen Geschenkesäcken!

Draußen zieht ein schwacher Nordostwind auf. Der Weihnachtsmann lächelt. „Noch zwei Monate“, flüstert er leise. „Dann ist wieder Weihnachten.“ Und bis dahin? Da beobachtet er weiter Wolken, Nebel, Frost und Nordlichter – mit der gleichen funkelnden Begeisterung wie seine Freunde des Deutschen Wetterdienstes.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.10.2025
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Mitteleuropäisches und südostasiatisches Wettergeschehen

Aktuell haben wir es mit einem unbeständigen und sehr windigen bis stürmischen Wetterabschnitt zu tun. Das Tief JOSHUA, das international auf den Namen BENJAMIN getauft wurde, zog vom Ärmelkanal über die Niederlande und ist am heutigen Freitagmittag über der Nordsee zu finden. Nachfolgend verlagert sich JOSHUA langsam in Richtung Südskandinavien, beeinflusst aber weiterhin unser Wettergeschehen.

Wie in den Themen des Tages der vergangenen Tage bereits ausführlich erläutert, stand und steht vor allem der Sturm im Fokus. Am gestrigen Donnerstag konnten insbesondere im Südwesten und Westen verbreitet stürmische Böen oder Sturmböen zwischen 65 und 85 km/h (Bft 8-9) gemessen werden. Punktuell traten auch schwere Sturmböen zwischen 90 und 100 km/h (Bft 10) auf. Auf dem Brocken (120 km/h) und auf dem Feldberg (157 km/h) wurde die volle Orkanstärke erreicht. Ab dem Abend frischte der Südwestwind auch im äußersten Nordwesten stürmisch auf.

Maximale Windböen am gestrigen Donnerstag, den 23.10.2025 (Meldezeitpunkt: 24.10.2025, 06 UTC)

Mitteleuropaeisches und suedostasiatisches Wettergeschehen

Am heutigen Freitag ist das Sturmfeld vor allem im Nordwesten vorzufinden. Hierbei stand und steht hauptsächlich die Nordseeküste im Fokus, wo schwere Sturmböen bis hin zu orkanartigen Böen aufgetreten sind. Aber auch in den übrigen Landesteilen frischt der Südwestwind böig auf, zeitweise können stürmische Böen auftreten.

Neben Sturm war und ist auch der Regen ein Thema. Beim Durchzug der zu JOSHUA gehörenden Kaltfront am gestrigen Donnerstagmorgen und -vormittag traten vorübergehend schauerartige und teils kräftige, vereinzelt auch gewittrige Regenfälle auf. Einzelne Starkregenwarnungen mit einer Laufzeit von wenigen Stunden waren vonnöten.

Am heutigen Freitag regnet es an der Nordsee aus einem bedeckten Himmel länger anhaltend und teils kräftig. In den übrigen Landesteilen treten bei wechselnder Bewölkung einzelne Schauer auf. In der Nacht zum Samstag kommt es im Süden häufiger zu Schauern oder zeitweiligen Regenfällen.

Das unbeständige Wetter setzt sich auch über das Wochenende fort. Zeit- und gebietsweise muss mit schauerartigen Regenfällen gerechnet werden, die mitunter kräftig sein können. Der weiterhin teils stürmische Westwind mit (schweren) Sturmböen an der Nordsee und auf den Bergen trägt zu einem herbstlichen Wochenende bei.

All dies ist aber nicht vergleichbar zu dem, was den nördlichen Inseln der Philippinen und Vietnam in den letzten Wochen zu schaffen machte. Mehrere tropische Systeme suchten diese Regionen heim und zogen hierbei immer auf einer vergleichsweise ähnlichen Zugbahn (der tropische Sturm MITAG hierbei nicht betrachtet). Super-Taifun RAGASA (Kategorie 5) zog vor ziemlich genau einem Monat knapp nördlich an Luzon vorbei und erreichte am 25. September in abgeschwächter Form die Grenzregion von Vietnam und China. Weitere Informationen hierzu können im Thema des Tages vom 23. September nachgelesen werden.

Nur wenige Tage später wählte Taifun BUALOI eine südlichere Zugbahn und zog somit direkt über die Philippinen hinweg. Nach der Überquerung von Westphilippinischem und Südchinesischem Meer ging BUALOI schließlich als Taifun der Kategorie 2 in der Region von Vinh (Vietnam) an Land. Damit liegen die Regionen der Landgänge von RAGASA und BUALOI nur rund 500 km voneinander entfernt.

Anfang Oktober und damit nur wenige Tage nach BUALOI zog Taifun MATMO über Luzon (größte Insel im Norden der Philippinen) hinweg, verstärkte sich zwischenzeitlich zu einem Taifun der Kategorie 2 und traf schließlich unter Abschwächung auf den äußersten Norden Vietnams. Damit war diese Region nach nicht einmal zwei Wochen erneut von einem tropischen System betroffen.

