Stürmischer Dionisio

Tief „Dionisio“ ist aus einer sogenannten „Genua-Zyklogenese“ hervorgegangen. Zwischen den beiden Tiefs ANKA und BIANCA über Nordeuropa und einem kräftigen Hoch mit Schwerpunkt über dem nahen Ostatlantik stellte sich ab Donnerstag (19.12.) über West- und Mitteleuropa eine kräftige Nordwestströmung ein. Damit konnte Kaltluft auf breiter Front südostwärts gesteuert werden. Die Westalpen stellten dabei ein natürliches Hindernis dar. Die Luft musste entweder über die Bergrücken gehoben oder um sie herumgeführt werden. Beide Prozesse sorgten in Zusammenspiel mit einer Beschleunigung der Kaltluft durch das südfranzösische Rhonetal (dieser kalte „Fallwind“ wird auch Mistral genannt) für eine Tiefdruckentwicklung im Lee der Seealpen und über dem Golf von Genua. Der Jet-Stream, das Starkwindband in der mittleren und oberen Troposphäre, diente als „Förderband“ und steuerte das Tief bis Freitag (20.12.) südostwärts über das Seegebiet zwischen Korsika und Italien zum Tyrrhenischen Meer. Dabei intensivierte sich das Tief vorübergehend sogar noch. Dadurch verschärften sich die Luftdruckgegensätze vor allem an der Westflanke des Tiefs nochmal deutlich. Zu dem orographischen und schwerkraftbedingten Mistral-Fallwind gesellte sich folglich noch eine von lokalen Luftdruckbegebenheiten gesteuerte Windverstärkung über dem gesamten nördlichen Teil des westlichen Mittelmeerraums.

DWD Stuermischer Dionisio

Abbildung 2 (links) zeigt eine Auswahl der stärksten Böen am Donnerstag und Freitag. Man sieht, dass in Südfrankreich und auf Korsika örtlich extreme Orkanböen über 140 km/h auftraten. Auch sonst gab es von Südfrankreich bis nach Korsika verbreitet Sturm- und schwere Sturmböen, selbst in Großstädten wie Marseille. In der Folge kam es zu umstürzten Bäumen sowie Schäden an Gebäuden und an der Infrastruktur. Tausende Haushalte waren in Frankreich zeitweise ohne Strom.

DWD Stuermischer Dionisio 1

Darüber hinaus wühlte der Sturm die See mächtig auf. Es bauten sich mitunter meterhohe Wellen auf. Abbildung 2 (rechts) zeigt zur Verdeutlichung eine DWD-Vorhersage der Wellenhöhe. Es musste demnach mit bis zu 8 m hohen Wellen gerechnet werden. Dieser Seegang führte an den Küsten zu massivem Wellenschlag und Überschwemmungen.

Mittlerweile hat sich „Dionisio“ etwas abgeschwächt und zog über Süditalien zum Balkan. Dabei treten zwar nicht mehr die ganz hohen Windgeschwindigkeiten auf, allerdings kommt es zum Teil zu heftigen Regen- und Schneefällen.

Nach einer vorübergehenden Wetterberuhigung wiederholen sich die Ereignisse am Sonntag und Montag wahrscheinlich wieder. Bedingt durch einen neuen Kaltluftvorstoß über West- und Mitteleuropa ereignet sich wieder eine Genua-Zyklogenese. Das daraus resultierende und bereits auf den internationalen Namen „Enol“ getaufte Tief wird zwar nicht ganz die Stärke von „Dionisio“ erreichen. Dennoch muss rund um das westliche und zentrale Mittelmeer erneut mit Sturm, hohem Seegang, Starkregen und intensiven Schneefällen im Bergland gerechnet werden.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

BIANCA´s Kaltfront

Am gestrigen Donnerstag bestimmten die Tiefs ANKA und BIANCA das Wettergeschehen bei uns in Deutschland. Über Skandinavien spielte ANKA die Rolle des steuernden Zentraltiefs, während BIANCA als Randtief das Frontensystem von ANKA modulierte.

DWD BIANCA´s Kaltfront

Die entsprechende Bodenanalyse von gestern früh um 07:00 MEZ ist in Abbildung 1 dargestellt. BIANCA saß als Trittbrettfahrerin auf der Kaltfront von ANKA, wodurch die Kaltfront eine sogenannte Welle bildete, auf deren Scheitel BIANCA thronte. Somit bestimmte letztendlich BIANCA über die Front und deren Verlagerung nach Südosten.

Dass die Front ein gewisses meteorologisches Potential mitbrachte, war schon beim Blick auf die Höhenwinde klar. Diese zeigt Abbildung 2 so, wie sie vom DWD-Vorhersagemodell ICON-D2 für eine Höhe von ca. 1500 Meter (850 hPa) und für den Zeitpunkt 12:00 UTC (13:00 MEZ) berechnet wurden. Abgesehen vom Nordwesten wehte der Modellwind in genannter Höhe sehr stramm, lokal erreichten die Höhenwinde mehr als 100 km/h (1 kt entspricht 1,852 km/h).

DWD BIANCA´s Kaltfront 1

Für die Windentwicklung war (und ist) dabei entscheidend, wie gut der vertikale Austausch in der unteren Troposphäre vonstatten geht. Die Modelldaten deuteten diesbezüglich auf eine gute Durchmischung hin. Dabei sollten die stärksten Böen an der Kaltfront selbst auftreten. Dies war keine schlechte Prognose, wie ein Blick auf die Abbildung 3 verdeutlicht.

DWD BIANCA´s Kaltfront 2

Die Kaltfront ist im Radarbild sehr gut anhand der rötlichen Farbpixel zu erkennen. Fast wie mit dem Lineal gezogen, erstreckte sie sich um 17:30 MEZ vom Oderbruch über Nordsachsen und den Oberlauf des Mains bis zum westlichen Bodensee. Die rote Farbe steht dabei für starke Reflektivität – und damit auch für kräftige Hebungsprozesse, starke Durchmischung – und die heftigsten Böen.

