Der „scheue“ Regenbogen
An dieser Stelle wurde vor etwa einem Monat bereits das besondere optische Phänomen des sogenannten „Nebelbogens“ intensiver beleuchtet. Dieser „weiße Regenbogen“ entsteht dann, wenn eine günstige Beleuchtungssituation und ein Tröpfchenspektrum mit kleinen Radien vorliegt. Ab Tröpfchengrößen von weniger als 50 Mikrometern (1 Mikrometer = 1/1000 Millimeter) überlagern sich nämlich die Regenbogenwinkel der einzelnen Spektralfarben zunehmend so, dass zusammen nur noch weißes Licht erkennbar ist. Mehr darüber kann im Thema des Tages vom 10.11.2024 nachgelesen werden (siehe Links).
Neben dieser optischen Erscheinung des Nebelbogens gibt es aber noch einige weitere Vertreter der sogenannten „Fotometeore“, die nur relativ wenigen Leuten bekannt sind. Im Allgemeinen sind Fotometeore Lichterscheinungen, die durch Brechung (Refraktion), Beugung (Diffraktion), Spiegelung (Reflexion), Lichtzerlegung (Dispersion), Streuung (Diffusion) oder Überlagerung (Interferenz) des Sonnen- oder Mondlichtes hervorgerufen werden. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass es optische Erscheinungen eben nicht nur bei Sonnenschein gibt, sondern auch in den Nächten bei entsprechend hoher Mondhelligkeit. Bei günstigen Bedingungen kann in den Nächten sogar ein „Mondregenbogen“ sichtbar werden, der meist aus einem weißlich erscheinenden Kreisbogen oder Teilen eines Kreisbogens auf einer vom Mondlicht angestrahlten Regenwand besteht.
Dabei wird das Mondlicht, wobei dies eigentlich reflektiertes Licht der Sonne ist, durch Regentropfen in seine Spektralfarben zerlegt und anschließend reflektiert. Da dieses aber bekanntermaßen sehr viel lichtschwächer ist als das Sonnenlicht am Tage (etwa 470.000 mal schwächer), sind Mondregenbögen äußerst lichtschwach. Zu Vollmond oder an den Tagen zuvor und danach sind die Chancen für eine Beobachtung noch am größten. Allerdings darf der Mond noch nicht zu hoch am Himmel stehen, da sich dieser im Rücken des Betrachters befinden muss (wie bei der Entstehung eines klassischen Regenbogens). Hinzu kommt, dass in der Nähe von Ballungsräumen die Lichtverschmutzung eine Beobachtung fast unmöglich macht. Aber auch wenn alle äußeren Bedingungen optimal sind, reicht die Helligkeit der Mondsichel im Regelfall nicht für die Erzeugung eines Mondregenbogens aus.
Außerdem ist der Begriff „Regenbogen“ in diesem Zusammenhang etwas irreführend, denn unserem menschlichen Auge erscheint der Mondregenbogen in der Farbe Weiß, da das Farbsehen des Auges im Dunklen von Haus aus eingeschränkt ist bzw. entfällt (Nachtsehen). Allerdings kann mit dem Einsatz von Kameras dieses „Problem“ mittlerweile gut gelöst werden. Des Weiteren ermöglicht eine lange Belichtungszeit mit hoher Lichtempfindlichkeit ein farbiges Abbild des Mondregenbogens. Darin ist aber auch das ordentliche Enttäuschungspotential begründet: Wie bei den anderen lichtschwachen optischen Erscheinungen sowie auch bei spärlich ausgeprägten Polarlichtern sind die gemachten Bilder oft spektakulärer als die Betrachtung mit dem eigenen Auge.
Insgesamt ist die zufällige Beobachtung von Mondregenbögen sehr selten, eine gezielte Suche ist bei entsprechenden atmosphärischen Bedingungen etwas Erfolg versprechender. Ein heißer Tipp ist beispielsweise das Umfeld von größeren Wasserfällen. Die dort entstehende Gischt aus kleinen Tröpfchen und ein an der richtigen Position am Himmel stehender Vollmond sind zumindest gute Ausgangsbedingungen – der Rest ist Zufall und vielleicht auch etwas Glück. Zum Trost, falls es nicht klappen sollte: Es gibt noch weitere, besser zu beobachtende Lichterscheinungen, die durch den Einfluss von schwebender oder fallender Meteore entstehen. Mehr dazu an dieser Stelle aber ein anderes Mal.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.12.2024
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