Im Zeichen des Spätsommers
Auch dem Norden stehen in den kommenden Tagen sonnige und warme Zeiten bevor. Regen ist vorerst – mal wieder – Mangelware.
Die Zeichen des Herbstes sind bereits unverkennbar. Teils sehr frische, da einstellige Temperaturen in den Morgenstunden, lokale Nebelfelder in den Flussniederungen, Tau auf Dächern, Wiesen und Autoscheiben. Die Nächte werden länger und die Tage kürzer. Bereits in knapp zwei Wochen, am 22. September, ist die Tag- und Nacht-Gleiche (Äquinoktium) erreicht, an dem sich Tageslicht und nächtliche Dunkelheit etwa zu gleichen Anteilen – sprich zu circa 12 Stunden – auf den gesamten Tag verteilen.
Das schließt eine spätsommerliche Witterung natürlich nicht aus, wie es sich in den kommenden Tagen gemäß der neuesten Modellberechnungen immer weiter verfestigt. Am morgigen Donnerstag müssen wir uns da noch etwas gedulden, da die Ausläufer des Tiefs QUINTA auch im Süden vorübergehend für kompakte Bewölkung, aber keine nennenswerten Niederschläge sorgen. Die Temperaturen bleiben im Vergleich zu den Vortagen relativ konstant bei 17 bis 20 Grad im Norden und 20 bis 25 Grad im Süden. Nur zur Einordnung: Das sind derzeit vollkommen jahreszeitentypische Temperaturen.
Doch dann kommt Hoch KEVIN, das sich lehrbuchmäßig vom Azorenhoch abschnürt und über Mitteleuropa einnistet. In Küstennähe ist der Wettercharakter zwar immer noch nicht ganz “astrein”, da zeitweise schwache Streifschüsse einzelner Tiefausläufer von Skandinavien aus zu erwarten sind, aber die ganz großen Gegensätze – manche würden auch sagen Ungerechtigkeiten – werden tendenziell abgebaut. So setzt sich auch im Norden immer häufiger die Sonne durch und die Temperaturen steigen bis zum Wochenende auch an der See auf über 20 Grad an. Im Süden wird örtlich gar die 30 Grad Marke ins Visier genommen.
Die Chance, dass 30 Grad spätestens zu Beginn der kommenden Woche nochmals überschritten werden, ist hoch. Der Hochschwerpunkt verschiebt sich langsam Richtung Polen, womit über Deutschland eine Südströmung einsetzt. Aus Frankreich, Italien und dem westlichen Mittelmeerraum gelangt damit ein Schwall subtropischer Warmluft zu uns, die durch die Überströmung der Alpen zudem sehr trocken daherkommt. Das bedeutet für weite Teile des Landes Sonne satt bei 25 bis 31 Grad. Rekordverdächtig? Mitnichten! Ein kurzer Blick auf die Statistik verrät, dass Mitte September sogar 35 Grad (wie z.B. 1947 in Hamburg) schon geknackt wurden. Die zu erwartenden Höchstwerte um 30 Grad wurden im Südwesten Deutschlands 1985 sogar noch am 03. und 04. Oktober überschritten, da wären also noch gut drei Wochen “Luft”. Seine Hand dafür ins Feuer legen, dass es in diesem Jahr nicht wieder so kommt, würde derzeit aber wohl niemand von uns…
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 09.09.2020