Schlechte Luft

Wer sich viel draußen aufhält und vielleicht auch seinen Sportgelüsten an der frischen Luft nachgeht, der hat in den letzten Tagen gemerkt, dass die Luft gar nicht so „frisch“ ist. Die Konzentration an Feinstaub hat sich seit dem Wochenende stark erhöht. Am gestrigen Mittwoch wurden an vielen Messstationen in der Nordhälfte Deutschlands die Grenzwerte für PM10 überschritten.

Der Grenzwert für PM10 – also Feinstaub mit einer Partikelgröße von maximal 10 Mikrometer (µm) – liegt bei 50 Mikrogramm (µg) pro Kubikmeter. Der Tagesmittelwert an PM10 darf laut Gesetz diesen Wert im Jahr an maximal 35 Tagen überschreiten. Aufs Jahr gesehen liegt der Grenzwert von PM10 in der Luft bei 40 µg/m³.

Für PM2.5 – also Feinstaub mit einer maximalen Partikelgröße von 2,5 µm – werden in den meisten Fällen/Ländern Jahresmittel betrachtet. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt einen Jahresmittelwert von 5 µg/m³. Diese Werte sind jedoch (noch) utopisch, denn in Europa hat man sich zunächst verpflichtet, einen Grenzwert von 25 µg/m³ einzuhalten. Das gelingt auch ganz gut und es gibt Bestrebungen, die Feinstaubkonzentration weiter zu reduzieren, weshalb man überlegt, die Grenzwerte herabzusetzen. Aktuell ist die Konzentration an PM2.5 regional stark erhöht und liegt deutlich über dem Grenzwert. 

Schlechte Luft teil 1

Tagesmittelwerte der Luftqualität in Deutschland am Mittwoch, den 12.02.2025, links PM10, rechts PM2.5 

Woher kommt der Feinstaub?
Es gibt diverse Quellen. Neben den Emissionen aus Kraftfahrzeugen, Kraft- und Heizwerken sowie der Industrie gelangt Feinstaub auch aus der Natur in die Luft, zum Beispiel durch Bodenerosion. Ein lokal nicht unwesentlicher Anteil stammt aus den immer beliebter werdenden Kaminöfen und Pelletheizungen, die im Winter häufiger Einsatz finden als im Sommer.

Wo liegt die Gefahr?
Der Feinstaub wird eingeatmet und kann bis in die Bronchien und bei sehr kleinen Partikeln auch in den Blutkreislauf vordringen. Es kommt in erster Linie zu Reizungen der Schleimhäute und Entzündungen. Durch Ablagerungen in den Blutgefäßen steigt aber auch die Gefahr von Thrombosen und es kann zu Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem kommen.

Wieso war/ist die Konzentration jetzt so hoch?
Grundsätzlich ist die Feinstaubkonzentration im Winter höher als zu anderen Jahreszeiten. Es wird mehr geheizt und Wege werden häufiger mit einem Kraftfahrzeug zurückgelegt. In diesem Winter beobachten wir zudem öfter Inversionswetterlagen. Wir haben eigentlich seit Wochen Hochdruckeinfluss in Deutschland. Nur selten haben Tiefdruckgebiete mit Wind und Regen für Durchmischung der Luft und dadurch Reinigung oder Weitertransport gesorgt. Vergangene Woche gab es eine ausgeprägte Hochdrucklage, die dafür gesorgt hat, dass die Luft weder verteilt noch ausgetauscht wurde. Stattdessen wird die Luft wie unter einem Deckel auf die Erdoberfläche gepresst. Sie bleibt quasi liegen und kann sich bei längerer Andauer der Wetterlage zunehmend mit Feinstaub anreichern.

Seit Montag sorgt Tiefdruckgebiet MAX für etwas mehr Hebung und Feuchte. Der fallende Regen und Schnee hat vor allem im Westen und Süden am gestrigen Mittwoch den Feinstaub aus der Luft gewaschen. 

Schlechte Luft teil 2
Karte Europa und Nordatlantik mit Druckzentren und Frontenvorhersage für Donnerstag, den 13.02.2025 mittags 

Im Norden sorgte auffrischender Wind im Grenzbereich zwischen Hoch- und Tiefdruckgebiet für eine Durchmischung der Luftschichten und dadurch eine Verbesserung der Luftqualität. Zwar gab es auch in anderen Bereichen Niederschläge, allerdings fielen diese deutlich geringer aus, konnten also weniger Feinstaub binden. Entsprechend ist in den Regionen die Feinstaubbelastung sehr hoch. 

Schlechte Luft teil 3 

Luftqualität in Deutschland am 13.02.2025 um 10 Uhr 

In den kommenden Tagen setzt sich in Deutschland wieder Hochdruckeinfluss durch. Der Wind schläft ein, die Niederschläge lassen nach. Mit nördlichem Wind kommt die Luft zwar über Nord- und Ostsee, ist potentiell also sauberer als Kontinentalluft aus anderen Ballungsgebieten, es ist allerdings damit zu rechnen, dass die Luft sich mit der liegenden Feinstaubluft vermischt. Insgesamt könnte die Höhe der Konzentration abnehmen, es ist aber auch wahrscheinlich, dass sich die „schlechte Luft“ in derzeit gute Regionen verteilt. Ob und inwieweit ein Tiefdruckgebiet über dem Atlantik nächste Woche bei uns für mehr Bewegung und einen Austausch der Luft sorgt, ist noch nicht sicher.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich Hochdruckgebiete nicht zum Austausch von Luft eignen, weder vertikal noch horizontal. Bei Hochdrucklagen muss also immer mit einer Zunahme von Schadstoffen in der Luft gerechnet werden. Bei Tiefdrucklagen findet eine Durchmischung und im besten Falle Auswaschung von Schadstoffen in bzw. aus der Luft statt. Sie eignen sich also zur Reinigung. Allerdings kann bei Wind die Bodenerosion zu einer Steigerung der Feinstaubkonzentration führen. Sieht man einmal von Saharastaub ab, ist dies jedoch in den meisten Fällen ein eher regionales oder lokales „Problem“.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.02.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

Großwetterlagen im bisherigen Winter

HNFz lautet die derzeitige Großwetterlage. Dies steht für Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal. Dies ist nur eine von 30 Großwetterlagen die nach den deutschen Meteorologen P. Hess und H. Brezowsky im Jahr 1952 in einem Katalog veröffentlicht wurden. Ihre subjektive Einteilung orientierte sich dabei an der großräumigen Drucksituation über Europa. Seit mehr als 140 Jahren wird die Statistik der Großwetterlagen vom DWD fortgeführt und man kann die Einteilung der Großwetterlagen für das letzte Jahr beispielsweise unter: https://www.dwd.de/DE/leistungen/grosswetterlage/2024/grosswetterlage.html einsehen.