DWD BIANCA´s Kaltfront 3

Die letztendlich gemessenen Böen liefert Abbildung 4. Im linken Teil sind die Böen zwischen 13:00 und 16:00 MEZ dargestellt, im linken Teil die Böen zwischen 16:00 und 19:00 MEZ. Eine Darstellung, die mehrere Stunden zusammenfasst, verwischt natürlich die scharfe Konzentration der Böen auf eine schmale Linie. Dennoch ist erkennbar, dass immer die Bereiche die höchsten Böen aufweisen, über die die Front im betreffenden Zeitfenster hinweggeschwenkt ist. So brachte es Idar-Oberstein (RLP) zwischen 13:00 und 14:00 MEZ auf 83 km/h, in der darauffolgenden Stunde verzeichnete Alsfeld (HE) 85 km/h, beides Beispiele für Stationen in Tallagen. Noch – teils deutlich – höhere Windgeschwindigkeiten traten auf den Bergen auf, der Brocken konnte mit der vollen Orkanstärke von 122 km/h den höchsten Wert verzeichnen.

Zwischen 16:00 und 19:00 MEZ hatten sich die maximalen Böen dann in den Südosten verlagert. Die Messung in Federhof (BY) verzeichnete 89 km/h, da fehlt nur 1 km/h zu den Schweren Sturmböen.

Sturm, zumindest aber kräftiger Wind ist auch für die kommenden Tage bis einschließlich Montag das Stichwort. Dazu ist es verbreitet nass, und ab Sonntag, insbesondere aber am Montag wird es kälter und die Schneefallgrenze sinkt auf gut 400 m.

Der kurze Blick auf Heiligabend deutet eine Dreiteilung an. Im Südosten Bayerns Schnee, in einem breiten Streifen von Südwesten in den Nordosten wechselnd wolkig und überwiegend trocken, und im Nordwesten kommt nachmittags Regen auf – eine klassische Weihnachtliche Milderung.
Für die Weihnachtstage ist dann sich kräftigender Hochdruckeinfluss eine Idee, die fast alle Vorhersagemodelle aufgreifen. Das könnte aber auch Nebel und Hochnebel bedeuten. Mal schauen, wie sich die Prognosen mit weiterer Annäherung ans Weihnachtsfest entwickeln.

 

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Weiße Weihnachten?

Die Weihnachtswettervorhersage ist für uns Meteorologen immer wieder eines der letzten kleinen Highlights des sich zu Ende neigenden Jahres. Bereits Wochen vor Weihnachten erreichen uns die ersten Anfragen mit der meist ernst gemeinten Frage: „Gibt es in diesem Jahr weiße Weihnachten?“. Natürlich lässt sich diese Frage Wochen im Voraus nicht zufriedenstellend beantworten. Lediglich die Statistik kann man bemühen, die aber für viele Regionen zumindest in Bezug auf ein weißes Fest enttäuschende Aussichten bietet.

Nun schreiben wir heute den 19. Dezember 2024. Heiligabend ist nurmehr fünf Tage entfernt. Zum aktuellen Zeitpunkt könnte die Weihnachtswettervorhersage also möglicherweise etwas präziser möglich sein.

Schaut man am heutigen Donnerstag allerdings auf das Thermometer, so sieht es gar nicht nach weißen Weihnachten aus. Bei überaus milden Temperaturen bis zu 14 Grad regnet es vielerorts schauerartig. Zudem weht ein stark böiger, teils auch stürmischer West- oder Südwestwind. Schnee ist aktuell eher Mangelware. Einzig in den Hochlagen von Erzgebirge, Bayerischem Wald und der Alpen gibt es etwas Schnee. Selbst das Zugspitzplatt bringt es am heutigen Donnerstagmorgen nur auf eine Gesamtschneehöhe von 105 Zentimetern. Im letzten Jahr wurden dort um diese Zeit immerhin 250 Zentimeter gemessen.

DWD Weisse Weihnachten

Allerdings findet die milde Phase vorerst ein Ende, da heute die Luftmassengrenze von Tief „Bianca“ über uns hinwegzieht und rückseitig für den Zustrom kälterer Meeresluft sorgt. Die nachfolgenden Schauer gehen ab dem Nachmittag zumindest oberhalb von 500 Metern im Bereich der Mittelgebirge zunehmend in Schnee über. An den Alpen sinkt die Schneefallgrenze in der kommenden Nacht zum Freitag sogar bis in Tallagen ab. Während die Schneemengen in den Mittelgebirgen meist unter 5 Zentimetern Zuwachs aufweisen sollten, kann es an den Alpen bis Freitagmittag 5 bis 10, in Staulagen 15 Zentimeter Neuschnee geben. In höher gelegenen Staulagen des Allgäus sind punktuell sogar bis zu 25 Zentimeter möglich.

DWD Weisse Weihnachten 1

Wer Abbildung 1 aufmerksam studiert, erkennt weitere Tiefs, die sich heute zwischen Island und Grönland bzw. bei Nova Scotia (Ost-Kanada) befinden und einen Weg in Richtung Skandinavien einschlagen. Das zu Tief „Caroline“ gehörige Frontensystem erreicht Deutschland in der Nacht zum Samstag. Die Luftmassengrenze von Tief „Diana“ erreicht uns in der Nacht zum Sonntag und zieht am Sonntag tagsüber südostwärts ab. Und auch am Montag setzt sich das unbeständige Wettergeschehen weiter fort. Zudem wird es windig, teils auch stürmisch.

Bis Sonntag hält sich der Schneemengenzuwachs in den Mittelgebirgen allerdings meist in Grenzen. Einzig in höheren Lagen des Bayerischen Walds und der Alpen kommen noch einige Zentimeter Neuschnee zusammen. Im Laufe des Sonntags und auch am Montag sinkt die Schneefallgrenze dann aber wieder etwas ab. So kommen bei einer Schneefallgrenze zwischen 400 und 600 Metern im Bereich der Mittelgebirge sowie an den Alpen weitere Schneefälle auf.

