Kaltfronten ohne “Schmackes”
Eine Kaltfront hat in der vergangenen Nacht zum Donnerstag weite Teile Deutschlands südostwärts überquert. Falls Sie davon nichts mitbekommen haben, mag das nicht nur an der Tageszeit gelegen haben, sondern auch daran, dass an der Kaltfront selbst kaum etwas passiert ist, also kaum “Wetter” stattgefunden hat. In den kommenden Tagen wiederholt sich dieses “Schauspiel”, wenn sich weitere Kaltfronten nordeuropäischer Tiefs auf den Weg nach Mitteleuropa machen, dort aber kaum etwas gegen das eher ruhige Herbstwetter auszurichten vermögen.
Fronten sind als Ausläufer von Tiefdruckgebieten eigentlich ein Garant für unbeständiges, mitunter recht turbulentes Wettergeschehen. Sie sind gekennzeichnet durch eine schmale Grenzzone zwischen Luftmassen, die sich hinsichtlich Temperatur und Luftfeuchte unterscheiden. An der in mittleren Breiten wirksamen Polarfront beispielsweise trifft die polare Kalt- auf die subtropische Warmluft. Da warme Luft leichter ist als kalte, ist der Luftdruck in der Warmluft geringer. Die horizontalen Temperaturunterschiede führen also zu horizontalen Luftdruckunterschieden, die durch Luftbewegungen quer zur Front ausgeglichen werden: Diese sogenannte “Querzirkulation” ist gekennzeichnet durch ein Aufsteigen und Aufgleiten der Warmluft über die Kaltluft. Dabei kommt es zu Kondensation, also Tröpfchen- und Wolkenbildung. Wenn die Bewölkung mächtig genug ist, beginnt es zu regnen. In erster Näherung gilt, je größer die Temperaturunterschiede, desto stärker fällt die Querzirkulation aus und desto heftiger sind die Wettererscheinungen.
Die Querzirkulation kann allerdings zusätzlich von großräumigeren auf- und absteigenden Luftbewegungen überlagert werden, die im Fachjargon auch als Hebung und Absinken bezeichnet werden. Entscheidend dafür sind die Luftdruckverhältnisse in der Höhe. Vorderseitig tiefen Luftdrucks, auch Trog genannt, ist Hebung wirksam, die die Wetteraktivität an der Front verstärkt. Vorderseitig hohen Luftdruckes, auch Rücken genannt, wirkt Absinken dem Aufgleiten der Warmluft und somit den wolken- und niederschlagsbildenden Prozessen entgegen.
Großräumiges Absinken manifestiert sich in Hochdruckeinfluss im Bodenniveau. Die Bodenanalyse vom Donnerstagvormittag (11 Uhr MESZ) zeigt die eingangs erwähnte Kaltfront diagonal über dem Süden Deutschlands. Dort stieß sie allerdings in einen Azorenhochkiel vor, der das großräumige Absinken in den Bereich markiert. Deswegen fiel die Kaltfront durch ein Wolkenband und ein Temperaturrückgang auf, nicht aber durch nennenswerten Regen
Auch am Samstag und am Montag erwarten wir Kaltfrontpassagen. Zwar bleibt das großräumig überlagerte Absinken dann aus oder fällt schwächer aus, nennenswerte Hebung ist aber auch kaum im Spiel, sodass, von meist nur leichten Regenfällen abgesehen, zumindest an der Front wieder nicht viel passieren wird und im Großen und Ganzen das ruhige Herbstwetter die Oberhand behält.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.10.2022
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