Die Großwetterlage wird über eine mittlere Luftdruckverteilung in Meereshöhe und der mittleren Troposphäre in einem großen Gebiet (z.B. Europa) definiert. Dabei muss nach Hess und Brezowsky der Zustand mindestens drei Tage anhalten. Nicht immer ist dabei eine klare Zuordnung möglich und es gibt dann sogenannte Übergangstage von der einen in die andere Großwetterlage. Zur Einordnung wird dabei die geografische Lage der Druckgebilde, die Erstreckung der Frontalzone, die Bodenwetterkarte für Europa und den östlichen Nordatlantik (https://www.dwd.de/DE/leistungen/hobbymet_wk_europa/hobbyeuropakarten.html), die Witterungsbedingungen und die Krümmung der Strömungsverhältnisse (zyklonal oder antizyklonal) herangezogen.

Es erfolgt eine Unterteilung der 30 Großwetterlagen in zehn Großwettertypen, denen wiederum die drei Zirkulationsformen zonal, meridional und gemischt zugeordnet werden.

Die zonale Form bedeutet, dass die Frontalzone glatt und somit parallel zu den Breitengraden über Europa verläuft, wodurch beispielsweise Tiefdruckgebiete, die über dem Atlantik entstehen, von West nach Ost über Europa gesteuert werden können. Damit zählen beispielsweise alle Westlagen zu dieser Zirkulationsform.

Genau gegensätzlich ist die meridionale Zirkulationsform. Hierbei verläuft die Frontalzone parallel zu den Längengraden und damit von Nord nach Süd oder umgekehrt. Tiefdruckgebiete wandern hierbei beispielsweise von Skandinavien zum Mittelmeer oder auch andersherum.

Die gemischte Zirkulationsform wird dadurch definiert, dass sich die Strömungskomponenten aus meridionaler und zonaler Richtung die Waage halten. Die Frontalzone verläuft quasi im 45-Grad-Winkel zu den Längen- und Breitengraden. Typisch hierfür wären Nordwest- und Südwestlagen.

Wollen wir uns nun mal dem bisherigen Winter samt seinen Strömungsmustern widmen. Ein geschätzter Kollege äußerte sich kürzlich dazu folgendermaßen: „Der Winter ist und bleibt, genau wie der letzte, halt schrottig und auch in der Mittelfrist höchstens Kahlfrost. Spannendes Wetter zwischen Dezember und Februar bringen eigentlich nur noch Wz (West zyklonal) mit Sturmtiefs bzw. NWz (Nordwest zyklonal) und Nz (Nord zyklonal) mit viel Schnee in den Bergen. Alles andere ist im Zuge des Klimawandels nur noch Müll (auch, wenn es hier und da nochmal für zwei/drei Schneedeckentage im Flachland reicht).“

Die folgende Tabelle listet die Großwetterlagen samt deren Häufigkeit bis zum gestrigen Dienstag auf.

Wetterlage Häufigkeit zwischen 1.12.2024 – 11.02.2025
BM (Brücke Mitteleuropa) 12
SWz (Südwest zyklonal) 10
HM (Hoch Mitteleuropa) 9
NWa (Nordwest antizyklonl) 7
Wz (West zyklonal) 6
SWa (Südwest antizyklonal) 4
TrM (Trog Mitteleuropa) 4
SEa (Südost antizyklonal) 4
Ww (Winkelwest) 3
HNFz (Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal) 3
Ws (südliche Westlage) 3
Na (Nord antizyklonal) 2
HFa (Hoch Fennoskandien) 2

Im bisherigen Winter gab es an 40 von 73 Tagen Hochdruckeinfluss, während die restlichen 33 Tage durch tiefen Luftdruck dominiert waren. Dadurch, dass aber die meisten Tiefdrucklagen mit der Zufuhr von milder Meeresluft aus Westen oder gar Südwesten (Großwetterlagen SWzWzWwWs) verbunden waren, konnte sich oftmals keine nennenswerte Schneedecke bis ins Tiefland ausbilden. Auch in den Mittelgebirgen macht sich der Schnee derzeit rar, was vor allem auch an der nun schon länger anhaltenden Hochdrucklage im Februar liegt.

Grosswetterlagen im bisherigen Winter teil 1
Gesamtschneehöhe in cm am Mittwoch, den 12.02.2025

Die Einordnung des zitierten Kollegen, dass der bisherige Winter in Bezug auf Schnee sehr zu wünschen übriglässt, spiegelt sich in der Auswertung der Großwetterlagen somit eindeutig wider.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.02.2025
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Brauchen wir in den kommenden Tagen wieder mal den Regenschirm?

Die Ursprünge des heutigen „Tags des Regenschirms“, also seit wann es diesen gibt und wer diesen ursprünglich ins Leben rief, ist leider unbekannt. Was hingegen bekannt ist, ist der Grund, weshalb dieser Aktionstag auf den 10. Februar fällt. Wie des Öfteren wird man bei der Suche nach einem passenden Datum für solche Aktionstage durch einen Blick in den Heiligenkalender fündig. So auch beim „Tag des Regenschirms“, der auf den Gedenktag der heiligen Scholastika von Nursia fällt. Sie gilt als Patronin des Regens gegen Trockenheit und als Schutzheilige gegen Blitzschlag und Sturm. Damit ist der Zusammenhang zum Regenschirm als Wetterschutz schnell gefunden.

Rund ein Drittel des Februars ist bereits wieder Vergangenheit und viele fragen sich sicherlich, wann sie zuletzt einen Regenschirm gebraucht haben. Wie sah es also bislang mit den Niederschlagsmengen in diesem Monat aus?

Wetterstationen können hierbei Aufschluss geben, wie viel Niederschlag an einem bestimmten Ort in einer gewissen Zeit gefallen ist. Allerdings kann man durch Wetterstationen nur ein unzureichendes Bild davon bekommen, wie viel Niederschlag in der Fläche gefallen ist. Auch können teilweise kräftige Niederschläge nicht erfasst werden, wenn sie nicht gerade über eine Wetterstation hinwegziehen. Die Lösung für dieses Problem sind die aus Radardaten abgeleiteten Niederschlagsmengen.

Die nachfolgende Abbildung zeigt die aus Radardaten abgeleiteten Niederschlagsmengen seit dem 01. Februar. 

Brauchen wir in den kommenden Tagen wieder mal den Regenschirm teil 1

Aus Radardaten abgeleitete Niederschlagsmengen in Liter pro Quadratmeter seit dem 01. Februar 

Anhand der Abbildung ist unschwer erkennbar, dass bislang kaum nennenswerte Niederschlagsmengen zusammenkamen. Die Niederschläge Richtung Südwesten und Westen wurden zudem erst in den Frühstunden des heutigen Montags registriert. Anders ausgedrückt: Bis auf wenige Regionen blieb es bislang gänzlich niederschlagsfrei. So ganz stimmt dies allerdings aber auch nicht. Bei der Betrachtung der täglich durch Wetterstationen gemessenen Niederschlagsmengen finden sich nämlich tatsächlich an manchen Tagen teils vielerorts mehr oder weniger geringfügige Werte.

Doch warum findet sich nichts Entsprechendes in obiger Abbildung? In den letzten Tagen war meist beständiger Hochdruckeinfluss vorherrschend, wie sich auch aus den letzten Themen des Tages herauslesen lässt. Mancherorts war der Blick aus dem Fenster von Nebel und Hochnebel geprägt, so wie es im Winter typisch für Hochdruckwetter ist. Aus den Nebel- und Hochnebelfeldern nieselte es zeitweise. Die feuchte Grundschicht ist dabei naturgemäß nicht hochreichend. Radarstrahlen „schauen“ somit umso eher über diese Schicht hinweg, je weiter entfernt sich diese vom Radarstandort befindet. Dadurch können durch das Radar keine Niederschläge registriert werden, die aber am Boden sehr wohl ankommen.

Im Durchschnitt fallen im Monat Februar 30 bis 70 Liter pro Quadratmeter. Da die bisherigen Niederschlagsmengen nur geringfügig waren, lohnt ein Vergleich relativ zum vieljährigen Mittel somit nicht wirklich.

Und wie sieht es in den kommenden Tagen hinsichtlich Niederschlag aus?

Zum heutigen Start in die neue Woche ist es weiterhin das beständige Hoch ELVIRA, welches das Wettergeschehen zumindest noch im Nordosten beeinflusst. Inzwischen ist allerdings mit Tief MAX über dem Westen Frankreichs ein Gegenspieler auf der Bodenwetterkarte aufgetaucht. Dieses lenkt nicht nur dichte Wolkenfelder, sondern auch gebietsweise Niederschläge in den Westen und Südwesten Deutschlands.

In der Nacht zum Dienstag kommen die Niederschläge dann weiter ost- und nordostwärts bis in den Westen Bayerns, nach Thüringen und bis zum Emsland voran. Nach Süden hin muss dann teils mit gefrierendem Regen und entsprechender Glättegefahr auch im morgendlichen Berufsverkehr gerechnet werden. Von der Rhön über Nordhessen und Südniedersachsen bis zum Münster- und Emsland fallen die Niederschläge hingegen meist als Schnee. Im Westen lassen die Niederschläge im Laufe der Nacht allmählich nach, später kann sich Nebel bilden. In Ostbayern sowie im Osten und Nordosten ist es hingegen teils wolkig, teils gering bewölkt oder klar und meist niederschlagsfrei.

Am morgigen Dienstag setzt sich abgesehen vom Nordosten nasskaltes Wetter durch. Östlich der Elbe ist es dann heiter bis wolkig und trocken. In den übrigen Regionen sieht man von der Sonne hingegen nicht allzu viel. Vor allem im Nordwesten und Süden gibt es auch Niederschläge. Im Nordwesten, zeitweise auch in den zentralen Mittelgebirgen, fallen diese Niederschläge meist als Schnee. Im Süden ist es hingegen Regen, der vor allem in Ostbayern anfangs teils auch noch gefrierend sein kann.

Nachfolgend ändert sich am nasskalten Wetter, welches sich auch bis in den Nordosten durchsetzt, erstmal wenig.  

Brauchen wir in den kommenden Tagen wieder mal den Regenschirm teil 2

Von drei verschiedenen Modellen vorhergesagte akkumulierte Niederschlagsmengen bis Freitagfrüh 

M.Sc. Meteorologin Tanja Egerer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.02.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Blockierende Hochdrucklagen und extreme Wetterereignisse über Europa

Bei beachtlichen 1055 Hektopascal lag der Kerndruck von Hochdruckgebiet ELVIRA am gestrigen Samstag. Das Zentrum lag über Nordwestrussland. ELVIRA beeinflusste das Wettergeschehen in weiten Teilen Europas. Eine blockierende Wetterlage ist definiert durch einen Übergang von einem zonalen in ein meridionales Strömungsmuster und einer Aufspaltung des Jetstreams in zwei Bereiche. Bei der aktuellen Lage handelt es sich um einen sogenannten „DIPOL BLOCK“. Diese Konstellation ist durch ein kräftiges Hochdruckgebiet gekennzeichnet, welches sich nördlich von einer oder mehreren Zyklonen befindet. Ein Blick auf die Analysekarte vom gestrigen Samstag (Abbildung 1) zeigt Tief LENNI über Frankreich an der Südwestflanke und ein weiteres Tiefdruckgebiet über der östlichen Türkei an der Südostflanke des kräftigen und umfangreichen Hochdruckgebietes ELVIRA. Dabei werden die Tiefs auf ihrer für unsere Breiten sonst typischen West-Ost-Zugbahn abgelenkt.

Blockierende Hochdrucklagen und extreme Wetterereignisse ueber Europa teil 1

Analysekarte vom 09.02.2025 um 00 UTC. Das kräftige und umfangreiche Hoch ELVIRA lenkt die Tiefdruckgebiete nach Norden und Süden ab. (Quelle: DWD) 

Solche blockierenden Wetterlagen sind häufig mit extremen Wetterbedingungen verbunden. Während im Sommerhalbjahr Hitzewellen und große Trockenheit auf der einen Seite und extreme und langanhaltende Niederschläge auf der anderen Seite auftreten können, sind die Auswirkungen im Winter meist geringer. Dennoch können auch im Winter Extreme auftreten. Vor allem in Form von ausgeprägten Kältewellen und kräftigen Schneefällen. Ein Beispiel hierfür ist der Februar 2012. Damals erstreckte sich eine Hochdruckzone vom Atlantik ausgehend bis nach Skandinavien und Nordwestrussland. Dabei wurde auf der Südseite der Hochdruckzone sehr kalte Luft arktischen Ursprungs über den Kontinent nach Südwesten geführt. Daraufhin traten in großen Teilen Europas stark unterdurchschnittliche Temperaturen auf. In einigen Regionen lag die Mitteltemperatur über mehrere Tage über 10 Kelvin unter dem langjährigen Klimamittel von 1981-2010. Zudem sorgten Tiefdruckgebiete auf der Südseite der kräftigen Hochs für starke Schneefälle. Auch in der Mittelmeerregion wie zum Beispiel in der italienischen Hauptstadt Rom gab es kräftige Schneefälle, welche zu erheblichen Beeinträchtigungen führten.

Im Einflussbereich des Hochs kann es im Winter vor allem über großen Schneeflächen aufgrund der negativen Strahlungsbilanz zu Kälteperioden kommen. Im Sommer treten dagegen teils intensive Hitzewellen, verbunden mit großer Trockenheit auf. Im Juli 2010 sorgte ein persistentes kräftiges Hoch im Bereich des Urals für eine markante Hitzeperiode in Westrussland. Hohe Temperaturen und langanhaltende Trockenheit führten nicht nur zu zahlreichen Rekordtemperaturen, sondern auch zu verheerenden Waldbränden. Aber auch große Hitzewellen und ausgedehnte Trockenperioden aus der Vergangenheit in Deutschland sind häufig mit blockierenden Wetterlagen verbunden. So führten im Jahr 2018 wiederkehrende blockierende Hochdrucklagen in Deutschland nicht nur zu Hitzeperioden, sondern vor allem auch teils zu extremer Trockenheit.  

Blockierende Hochdrucklagen und extreme Wetterereignisse ueber Europa teil 2

Die Temperatur und Geopotenzialanomalie während der großen Hitzewelle im Juli 2010 in Westrussland und der Kältewelle über weiten Teilen von Europa im Februar 2012. (Quelle: https://wcd.copernicus.org/articles/3/305/2022/) 

Ob und in welchem Bereich sich bei blockierenden Hochdrucklagen extreme Wetterbedingungen abspielen, hängt somit neben der Position des blockierenden Hochs und der damit verbundenen großräumigen Druck- und Strömungskonfiguration auch von der entsprechenden Jahreszeit ab. Im Winterhalbjahr treten vor allem auf der Ost- und Südseite des blockierenden Druckgebildes Kältewellen und teils auch kräftige Schneefälle auf. Im Sommer kommt es dagegen im Bereich des Hochs sowie auf dessen Westseite zu Hitzeperioden, während große Trockenheit vorwiegend im direkten Einflussbereich auftritt.

Blockierende Hochdrucklagen und extreme Wetterereignisse ueber Europa teil 3

Die mit einer über Zentraleuropa befindlichen Omegalage verbundenen Wetterextreme im Winter (links) und im Sommer (rechts). Dargestellt ist außerdem der Zustrom warmer Luftmassen (WCB), sowie Gebiete mit erhöhtem integriertem Wasserdampftransport (IVP). (Quelle: https://wcd.copernicus.org/articles/3/305/2022/) 

Die aktuelle Wetterlage über Europa ist aber vergleichsweise mit relativ wenig Extremwetter verbunden. Da das Zentrum von Hoch ELVIRA über Westrussland und nicht über Skandinavien liegt, werden die kalten Luftmassen arktischen Ursprungs in Richtung Türkei und Griechenland geführt. Zudem liegt in weiten Teilen Osteuropa auch keine nennenswerte Schneedecke, welche einen Kaltluftausbruch verschärfen würde. Der Südwesten und Westen Deutschland wird außerdem vom schwach ausgeprägte Höhentiefs beeinflusst, die relativ milde Luftmassen heranführen. Somit führt die aktuelle blockierende Hochdrucklage in Europa bei uns in Deutschland zu keinen extremen Wetterbedingungen und auch im restlichen Europa stehen in den nächsten Tagen keine außergewöhnlichen Wetterverhältnisse an!

M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.02.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Kann das Wetter die Wahlen beeinflussen?

Am Sonntag in genau zwei Wochen, am 23. Februar 2025, stehen in Deutschland die vorgezogenen Bundestagswahlen an. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass das Wetter einen Einfluss auf den Wahlverlauf, zumindest auf die Wahlbeteiligung haben kann. So soll beispielsweise die geringste Wahlbeteiligung seit dem 2. Weltkrieg bei der „Vereinigungsbundestagswahl“ 1990 laut Aussage vieler Politiker im nasskalten Winterwetter am Wahltag begründet gewesen sein. Ist das eine nicht gerade sehr einfallsreiche Ausrede oder ist da tatsächlich etwas dran? 

Es gibt bereits einige Studien über den „Faktor Wetter“ bei Wahlen, in denen behauptet wird, es bestünde ein Zusammenhang zwischen Wetter und Wahlausgang. Allerdings sind die Aussagen der einzelnen Arbeiten widersprüchlich. Dazu ein kleines Gedankenexperiment. Stellen Sie sich vor, es herrscht am Wahltag freundliches und trockenes Wetter vor. Hält Sie das vom Urnengang eher ab, weil Sie Ihre Freizeit lieber anders gestalten wollen? Oder kombinieren Sie einen Spaziergang mit einem Besuch im Wahllokal eben gerade wegen des angenehmen Wetters? Sie sehen, der Einfluss von freundlichem (und auch eher ungemütlichem) Wetter auf die Wahlbeteiligung lässt sich nicht pauschal bestimmen. Selbst wenn man also annimmt, dass sich das Wetter auf die Wahlbeteiligung auswirkt, ein eindeutiger Zusammenhang scheint eher unplausibel. 

Aber geben die Wetterumstände der persönlichen Entscheidung, ob eine Wahlbeteiligung in Frage kommt oder nicht, überhaupt einen Impuls? Im Grunde wägt jeder Wahlberechtigte „Kosten und Nutzen“ einer Wahlbeteiligung ab, sei es auch nur unbewusst. Einer Befragung von mehr als 1000 Wahlberechtigten vor einer Landtagswahl (Kühnel u. Fuchs, 1998) nach zu urteilen, spielen Opportunitäts- und Entscheidungskosten (also aufgrund der Wahlbeteiligung eingetretene Nachteile) und damit auch das Wetter für eine überwältigende Mehrheit der potenziellen Wähler keinerlei Rolle. Dabei gilt aber, je unentschlossener der Wahlberechtigte ist, desto mehr gewichtet er diese Kosten noch – wie eben auch das vorherrschende Wetter. Im Gegensatz dazu soll eine Analyse des Hamburger Instituts für Wetter- und Klimakommunikation (IWK) belegen, dass „schönes Wetter“ die Lust am Wählen dämpft. Ein Temperaturplus von einem Grad lasse die Wahlbeteiligung um 0,2 % sinken. Die einzige Quintessenz, die sich aus den Studien wirklich zuverlässig ziehen lässt, ist, dass die Beeinflussung der Wahlbeteiligung durch das Wetter im Vergleich zu anderen wahlspezifischen Faktoren (Zufriedenheit, Politikverdrossenheit, Bedeutung der eigenen Stimme, Beteiligung im sozialen Umfeld …) eher gering einzuschätzen ist. Dazu kommt noch die zunehmende Bedeutung der Briefwahl: Man kann davon ausgehen, dass mindestens knapp die Hälfte der Wähler ihre Kreuze daheim in der warmen Stube machen werden. 

Die Wetterbedingungen am Wahlsonntag mögen natürlich trotzdem für viele von Interesse sein, zumindest mal im Hinblick auf die Frage, was man denn auf dem Weg zum Wahllokal anziehen soll. Für eine genaue Prognose ist es selbstverständlich noch viel zu früh. Ein erster Trend lässt sich etwa eine Woche vorher abschätzen, eine relativ präzise Wettervorhersage vielleicht ein paar Tage im Voraus. Wir werden Sie sicherlich an dieser Stelle darüber auf dem Laufenden halten. 