Nun stellt sich abschließend natürlich noch die Frage, ob neben der Weihnachtsgans an Heiligabend zumindest in der Wetterküche auch etwas Schnee serviert wird.

DWD Weisse Weihnachten 2

Der in höheren Lagen der Mittelgebirge sowie an den Alpen zuvor gefallene Schnee kann sich meist bis in den Heiligen Abend retten. Von Nordwesten deutet sich am Dienstag (24. Dezember) aber bereits schon wieder ein Warmluftaufzug an, der leichten Regen bringt. Wer also Schnee zu Heiligabend sucht, der sollte sich aufs Bergland oder die Alpen konzentrieren.

Unsicher ist noch, wie schnell die Warmluft vorankommt und der Luftmassenwechsel in Deutschland vonstattengehen wird. Weitere Schneefälle über die Weihnachtsfeiertage sind im Südosten aus heutiger Sicht nicht auszuschließen, da sich dort die Kaltluft am längsten halten wird. Sonst ist aber – wie so häufig – auf das typische Weihnachtstauwetter Verlass. Mit Ausnahme der höheren Mittelgebirge fallen die Feiertage in den übrigen Landesteilen tendenziell eher grau-grün und recht mild aus.

MSc.-Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Ehrentag der Schneeflocke

Schneeflocken sind etwas sehr Filigranes. Leise fallen sie vom Himmel und tauchen die Landschaft in ein weißes Kleid. Kinder und Junggebliebene freuen sich auf Schneemannbauen, Schneeballschlachten und Schlittenfahren. Dies entspricht gewissen Wunschvorstellungen, wie ein Winter hierzulande sein sollte.

Doch schneebedeckte Felder und Wiesen stellen nicht nur ein romantisches Winterbild dar. Die Pflanzen hierzulande brauchen Frost im Winter, um im Frühling dann wieder wachsen und erblühen zu können. Allerdings benötigen sie gleichzeitig Schnee, der isolierend wirkt und sie so vor dem Erfrieren schützt. Schnee sorgt durch seine geringe Wärmeleitfähigkeit dafür, dass insbesondere tiefer liegende Erdschichten nicht auskühlen können. Dies schützt wiederum Wurzeln oder Blumenzwiebeln vor dem Erfrieren. Gleichzeitig sorgt Schnee bei längerem Sonnenschein dafür, dass das Licht reflektiert wird und sich der Boden somit nicht erwärmen kann. Dies könnte wiederum das Keimen der Pflanzen auslösen und Frostschäden wären die Folge. Ein solches „Phänomen“ ist im Spätwinter und in den ersten Frühlingswochen leider häufiger zu beobachten. Die Vorfrühlingssonne wärmt bereits und die ersten zarten Pflänzchen sprießen aus dem Boden, aber in den Nächten ist es oft noch frostig. Schneereste können hier meist Abhilfe leisten.

Schnee kann sich allerdings auch von seiner weniger romantischen Seite zeigen. Ein Beispiel hierfür sind Verkehrsbeeinträchtigungen, die mit Schneefällen einhergehen können. Um gewappnet zu sein, sind Winterreifen vonnöten und generell gilt, dass die Fahrweise (ob per Auto oder Fahrrad) den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden sollte.

Der Begriff „Schnee“ stammt vom indoeuropäischen Wort für „schneien, (sich) zusammenballen, zusammenkleben“ ab. Schneekristalle nehmen aufgrund der zugrundeliegenden Struktur der Wassermoleküle sechseckige Formen an.

Die größte Faszination für Schneekristalle hatte mit Sicherheit Wilson Bentley, denn sein Lebenswerk bestand aus mehr als 5.000 Fotografien natürlicher Schneekristalle, wovon keiner dem anderen glich. Davon wurden ungefähr 2.400 Fotografien in dem Buch „Snow Crystals“ aus dem Jahr 1931 veröffentlicht.

Die wichtigsten Parameter bei der Entstehung von Schneekristallen sind Temperatur und Feuchtigkeit. Ukichiro Nakaya war von der Arbeit Bentleys so fasziniert, dass er sich auch physikalisch mit der Entstehung von Schneekristallen beschäftigte. Demnach lassen sie sich je nach Temperatur in zwei verschiedene Grundformen einteilen: Knapp unter 0 Grad sowie zwischen -10 und -22 Grad liegen sie als Plättchen vor, dazwischen haben sie die Form von Prismen. Bei Temperaturen von weniger als -22 Grad können sowohl Plättchen als auch Prismen auftreten.

Auch in der Kunst wurde das Thema Schnee behandelt. Da wäre in der Literatur das Märchen „Die Schneekönigin“ oder das Gedicht „Wie der Schnee zu seiner Farbe kam“. Auch in Gemälden wie „Die Jäger im Schnee“ von Pieter Bruegel der Ältere ist viel Schnee zu finden. Lieder wie „Leise rieselt der Schnee“ oder „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ kennen sicherlich die meisten seit Kindertagen.

Doch wie sieht es eigentlich in den kommenden Tagen mit Schneefall aus?

Zunächst einmal beehrt uns am morgigen Donnerstag das Sturmtief mit dem Namen BIANCA, das vorübergehend für sehr milde Höchsttemperaturen, aber auch für viel Wind, an der See und im Bergland für Sturm sorgt. BIANCA hat zudem einiges an Regen dabei. Nach Durchgang der dazugehörigen Kaltfront sinkt die Schneefallgrenze allmählich ab, d.h. ab dem späten Nachmittag kommt im Bergland dann zunehmend die feste Phase, also Schnee ins Spiel.

 

DWD Ehrentag der Schneeflocke

In der Nacht zum Freitag und am Freitag kommt es bei wechselnder Bewölkung im Bergland zu Schneeschauern, an den Alpen können ein paar Zentimeter Neuschnee auch bis in die Tallagen zusammenkommen. Die Höchsttemperaturen liegen dann „nur“ noch bei 2 bis 8 Grad und damit auf einem niedrigeren Temperaturniveau als an den Vortagen. Im Süden und Südosten nimmt die Nachtfrostgefahr wieder zu und auch Glätte wird wieder Thema werden.

Das Wochenendwetter zeigt sich dann abermals von seiner unbeständigen und sehr windigen Seite. Bezüglich Weihnachtswetter sieht es momentan danach aus, als dass zumindest dem südlichen und südöstlichen Bergland der bis dato gefallene Schnee auch bis Heiligabend erhalten bleiben könnte.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Egerer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Pazifische Taifunbilanz 2024

Von einer wirklichen „Saison“ kann man eigentlich nicht so recht sprechen, denn Taifune können sich über dem Pazifik das ganze Jahr über bilden. Dennoch gibt es einen Hauptaktivitätszeitraum, der sich von Juli bis November erstreckt. Spricht man von einem pazifischen Taifun, so ist die Rede von einem tropischen Wirbelsturm, der sich in einem Bereich nördlich des Äquators sowie zwischen 100 und 180 Grad östlicher Länge bewegt. Während die Benennung von Hurrikanen (tropische Wirbelstürme über dem Nordatlantik und Ostpazifik) allein dem Nationalen Hurrikan Center (NHC) in Miami obliegt, können die Namen pazifischer Stürme – je nach genauem Entstehungsgebiet beziehungsweise genauer „Wirbelzone“ – von zwei Einrichtungen vergeben werden: der Japan Meteorological Agency (JMA) und der Philippine Atmospheric, Geophysical and Astronomical Services Administration (PAGASA). Dadurch kann es durchaus vorkommen, dass ein und derselbe Sturm zwei Namen führt, was dieses Jahr auch hin und wieder vorkam.

Benannt werden von der JMA dabei alle Stürme die eine zehnminütige mittlere Windgeschwindigkeit von 65 km/h überschreiten. Die PAGASA vergibt bereits ab einem Zehnminutenmittel von 39 km/h einen Namen, allerdings nur, wenn sich der Wirbel innerhalb des philippinischen Verantwortungsbereich zwischen 115 und 135 Grad östlicher Länge sowie 5 und 25 Grad nördlicher Breite aufhält. PAGASA benennt im Gegensatz zu JMA damit also auch tropische Tiefs. Von einem Taifun spricht man übrigens ab einem zehnminütigen Geschwindigkeitsmittel von 118 km/h und von einem schweren Taifun (auch Supertaifun genannt) ab 185 km/h, was der Kategorie 3 auf der fünfteiligen Saffir-Simpson-Skala entspricht.

Soweit zum Hintergrundwissen. Blicken wir nun einmal auf die Prognosen, die im Vorfeld der Hauptsaison erstellt wurden. Das englische Tropical Storm Risk Konsortium (TSR) prognostizierte im Mai 2024 eine leicht unterdurchschnittliche Saison mit 25 Tropischen Stürmen, von denen sich 15 zu Taifunen und davon wiederum 7 zu schweren Taifunen entwickeln sollten. Als Begründung wurde hauptsächlich die Umwandlung von El Nino in ein La-Nina-Event angeführt. Dabei handelt es sich grob gesagt um großräumige Zirkulationsmuster über dem Pazifik. PAGASA sagte im Januar 2024 für das erste Halbjahr 0 bis 6 tropische Systeme voraus (inkl. tropischer Tiefs, die beim TSR nicht berücksichtigt wurden) und im Juni 10 bis 17 Systeme für das zweite Halbjahr voraus. Das sind insgesamt also 10 bis 23 tropische Entwicklungen – wohlgemerkt nur in der vergleichsweise kleinen Region, für die sich PAGASA verantwortlich zeigt.

 

DWD Pazifische Taifunbilanz 2024

Im Mittel (1991-2020) treten übrigens 25,5 tropische Stürme auf, davon 16 Taifune und davon wiederum 9,3 schwere Taifune. Tatsächlich aufgetreten sind bisher 25 Tropenstürme, von denen 12 zu Taifunen und davon wiederum 4 zu schweren Taifunen heranreiften. Ihre Zugbahnen sind in Abbildung 1 aufgeführt. Damit verlief 2024 tatsächlich etwas unterdurchschnittlich, vor allem was die Anzahl schwerer Taifune angeht. Zudem hatte die „Saison“ mit Taifun „Ewiniar“ den fünftspätesten Startzeitpunkt seit Beginn der dortigen Wetteraufzeichnungen. Er entwickelte sich am 23. Mai südöstlich von Palau. Danach ging es vergleichsweise ruhig weiter. Im Juni gab es sogar überhaupt keinen Sturm – das erste Mal seit 2010. Erst Mitte Juli machte Taifun „Gaemi“ (von PAGASA als „Carina“ getauft) leider unmissverständlich klar, dass man sich am Beginn der Hauptaktivitätszeit befand. Er zog zweimal auf Land (zunächst in Taiwan, danach in China) sorgte zugleich aber auch auf den Philippinen für enorme Regenfälle, was dort zu 126 Toten führte.

Im August legte die Taifunsaison dann so richtig los und hielt – mit einer kleinen „Schwächelphase“ im Oktober – bis etwa Mitte November an. Als schwere Taifune gingen dabei „Yagi“ („Enteng“, 195 km/h), „Krathon“ („Julian“, 195 km/h), „Kong-rey“ („Leon“, 185 km/h) und „Man-yi“ („Pepito“, 195 km/h) in die Geschichte ein. In Klammern steht jeweils der Name, den PAGASA vergeben hatte, sowie das maximale Zehnminutenmittel der Windgeschwindigkeit. Ein beeindruckendes Satellitenbild ergab sich am 11. November, als sich vier tropische Systeme gleichzeitig zeigten, die zudem allesamt eine ähnliche Zugbahn hatten, nämlich über den Norden der Philippinen hinweg Richtung Vietnam, China oder Taiwan.

DWD Pazifische Taifunbilanz 2024 1

Doch so schön solche Bilder auch sind, so zerstörerisch sind die Kräfte, die am Boden wirken. Die traurige Bilanz dieses Jahr waren 1255 Tote und Schäden in Höhe von rund 26 Milliarden US-Dollar, was die pazifische Taifunsaison 2024 zur tödlichsten seit 2013 und fünftteuersten jemals macht.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.12.2024

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Wetter in der vorweihnachtlichen Woche

In der vergangenen Woche war es abseits der Berge hauptsächlich trüb. Die Temperaturen bewegten sich relativ nahe und ziemlich gleichbleibend um den Gefrierpunkt (nachts teils etwas darunter, tagsüber nur wenige Grad darüber, im Bergland leichter Dauerfrost). Die heute beginnende, vorweihnachtliche Woche kann dagegen zunächst mit deutlich höheren Temperaturen aufwarten.

Zwischen einem Tiefdrucksystem über Nordeuropa und einem Hoch über Südwesteuropa gelangt in einer recht flotten westlichen Strömung milde Luft nach Deutschland. Vor allem in den nördlichen Landesteilen weht der Wind dabei zudem stark bis stürmisch, exponiert zeitweise auch mit Sturm- oder schweren Sturmböen. Von Süden setzt sich vorübergehend der Einfluss des Hochs über Südwesteuropa durch, das Wetter gestaltet sich dadurch häufiger freundlich und überwiegend trocken. In der Mitte und im Norden des Landes, in relativer Nähe zur nordeuropäischen Tiefdruckzone, dominiert dagegen meist dichte Bewölkung. Gelegentlich fällt dort auch etwas Sprühregen, vor allem im Nordosten zeitweise auch etwas Regen. Die Tageshöchstwerte liegen zu Wochenbeginn am Montag und Dienstag zwischen 8 und 12 Grad. Nachtfrost ist meist kein Thema, dafür reicht es höchstens bei größeren Auflockerungen im Süden, vor allem aber im südlichen Bergland.

Am Mittwoch nähert sich ein weiteres Tief von Westen, auf dessen Vorderseite dreht die Strömung auf Südwest und führt dann sehr milde Luftmassen heran. Dabei erreicht Mittwochfrüh die Warmfront des Tiefs mit Niederschlägen den Westen und Nordwesten. Bei der Verlagerung nach Osten und Südosten verliert die Front im Tagesverlauf an Wetterwirksamkeit, nach Südosten regnet es abends kaum noch. Der mit der Südwestströmung verbundene Warmluftvorstoß wird erst im späteren Verlauf des Donnerstages beendet. Die Kaltfront überquert das Land am Donnerstag von Nordwest nach Südost/Ost mit zeitweiligem Regen, in den Staulagen der Mittelgebirge und ab den Abendstunden auch am Alpenrand können auch erhöhte Niederschlagsmengen auftreten. Ob dabei warnwürdige Regenmengen auftreten, ist noch unsicher, kann gebietsweise aber nicht ganz ausgeschlossen werden. Rückseitig dreht die Strömung wieder auf West bis Nordwest und so gelangen ab Donnerstagabend bzw. ab der Nacht zum Freitag wieder deutlich kältere Luftmassen zu uns, die zumindest im Bergland wieder für eher winterliche Witterungsverhältnisse sorgen: Etwaige Niederschläge gehen dann im Bergland in Schnee über. Dies betrifft voraussichtlich vor allem den Alpenrand, dort stauen sich die frontalen Niederschläge an und können über den Freitag hinweg anhalten. Mit einigen Zentimetern Neuschnee kann im höheren Bergland dann durchaus gerechnet werden. Rückseitig der Front treten überwiegend schauerartige Niederschläge auf, im Bergland dann in Form von Schnee. Ab Freitag werden wieder durchweg einstellige Tageshöchstwerte zwischen 2 und 8 Grad erwartet, nachts muss im Bergland, abseits davon gebietsweise mit leichtem Frost gerechnet werden.

Wie nachhaltig dieser Kaltluftvorstoß zum Wochenende bzw. über das Wochenende hinaus (und damit in Richtung Weihnachten) ist, bleibt abzuwarten. Vorbehaltlich aller vorhandenen Unsicherheiten stehen die Zeichen mittelfristig wohl aktuell eher auf Milderung. Aber dazu in den nächsten Tagen sicher mehr…

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Phänomen Nebel – Teil 2: Der Advektionsnebel

Im Thema des Tages vom 5. Dezember 2024 (siehe unten angefügter Link) widmeten wir uns dem Strahlungsnebel, der häufigsten Nebelart in Deutschland. Vor allem bei ruhigen Hochdrucklagen im Winterhalbjahr ist dieser ein häufiger Begleiter und war in diesem Jahr beispielweise von Mitte Oktober bis Mitte November sehr präsent. Er ist eine Art des Abkühlungsnebels. Wie der Namen sagt, entsteht dieser durch die Abkühlung einer Luftmasse aufgrund nächtlicher Ausstrahlung unter den Taupunkt (Temperatur, bei der die Luftmasse gesättigt ist und eine relative Luftfeuchte von 100 % beträgt). Auch der sogenannte Advektionsnebel, den wir heute im zweiten Teil dieser Themenreihe erläutern, gehört zum Typ des Abkühlungsnebels. Er ist insbesondere Küstenbewohnern und in der Seeschifffahrt bekannt.

Advektionsnebel

Advektionsnebel bildet sich, wenn feuchtwarme Luftmassen horizontal über eine kalte Oberfläche verfrachtet werden. Über dem kälteren Untergrund kühlt sich die dem Erdboden aufliegende Luftschicht schnell ab und bei Erreichen des Taupunkts kondensiert überschüssiger Wasserdampf zu winzigen Nebeltröpfchen. Demnach ist die Entstehung des Nebels dieselbe wie beim Strahlungsnebel, nur dass die Abkühlung der Luftmasse nicht durch thermische Ausstrahlung, sondern durch den horizontalen Transport (d.h. Advektion) verursacht wird. Während Wind beim Strahlungsnebel hinderlich für dessen Entstehung ist, ist er beim Advektionsnebel eine zwingende Voraussetzung, da nur so die feuchtwarme Luft von ihrer Ursprungsregion zum kälteren Untergrund transportiert werden kann. Bei ausreichend starkem Wind (etwa 10 bis 25 km/h, 2 bis 4 Beaufort) kann durch turbulente Durchmischung eine mehr oder minder mächtige bodennahe Luftschicht unter den Taupunkt abkühlen, sodass der Advektionsnebel vertikale Mächtigkeiten von einigen 100 und in Extremfällen bis zu 1000 Metern erreichen kann. Er kann zu jeder Tageszeit auftreten und mitunter tagelang anhalten, sodass er nicht nur die mächtigste, sondern auch die dauerhafteste Nebelart darstellt.

