Es fehlt an Regen – auch weiterhin
Die Trockenheit in vielen Regionen Europas nimmt medial inzwischen einen breiten Raum ein – und das völlig zurecht. Vom Süden Skandinaviens bis zum Mittelmeer, von der Atlantikküste bis zum Schwarzen Meer – in diesem riesigen Bereich ist im Frühjahr 2022 zum Teil noch nicht einmal die Hälfte des Niederschlages gefallen, den man im vieljährigen Mittel erwartet. Und da liegt Deutschland natürlich mittendrin.
Betrachtet man die im Gesamtjahr bisher gefallenen Niederschläge, prozentual im Verhältnis zum vieljährigen Mittel, so sieht die Situation insgesamt weniger dramatisch aus. Dies liegt aber vor allem an teils üppigen Winterniederschlägen, die das Ergebnis stark prägen. Und trotz dieser Winterniederschläge sind im Schwarzwald, aber auch in einem Dreieck vom Westerzgebirge / der Oberpfalz bis nach Osthessen und ins südliche Niedersachsen bisher nur gut die Hälfte des sonst im Mittel beobachteten Niederschlages zusammengekommen.
Der Vergleich mit den Vorjahren ist für Statistiker immer wieder ein interessantes Betätigungsfeld. Er lässt aber eine sehr profane, für viele dennoch drängende Frage außer Acht: Wieviel Regen ist denn in den kommenden Tagen zu erwarten. Nicht nur für Landwirte und Hobbygärtner ist dieser Blick in die Zukunft ein sehr wesentlicher.
In der beigefügten Grafik sind für das Vorhersagemodell ICON des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sowie für das Modell IFS des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage (EZMWF) die akkumulierten Niederschlagssummen bis in die Nacht zum Dienstag abgebildet (jeweils die Modellläufe aus der vergangenen Nacht mit Start am heutigen 9.7. um 02 Uhr MESZ).
Dabei zeigen sich in dem betrachteten Vorhersagefenster von 96 Stunden bemerkenswerte Unterschiede. Das links dargestellte DWD-Modell sagt für die – grob gesprochen – gesamte Westhälfte keinen Regen voraus. In den übrigen Gebieten sollen es aufsummiert und in der Fläche um 3 l/qm werden. Wer genau hinschaut erkennt im Berchtesgadener Land und am Stettiner Haff kleine Regionen mit über 5 l/qm – und das war es dann. Dabei soll der Regen praktisch ausschließlich am Wochenende fallen. Die kommende Woche beginnt dann laut ICON schon trocken, und soll auch im weiteren Verlauf keinen Niederschlag mehr bringen.
Das Modell des EZMWF ist dagegen deutlich “nasser”. Das gilt zum einen für die Fläche, denn es soll lediglich von der Pfalz und der Saar bis zum Hochrhein trocken bleiben. Zum zweiten gilt dies auch für die Regenmengen. Mit erwarteten ca. 15 l/qm im Stau des Westerzgebirges produzieren die europäischen Kollegen dort mehr Regen als das DWD-Modell in der Spitze im äußersten Südosten. Deutlich auch die Differenzen im Sauerland (zehn zu null) oder im Stau des Harzes (fünfzehn zu eins, um dies hier mal im Stile eines Sportreporters zu kommentieren). Zum dritten und letzten gilt dies auch für die Andauer der Niederschläge, denn bei IFS soll auch am Montag noch ein Beitrag zur Niederschlagssumme geleistet werden – im Gegensatz zu den ICON-Modellierungen.
Die Auswahl von ICON und IFS für die Grafik ist dabei nicht willkürlich. Vielmehr stellen die skizzierten Modelllösungen in etwa das Minimum (ICON) bzw. Maximum (IFS) der vom “Modellzoo” erwarteten Niederschläge dar. Insofern kann eines der Modelle recht haben – oder es kommt am Ende “irgendwas dazwischen”. Unabhängig vom Ausgang des “Wettlaufs” um die beste Prognose ist aber klar, dass selbst die höheren IFS-Niederschläge nicht reichen, um das bisherige Niederschlagsdefizit auszugleichen.
Viele der o. e. Landwirte und Hobbygärtner dürften ihre Hoffnungen trotzdem auf das EZMWF-Modell legen. Dies gilt umso mehr, als sich der “Modellzoo” ab dem Dienstag wieder einig ist. Bis zum Freitag (und darüber hinaus) bleibt es in Deutschland weitestgehend trocken.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 09.07.2022
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