Der Wetterballon – Radiosondenmessungen in der Atmosphäre
Um an hochaufgelöste Wetterdaten direkt aus der Atmosphäre zu kommen, ist die Radiosonde aus der Meteorologie nicht mehr wegzudenken. Sie liefert wichtige Informationen über Feuchte, Temperatur und Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen.
Um an hochaufgelöste Wetterdaten direkt aus der Atmosphäre zu kommen, ist die Radiosonde aus der Meteorologie nicht mehr wegzudenken. Sie liefert wichtige Informationen über Feuchte, Temperatur und Windgeschwindigkeit in verschiedenen Höhen. Als im Jahre 1783 die ersten bemannten Ballons über Paris aufstiegen, hatte man dabei zunächst wenig Interesse an der Sammlung von wissenschaftlichen Daten. Erst im Jahre 1804 erkannte der französische Physiker Joseph Louis Gay-Lussac das Potenzial und sammelte bei einer Ballonfahrt eine Luftprobe aus 7000 m Höhe. Er stellte dabei fest, dass das Verhältnis zwischen Sauerstoff und Stickstoff in dieser Höhe dem am Erdboden entspricht. Solche bemannten Ausflüge in große Höhen waren allerdings nicht ungefährlich. Im Jahre 1862 erreichten der Ballonfahrer Henry Tracey Coxwell und der britische Meteorologe James Glaisher bei einer Ballonfahrt, bei der sie ein meteorologisches Messprogramm durchführten, eine Höhe von etwa 8800 m. Ohne zusätzlichen Sauerstoff verlor Glaisher das Bewusstsein. Die beiden haben nur überlebt, weil Coxwell mit letzter Kraft das Steuerventil des Ballons mit den Zähnen öffnete und somit den Ballon zum Sinken brachte. Seit den frühen 1890ern führte man kostengünstigere und ungefährlichere unbemannte Messungen mit selbstregistrierenden Messgeräten durch. Erste Messungen mit unbemannten Wetterballons in großem Umfang machte der französische Meteorologe Léon-Philippe Teisserenc de Bort. Er entdeckte dabei die Stratosphäre. Mit Aufkommen der Funktechnik vereinfachten sich die Möglichkeiten der Datenübertragung. Mit der Entwicklung erster Prototypen von Radiosonden wurde bereits 1921 am Observatorium Lindenberg begonnen. Die erste Radiosonde wurde 1924 von William Blair gestartet. Er verwendete die temperaturabhängige Veränderung des Signals, um die Temperatur in verschieden Höhen abzuschätzen. Es dauerte allerdings noch bis 1929, als Robert Bureau und Pawel Moltschanow direkt gemessene Werte in Funksignale umwandeln konnten.
In der heutigen Zeit messen Radiosonden den Luftdruck, die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur direkt mit jeweils einem Messsensor. Der Höhenwind wird indirekt aus dem Windversatz der Radiosonde ermittelt, der mithilfe einer GPS-Antenne gemessen wird. Ein Gasballon befördert das Messgerät in große Höhen. Als Gas kommt Wasserstoff oder Helium zum Einsatz. Während des Aufstiegs senden die Messinstrumente Daten, die von einer Bodenstation empfangen werden. Wegen des abnehmenden Luftdrucks dehnt sich der Ballon mit der Höhe deutlich aus, bis er letztendlich in einer Höhe von etwa 20 – 30 km platzt. Der Höhenrekord beim DWD liegt bei etwa 39 km. Die Radiosonde fällt dann an einem Fallschirm zu Boden.
Die gesammelten Daten werden in thermodynamische Diagrammpapiere eingetragen. Gebräuchlich ist in der Meteorologie das sogenannte Skew-T-log-p-Diagramm (siehe Abbildung). Hier ist die Vertikalkoordinate als logarithmischer Luftdruck aufgetragen, während die Temperaturen schräg von rechts unten nach links oben verlaufen. Dies ist ungewohnt, hat aber den Vorteil, dass die Flächen in diesem Diagramm direkt die Energie widerspiegeln. Die linke Kurve ist die Taupunkttemperatur (Feuchtemaß) und die rechte Kurve die Temperatur. Damit lassen sich die vertikale Schichtung, Stabilität, Labilität, das Gewitterpotenzial und viele andere Parameter ableiten. Wie diese Kurven zu interpretieren sind, erfahren sie im Thema des Tages vom 03.07.2020 “Radiosondenaufsteig für Einsteiger Radiosondenaufstiege für Fortgeschrittene
Auch in der numerischen Wettervorhersage spielen Radiosonden heute noch eine entscheidende Rolle. Zwar werden die meisten Informationen aus der Höhe mittlerweile von Flugzeugen und Satellitendaten ermittelt. Von der vertikalen Auflösung von Wind, Temperatur und Feuchte sind aber die Radiosonden weiterhin unschlagbar und gelten somit immer noch als Referenz bei der Kalibrierung von weiteren Fernerkundungsdaten wie z. B. Satellitendaten.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 11.04.2021