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.02.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Wetterrückblick: Der eisige Februarstart 2012

Bereits Ende Januar 2012 floss mit östlicher Strömung kalte Festlandluft nach Deutschland. Verbreitet blieben die Höchstwerte unter dem Gefrierpunkt. Eistage an sich sind nichts Ungewöhnliches zu dieser Jahreszeit. Die an den folgenden Tagen gemessenen Temperaturen waren es dann aber schon.
Ein sehr intensives und umfangreiches Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt über dem Nordwesten Russlands erstreckte sich über Skandinavien bis zu den Britischen Inseln und noch etwas weiter westlich auf den Atlantik. An seiner Südflanke strömte sibirische Arktikluft (Kürzel cA) nach Mitteleuropa. Um eine Luftmasse zu klassifizieren, wird typischerweise die Temperatur auf einer Druckfläche von 850 Hektopascal (hPa), etwa 1500 Meter Höhe, herangenommen. Die Luftmasse Anfang Februar 2012 zeichnete sich durch sehr tiefe Temperaturen und einen sehr geringen Wassergehalt aus. In 850 hPa lag die Temperatur über Deutschland vom 2. bis 7. Februar 2012 zeitweise zwischen -15 und -20 Grad, örtlich war die Luft sogar noch etwas kälter.

Temperatur in 850 Hektopascal und Höhe dieser Druckfläche über Europa. (Quelle www.wetterzentrale.de)

Farbflächen: Temperatur in 850 Hektopascal (etwa 1500 Meter). Weiße Linien: Geopotenzial. Höhe der 850 HPa Druckfläche in Dekametern. 

 Nicht nur in der Höhe war es außerordentlich kalt, auch am Boden, besser gesagt in 2 Meter Höhe, wurden Werte gemessen, wie sie selten vorkommen. Besonders kalt waren der 6. und 7. Februar, wobei die tiefsten Werte jeweils im Osten und Süden Deutschlands registriert wurden. Am 6. Februar lag die Tiefsttemperatur verbreitet im strengen Frostbereich, nur am Niederrhein und auf manchen Nordseeinseln blieb es „wärmer“ als -10 Grad. Sonst lag die Temperatur verbreitet zwischen -10 und -20 Grad, im Osten und Süden gebietsweise auch noch tiefer. Die kältesten Werte wurden am Morgen an der Station Ueckermünde in Vorpommern mit -28,7 Grad und in Oberstdorf am Alpenrand mit -29,4 Grad, gemessen. Die Höchsttemperatur lag zwar etwas höher, eisig blieb es aber auch am Tage. An der Station Berlin-Tempelhof war beispielsweise bei -10,5 Grad, an der Station Leipzig/Halle bei -13,6 Grad und in Augsburg bei -11,2 Grad Schluss mit der tageszeitlichen Erwärmung.

Wetterrueckblick Der eisige Februarstart 2012 teil 2

Oben: Anzahl an Eistagen in Europa zwischen dem 25.01. und 16.02.2012, Unten: Mittlere Anzahl an Eistagen für 1961-1990 

Die Folgenacht zum 07. Februar war dann in der Fläche noch kälter. Nur an wenigen Stationen auf den Nord- oder Ostseeinseln lagen die Tiefstwerte nicht unter -10 Grad. Selbst ansonsten recht milde Regionen Deutschlands rutschten tief in den strengen Frostbereich. Beispielhaft St. Peter-Ording an der Nordsee mit -16,8 Grad, Frankfurt/Main mit -15,8 Grad oder Köln-Bonn mit -17,6 Grad. Diese tiefen Werte sind umso erstaunlicher, da sie ohne das Vorhandensein einer Schneedecke zustande kamen. Eine Schneedecke verhilft, vor allem wenn die Schneedecke frisch ist, zu einer tieferen Temperatur aufgrund einer verbesserten langwelligen Ausstrahlung und ein Blockieren des Boden-Wärme-Stroms. Im Osten und Süden des Landes lag zwar gebietsweise eine, wenn auch dünne Schneedecke, die für sehr niedrige Minima sorgte. Doch auch abseits davon traten extrem niedrige Werte auf, mit dem negativen Spitzenreiter Baruth südlich von Berlin mit -23,7 Grad. Diese sogenannten Kahlfröste gehören zu den strengsten, die jemals in Deutschland aufgetreten sind. Als Folge drang der Frost bis 80 cm Tiefe in den Boden. Weitere Folgen waren zugefrorene Seen und Flüsse bzw. Eisgang auf den Flüssen. Auf der Alster in Hamburg erreichte die Eisdicke 15 bis 22 cm am 8. Februar. Dort konnte damit letztmalig das Alstereisvergnügen mit Buden auf der Alster stattfinden.
 

Wetterrueckblick Der eisige Februarstart 2012 teil 4

Tägliche Temperaturabweichung im Februar 2012 für Nord- und Süddeutschland.  

An den Folgetagen setzte sich die sehr kalte Witterung zunächst fort, erst ab dem 13. Februar kam es von Nordwesten her zu einer deutlichen Milderung. Vom 1. bis 12. Februar lag die Mitteltemperatur in Deutschland bei -10,3 Grad und damit streckenweise im Bereich strenger Winter wie 1963, 1956 oder 1929. Anders als in den genannten strengen Wintern war die Kälte 2012 zwar heftig, aber nicht so langanhaltend, bereits die Nacht zum 17. Februar war fast überall frostfrei und am 24. Februar wurden bei Mittenwald am Alpenrand sogar 17,3 Grad Plus gemessen.
Nicht nur in Deutschland war diese Kältewelle 2012 bemerkenswert. Weite Teile Europas wurden von der Kaltluft erreicht und verzeichneten ungewöhnlich tiefe Temperaturmesswerte. Über dem nördlichen Mittelmeerraum und Südosteuropa sorgte Tiefdruckaktivität zum Teil für Sturm in Orkanstärke und teils ergiebige Schneefälle.

Wetterrueckblick Der eisige Februarstart 2012 teil 5

Großwetterlage für Mitteleuropa im Februar 2012. 

Trotz der derzeit auf den ersten Blick ähnlichen Großwetterlage liegt die Temperatur aktuell auf einem ganz anderen Niveau als vor 13 Jahren. Der Grund ist, dass die Luftmasse nicht aus Sibirien, sondern aus Europa stammt. Anders als 2012 liegt zudem selbst in Osteuropa derzeit kaum Schnee. Dies sind schlechte Voraussetzungen für tiefe Temperaturen. 

MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.02.2025
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Massiver Hochdruckeinfluss mit Überraschungspotenzial

Hochdruckwetter im Winter: Statt Sonne bedeutet das oftmals eher grauer Himmel und Sprühregen. Ein Klassiker, der an dieser Stelle schon häufig thematisiert wurde. Und so stehen auch am heutigen Donnerstag viele Barometerzeiger auf „beständig“ oder „schön“ – kein Wunder bei einem Luftdruck von stolzen 1040 hPa, während in den Frühstunden von der östlichen Mitte bis in den Süden Schneegriesel und gefrierender Sprühregen für glatte Straßen sorgten. 

Massiver Hochdruckeinfluss mit Ueberraschungspotenzial teil 1

Analyse des Luftdrucks am Boden (Werte in hPa) und der Fronten vom 06.02.2025, 12 UTC. Rot: Warmfront, Blau: Kaltfront, Violett: Okklusion. (Quelle: DWD) 

ELVIRA heißt das massive Hoch, das seinen Schwerpunkt allmählich von England nach Südskandinavien verlagert. Mit Tiefdruckgebieten möchte ELVIRA nichts zu tun haben und lenkt sie entweder weit nach Norden oder nach Südwesteuropa ab. Aber der tiefe Luftdruck ist offensichtlich nicht auf den Kopf gefallen und hat sich etwas einfallen lassen, wie er doch noch unser Wetter in Deutschland beeinflussen kann: Er operiert aus der Höhe! 

Massiver Hochdruckeinfluss mit Ueberraschungspotenzial teil 2

Strömungsverhältnisse in ca. 5,5 km Höhe am 06.02.2025, 15 UTC (ICON-Prognose) (Quelle: DWD) 

Blickt man in höhere Luftschichten, zum Beispiel in rund 5,5 km Höhe, so zeigt sich ein komplett anderes Bild als in Bodennähe. Zwar ist dort auch ein Hoch zwischen Großbritannien und Skandinavien zu sehen, gleichzeitig erstreckt sich aber auch eine Tiefdruckzone von Osteuropa über Norddeutschland bis nach Nordfrankreich. Tja, und von dieser Zone gehen vor allem über der Mitte und dem Süden Deutschlands leichte Hebungsimpulse aus, das heißt, dort wird die Luft angehoben, was letztlich in örtlichem Sprühregen und Schneegriesel resultiert. Am Freitag gibt es ein ähnliches Spiel, dann ist neben der Mitte aber der Nordosten betroffen, wo es gerade in den Frühstunden zum Berufsverkehr örtlich sehr glatt werden kann. 

Und als wäre das „Gesprühe“ oder „Geriesel“ nicht schon genug, kommt morgen am Südrand von ELVIRA auch noch ein lebhafter und mitunter stark böiger Ostwind in Gang, auf den Bergen wird es sogar stürmisch. Dadurch wird sich die Luft deutlich kälter anfühlen, als sie bei meist niedrigen einstelligen Pluswerten eigentlich ist, Stichwort „Windchill„. 

Am Wochenende und voraussichtlich auch über die gesamte nächste Woche hinweg bleibt uns der kräftige Hochdruckeinfluss erhalten – zumindest am Boden. In höheren Luftschichten umzingeln uns dagegen weiterhin kleinräumige Tiefdruckgebiete, deren genaue Lage, Zugbahn und Ausprägung nur sehr schwer zu prognostizieren sind. Demnach bieten die nächsten Tage immer auch ein gewisses Überraschungspotenzial in Sachen regionaler Schnee- oder Regenfälle. 

Kleines Beispiel gefällig? Während der Großteil der Modellwelt für Sonntag einen ruhigen und überwiegend auch trockenen Sonne-Hochnebel-Mix im Programm hat, präsentierte die deutsche Modellkette (ICON) im heutigen 00-UTC-Lauf den Aufzug eines Schneefallgebiets über Norddeutschland (im 06-UTC-Lauf übrigens nicht mehr). Ähnlich wie ICON schwanken auch andere Modelle von Lauf zu Lauf immer wieder hin und her. Eine solche Kreativität der Wettermodelle könnte uns auch die nächste Woche über begleiten und bei den Vorhersagemeteorologen mitunter einiges an Stirnrunzeln verursachen. 

Massiver Hochdruckeinfluss mit Ueberraschungspotenzial teil3

Modellvergleich (Lauf jeweils 06.02., 00 UTC): Prognose Niederschlagssumme (6 h) für Sonntag, 09.02. zwischen 12 und 18 UTC. (Quelle: DWD)

Massiver Hochdruckeinfluss mit Ueberraschungspotenzial teil 4

Vergleich verschiedener Prognoseläufe von ICON: Niederschlagssumme (6 h) für Sonntag, 09.02. zwischen 00 und 06 UTC. (Quelle: DWD) 

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.02.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Lokaler Schneefall trotz Hochdruckwetter?

Ruhiges Hochdruckwetter dominierte in weiten Teilen des Landes in den vergangenen Tagen. Verbunden damit war vor allem auf den Bergen viel Sonnenschein. In den Nächten gab es verbreitet leichten bis mäßigen Frost. Zu Wochenbeginn lag das Hochdruckzentrum von CAROLINE direkt über Deutschland. Zudem nahm bei nur windschwachen Bedingungen die Feuchte in bodennahen Schichten zu, sodass sich in den Nächten in den Niederungen häufiger teils dichter Nebel und Hochnebel ausbilden konnte. In den Nebelgebieten reichte es bereits am Montag für Dauerfrost. So verharrten die Temperaturen vom Saarland über das Rhein-Main-Gebiet bis zur Donau gebietsweise auch tagsüber unter dem Gefrierpunkt.  

Lokaler Schneefall trotz Hochdruckwetter teil 1

Synoptische Übersicht für Dienstag, den 04.02.2024 um 06 UTC. Ein ausgeprägter Höhenrücken erstreckt sich bis nach Mitteleuropa und sorgt für eine leichte Erwärmung in höheren Schichten. (Quelle: DWD) 

Am Dienstag breitete sich von Westen ein Höhenrücken bis nach Mitteleuropa aus. Damit sickerte in der Höhe etwas mildere Luft ein, wodurch die Inversion weiter verstärkt wurde. So zeigte der Radiosondenaufstieg von Dienstagfrüh in Idar-Oberstein eine markante Inversion in etwa 400 Meter über Grund. An der Obergrenze der Nebelschicht herrschten Temperaturen um -7 Grad, während nur wenige Meter darüber Temperaturen von + 7 Grad beobachtet wurden. Oberhalb der Inversion sorgte großräumiges Absinken der Luftmasse für eine Erwärmung und Abtrocknung der Luft. So lag die relative Luftfeuchtigkeit in 2 Kilometer Höhe bei unter 10 Prozent. In der bodennahen Kaltluftschicht lag diese dagegen häufig bei über 95 Prozent und somit nahe der Sättigung.

