Kleine Synoptikkunde (8) – Die Geschichte von der Schichtung
Kleine Synoptikkunde (8) – Die Geschichte von der Schichtung
Wer von Ihnen schon mal auf einen höheren Berg gestiegen ist, kennt das: Da oben kann es ziemlich kalt werden. Doch warum ist das eigentlich so? Nun, dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Der erste ist die Schwerkraft der Erde. Auch die Atmosphäre der Erde unterliegt der Schwerkraft und sorgt dafür, dass der Luftdruck abnimmt, je höher man sich über der Erdoberfläche befindet. Dabei nimmt der Luftdruck mit der Höhe nicht etwa linear, sondern exponentiell, das heißt immer schneller, ab. Wer genauer wissen will, warum das so ist, dem sei einmal die Recherche nach der sogenannten “Hydrostatischen Grundgleichung” nahegelegt.
Zweitens sind Luftdruck, Dichte und Temperatur über die sogenannten “Allgemeinen Gasgleichungen” miteinander verknüpft. Diese beschreiben unter anderem, wie sich die Änderung einer der drei Parameter auf die beiden anderen auswirkt, ohne dass das Gas dabei Wärme mit seiner Umgebung austauscht. Das Stichwort hier lautet “Adiabatische Zustandsänderung”. Kurz gesagt: Verringert man den Druck eines Gases, so sinken auch seine Dichte und seine Temperatur.
Genau das würde passieren, wenn man ein gedachtes Luftpaket aufsteigen ließe. Der Druck, und damit auch die Temperatur würden fallen. Doch um wieviel Grad fällt die Temperatur eigentlich genau? Diese Frage lässt sich mit etwas mathematischer Spielerei unter Hernahme des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik und der hydrostatischen Grundgleichung beantworten. Das klingt jetzt kompliziert, aber am Ende stellt sich heraus, dass genau zwei Faktoren die Temperaturabnahme mit der Höhe bestimmen: Die Schwerebeschleunigung der Erde und die spezifische Wärmekapazität von Luft. Beides sind mehr oder weniger konstante Werte, somit ist auch die Temperaturabnahme mit der Höhe eine Konstante. Sie beträgt nahezu 10 Grad pro Kilometer.
Natürlich hat auch diese Sache mal wieder einen Haken: Diese Werte gelten nur für komplett trockene Luft. Dieser Zustand kommt aber in der Realität nicht vor. Lässt man Luft abkühlen, kondensiert irgendwann der in ihr enthaltene Wasserdampf. Dieser Kondensationsprozess (Wolkenbildung) setzt latente Wärme frei und verringert damit die Temperaturabnahme mit der Höhe. Um wieviel diese genau abnimmt, hängt von der Lufttemperatur selber sowie der Menge an enthaltenem Wasserdampf ab. In unseren Breiten kann man einen durchschnittlichen Wert von 6,5 Grad pro Kilometer annehmen. Diesen Wert nennt man “feuchtadiabatischen Temperaturgradient”.
Doch was hat das ganze nun mit stabiler und labiler Schichtung zu tun? Angenommen, ein Luftpaket ist wärmer als seine Umgebung, steigt auf und kühlt sich ab. Kühlt es sich dabei stärker ab als die umgebende Luft, so wird es beim Aufstieg zunehmend gebremst. Ab einem gewissen Punkt geht es für unser Luftpaket also nicht weiter. Die Schichtung ist stabil. In einem anderen Fall bleibt das Luftpaket wärmer als seine Umgebungsluft. Falls jetzt zum Beispiel auch noch Kondensation einsetzt und es danach feuchtadiabatisch aufsteigt, kühlt es sich beim Aufsteigen auch noch langsamer ab als die Umgebung. Das Luftpaket bleibt also immer wärmer als die Umgebung und erfährt permanent weiteren Auftrieb, der sich nach oben hin auch noch verstärken kann, bis es erst an der Tropopause nicht mehr weitergeht. Die Schichtung hier ist labil. Diese Situation kennt man vor allem im Sommer in Form von Konvektion, die zur Bildung von Schauern und Gewittern führt.
Für den Vorhersagemeteorologen ist es also wichtig zu wissen, ob eine Luftmasse stabil oder labil geschichtet ist. Wenn dazu noch ein Antrieb für Hebung kommt, ist dies immer ein Signal für mögliche konvektive Ereignisse. Im Sommer sind dies die bereits erwähnten Gewitter, aber auch im Winter kann so etwas vorkommen und vor allem über warmen Meeresoberflächen zu Konvektion in Form von kräftigen Schauern und kurzen Gewittern führen.
M. Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 11.01.2021