Grafik vom 15. Oktober 2025 des europäischen Emergency Response Coordination Centre für die von den tropischen Systemen MITAG, RAGASA, BUALOI und MATMO betroffenen Philippinen

Mitteleuropaeisches und suedostasiatisches Wettergeschehen 2

Grafik vom 17. Oktober 2025 des europäischen Emergency Response Coordination Centre für die von den tropischen Systemen RAGASA, BUALOI und MATMO betroffenen Regionen im Norden Vietnams

Mitteleuropaeisches und suedostasiatisches Wettergeschehen 3
Diese tropischen Systeme gingen nicht nur mit Sturm, sondern auch mit sehr kräftigen und lang anhaltenden Regenfällen einher. Die Folge waren Überschwemmungen und Erdrutsche. Dabei kamen einige Menschen ums Leben oder wurden verletzt, viele verloren Hab und Gut.
Aktuell sorgt das tropische Tief FENGSHEN an der zentralen Ostküste Vietnams für viel Niederschlag, nachdem es am letzten Wochenende bereits die Philippinen heimgesucht hatte. Bleibt zu hoffen, dass die Tiefdruckaktivität allmählich nachlässt und diese Regionen zur Ruhe kommen können.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Egerer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.10.2025
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Vollherbst vom Feinsten

Nun ist er da, der JOSHUA (international BENJAMIN); und mit ihm eine Menge Wind, Regen und auch ganz vereinzelt Blitz und Donner. Aktuell (Donnerstag, 23.10.2025, 11 MESZ) liegt der Kerndruck des Tiefs, das sich über dem Ärmelkanal befindet, bei 972 hPa. Im Laufe des Tages verlagert es sich weiter in Richtung südliche Nordsee und am morgigen Freitag dann nach Südskandinavien. Auf der Rückseite des Tiefs fließt am Wochenende dann zunehmend maritime Polarluft ein, die für einen deutlichen Temperaturrückgang sorgt.

Europakarte mit Isobaren, Lage der Druckgebilde und Satellitenbild sowie Darstellung der einströmenden Luftmasse durch einen blauen Pfeil (Quelle: DWD)

Vollherbst vom Feinsten

Über die Entstehung von JOSHUA und die mögliche Entwicklung einer Shapiro-Keyser-Zyklone finden Sie im gestrigen Thema des Tages einige Informationen. Aktuelle Auswertungen und Prognosen sind davon abgerückt, dass es sich um eine Shapiro-Keyser-Zyklone handelt.

Hauptaugenmerk in Bezug auf JOSHUA ist eindeutig auf den Wind zu legen. Gegenüber den gestrigen Prognosen hat sich nicht allzu viel geändert. Nachdem heute tagsüber vor allem in der Südwesthälfte Sturmböen und vereinzelt schwere Sturmböen (75 km/h, Bft 9 bis 100 km/h, Bft 10) bis ins Tiefland drohen, rückt in der Nacht zum Freitag zunehmend die Nordsee und das angrenzende Binnenland in den Fokus. Dann stehen dort schwere Sturmböen bis Orkanböen (100 km/h, Bft 10 bis 130 km/h, Bft 12) auf der Agenda. Dieser schwere Herbststurm aus südwestlicher Richtung hält dort am Freitag tagsüber noch an. Aber auch im Rest des Landes bleibt es sehr windig (Südhälfte) bis stürmisch (Nordhälfte).

Entwicklung des Windfeldes von Donnerstagvormittag, den 23.10. bis in die Nacht zum Samstag, den 25.10. (Quelle: DWD)

Vollherbst vom Feinsten 2

Neben viel Wind steht zudem einiges an Regen auf dem Programm. Sowohl am heutigen Donnerstag als auch in den kommenden Tagen ziehen immer wieder Regengebiete mit teils schauerartig verstärktem Regen über Deutschland hinweg. Lediglich in der Mitte und im Osten bleibt es am Freitag auch mal länger trocken. Innerhalb von 72 Stunden belaufen sich die Niederschlagsmengen zwischen Donnerstagnachmittag und Sonntagnachmittag im Norden, Nordwesten, am Alpenrand und in einigen Mittelgebirgen auf 20 bis 40 Liter pro Quadratmeter. Sonst kommen meist nur 5 bis 15 Liter pro Quadratmeter zusammen. In Teilen der östlichen Mitte reicht es mitunter nur für wenige Liter pro Quadratmeter. Die Schneefallgrenze sinkt sukzessive ab, bis Sonntagabend in den Alpen und eventuell auch in den Gipfellagen von Schwarzwald und Bayerischem Wald oberhalb von etwa 1200 m einige Zentimeter Neuschnee fallen könnten.

Deutschlandkarte mit den 72-stündigen Niederschlagsmengen auf Basis verschiedener Modellberechnungen von Donnerstagmittag, den 23.10. bis Sonntagmittag, den 26.10. in Liter pro Quadratmeter (Quelle: DWD)

Vollherbst vom Feinsten 3

Die Temperaturen gehen in den nächsten Tagen zurück. Nachdem es heute unter Zufuhr von milder Luft von der Biskaya Höchstwerte zwischen 13 und 18 Grad gibt, erwarten uns morgen nur noch maximal 8 bis 14 Grad. Am Sonntag bilden zweistellige Höchstwerte dann eher die Ausnahme denn die Regel.