Lokaler Schneefall trotz Hochdruckwetter teil 2

Satellitenbild und Temperaturen für Dienstag, den 04.02.2024 um 10 UTC. In den Niederungen im Südwesten zeigt sich weitgehend dichter Nebel und Hochnebel. (Quelle: DWD) 

Lokaler Schneefall trotz Hochdruckwetter teil 3

Radiosondenaufstieg von Idar-Oberstein für Dienstag, den 04.02.2024 um 10 UTC. Oberhalb der Inversionsschicht ist die sehr milde trockene Luft erkennbar. (Quelle: DWD) 

Durch zusätzlichen Eintrag von Wasserdampf und Aerosolen von Industrieanlagen kann es unter diesen Bedingungen in der Nähe von größeren Städten zu Industrieschneefall kommen. Durch die Emissionen von Wasserdampf und Kondensationskernen können die winzigen Wassertröpfchen gefrieren, da durch die hohe Aerosolanzahl in der Luft der Gefrierpunkt gesenkt wird. Somit entstehen winzige Eiskristalle, die zu Boden fallen. Aufgrund der geringen Fallhöhe und der kaum vorhandenen Turbulenz in der Nebelschicht ist Industrieschnee deshalb auch deutlich feiner als natürlicher Schnee. Dies konnte auch gestern vor allem in der Südwesthälfte beobachtet werden. So fiel beispielsweise in Frankfurt-Höchst zeitweise etwas Schnee. Aber auch an der Vorhersagezentrale in Offenbach konnte am Vormittag Industrieschnee betrachtet werden. Örtlich und eng begrenzt reichte es sogar für eine dünne Schneedecke.

Größere Mengen kamen aber nicht zusammen. Für reichlich Industrieschnee benötigt es über eine längere Zeit eine markante Inversionswetterlage mit Nebel und Hochnebel in den Niederungen. Zudem zeigten wissenschaftliche Studien, dass die Temperaturen dazu an der unteren Grenze der Inversionsschicht über einen längeren Zeitraum unter -7 Grad liegen und in der Höhe eine sehr warme und trockene Luftmasse vorherrschend sein müsste. Am heutigen Mittwoch greift allerdings von Nordwesten eine schwache Okklusionsfront auf Deutschland über. Diese führt zu einer vorübergehenden Abschwächung der Hochdrucklage. Industrieschnee ist somit vorerst kein Thema mehr. Allerdings kommt es im Zuge des Frontensystems am heutigen Mittwoch und auch am Donnerstag stellenweise zu gefrierenden Sprühregen. Vor allem am Donnerstag dürfen sich alle Winterfreunde in der Südhälfte gebietsweise auch auf echten Schnee freuen. Allerdings größtenteils nur in homöopathischen Mengen. Ein Wintereinbruch mit reichlich Schneefall ist vorerst nicht in Sicht!

M.Sc. Met. Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.02.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Eine abenteuerliche Entwicklungsgeschichte: Die Erdatmosphäre!

Am heutigen Dienstag ist der „Erzeuge-ein-Vakuum“-Tag. Vielleicht schwirrt Ihnen nun die ein oder andere Person durch den Kopf, von der Sie denken, dass sie dieses Tagesmotto gekonnt zwischen ihren Ohren anwendet. Vielleicht denken Sie bei „Vakuum“ aber auch an das Weltall, wobei das nicht zu 100 % stimmt. Selbst im interstellaren Raum schwirrt noch das ein oder andere verträumte Teilchen umher, sodass man nicht von einem perfekten Vakuum sprechen kann. 

Aber wie dem auch sei, zum Glück hat es unsere Erde geschafft, den nahezu luftleeren Raum zu füllen. Die Rede ist von unserer Atmosphäre. Ohne sie gäbe es das heutige Thema des Tages nicht, was aber auch nicht weiter schlimm wäre, da auch keine interessierte Leserschaft existieren würde. Ein großes Dankeschön also an das Gasgemisch, das sich grob gesagt zu 80 % aus Stickstoff und 20 % aus Sauerstoff zusammensetzt (Wasserdampf, Argon und Spurengase lassen wir jetzt mal außen vor). Eine Selbstverständlichkeit ist die Atmosphäre für unsere Erde allerdings nicht. Vielmehr kann sie bisher auf ein sehr „bewegtes Leben“ zurückblicken. Werfen wir einen Blick zurück und begleiten die Erdatmosphäre von ihrer „Geburt“ bis zu ihrem jetzigen Zustand. 

Eine abenteuerliche Entwicklungsgeschichte Die Erdatmosphaere teil 1

Erdatmosphäre 

Als vor etwa 4,6 Milliarden Jahren die Erde entstand, dauerte es vergleichsweise nicht lang (nur wenige Millionen Jahre) bis sich um diesen neuen Planeten eine erste Gashülle legte – die sogenannte Uratmosphäre. Sie bestand wahrscheinlich zum größten Teil aus Wasserstoff (92 %) und zu einem geringen Teil aus Helium (7 %). Stickstoff kam nur zu 0,008 % und Sauerstoff zu 0,006 % vor. 100 Mio. Jahre später, also vor rund 4,5 Mrd. Jahren, wurde die erste Erdatmosphäre schon wieder (im wahrsten Sinne) weggeblasen. Zum einen erhitzte sich die Erdoberfläche durch die ständigen Materieeinschläge so stark, dass die relativ leichten Wasserstoff- und Heliummoleküle durch ihre dadurch erhöhte Bewegungsenergie ins Weltall entfliehen konnten. Zum anderen nahm zusätzlich unsere Sonne ihre „Arbeit“ auf, indem in ihrem Inneren die Kernfusion „gestartet“ wurde. Dem dadurch entstandenen Sonnenwind (geladene Teilchen, die von der Sonne in alle Richtungen geschossen werden) hatte unsere Uratmosphäre nichts entgegenzusetzen. Sie wurde förmlich von der Erde weggerissen. Dieser Sonnenwind war damals vermutlich 1000-mal so stark wie heutzutage, weshalb er unserer jetzigen Atmosphäre kaum noch etwas anhaben kann. 

Im weiteren Verlauf ließen die Materieeinschläge mehr und mehr nach, wodurch sich die Erde allmählich abkühlen konnte. Infolge des Ausgasens (Gasaustritt aus z.B. Gesteinen und Lava) konnte sich vor etwa 4 Mrd. Jahren eine neue Atmosphäre ausbilden. Die Wissenschaft geht davon aus, dass sich dieses Gasgemisch hauptsächlich zu rund 80 % aus Wasserdampf, etwa 10 % aus Kohlendioxid und bis zu 7 % aus Schwefelwasserstoff zusammensetzte. Stickstoff machte dabei nur einen Anteil von 0,5 % aus, Sauerstoff kam überhaupt nicht vor. 

Dadurch, dass sich die Erde immer weiter abkühlte, fing der Wasserdampf vor etwa 3,5 Mrd. Jahren allmählich an, zu kondensieren – und zwar im ganz großen Stil! Die Folge war die Entstehung der Weltmeere. Diese bildeten in Verbindung mit den vorhandenen Gasen und der starken UV-Strahlung der Sonne den Startschuss für zahlreiche chemische Reaktionen. Einzig der Stickstoff blieb davon weitgehend unberührt. 

Vor etwa 2,3 Mrd. Jahren wurde die Atmosphäre schließlich zunehmend mit Sauerstoff angereichert. Dieser entstand durch Fotosynthese, die durch sogenannte Cyanobakterien betrieben wurde und stellte letztlich den Beginn der Ozonbildung dar. Diese war ihrerseits wieder die Voraussetzung für die weitere Entwicklung von Leben auf der Erde, da sie einen Teil der einfallenden UV-Strahlung „unschädlich“ machte. 

Als die Ozonschicht schließlich stark genug war, um so viel UV-Strahlung von der Erdoberfläche fernzuhalten, dass sich die Pflanzenwelt nicht nur im Meer, sondern auch auf dem Land ausbreiten konnte, „florierte“ förmlich die Sauerstoffproduktion. Vor gut 350 Mio. Jahren wurde so etwa das heutige Sauerstoffniveau erreicht. Langsam aber sicher gewann die Atmosphäre damit ihre heutige Zusammensetzung. 

Damit sind wir nach dieser langen Reise endlich wieder in der Gegenwart angekommen. Da heißt es erst mal: durchatmen! 

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.02.2025
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Wie wirkt sich das Winterwetter auf Insektenpopulationen aus?

Der Winter 2024/2025 verlief bisher in Deutschland aus klimatologischer Sicht etwas zu mild, auch wenn es durchaus kalte Phasen mit örtlich sogar strengen Frösten unter -10 Grad gab. Die Durchschnittstemperatur lag dabei im Dezember um 1,0 Grad und im Januar um 1,1 Grad höher als das jeweilige Monatsmittel der Jahre 1991-2020. Bei solch einer Witterung herrscht allgemein die Meinung vor, dass sich Insektenpopulationen im darauffolgenden Sommerhalbjahr besser entwickeln. Stimmt das?  

Wie wirkt sich das Winterwetter auf Insektenpopulationen aus scaled

Frühlingsbote auf Norderney (19.03.2020), Quelle: Frank Kahl (DWD) 

Zecken beispielsweise halten sich im Winter bevorzugt in der untersten Krautschicht oder in der Laubstreu auf. In dieser Schicht aus mehr oder weniger stark zersetzten Blättern und Nadeln verkraften sie Temperaturen bis -10 Grad nahezu problemlos. Wird es aber noch kälter oder hält eine Frostperiode länger an, bekommen sie Überlebensprobleme. Bei Durchschnittstemperaturen von 5 bis 7 Grad sind selbst im Januar und Februar die ersten Zecken schon wieder aktiv. Im Zuge des Klimawandels gibt es inzwischen sogar immer mehr Winter, in denen durchgehend aktive Zecken beobachtet wurden. 

Mücken überwintern in Kältestarre häufig in kühlen Kellern, Ställen oder Höhlen. Für die Kältestarre scheiden sie überschüssige Körperflüssigkeit aus. In die verbleibende Flüssigkeit wird dann ein Zucker eingebaut, der wie ein Frostschutzmittel wirkt.
Warme Temperaturen und Feuchtigkeit, sodass Schimmelbildung begünstigt wird, sind viel effektiver für ein Absterben der Mücken als eine strenge Kälteperiode. Nasse und warme Phasen im Frühjahr und Sommer hingegen bewirken ein starkes Anwachsen der Population, was einen viel stärkeren Einfluss hat als die Witterung im Winter.
Die Eier der Mücke wiederum befinden sich im Winter im Wasser oder am Gewässerrand. Dort überstehen sie Minusgrade meist unbeschadet. Lange Kälteperioden bewirken also kaum eine zurückgehende Mückenpopulation. 

Honigbienen überleben den Winter als ganzes Volk (10.000 bis 15.000 Einzeltiere) in einem Bienenstock. Dort bilden winteraktive Exemplare eine Traube. Durch Muskelzittern erzeugen sie dabei Wärme. Kalte Winter können den Bienen daher kaum etwas anhaben. Sie müssen eben nur ein bisschen mehr „zittern“. Selbst arktische Kälte macht ihnen nicht viel aus. Ein warmer und feuchter Winter bereitet da schon eher Probleme, beispielsweise durch Pilzbefall. 

Wildbienen sind mehrheitlich Einzelgänger, die die Nester selber bauen und die Brut ohne Hilfe versorgen. Im Winter sterben die meisten von ihnen, ihre Larven und Puppen überleben aber im Boden, in Pflanzenstängeln oder ähnlichem. In den von den Müttern dafür geschaffenen Nestern sind sie gut gegen die Kälte geschützt, sodass der Einfluss der Witterung sehr klein ist. Etwa ein Jahr nach der Eiablage schlüpfen die Bienen. 

Wespen und Hummeln sterben im Winter. Die Jungköniginnen eines Nestes versuchen schlafend in Winterstarre unter Holzstapeln, Mooskissen oder unter losen Borken zu überleben, aber nicht alle schaffen es. Im Frühjahr gründen sie einen neuen Staat. Kaltes Winterwetter beeinflusst die Population kaum. 

Ameisen ziehen sich im Winter in ihr sogenanntes Winternest zurück. Dieses liegt meist mehrere Meter unter einem Ameisenhaufen. Dort fallen sie in Winterstarre. In der Tiefe ist es wärmer, nicht zuletzt auch durch den Frostschutz des oberen Teils des Haufens. Daher haben Ameisen kaum Probleme selbst einen arktischen Winter zu überstehen. 

Marienkäfer leben im Winter gerne in großen Gruppen meist irgendwie geschützt am Boden, unter Steinen, Rinde oder Laub, im Moos oder Gras. Temperaturen bis -10 oder -15 Grad halten sie gut aus. Da solche Temperaturen in diesem Winter bisher kaum unterschritten wurden, ist keine Reduktion der Marienkäferbevölkerung zu erwarten. 

Wanzen überwintern unter Baumrinden, zwischen Moos und Laub und an anderen trockenen und dunklen Orten in der Natur. Nur zu gerne nutzen sie auch Gebäude und Wohnungen als Überwinterungsquartier, wo sie gut geschützt sind gegen Kälte. Aber auch draußen in der Natur macht ihnen Kälte nicht viel aus, weil sie sich gut an das heimische Habitat angepasst haben. Milde und feuchte Winter hingegen kann die Population negativ beeinflussen. 

Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass harte und strenge Winter keinen wesentlichen Einfluss auf die meisten Insektenpopulationen haben. Feuchte und milde Winter sind dagegen zumindest für einige Arten problematischer, häufig z.B. durch einen dann stärkeren Pilzbefall. 

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.02.2025
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