Inversion

Wer sich die Temperatur heute Morgen auf der Deutschlandkarte angeguckt hat, stellt sich jetzt vielleicht folgende Frage: Warum war es heute Morgen auf den Bergen wärmer als in den Tälern?

Auf dem Kahlen Asten (NRW) betrug die Temperatur heute Morgen 13 Grad. Nur wenige Kilometer entfernt und etwa 500 m tiefer herrschten in Eslohe und Lennestadt (beide NRW) gerade einmal +1 Grad. Auf der Ostseite des Rothaargebirges gab es in Gilserberg-Moischeid (Hessen) nur 0 Grad. Doch warum ist das so? Der Effekt lässt sich der Inversionslage zuschreiben. Das Wort „Inversion“ leitet sich vom lateinischen inversio ab, was „Umkehr“ bedeutet. In Bezug auf unsere Temperatur bedeutet das, dass sie mit der Höhe zu- statt abnimmt. Es gibt verschiedene Arten von Inversionen: die Boden- oder Strahlungsinversion, die Absinkinversion und die Aufgleitinversion.

Die Boden- oder Strahlungsinversion ist die häufigste Inversionsart. Sie entsteht meistens in klaren Herbst- oder Winternächten. Der Boden strahlt Wärme (Infrarot-Strahlung) ins All ab. Gibt es keine Wolkendecke, die die Abstrahlung blockiert, so kühlen die Erdoberfläche und mit ihr die bodennahen Luftschichten in der Nacht stark aus. Da kalte Luft schwerer ist als warme (wegen der unterschiedlichen Dichte), bleibt sie am Boden liegen. Die darüber liegende Luftschicht kühlt weniger stark aus und es entsteht eine schwache Sperrschicht (Inversion), die den Austausch und die Durchmischung der beiden Luftschichten unterbindet. Somit können die bodennahen Luftschichten weiter auskühlen und die Inversion verstärkt sich. Dies funktioniert umso besser, je schwächer der Wind ist. Im Winterhalbjahr reicht die Sonnenstrahlung oft nicht aus, um die kalten bodennahen Luftschichten vollständig zu erwärmen, wodurch die Bodeninversion nicht selten auch tagsüber erhalten bleibt.

Die Absinkinversion lässt sich in Hochdruckgebieten finden. In ihnen sinken Luftschichten großflächig von höheren Schichten in tiefere ab. Dabei steigt der Luftdruck, die Luft wird zusammengedrückt und erwärmt sich. Die Temperatur eines Luftpaketes wird umso höher, je weiter es absinkt. So erwärmen sich Luftpakete, die aus niedrigen Atmosphärenschichten absinken, weniger stark als Luftpakete, die aus der oberen Atmosphäre kommen. Dadurch verändert sich die Temperaturschichtung mit der Höhe. Besonders im Winter bildet sich dann oft ein scharfer Temperaturgradient mit warmer und sehr trockener Luft in der Höhe und kühlerer feuchterer Luft am Boden.

Bei der Aufgleitinversion wird in höheren Luftschichten warme Luft herangeführt, die auf eine kalte, schwerere bodennahe Luftschicht aufgleitet. Dies ist häufig bei winterlichen Warmfronten der Fall. Nicht selten entsteht in der höhenwarmen Schicht Regen, der dann in die darunterliegende Kaltluftschicht fällt. Liegt die Temperatur der bodennahen Kaltluftschicht unter 0 °C, so führt dies zu Glatteis. Durch Inversionen wird der vertikale Luftaustausch unterbunden. Feuchtigkeit und Abgase sammeln sich unter der Inversionsschicht in der bodennahen Kaltluft. Häufig bildet sich an der Grenze zur Warmluftschicht dichter Nebel, aus dem die Berge wie Inseln herausschauen.

Bei unserer heute beobachteten nächtlichen Inversion handelt es sich um den häufigsten Fall: die Bodeninversion. Man sieht diese sehr schön am Vertikalprofil der Temperatur. Im Profil von Düsseldorf stieg die Temperatur heute Morgen von 12 Grad am Boden (ca. 45 m) bis auf etwa 17,7 Grad in 960 hPa (ca. 510 m) an. Oberhalb davon nahm die Temperatur wieder kontinuierlich ab. Ähnliches lässt sich an anderen Vertikalprofilen beobachten. Tagsüber wird die starke Sonneneinstrahlung die Inversion abbauen, in der kommenden Nacht kann sie sich aber wieder regenerieren.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 31.03.2021

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