Temperaturverlauf für verschiedene Städte Deutschlands für Donnerstag, den 23.10. bis Montag, den 27.10. (Quelle: DWD)

Vollherbst vom Feinsten 4
Auch der Start in die neue Woche verläuft wechselhaft und kühl, bei einem weiterhin spürbaren, aber nicht mehr so stürmischem Wind. Der Vollherbst hat Deutschland nun also voll im Griff.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.10.2025
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JOSHUA, die Bombogenese und der „Sting-Jet“

Das seit mehreren Wochen ruhige Herbstwetter ist mit Beginn dieser Woche bereits in wechselhaftes Wetter umgeschlagen. Sturmtief JOSHUA (international BENJAMIN) zündet am morgigen Donnerstag die nächste Stufe und hat zunehmend starken Wind im Gepäck, sodass ein erster stärkerer Herbststurm zu erwarten ist.

Die Entstehung von JOSHUA

Sturmtief JOSHUA entwickelte sich in den vergangenen Stunden aus einer Wellenstörung über dem nahen Ostatlantik und ist als Tiefdruckgebiet in der Bodenwetterkarte von Mittwoch, 00 UTC, bereits zu erkennen. Es liegt rund 800 km westlich der Britischen Inseln mit einem Kerndruck von knapp unter 1000 Hektopascal (hPa). Bis zum Donnerstagmorgen zieht es über dem Ärmelkanal hinweg rasch in die Nordsee und vertieft sich dabei auf einen Kerndruck von unter 975 hPa.

Bodenwetterkarte von Mittwoch, 22.10.2025, 00 UTC (Quelle:DWD)

JOSHUA die Bombogenese

„Bombogenese“

Der Druckfall beträgt also rund 25 hPa in etwa 24 Stunden. Bei einem Druckfall von 24 hPa oder mehr in 24 Stunden spricht der Meteorologe von einer „rapiden Zyklognese“, also von einer starken und schnellen Tiefdruckentwicklung. Zusammen mit dem 1980 von Sanders und Gyakum erschienenen Fachartikel „Synoptisch-dynamische Klimatologie der Bombe“ („Synoptic-Dynamic Climatology of the Bomb“) über rapide Zyklogenesen entstanden daraus die etwas martialisch anmutenden Wortprägungen der „Bombogenese“ und der „Bomben-Zyklone“ ( „Die „Bomben-Zyklone“ ).

Vorhersage der Wetterlage für Donnerstag, 23.10.2025 um 14 Uhr Sturmtief JOSHUA über der Nordsee (Quelle:DWD)

JOSHUA die Bombogenese

Sturm am Donnerstag

Das auf Deutschland zukommende Sturmfeld erfasst in den Frühstunden des Donnerstags den Westen und Südwesten des Landes und breitet sich bis zum Abend bis in die Mitte aus. In den Vormittagsstunden treten erste stürmische Böen um 70 km/h (Bft 8) aus Süd bis Südwest auf, am Nachmittag muss mit Sturmböen zwischen 75 und 85 km/h (Bft 9), gebietsweise auch mit schweren Sturmböen zwischen 90 und 100 km/h (Bft 10) gerechnet werden. Einige Modelle zeigen sehr punktuell die Möglichkeit für orkanartige Böen um 105 km/h (Bft 11). Auf den Bergen gibt es wie immer noch stärkere Böen bis hin zu Orkanböen um 120 km/h (Bft 12) auf den höchsten Gipfeln (Brocken, Feldberg).

Windentwicklung des Sturmtiefs JOSHUA von Donnerstag 23.10.2025 3 Uhr MESZ bis Freitag, 24.10.2025 21 Uhr MESZ (Böen aus ICON6 (Quelle:DWD)

JOSHUA die Bombogenese 3

„Shapiro-Keyser-Zyklone“, „Cold Jet“ und „Sting-Jet“

JOSHUA weist darüber hinaus am Donnerstagmorgen zeitweise Züge einer sogenannten „Shapiro-Keyser-Zyklone“ auf ( „Wenn der Skorpion zusticht“ ). Bei solchen Zyklonen tritt meist ein „Cold Jet“ ( “ Éowyn – eine erste Bilanz“ ) hinter der Kaltfront des Tiefs auf, in dessen Bereich es die stärksten Böen gibt. Seltener gibt es dagegen den noch gefährlicheren „Sting-Jet“ (auf deutsch „Stachel-Strahl“), der wie ein Schwanz eines Skorpions aussieht. Dabei würde die Windentwicklung noch stärker als derzeit berechnet ausfallen. Die Modelle sind sich aber recht einig, dass sich kein Sting-Jet ausbildet.

Auswirkungen des Sturms

Bei diesen Windgeschwindigkeiten können die zum Teil noch stark belaubten Bäume umkippen, auch wenn die Böden durch die lange trockene Phase zuvor nicht gut durchgeweicht sind. Darüber hinaus stellen abbrechende Äste eine Gefahr dar. Viele Bäume werden sicherlich auch Teile ihrer derzeit farbenfrohen Blätterpracht verlieren. Um Schäden zu vermeiden, sollten Garten und Balkone besser „windfest“ gemacht werden.

Sturm in der Nacht zum Freitag

In der Nacht zum Freitag verlagert sich das Sturmfeld in den Nordwesten, wobei sich der Wind ein wenig abschwächt. Weiterhin sind aber stürmische Böen oder Sturmböen zwischen 70 und 90 km/h (Bft 8 bis 9) zu erwarten, an der Nordsee kommt es dann zu orkanartigen Böen oder Orkanböen zwischen 105 und 120 km/h (Bft 11 bis 12). Zudem ist es auch im äußersten Süden sehr windig mit stürmischen Böen um 65 km/h (Bft 8) bis ins Tiefland und Sturmböen um 90 km/h (Bft 9) in den Bergen.