Die bekannteste Form des Advektionsnebels ist der See- bzw. Meernebel. Dieser kann unter anderem entstehen, wenn die Wasseroberflächen deutlich kühler als die Landoberflächen sind und feuchtwarme Luftmassen vom Festland aufs Meer verfrachtet werden. Durch deren Abkühlung kann sich eine Nebelschicht über der Wasseroberfläche bilden. Bevorzugte Regionen sind kalte Meeresgebiete der höheren Breiten, Seegebiete mit großen Temperaturunterschieden wie im Bereich von kalten Auftriebswassern (siehe Abschnitt: „Karl the Fog“ in Kalifornien), Grenzzonen von warmen und kalten Meeresströmungen und Gebiete mit driftenden Eisbergen. Auch in den Küstenbereichen der gemäßigten Breiten entwickelt sich in Jahreszeiten, in denen die Temperaturgegensätze zwischen Land und Meer markant ausgeprägt sind, häufig Advektionsnebel. Dies ist einerseits im Frühjahr der Fall, wenn feuchte, erwärmte Festlandsluft auf das noch kalte Wasser übertritt (siehe Abschnitt: Küstennebel an der Ostsee). Andererseits entsteht im Herbst und Winter Küstennebel bei auflandiger Strömung, wenn erwärmte Meeresluft auf das kalte Festland trifft. Letzterer ist jedoch meist nur in einem schmalen Band entlang der Küste ausgeprägt. Auf ähnliche Weise kann Advektionsnebel entstehen, wenn feuchte Warmluft in höhere Breiten gelangt und über dem kalten winterlichen Festland zur Ruhe kommt.

Karl the Fog“ in Kalifornien

Ein bekanntes Beispiel ist der Seenebel vor und entlang der Küste von Kalifornien, der in San Francisco und Umgebung so häufig auftritt, dass man ihm sogar einen eigenen Namen gegeben hat – „Karl the Fog“. Hauptursache ist die Wechselwirkung zwischen dem kalifornischen Festland, dem Pazifischen Ozean und bestimmten Meeresströmungen. Die Meeresluft, die durch Verdunstung vom Ozean mit viel Feuchtigkeit angereichet ist, wird Richtung Kalifornien geführt. Unmittelbar entlang der Küste kommt es im Ozean zu einem starken Auftrieb, der kalte unterirdische Gewässer nach oben befördert. Diese kalten Meeresströmungen kühlen die Meeresluft entlang der Küstenlinie ab und es bildet sich Nebel. Gleichzeitig kann sich im Sommer das kalifornische Festland stark aufheizen, wodurch dort ein Hitzetief entsteht. Dadurch wird die Nebelluft angesaugt und kann entlang der Küste landeinwärts „schwappen“ (siehe Abbildung). Dieser Nebel beeinflusst maßgeblich das Mikroklima in San Francisco und hat eine stark kühlende Wirkung.

DWD Phaenomen Nebel Teil 2 Der Advektionsnebel

Weitergehende Informationen zu Eigenschaften von „Karl the Fog“ und deren Auswirkungen können im gleichnamigen nachgelesen werden.

Küstennebel an der Ostsee

In Deutschland ist Seenebel unter anderem im Spätfrühling an der Ostsee anzutreffen und wird durch Warmluftzufuhr aus dem südeuropäischen Raum bedingt. Hat sich der Seenebel einmal gebildet, ist er insbesondere dann bedeutungsvoll, wenn es am Folgetag durch eine Erwärmung im Landesinneren zu Seewind kommt, also wenn der Wind von der See Richtung Küste weht. Der eigentlich über dem Wasser lagernde Nebel wird dann an die Küsten transportiert und kann mehrere Kilometer ins Landesinnere reichen. Man spricht dann vom sogenannten Küstennebel. Ein solcher Küstennebeleinbruch ist mit erheblichen und oft plötzlich auftretenden Veränderungen der Sichtweite und einer spürbaren Abkühlung verbunden.

Seenebel ist nicht mit See- oder Flussrauch zu verwechseln, die wir neben weiteren Nebelarten im dritten Teil dieser Serie erläutern.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Der „scheue“ Regenbogen

An dieser Stelle wurde vor etwa einem Monat bereits das besondere optische Phänomen des sogenannten „Nebelbogens“ intensiver beleuchtet. Dieser „weiße Regenbogen“ entsteht dann, wenn eine günstige Beleuchtungssituation und ein Tröpfchenspektrum mit kleinen Radien vorliegt. Ab Tröpfchengrößen von weniger als 50 Mikrometern (1 Mikrometer = 1/1000 Millimeter) überlagern sich nämlich die Regenbogenwinkel der einzelnen Spektralfarben zunehmend so, dass zusammen nur noch weißes Licht erkennbar ist. Mehr darüber kann im Thema des Tages vom 10.11.2024 nachgelesen werden (siehe Links).

Neben dieser optischen Erscheinung des Nebelbogens gibt es aber noch einige weitere Vertreter der sogenannten „Fotometeore“, die nur relativ wenigen Leuten bekannt sind. Im Allgemeinen sind Fotometeore Lichterscheinungen, die durch Brechung (Refraktion), Beugung (Diffraktion), Spiegelung (Reflexion), Lichtzerlegung (Dispersion), Streuung (Diffusion) oder Überlagerung (Interferenz) des Sonnen- oder Mondlichtes hervorgerufen werden. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass es optische Erscheinungen eben nicht nur bei Sonnenschein gibt, sondern auch in den Nächten bei entsprechend hoher Mondhelligkeit. Bei günstigen Bedingungen kann in den Nächten sogar ein „Mondregenbogen“ sichtbar werden, der meist aus einem weißlich erscheinenden Kreisbogen oder Teilen eines Kreisbogens auf einer vom Mondlicht angestrahlten Regenwand besteht.

DWD Der scheue Regenbogen

Dabei wird das Mondlicht, wobei dies eigentlich reflektiertes Licht der Sonne ist, durch Regentropfen in seine Spektralfarben zerlegt und anschließend reflektiert. Da dieses aber bekanntermaßen sehr viel lichtschwächer ist als das Sonnenlicht am Tage (etwa 470.000 mal schwächer), sind Mondregenbögen äußerst lichtschwach. Zu Vollmond oder an den Tagen zuvor und danach sind die Chancen für eine Beobachtung noch am größten. Allerdings darf der Mond noch nicht zu hoch am Himmel stehen, da sich dieser im Rücken des Betrachters befinden muss (wie bei der Entstehung eines klassischen Regenbogens). Hinzu kommt, dass in der Nähe von Ballungsräumen die Lichtverschmutzung eine Beobachtung fast unmöglich macht. Aber auch wenn alle äußeren Bedingungen optimal sind, reicht die Helligkeit der Mondsichel im Regelfall nicht für die Erzeugung eines Mondregenbogens aus.

Außerdem ist der Begriff „Regenbogen“ in diesem Zusammenhang etwas irreführend, denn unserem menschlichen Auge erscheint der Mondregenbogen in der Farbe Weiß, da das Farbsehen des Auges im Dunklen von Haus aus eingeschränkt ist bzw. entfällt (Nachtsehen). Allerdings kann mit dem Einsatz von Kameras dieses „Problem“ mittlerweile gut gelöst werden. Des Weiteren ermöglicht eine lange Belichtungszeit mit hoher Lichtempfindlichkeit ein farbiges Abbild des Mondregenbogens. Darin ist aber auch das ordentliche Enttäuschungspotential begründet: Wie bei den anderen lichtschwachen optischen Erscheinungen sowie auch bei spärlich ausgeprägten Polarlichtern sind die gemachten Bilder oft spektakulärer als die Betrachtung mit dem eigenen Auge.

Insgesamt ist die zufällige Beobachtung von Mondregenbögen sehr selten, eine gezielte Suche ist bei entsprechenden atmosphärischen Bedingungen etwas Erfolg versprechender. Ein heißer Tipp ist beispielsweise das Umfeld von größeren Wasserfällen. Die dort entstehende Gischt aus kleinen Tröpfchen und ein an der richtigen Position am Himmel stehender Vollmond sind zumindest gute Ausgangsbedingungen – der Rest ist Zufall und vielleicht auch etwas Glück. Zum Trost, falls es nicht klappen sollte: Es gibt noch weitere, besser zu beobachtende Lichterscheinungen, die durch den Einfluss von schwebender oder fallender Meteore entstehen. Mehr dazu an dieser Stelle aber ein anderes Mal.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

25 Jahre Umweltforschungsstation Schneefernerhaus

Die Jubiläumsfeier am 5. Dezember wurde vom Bayerischen Ministerpräsident sowie dem Bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz auf der Bergstation eröffnet. Auch Mitarbeitende des Deutschen Wetterdienstes haben aktiv an der Veranstaltung mit Vorträgen teilgenommen.

DWD 25 Jahre Umweltforschungsstation Schneefernerhaus

Auf der Erde gibt es inzwischen nur noch wenige Orte, an denen die Verschmutzung der Atmosphäre gering ist und gleichzeitig mit modernsten Instrumenten kontinuierlich untersucht wird. Einer dieser Orte ist das Schneefernerhaus knapp unterhalb der Zugspitze. Die Höhen- und Klimaforschungsstation befindet sich in 2650 Metern Höhe und ist damit Deutschlands höchste Umweltforschungsstation. Sie wurde 1999 in Betrieb genommen. Seitdem werden im Schneefernerhaus chemische und physikalische Eigenschaften der Atmosphäre sowie wetter- und klimawirksame Zusammenhänge beobachtet. Durch lange Messreihen können gesellschaftliche und politische Entscheidungen zum Klimaschutz für die Alpen und darüber hinaus getroffen werden.

Im Rahmen des Global Atmosphere Watch Programms (GAW) betreibt der Deutsche Wetterdienst zusammen mit dem Umweltbundesamt die Globalstation Zugspitze/Hohenpeißenberg zur Überwachung von Trends klimarelevanter Spurenstoffe. Der DWD betreibt das Hohenpeißenberger Observatorium und erfasst im Schneefernerhaus und auf dem Zugspitzgipfel meteorologische Größen, verschiedene Aerosolgrößen, sowie atmosphärisches Schwefeldioxid und die atmosphärische Radioaktivität.

Die Station ist Partner im Virtual Alpine Observatory (VAO) mit der GAW-DACH-Kooperation mit den Observatorien Sonnblick in Österreich und Jungfraujoch in der Schweiz, im europäischen Integrated Carbon Observation System (ICOS), und in der Aerosol Clouds and Trace Gases Research InfaStrucure (ACTRIS) zur Beobachtung von klimatischen und luftchemischen Veränderungen in Europa und speziell im Alpenraum.

DWD 25 Jahre Umweltforschungsstation Schneefernerhaus 1

Das Schneefernerhaus wurde ursprünglich als Hotel errichtet. Nachdem der Betrieb dort Anfang der 1990er Jahre eingestellt wurde, errichtete der Freistaat Bayern in dem zwölfstöckigen Gebäude die Umweltforschungsstation. Renommierte Forschungseinrichtungen führen heute im Schneefernerhaus permanente Beobachtungen und Studien durch und bilden mit dem Freistaat Bayern die Konsortialpartner der Station.

Ziel des Konsortialvertrages ist es, in der Umweltforschungsstation ein virtuelles Institut zu etablieren und dieses zu einem international vernetzten Kompetenzzentrum für Höhen- und Klimaforschung insbesondere zur Entwicklung, Demonstration und zum Betrieb innovativer Technologien für Klima- und Atmosphärenbeobachtung, Satellitendatenvalidierung, Höhenmedizin und Früherkennung von Naturgefahren zu entwickeln.

Zu den Konsortialpartnern gehören neben dem federführenden Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, der DWD, das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum , das Helmholtz Zentrum München, das Karlsruher Institut für Technologie , die Ludwigs-Maximilian-Universität München, die Max-Planck-Gesellschaft, die Technische Universität München, das Umweltbundesamt, die Universität Augsburg, das Bayerische Landesamt für Umwelt sowie die Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Das Schneefernerhaus steht neben den Konsortialpartnern auch anderen Forscherinnen und Forschern offen. Jede Einrichtung kann sich mit einem Projekt bewerben und ihre Studien auf der Station durchführen.

Gudrun Mühlbacher und Doktor Christian Plaß-Dülmer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Die Paradoxie der maskierten Kaltfront

Dass Tiefdruckgebiete, die in mittleren Breiten entlang der Polarfront entstehen, stets Kalt-, Warm- und Mischfronten ausbilden, dürfte zumindest regelmäßigen Lesern dieses Mediums bekannt sein. Scheinbar selbstredend sorgen Warmfronten für einen Temperaturanstieg und Kaltfronten für einen Temperaturrückgang, während Mischfronten, die sogenannten Okklusionen, jegliche, aber meist eher geringe Temperaturänderungen hervorrufen können. Doch gerade die winterliche Kaltfront vermag ihr Charakteristikum manchmal zu verschleiern. So führt diese im meteorologischen Fachjargon als „maskiert“ bezeichnete Kaltfront zu einem zumindest vorübergehenden, scheinbar paradoxen Temperaturanstieg. Wie kommt es dazu?

Einer maskierten Kaltfront geht stets eine ruhige Hochdruckwetterlage voran. Im Sommer bedeutet das meist viel Sonnenschein. Dieser sorgt für einen Energieüberschuss und damit für eine sukzessive Erwärmung. Im Winter herrscht dagegen ein Energiedefizit. Die Luft kühlt sich in den langen Nächten immer weiter ab. Die ohnehin bräsige, weil schwere Kaltluft, kann sich bei windschwachen Verhältnissen bodennah immer weiter ansammeln. Je länger also die windschwache Hochdruckwetterlage anhält, desto kälter wird es. Lediglich die Hochlagen, die aus dieser Kaltluftschicht herausragen, können von wärmerer Luft profitieren. Es herrscht folglich ein inverses Temperaturprofil, eine sogenannte „Inversion“, bei der die Temperatur mit der Höhe nicht ab-, sondern zunimmt.

Wenn sich nun aber eine Kaltfront nähert, macht sie dieser bräsigen, flachen Kaltluftschicht sprichwörtlich Beine. Alleine schon durch den zunehmenden Wind und durch vertikale Luftmassenumwälzungen sorgt sie dafür, dass sich die Inversion abschwächt und sich auflöst. Im Fachjargon spricht man auch von „Durchmischung“, die dafür sorgt, dass sich wieder ein „normales“ Temperaturprofil (unten warm, oben kalt) einstellt. Luftpakete, die sich vertikal nach oben und unten bewegen, erfahren nämlich sogenannte „adiabatische Zustandsänderungen“, ohne, dass dem Luftpaket Wärme zu- oder abgeführt wird. Alleine durch die gravitationsbedingte Änderung des Luftdruckes mit der Höhe ändert sich die Temperatur. Steigt ein Luftpaket nach oben, dehnt es sich durch die äußere Druckabnahme aus und kühlt ab. Sinkt ein Luftpaket nach unten, wird es durch Druckzunahme gestaucht und erwärmt sich. Alleine dieser Prozess der Durchmischung führt also dazu, dass es bodennah wärmer wird und sich die Abkühlung lediglich auf die Hochlagen beschränkt.

Dazu kommt noch ein weiterer Effekt: Hinter Kaltfronten setzt sich hierzulande zunächst oft maritime Polarluft durch, also Kaltluft, die über dem Atlantik oder der Nordsee stark erwärmt wurde und nicht selten wärmer ist als die unter Hochdruckeinfluss mitunter tagelang gealterte und abgekühlte Luft. Nur, wenn die Kaltluftzufuhr unmittelbar aus polaren Breiten länger anhält oder die Kaltluft ihren maritimen Charakter verliert, kühlt es auch in tieferen Lagen wieder ab.

DWD Die Paradoxie der maskierten Kaltfront

Die genaue Temperaturvorhersage bzw. die Vorhersage des Temperaturprofils gestaltet sich bei einer solchen maskierten Kaltfrontpassage vor allem im hügeligen Terrain schwierig. Der Luftmassenaustausch vollzieht sich – je nach Orientierung von Tälern und Bergrücken – teils sehr unterschiedlich schnell. Da der Niederschlag durch die unterschiedlich temperierten Luftschichten hindurchfallen muss, führen die Unwägbarkeiten der Temperaturvorhersage unmittelbar auch zu größeren Unsicherheiten bei der Vorhersage der Niederschlagsphase. Typischerweise fallen die mit einer maskierten Kaltluft einhergehenden Niederschläge je nach Mächtigkeit der Kaltluftschicht anfangs bis in tiefe Lagen teils als gefrierender Regen oder Schnee, gehen dann aber nach Ausräumen der Inversion zunächst wieder vermehrt in Regen über. Je nach Stärke und Andauer der Kaltluftzufuhr beginnt die Schneefallgrenze mit etwas Abstand hinter der Kaltfront im Verlauf wieder abzusinken.

Eine maskierte Kaltfront kann die Wettervorhersage also stark verkomplizieren. Wenn in Wetterberichten die Rede davon ist, kann also davon ausgegangen werden, dass uns Meteorologen nicht selten die Köpfe rauchen.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.12.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst