High over low: Wenn die Druckverhältnisse Kopf stehen

“High over low” heißt die Wetterlage, die derzeit in Europa vorherrscht: Dabei hat sich über dem Nordmeer mit Zentrum über Island – nein, nicht wie sonst häufig ein Tiefdruckgebiet, sondern – ein umfangreiches Hoch (“High”) namens SPIRO etabliert. Über Süd-/Südwesteuropa herrscht mit THALKE und SIMONE hingegen tiefer Luftdruck (“Low”). Deutschland liegt genau zwischen diesen Druckgebilden in einer östlichen Strömung, mit der vor allem in die Nordhälfte des Landes recht trockene Festlandsluft aus Osteuropa gelangt.

Trockene Luft ist gemeinhin die Spaßbremse für Schauer und Gewitter, sodass Gewitterfans am heutigen Samstag eher schlechte Karten haben. Eine Ausnahme gibt es jedoch: In die Regionen Deutschlands, die dem Tief THALKE über Südfrankreich am nächsten sind (sprich Süddeutschland), gelangt feuchtere Luft. Etwa vom Schwarzwald bis zum Alpenrand besteht also die Chance, dass die ein oder andere Cumulonimbuswolke (=Gewitterwolke)am Nachmittag und Abend in die Höhe schießen kann.

Im großen Rest des Landes schießen weniger hochreichende Exemplare aufwärts – im Norden und Osten bei viel Sonne wenn überhaupt ein paar flache Schönwetter-Cumuli. Die Temperaturspanne ist dabei wie auch schon in den vergangenen Tagen beträchtlich: Während man an der Ostseeküste bei auflandigem Wind nur mit ach und krach über die 10-Grad-Marke kommt, klettert das Thermometer am Niederrhein auf bis zu 20 °C.

Am Sonntag rückt uns das französische Tief THALKE (pünktlich zur dortigen Präsidentschaftswahl) auf die Pelle. Das bewirkt zum einen, dass sich über dem Alpenraum der Gradient verschärft (zwischen Bozen und Innsbruck stellt sich eine Druckdifferenz von 7 hPa ein, zwischen Lugano und Zürich sogar von knapp 10 hPa), was in der Nacht zum Sonntag den Föhn aufleben lässt.

Zum anderen kommt die etwas feuchtere Luft nun Richtung Mitte des Landes voran. Wettertechnisch resultiert das in einer Dreiteilung am Sonntag: Im Norden und der nördlichen Mitte (von NRW bis in den Berliner Raum und nördlich davon) steht bei einem Mix aus Sonne und Wolken dem Sonntagsausflug zumindest mit Blick aufs Wetter nichts entgegen. Im Süden (südlich der Donau) sollte bei Schauern und Gewittern doch besser ein regelmäßiger Blick auf die Radarapp erfolgen. Und dazwischen erstreckt sich ein Streifen über der südlichen Mitte (etwa vom Saarland bis nach Nordbayern und Sachsen), in der zwar der Sonntagsausflug vielleicht ganz ins Wasser fällt, dafür aber die Regentonnen durch länger anhaltenden Regen zumindest oftmals zufriedenstellend gefüllt werden dürften. Die Temperaturen liegen zwischen 11 Grad im regnerischen Dauergrau und 18 Grad am sonnigen Niederrhein.

Montag und Dienstag verlaufen dann unter dem Label “unbeständig”, denn der Tiefdruckeinfluss gewinnt mit Wolken, Regen, Schauern und einzelnen Gewittern die Überhand. Ausgenommen ist Norddeutschland – liegt es an der norddeutschen Unaufgeregtheit, die sich aufs Wetter überträgt oder doch an der Nähe zum Island-/Grönland-Hoch? – auf jeden Fall sind dort keine Wetterkapriolen und die längsten Sonnenanteile zu erwarten. Bei 12 bis 17 Grad startet die letzte Aprilwoche gebietsweise recht frisch.

Ab Mittwoch geht’s mit den Höchstwerten dann aber langsam wieder aufwärts und auch die Sonnenanteile nehmen landesweit wieder zu, während sich die Wachstumsraten in den Regentonnen im Sturzflug der Null-Linie nähern.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 23.04.2022

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