Sturm auch am Freitag und am Wochenende

Am Freitag bewegt sich JOSHUA nur noch gemächlich in Richtung Skagerrak, sodass das Sturmfeld über der Nordhälfte zu finden ist. Die Modelle simulieren dabei stürmische Böen oder Sturmböen zwischen 60 und 80 km/h (Bft 8 bis 9), an der Nordsee können noch schwere Sturmböen um 100 km/h (Bft 10) vorkommen.

Am Wochenende wandelt sich JOSHUA in ein mehrkernigen Tiefkomplex mit Schwerpunkt über Skandinavien um. An dessen Südwestflanke ist es insbesondere im Nordosten windig mit steifen bis stürmischen Böen zwischen 50 und 70 km/h (Bft 7 bis 8). Nach Südwesten hin schwächt sich der Wind dagegen etwas ab.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Tornado bei Paris

Am gestrigen Montagnachmittag zog gegen 17:45 Uhr Ortszeit ein Tornado durch Ermont, einem nördlichen Vorort von Paris im Departement Val-D’Oise. Er richtete erheblichen Schaden an: Mehrere Baukräne stürzten um, Häuser wurden abgedeckt und Bäume knickten ab. Diverse Medien berichten bereits von Schwerverletzten und mindestens einem Todesfall.

Starke Tornados kennt man landläufig eher aus dem Sommerhalbjahr. Tatsächlich tritt ein Großteil der Tornadoereignisse auch in der warmen Jahreszeit auf. Doch es gibt sie auch im Winterhalbjahr, wenn die Bedingungen für deren Entstehung gegeben sind.

Grundvoraussetzung für Tornados ist Konvektion, sprich es müssen Schauer und Gewitter entstehen. Dafür bedarf es bodennah feuchte Luft und Instabilität, also eine rasche Temperaturabnahme mit der Höhe. Zudem muss die Luft gehoben werden. Dies kann beispielsweise durch Tiefausläufer (Kalt- und Warmfronten), durch Tröge (Tiefs in der Höhe), Konvergenzlinien (Bereich zusammenströmender Luft) oder Berge gewährleistet werden. Damit Tornados entstehen können, muss zudem starke Windscherung vorherrschen, insbesondere in der unteren Troposphäre (Änderung von Windgeschwindigkeit und -richtung mit der Höhe) und möglichst niedrige Wolkenuntergrenzen. Im Winterhalbjahr sind diese Bedingungen vor allem dann gegeben, wenn Sturmtiefentwicklungen im Spiel sind.

Abbildung 1 zeigt die Zutaten für Konvektion und Tornados zum Zeitpunkt des Tornados bei Paris. Feuchtigkeit und Instabilität waren ausreichend vorhanden. Zudem herrschte im Umfeld eines kräftigen Tiefs über Südengland mäßige bis starke Scherung, sowohl niedertroposphärisch als auch hochreichend. Besonders auffällig ist die starke Helizität, also Wirbelhaftigkeit der Luftmasse, die durch starke Richtungsscherung in den unteren Luftschichten generiert wird und durch die etwaige Tornados genährt werden. Durch einen von Westen aufziehenden Trog wurde die Luft großräumig gehoben und es entstanden Schauer und Gewitter.

Zutaten für Konvektion am 20. Oktober um 17:00 Uhr MESZ.

Tornado bei Paris

Die Radaranimation in Abbildung 2 zeigt, wie sich eine Gewitterzelle (erkennbar an den dunkelblauen Farben) über den Nordrand des Pariser Stadtgebiets nach Osten verlagerte. Hierbei handelte es sich um eine sogenannte „Low-Topped Supercell“ (deutsch: flache Superzelle), also eine in sich rotierende Gewitterzelle geringer vertikaler Mächtigkeit. Diese produzierte erwiesenermaßen den starken Tornado bei Ermont.

Radaranimation vom Großraum Paris am 20. Oktober, von 17:00-18:10 Uhr MESZ.

Tornado bei Paris 2

Eine vorläufige Analyse der Bilder und Schäden ergab, dass es sich um einen Tornado der Stärke IF2 auf der Internationalen Fujita Skala gehandelt hat (siehe: www.eswd.eu). Dabei treten Windgeschwindigkeiten um 220 km/h auf (siehe Thema des Tages vom https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/11.html). Offenbar kam es fast zeitgleich an einer weiteren flachen Superzelle weiter nördlich bei Chaumont-en-Vexin ebenfalls zu einem Tornado, der mit einer Stärke von IF0.5 (~120 km/h) aber weitaus schwächer war.

Dipl.-Met. Adrian Leyser Sturm
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Wilde Herbstwetterwoche ante portas

Nicht dass es im metaphorischen Sinne besser würde. Denn Grau und Nebel werden nun abgelöst durch Grau und Regen. Immerhin bekommt die Natur so mal wieder etwas Nass von oben ab. Aber für die Vorhersage wird es wohl eine ziemlich arbeitsreiche Woche. Aber von vorne:

Ein Blick auf die Wetterkarte zeigt, dass das bisher allesbestimmende Hochdruckgebiet („Tatiana”) nun soweit schwächelt, dass es den Rückzug nach Südosteuropa angetreten hat. Nun ist die Bahn frei für die Rückkehr der Westdrift und den atlantischen Einfluss. Und dort wartet bereits mit Tief „Irawan” ein ziemlich ausgeprägter Vertreter seiner Zunft, dessen Ausläufer wir bereits heute zu spüren bekommen. Ganz aktuell erstreckt sich die bereits okkludierte Front des Tiefs von Nord nach Süd über Deutschland und manifestiert sich in einem ostwärts ziehenden Regenband. Der Warmsektor ist markant ausgeprägt. Zum einen steigen die Taupunkte signifikant von vorher 4 bis 8°C auf bis zu 14°C an, zum anderen die Temperaturen selber ebenfalls auf Werte von bis zu 19°C.

Abbildung 1: Aktuelle Wetterlage mit abziehendem Hoch „Tatiana” und neuem wetterbestimmendem Tief „Irawan”.

Wilde Herbstwetterwoche ante portas

Bereits am heutigen Abend fließt im Westen rückseitig der Front eine zunehmend labile Luftmasse ein, die zu zahlreichen Schauern und sogar einzelnen Gewittern führen kann. Angesichts sehr ausgeprägter Scherung (über 30 kn bis 1 km Höhe) könnte dabei sogar eine rotierende Überraschung, sprich: flache Superzelle dabei sein.

Am Dienstag liegt dann ein erstes Tief über der Deutschen Bucht. Damit wird es vor allem an der Nordseeküste aber auch in den Mittelgebirgen ziemlich windig, mitunter gar stürmisch. Dazu stellt sich im Norden Schauerwetter ein mit rasch wechselnder Abfolge von Sonne, Wolken und Regen. Eigentlich Aprilwetter vom feinsten – nur dass es mittlerweile Ende Oktober ist. Weiter südlich zeigt sich das Wetter von seiner freundlicheren Seite, aber auch dort regnet es stellenweise.

Der stürmische Höhepunkt des Herbstes?

Nachdem der Mittwoch anschließend relativ ruhig abläuft, gilt es, den Blick bereits in Richtung des frühen Mittelfristzeitraums zu richten. Im Laufe des Mittwochs soll sich über dem Atlantik an der zu der Zeit deutlich ausgeprägten Frontalzone erst eine Randwelle und daraus rasch ein kräftiges Tiefdruckgebiet entwickeln. Dieses Tief zieht nach Lesart des deutschen Modells (ICON), aber auch in etwa der Variante des europäischen Modells (ECMWF) bis Donnerstagfrüh in etwa über den Kanal hinweg in die Deutsche Bucht ziehen. Schaut man genauer hin, könnte es sich bei dieser Entwicklung, die in einigen Modellen mit Kerndrücken von teils unter 970 hPa aufwartet, um eine Shapiro-Keyser-Zyklone handeln. Trifft die aktuell berechnete ICON-Variante so ein, ist in einem Streifen von Ostfriesland bis an die Ostseeküste mit Unwetter zu rechnen, d.h. orkanartige Böen der Stärke 11 bzw. sogar Orkanböen der Stärke 12. An den windrichtungsexponierten Abschnitten der Nordseeküste wäre sogar mit extremen Orkanböen von über 140 km/h zu rechnen! Diese Entwicklung ist aber noch alles andere als sicher. Das europäische Modell zeigt beispielsweise eine deutlich seichtere Entwicklung, die aber immerhin auch noch zu verbreitet schweren Sturmböen der Stärke 10 sowie abschnittsweise orkanartigen Böen direkt an der Nordsee führen würde.

Abbildung 2: Aktuelle Prognose für die Nacht zum Freitag mit Höhepunkt des erwarteten Sturmtiefs und noch deutlichen Modellunterschieden. Farben und schwarze Isolinien: Windböen in km/h. Weiße Isolinien: Bodendruck in hPa.

Wilde Herbstwetterwoche ante portas 2

Unabhängig davon läuft es aber darauf hinaus, dass es wohl am Donnerstag und Freitag im ganzen Land zumindest zeitweise ziemlich stürmisch werden wird. Eine Besonderheit dieser Lage zeichnet sich aktuell dahingehend ab, dass die Sturmlage wohl länger anhält, nämlich über 24 bis 36 Stunden, im Norden möglicherweise wohl sogar bis zum kommenden Sonntag.

Bis es soweit ist, gehen aber erst noch ein paar Tage ins Land. Bis dahin wird sicherlich bei der Numerik noch einiges passieren, aber zumindest scheint schon folgendes recht sicher: Aus meteorologischer Sicht erwartet uns eine ziemlich spannende Woche.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Leuchtende Tänzer am oberen Wolkenrand

Der Sommer liegt nun endgültig hinter uns und mit ihm die Zeit der häufigen Schwergewitter. Zwar können mit geringer Wahrscheinlichkeit auch am morgigen Montag, den 20. Oktober 2025, einzelne Gewitter im Westen auftreten, ihre Intensität ist jedoch nicht vergleichbar mit der ihrer hochsommerlichen „Verwandten“. Häufig sind es die Begleiterscheinungen wie heftiger Starkregen, Orkanböen, großer Hagel oder Tornados, die bei schweren Gewittern enorme Schäden anrichten können. Auch Blitze stellen für Gegenstände oder Leib und Leben eine echte Gefahr dar. Trotzdem faszinieren uns diese Gewalten der Natur immer wieder aufs Neue. Die mit hohen elektrischen Spannungen zusammenhängenden Leuchterscheinungen sind besonders schön anzusehen.

Wie entstehen diese hohen Spannungen?

Bei der Bildung eines Gewitters steigen feuchte und energiereiche Luftmassen rasant auf. Dabei wird die Luft mit zunehmender Höhe schnell abgekühlt, sodass es zur Kondensation des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes kommt. Entsprechend bilden sich Quellwolken, die schließlich zu einem ausgewachsenen Cumulonimbus (Gewitterwolke) heranwachsen. Im sogenannten Aufwindbereich des Cumulonimbus werden sehr viele Wassertröpfchen und Eiskristalle mit Geschwindigkeiten von über 100 Kilometern pro Stunde in eisige Höhen, zum Teil über 10 Kilometer, katapultiert, um anschließend wieder in Richtung Erde zu fallen. Auf ihrem Weg durch die Gewitterwolke stoßen sie dabei aneinander, wodurch es zu einer elektrischen Ladungstrennung innerhalb der Wolke kommt. So entstehen zum einen Bereiche mit positiver Ladung, die sich im oberen Bereich der Wolke befinden, zum anderen konzentriert sich negative Ladung im unteren Teil. Die Spannungen sind dabei erheblich und können bis zu einer Milliarde Volt betragen.

Welche Erscheinungen können dabei auftreten?

Video von Bernd Brebeck, aufgenommen am 08. Juni 2025.

Leuchtende Taenzer am oberen Wolkenrand 1

Aufgrund dieser hohen Spannungen können unterschiedliche Phänomene entstehen. Blitze entstehen beispielsweise, um den Ladungsunterschied innerhalb der Wolke bzw. zwischen Wolke und Erdboden wieder auszugleichen. An manchen Tagen und bei einer genauen Beobachtung der Gewitterwolken lässt sich jedoch eine weitere, überaus seltene Erscheinung am Himmel ausmachen. Im vergangenen Juni (zugegebenermaßen eine Weile her) konnte ein aufmerksamer Beobachter an der Wolkenoberseite einen gebogenen Lichtstrahl ausmachen, der hin und her hüpfte und scheinbar auf der Wolke tanzte.

Auch im Jahr 2018 erreichte uns ein Video aus Würzburg, in dem der tanzende Schweif auf einer Wolkenoberseite aus einem Hinterhof heraus beobachtet werden konnte.

Video von Sebastian Baranek, aufgenommen am 29. Mai 2018 über Würzburg.

Leuchtende Taenzer am oberen Wolkenrand 2

Dieses mysteriöse Phänomen ist unter anderem als „Crown Flash“ (dt. krönender Lichtstrahl) oder „Leaping Sundog“ (dt. hüpfende oder springende Nebensonne) bekannt. Der Name der Erscheinung sowie deren erste wissenschaftliche Beschreibung geht übrigens auf einen Artikel in dem renommierten Magazin „Nature“ aus dem Jahre 1971 zurück, in dem dieses zum damaligen Zeitpunkt noch unbekannte Phänomen erstmals öffentlich beschrieben und sogleich mit dem Namen „Crown Flash“ versehen wurde.

Wie erklärt sich dieses Phänomen?

Aktuell existiert noch keine exakte wissenschaftliche Erklärung für diese faszinierende Erscheinung. Führende Theorien gehen davon aus, dass es sich dabei um einen Lichtstrahl handelt, der an kleinen Eiskristallen im oberen Bereich der Gewitterwolke gebrochen und reflektiert wird. Jedoch sieht der Beobachter am Boden die Reflexion nur, wenn er richtig zur Sonne steht. Das macht dieses Phänomen so selten.

Warum hüpft der Lichtstrahl?

Die Eiskristalle an der Wolkenoberseite sind durch das elektromagnetische Feld der spannungsgeladenen Wolke in einer bestimmten Orientierung angeordnet und geben somit die Richtung der Reflexion vor. Kommt es nun zu einer Entladung, das heißt, blitzt es in der Gewitterwolke, ändert sich das Spannungsfeld, wodurch es zu einer ruckartigen Änderung der Ausrichtung der Eiskristalle und somit auch des Reflexionswinkels des Lichtstrahls kommt. Der Beobachter nimmt dies dann als ein Hüpfen des Lichtstrahls wahr.

Weitere anschauliche Clips lassen sich bei einer Internetrecherche finden, zum Beispiel auf der Online-Videoplattform YouTube, wo der Nutzer QuadeM13 ein herrliches Beispiel (siehe „Weitere Informationen zum Thema“) im Jahr 2015 in Greenwood, Indiana (USA) beobachten konnte.

MSc.-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Die „O-bis-O-Regel“ für Winterreifen?!

Es ist wieder soweit. Das Auto schreit nach Veränderungen. Viele Versicherungen und Automobilclubs verweisen wieder auf die sogenannte „O-bis-O-Regel“. Demnach sollten die Autofahrer von Oktober bis Ostern wintertaugliche Reifen am Auto montiert haben. Jedoch müssen bei der Wahl der Reifen zusätzlich auch die regional unterschiedlichen klimatischen Verhältnisse berücksichtigt werden. Das Rheinland kann man diesbezüglich z. B. nicht mit dem höher gelegenen Voralpenland vergleichen.

Viele Kraftfahrzeughalter verzichteten wegen der wenig winterlichen Witterung der letzten Wochen bisher auf einen Reifentausch auf Winterpneus. Doch mit fortschreitender Jahreszeit in Richtung Winter sinken die Temperaturen alleine aus klimatologischer Sicht langsam ab. Während bisher meist nur die typisch herbstlichen Wettererscheinungen wie Nebel oder rutschige Straßen durch feuchtes Laub die Autofahrer beschäftigten, muss den kommenden beiden Nächten vor allem in der Osthälfte gebietsweise auch mit Glätte durch überfrierende Nässe oder Reif gerechnet werden. Die durch die Jahreszeit bedingt längeren Nächte kann die bodennahe Atmosphäre nachts schon erheblich auskühlen. Vor allem bei klarem Himmel reichen tagsüber positive, teils sogar zweistellige Höchstwerte nicht aus, um ein nächtliches Absinken der Temperatur in den Frostbereich zu verhindern. Zudem ist jederzeit eine kurzfristige Umstellung der Wetterlage auf den Wintermodus möglich. Mittelfristig, bis zum Ende der kommenden Woche ist jedoch weder Schnee noch Eis ein Thema. Doch im November kann das Wetter auch schnell mal in die kalte Richtung ausschlagen.

Werden die Schreie des Autos erhört und Winterreifen aufgezogen, muss zwingend auf das Alpine-Symbol, einem Bergpiktogramm mit Schneeflocke, geachtet werden. Reifen, die nur eine M+S-Kennzeichnung (Matsch und Schnee) haben, sind bei winterlichen Straßenverhältnissen nicht mehr erlaubt. Sollte man in eine Kontrolle geraten und Winterreifen ohne alpine-Symbol auffallen, drohen Bußgelder in Höhe von 60 Euro, bei Behinderung bis 80 Euro sowie ein Punkt in Flensburg. Sollte der Fahrer nicht dem Halter entsprechend, wird sogar der Halter belangt und mit 75 Euro und einem Punkt versehen.

Alpine Symbol Winterreifen (Quelle ADAC)

Die „O bis O Regel fuer Winterreifen 1

Sollte es bei Schnee oder Glätte zu Unfällen durch Autos mit Sommerreifen kommen, so setzen die Autofahrer neben ihrem Leben auch ihren Versicherungsschutz teilweise aufs Spiel. Die Kaskoversicherung kann mit dem Verweis auf grob fahrlässiges Verhalten einen Teil der Leistung verweigern. Und die Kfz-Haftpflichtversicherung kann den Fahrer in Mithaftung nehmen, wenn ein Unfall auf falsche Reifen zurückzuführen ist.

Anders als z.B. in Österreich, der Schweiz und Italien besteht hierzulande aber keine generelle, sondern eine situative Winterreifenpflicht, was bedeutet, dass man bei winterlichen Straßenverhältnissen, also bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte, nur mit Winterreifen fahren darf.
Doch was macht die Winterreifen aus?

Autoreifen sind das Bindeglied zwischen Fahrzeug und Fahrbahn. Sie beeinflussen maßgeblich das Fahrverhalten eines Fahrzeugs. Reifen werden insbesondere auf die Beschaffenheit des Untergrundes, die Temperatur und die Belastung ausgelegt. In Mitteleuropa fahren Autos meist auf asphaltierten Straßen mit einer Oberflächentemperatur zwischen -15 °C und +60 °C. „Sommer“-Gummimischungen verhärten bereits bei niedrigen Plus-Graden, womit sich die Haftung auf der Straße spürbar reduziert. Winterreifen-Typen bleiben weich und verfügen zudem über ein spezielles Lamellen-Profil, das auf Schnee und Eis besonders gut greift – also bei Witterungsbedingungen, die überall in Deutschland und auch durchaus schon um den Gefrierpunkt herum anzutreffen sei, erklärte der ADAC. Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe beträgt auch für Winterreifen 1,6 Millimeter. Der ADAC empfiehlt aus Sicherheitsgründen jedoch mindestens vier Millimeter. Ebenso einen Austausch nach spätestens sechs Jahren, weil dann die Gummimischung so hart geworden ist, dass der „Grip“ bei tiefen Temperaturen nachlässt.

In den kommenden Nächten muss vor allem in den östlichen Regionen des Landes durch leichten Frost und teils mäßigen Bodenfrost örtlich mit winterlichen Straßenverhältnissen durch Glätte infolge überfrierender Nässe oder Reif gerechnet werden. Begünstigt sind dabei vor allem weniger befahrene Straßen abseits der Autobahnen. Aber auch die Verkehrswege über Brücken oder durch Senken sind besonders für Glätte durch Reif oder überfrierende Nässe anfällig.

Tiefsttemperaturen Sonntagmorgen, 19.10.2025 mit verbreitetem Frost.

Die „O bis O Regel fuer Winterreifen 2

Bis zum nächsten Wochenende übernehmen nun aber erst einmal wieder Tiefdruckgebiete das Zepter in der Wetterküche. Das Hoch TATIANA hat leider nur wenig Kraft und lässt sich von einem kräftigen, hochreichenden Tiefdruckkomplex bei den Britischen Inseln rasch nach Osteuropa schieben. Damit stellt sich auch die Wetterlage um, sodass mittelfristig ein unbeständiger, zu schauerartigen Regenfällen neigender Wettercharakter Einzug hält. Da die Luft jedoch vom Atlantik, teilweise auch aus Südwesteuropa stammt, bleibt es zumindest mild, teils auch sehr mild. Somit wären Winterreifenaus Wettersicht zumindest bis Ende Oktober noch nicht zwingend nötig. Wer jedoch im November bei einem bevorstehenden Wintereinbruch den Run auf die Autohäuser verhindern möchte, kann ja das milde Wetter für einen ruhigen Tausch nutzen.

Wetterlage am Sonntag, 18.10.2025 um 14 Uhr mit Hoch TATIANA über Norddeutschland und einem Tiefdruckkomplex westlich der Britischen Inseln.

Die „O bis O Regel fuer Winterreifen 3

Dipl. Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

 

Unsere Dampfkugel

Ach was muss das für ein wunderbarer Anblick sein, aus dem Weltraum auf die Erde herunterzublicken und ihrer ganzen Pracht ansichtig zu werden! Zumindest Bilder davon stehen uns von verschiedensten Satelliten zur Verfügung: Weiße schneebedeckte Flächen, blaue Meeresflächen, grüne Vegetationsgebiete und gelblich-braune Wüsten, darüber liegend weiße Wolkengebilde. Am Rande jener riesigen Kugel ist ein dünner, manchmal bläulich schimmernder Mantel zu sehen. Diese zerbrechlich wirkende mit Gas gefüllte Einhüllende ist unsere Atmosphäre und erlaubt uns auf diesem Planeten zu leben. Der Name leitet sich aus dem altgriechischen „atmós“ – Dampf und „sphaira“ – Kugel ab.

Bild von der Erde, aufgenommen von einem Satelliten. Quelle: DLR

Unsere Dampfkugel 1

Über Jahrmilliarden hat sich ihr uns heute vertraute Aufbau und Zusammensetzung entwickelt. In der Vertikalen kann eine Unterteilung in die „Homosphäre“ und darüber die „Heterosphäre“ vorgenommen werden. In Erstgenannter sind die verschiedenen Komponenten der Luft gut durchmischt. Den größten Anteil am Gasgemisch machen hierbei Stickstoff, Sauerstoff und Argon (etwa 78 %, 21 % und 1 %) aus. Dazu gesellen sich noch Spurengase, das wohl prominenteste ist Kohlenstoffdioxid, aber es zählen auch beispielsweise Methan oder Lachgas dazu. Der Wasserdampfgehalt der Luft ist sehr variabel, spielt aber natürlich ebenso eine wichtige Rolle für allerlei Prozesse wie Wolkenbildung oder den Strahlungshaushalt. Am Oberrand wird diese Homosphäre von der „Homopause“, oder auch „Turbopause“ genannt, begrenzt. Daran schließt sich ab einer Höhe von etwa 100 km die Heterosphäre an. Dort trennen sich die Bestandteile der Luft mit der Höhe auf. Leichtere Moleküle bzw. Atome wie Wasserstoff können auch in größerer Höhe von der Schwerkraft gehalten werden, während beispielsweise der schwere Sauerstoff nur in niedrigerer Höhe von der Erde gehalten werden kann.

Illustration des Aufbaus der Atmosphäre. (Von Dr. Michael Wössner). Quelle: simplyscience.ch

Unsere Dampfkugel 2

Eine andere Unterteilung fokussiert sich auf den Einfluss des Bodens durch Reibung. Hier erstreckt sich die Prandtlschicht über die ersten 50 m und zeichnet sich dadurch aus, dass die Windgeschwindigkeit logarithmisch mit der Höhe zunimmt. Daran anschließend erstreckt sich die Ekmanschicht bis etwa 1 km. Charakteristisch für diese Schicht ist zusätzlich eine Winddrehung mit der Höhe nach rechts (auf der Südhalbkugel nach links) durch den abnehmenden Einfluss der Bodenreibung. Prandtl- und Ekmanschicht zusammengefasst, werden auch als planetare Grenzschicht bezeichnet. In der freien Atmosphäre darüber spielen die erwähnten Bodeneinflüsse keine Rolle mehr.

Die wohl bekannteste Aufteilung leitet sich jedoch vom Temperaturverlauf ab. Fünf Schichten werden unterschieden: Troposphäre, Stratosphäre, Mesosphäre, Thermosphäre und Exosphäre. Die Grenzflächen werden entsprechend Tropopause, Stratopause, … genannt. Was zeichnet die einzelnen Sphären aus? Welche Unterschiede bestehen zwischen Ihnen? Die Antworten auf diese Fragen benötigen ein separates Thema des Tages.

M.Sc. Fabian Chow
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.10.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst