Entwickelt sich KRATHON vor Taiwan zu einem Super-Taifun?
Nachdem HELENE am vergangenen Donnerstag als Kategorie 4 Hurrikan auf Nordwestflorida traf und in der Gegend teils für schwere Zerstörungen gesorgt hat, lohnt sich nun der Blick in den Nordwestpazifik. Dort bildete sich KRATHON am gestrigen Samstag zu einem tropischen Wirbelsturm aus. Aktuell befindet sich der Sturm nordöstlich der Insel Luzon und versorgt die Nordostküste mit kräftigen Regenfällen und schweren Sturmböen. KRATHON wird sich in den nächsten Stunden weiter verstärken. Allerdings bestehen diesbezüglich noch einige Modellunsicherheiten.
Die Bedingungen für eine deutliche Intensivierung sind gegeben. Die Wassertemperaturen liegen südlich von Taiwan verbreitet bei Werten zwischen 28 und 30 Grad. Auch die vertikale ist relativ gering. Allerdings befindet sich vor allem westlich des Taifuns eine recht trockene Schicht, welche eine stärkere Intensivierung hemmen könnte. So nehmen die Unsicherheiten bereits ab der Nacht zu Montag in den Modellen deutlich zu.
Aktuell strukturiert sich KRATHON zu einem ausgewachsenen Taifun mit charakteristischem Auge. Zudem ist der Luftdruck im Kern des Taifuns deutlich gefallen. Im weiteren Verlauf wird er sich unter weiterer Intensivierung vorerst nordwestlich in Richtung Südostchina verlagern, bevor er bedingt durch ein kräftiges Hochdruckgebiet über dem asiatischen Kontinent und der in nordöstliche Richtung abgelenkt wird. Kurz vor Taiwan erreicht KRATHON voraussichtlich seine höchste Intensität. Die wahrscheinlichste Lösung ist momentan, dass er als starker Taifun der Kategorie 3 oder 4 im Süden von Taiwan an Land geht. Dabei treten Windböen um 220 Kilometer pro Stunde auf. Das entspricht in etwa der Größenordnung von Hurrikan HELENE bei ihrem Landfall in Nordwestflorida vergangene Woche. Allerdings ist auch nicht ganz ausgeschlossen, dass sich der Sturm kurzzeitig zu einem Super-Taifun der Kategorie 5 mit Windgeschwindigkeiten von rund 260 Kilometer pro Stunde entwickeln kann.
Wo genau der Taifun an Land geht oder ob er knapp östlich von Taiwan vorbeizieht ist noch recht unsicher. Allerdings wird mittlerweile die westlichere Zugbahn favorisiert, sodass er wahrscheinlich im Südwesten nahe der Millionenstadt Kaoshiung mit extremen Orkanböen um 200 Kilometer pro Stunde an Land geht. Neben dem Wind wird auch langanhaltender Starkregen für weite Teile der Insel erwartet. Niederschlagsmengen von 200 bis 500 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden sind durchaus möglich. Im Bergland der Insel werden sogar stellenweise Mengen um oder sogar über 1000 Liter pro Quadratmeter in 2 bis 3 Tagen erwartet. Dies ist nahezu die doppelte Jahresniederschlagsmenge von Berlin! Deshalb muss dort mit großräumigen Überschwemmungen, Erdrutschen und Beeinträchtigungen in der Infrastruktur gerechnet werden.
Intensive Regenfälle sind in Taiwan jedoch keine Seltenheit. Erst im Juli sorgte Taifun GAEMI für sintflutartige Niederschläge. Damals sind innerhalb von 24 Stunden an vielen Stationen über 500 Liter pro Quadratmeter zusammengekommen. Eine Wetterstation in Taipingshan im Bergland des County Yilan meldete sogar eine Niederschlagsmenge von 943 Liter pro Quadratmeter innerhalb von nur 22 Stunden! Dabei handelt es sich um eine exponierte Staulage auf etwa 2000 Meter Höhe über dem Meeresspiegel. Taifun KRATHON wird voraussichtlich nicht ganz so hohe Niederschlagsraten wie GAEMI mit sich bringen. Im Gegensatz zu GAEMI verlagert sich der kommende Taifun von Süd nach Nord bis Nordost. Deshalb sind die exponierten Staulagen an der östlichen Pazifikküste diesmal nicht ganz so stark betroffen. KRATHON könnte jedoch an der wesentlich dichter besiedelten Westküste der Insel für höhere Niederschlagssummen und deutlich stärkere Winde und somit auch dort für erhebliche Verwüstungen sorgen.
Auf seinem Weg nach Norden wird sich der Sturm dann aufgrund von Reibungseffekten über Land und einer zunehmenden Windscherung abschwächen. Mit intensiven Regenfällen ist aber dann auch auf dem nördlichen Teil der Insel einschließlich der Hauptstadt Taipeh zu rechnen!
M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.09.2024
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