Eine Tiefdruckzone im Hochdruck-Sandwich bringt nasskaltes Wetter! Zum kommenden Wochenende viel Spannung in der Wetterküche.
Die Wetterlage in Europa und auf dem Atlantik ist derzeit sehr träge und bringt nur zögerlich Veränderungen hervor. Dabei wird die Tiefdruckzone um die Tiefs ANNIKA zwischen Spitzbergen und Norwegen und ZORA über Ostdeutschland von der mächtigen ILJA sowie dem Grönlandhoch in die Zange genommen. Gewisse Freiheiten genießen allenfalls die Tiefs über Südwesteuropa und dem Atlantik, die dort meist ohne größeren Zwänge umherwirbeln können. In höheren Luftschichten sieht die Luftdruckverteilung vergleichbar aus, wenngleich das Hoch ILJA dort etwas schwächer daherkommt und sich das Tief ANNIKA dagegen stärker aufplustert. Dabei gibt es sowohl aus bodennaher Perspektive als auch unter Berücksichtigung von Prozessen in der Höhe ausreichend Hebungsantrieb für die Niederschlagsbildung. Allerdings ist die räumliche Einordnung potentieller Niederschlagsfelder sowie der Phase im Vorhersageverlauf schwierig abzusehen, da die Wettermodelle bei kleinräumigen Abweichungen im Luftdruckfeld teilweise zu verschiedenen Lösungen gelangen.
Bodennah kann sich insgesamt eine westliche bis nordwestliche Strömung durchsetzen, mit der wiederholt meist schwache Tiefausläufer von der Nordsee und den Britischen Inseln übergreifen. Resultierend kann sich landesweit eine nasskalte Witterung einnisten. Demnach dominieren am Himmel die Wolken, die gebietsweise Regen oder Schneeregen, vor allem im Bergland auch Schnee bringen. Am heutigen Montag fällt vor allem in der nördlichen Mitte, den westlichen Mittelgebirgen sowie später auch im Nordwesten Schnee oder Schneeregen mit entsprechenden Warnungen und Gefahrenhinweisen. Der Dienstag bleibt auch unbeständig mit Niederschlägen, die vor allem im Bergland als Schnee niedergehen. Einzig der Mittwoch könnte regional ein kleiner Lichtblick werden, indem das Grönlandhoch einen Ableger über die Britischen Inseln hinweg bis in den Süden Deutschlands schickt und das Wetter somit beruhigt.
Zur zweiten Wochenhälfte scheint sich der tiefe Luftdruck über Skandinavien mit Unterstützung eines mächtigen Tiefs westlich Iberischen Halbinsel zu stärken und seinen Einflussbereich auf die die Britischen Inseln auszuweiten. Während das Hoch ILJA über Osteuropa und Russland standhaft ist, muss das Grönlandhoch zurückweichen. Mit Spannung wird dann erwartet, wie sich das mächtige Tief über Südwesteuropa verhält. Nach derzeitigen Berechnungen der Wettermodelle soll dieses langsam von der Iberischen Halbinsel über den nördlichen Mittelmeerraum bis nach Polen ziehen und vorderseitig sehr milde Mittelmeerluft nach Norden schieben. Gleichermaßen wirbelt dann ab Donnerstag ein Tief über der Nordsee, welches Polarluft nach Mitteleuropa schickt, sodass sich hierzulande eine markante Luftmassengrenze einstellen würde. Resultierend wären kräftige Niederschläge im Programm, die auf der Nordseite der Luftmassengrenze als Schnee fallen. Derzeit zeigen die Modelle die teils kräftigen Niederschläge verschiedener Phasen im Süden und Südosten Deutschlands sowie im Alpenraum. Aber da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Aufgrund teils erheblicher Unsicherheiten kann in der Wetterküche noch einiges passieren.
Wie schon häufig im Thema des Tages beschrieben, beschreiben Hoch- und Tiefdruckgebiete die sogenannte Wetterlage, sind für Strömungsmuster verantwortlich und bilden sich bevorzugt entlang der sogenannten „Polarfront“ (vgl. Wetterlexikon DWD). Diese Luftmassengrenze ist oft wellenförmig deformierte und steuert die Hoch- und Tiefdruckgebiete und könnte am kommenden Wochenende wie geschrieben für viel Spannung sorgen.
Diese Luftdruckverteilungen bzw. Zirkulationsmuster oder Wetterlagen der Atmosphäre werden auf der Nordhalbkugel durch diverse Indizes beurteilt und anschließend mit der Witterung in Verbindung gebracht. Um das Wettergeschehen über Europa zu erklären, wird der sogenannte „NAO-Index (North-Atlantic-Oscillation-Index)“ betrachtet (vgl. Wetterlexikon DWD). Die Nordatlantische Oszillation beschreibt den Druckunterschied zwischen dem Islandtief (Reykjavik) und dem Azorenhoch (Ponta Delgada) auf dem Atlantik. Je nachdem, ob die Differenz positiv oder negativ ist, lassen sich Aussagen über die Stärke der Westwinddrift, also der westlichen Strömung über dem Ostatlantik, machen. Die zeitliche Variabilität wird dabei üblicherweise durch den NAO-Index abgebildet.
Ist der Luftdruckgegensatz zwischen dem Azorenhoch im Süden und dem Islandtief im Norden durch einen sehr tiefen Druck über Island und einen sehr hohen Druck über den Azoren größer als im Mittel, so spricht man von einem positiven NAO-Index. In diesem Fall kann sich etwa zwischen 40° und 60° nördliche Breite eine starke westliche Strömung ausbilden, die im Winterhalbjahr häufig mit Winterstürmen einhergeht.
Bei einem negativen NAO-Index ist der Druckgegensatz zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch deutlich abgeschwächt. Teilweise drehen sich die Druckgebilde sogar um, sodass sich über Island ein Hochdruckgebiet und über den Azoren ein Tief befindet. Dadurch können sich wie auch derzeit zu beobachten blockierende Wetterlagen durchsetzen. Dabei bilden sich im Winter oftmals Hochdruckgebiete über Westeuropa, die dazu führen, dass aus Norden kalte Luft nach Mitteleuropa einfließen kann. Allerdings können die Westströmung blockierenden Hochs auch weiter östlich auftreten. In diesen Fällen würden dann auf der Westseite eher milde Luftmassen aus dem Mittelmeerraum nach Norden gelangen.
Ein Blick auf den NAO-Index zeigt seit dem Monatswechsel ein starkes Abfallen auf signifikant negative Werte. Damit bildet sich das aktuelle Luftdruckmuster mit hohem Luftdruck bei Island in den Index deutlich ab. Betrachtet man den Trend, so soll sich der Index zwar wieder erholen, jedoch über die Monatshälfte hinweg wohl im negativen Bereich verbleiben.
Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.12.2022
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