Die Trägheit im Frühling
Die Tage werden wieder länger, die Kraft der Sonne nimmt stetig zu und mit unserer Laune geht es nach den kalten Wintertagen ebenfalls wieder steil bergauf. Dann schlägt sie wieder zu, die Frühjahrsmüdigkeit.
Nach den kalten und grauen Wintertagen freuten sich sicherlich viele über die Sonne und Wärme der vergangenen beiden Wochen. Wie in jedem Jahr steigt dann die Vorfreude auf den Frühling, wenn die Natur aus ihrem Winterschlaf erwacht und wieder zu Hochleistungen aufläuft. Bis Ende April kehren dann Abermillionen Zugvögel zurück in unsere Breiten, die balzenden Herren der Schöpfung stimmen ein herrliches Konzert im heimischen Garten oder im öffentlichen Park an und die Winterschläfer „kriechen ebenfalls aus ihren Federn“. Vielleicht nicht alle: Der Siebenschläfer kann da nur müde lächeln und dreht sich bis Mai, teilweise sogar bis in den Juni lieber noch einmal in seiner Erdhöhle um.
Auch wenn die Natur im Frühling bunter wird und sich unser Gemütszustand mit jedem weiteren wärmenden Sonnenstrahl bessert, so spüren viele statt eines Energieschubs eher die große Frühjahrsmüdigkeit. Dann würde man sich lieber wieder zurück auf die Couch kuscheln, ist etwas wetterfühliger als sonst oder leidet unter Stimmungsschwankungen. In Einzelfällen können die Symptome auch stärker ausfallen. Tagsüber macht sich dann eine intensive Schläfrigkeit breit, in den Nächten treten Schlafstörungen auf. Weiterhin sorgen Kopfschmerzen, Gereiztheit, Konzentrationsschwächen oder sogar Kreislaufprobleme für Unmut.
Die Frühjahrsmüdigkeit ist weit verbreitet. Häufig trifft es besonders Wetterfühlige, Ältere oder Menschen mit einem niedrigeren Blutdruck. Auch Frauen spüren das Phänomen gewöhnlich häufiger als Männer. Es gibt jedoch nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen dazu, weshalb die genauen Ursachen noch nicht hinreichend bekannt sind. Darüber hinaus sehen die Wissenschaftler auch gar keine Möglichkeit, die Frühjahrsmüdigkeit zu messen.
Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Krankheit, sondern vielmehr um eine durch Jahreszeiten- bzw. Klimawechsel hervorgerufene Erscheinung. Evolutionsbedingt läuft unser Körper im Winter auf Sparmodus, aufgrund der kürzeren Tage schlafen viele im Durchschnitt etwas länger und unser Hormonhaushalt stellt sich quasi auf „Winterschlaf“ ein. Wenn sich im Frühjahr dann die Temperatur erhöht, weiten sich unsere Blutgefäße und der Blutdruck fällt ab, was zu Müdigkeit oder Kreislaufproblemen führen kann. Zudem stellt auch unser Hormonhaushalt auf „Aufwachen“ um. Aufgrund der zunehmenden Lichtintensität und der längeren Tage wird das stimmungsaufhellende Hormon Serotonin verstärkt ausgeschüttet, gleichzeitig wird die Produktion des „Schlafhormons“ Melatonin gedrosselt. Unser Hormonhaushalt gerät also kurzzeitig durcheinander, was ebenfalls ermüdend auf unseren Körper wirkt.
Wenngleich die genauen Ursachen noch nicht vollständig bekannt sind, so kann man doch die Symptome der Frühjahrsmüdigkeit bekämpfen. Bewegung an der frischen Luft und Sport kurbeln den Kreislauf an. Das Tageslicht spielt dabei eine wichtige Rolle, denn es fungiert als eine Art „biologischer Wecker“. Wem das nicht reicht, der bringt das eigene Blut zusätzlich mit Wechselduschen oder einem Saunabesuch ins Wallen. Außerdem raten Experten auf ausreichende Flüssigkeitsausnahme und frische, nährstoffreiche Kost mit viel Obst, Gemüse, Getreideprodukten sowie Hülsenfrüchten zu achten.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 01.03.2021
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst