Die Temperatur des Weltalls
So ging es Ihnen sicherlich auch schon einmal, zumindest, wenn Sie Umgang mit Kindern haben: Nichtsahnend gehen Sie spazieren und urplötzlich fragt der kleine neugierige Mensch neben Ihnen: “Warum sind die Wolken weiß und die dort sind grau? Wieso färben sich die Blätter braun? Warum ist Lava rot? Und wie tief ist eigentlich das Meer?” So geht es manchmal munter weiter… Neulich fragte die Tochter der Autorin: “Mama, wieso ist es im Weltraum kalt? Und wie kalt ist es genau?” Wenn man nie darüber nachgedacht hat, fällt einem in solch einem Moment keine korrekte Antwort ein. So fand sich schnell ein neues Thema des Tages, dessen Antworten vielleicht auch Sie interessieren.
Die erste Frage lässt sich relativ einfach beantworten. Dafür machen wir einen kurzen Ausflug in die Physik und schauen, wie die Temperatur dort definiert ist: Egal um welchen materiellen Stoff es sich handelt – ob fest, flüssig oder gasförmig – es wird davon ausgegangen, dass jeder Stoff aus vielen kleinen Teilchen, den sogenannten Atomen oder Molekülen, besteht. Auch wenn es nicht so wirkt, bewegen sich diese Teilchen zu jeder Zeit und haben aufgrund dieser Bewegung eine Energie. Dieser Energie wird eine Temperatur zugeordnet. Das heißt, je höher die Temperatur ist, desto schneller bewegen sich die Teilchen und andersherum.
Die Teilchen in unserer Luft auf der Erde sind so zahlreich, dass sie häufig aneinanderstoßen und dadurch in etwa dieselbe Energie – oder auch dieselbe Temperatur – aufweisen. Dies wird “thermisches Gleichgewicht” genannt. Im Weltall herrscht allerdings fast ein ideales Vakuum vor, also ein sehr teilchenarmer Raum. Dass dort Teilchen aneinanderstoßen, um Energie auszugleichen, passiert aufgrund der geringen Dichte relativ selten. Das Weltall ist von einem thermischen Gleichgewicht Lichtjahre entfernt. Könnte man nun rein plakativ sagen: dort, wo nichts ist, kann sich auch nichts erwärmen und demnach liegt die Temperatur im All beim absoluten Nullpunkt?
Moment! Das sind zwei Paar Schuhe! Erstens, “dort, wo nichts ist, kann sich nichts erwärmen” ist nicht GANZ richtig. Die Teilchen, die durchs Weltall fliegen, wie zum Beispiel die Teilchen des Sonnenwindes, haben tatsächlich die Temperatur der Sonnenoberfläche, also mehrere Millionen Grad, denn sie besitzen deren Energie. Aber die Teilchen sind in solch geringer Anzahl vorhanden, dass sie kaum ein anderes Teilchen treffen, um mit diesem Energie auszugleichen. Zudem sind sie so klein, dass sie beim Aufprall auf ein größeres Objekt (wie Weltraumschrott) kaum eine Erhöhung dessen Temperatur zur Folge hätten.
Zweitens liegt die Temperatur des Weltalls nicht beim absoluten Nullpunkt. Der absolute Temperaturnullpunkt ist jene Temperatur, bei der sich kein Teilchen mehr bewegen würde. Diese Temperatur beträgt minus 273,15 Grad Celsius oder auch 0 Kelvin (internationale Standardeinheit für Temperatur). Allerdings fand der deutsche Physiker Walther Nernst heraus, dass der absolute Nullpunkt nicht erreichbar und auch nicht messbar ist.
Aber welche Temperatur hat denn nun das Weltall? Als der Urknall stattfand, herrschte eine immens hohe Temperatur. Doch durch die Expansion des Universums verringerte sie sich nach und nach. Wissenschaftler können diese noch aus der Zeit “kurz” nach dem Urknall stammende Mikrowellen-Hintergrundstrahlung messen und über deren Energie auf die Temperatur schließen. So fanden sie heraus, dass die Temperatur im Weltraum – zumindest abseits von Gestirnen – circa minus 270 Grad Celsius beträgt.
Vielleicht hilft Ihnen diese Erklärung nun auch weiter, wenn Sie mal von Ihrem Nachwuchs gelöchert werden! Falls Sie auch ungeklärte Kinderfragen haben, schicken Sie uns diese doch! Daraus lässt sich bei Gelegenheit bestimmt wieder ein Thema des Tages machen.
Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.11.2021
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