Laubfärbung und Laubfall
Zwei alte Bauernregeln besagen: „Fällt das Laub zeitig im Garten, ist schöner Herbst und gelinder Winter zu erwarten.“ und „Hängt das Laub bis November hinein, wird der Winter lange sein.“ Was ist an diesen Bauernregeln dran?
Am Samstag sorgt Zwischenhocheinfluss abseits der Nebel- und Hochnebelfelder für sonniges und mildes Wetter. So können wir dort wenigstens einen Hauch von „Goldenem Oktober“ erleben. Der Samstag bietet die beste Gelegenheit, einen Spaziergang in den Wäldern zu unternehmen, um die derzeit prächtige Laubfärbung zu genießen. Es ranken sich viele Mythen um die Laubfärbung und ihren Zusammenhang mit dem kommenden Wetter. So besagen zum Beispiel zwei alte Bauernregeln: „Fällt das Laub zeitig im Garten, ist schöner Herbst und gelinder Winter zu erwarten.“ und „Hängt das Laub bis November hinein, wird der Winter lange sein.“ Doch was ist an diesen Bauernregeln dran?
Dazu soll zunächst einmal erklärt werden, warum die Bäume im Herbst ihr Laub verlieren. Bäume gewinnen ihre Energie aus Sonnenlicht durch Fotosynthese. Dazu benötigen sie Chlorophyll, den grünen Blattfarbstoff. Wegen mangelndem Licht und der zunehmenden Kälte kann die Fotosynthese im Winter nicht stattfinden. Des Weiteren verlieren Laubbäume über ihre Blätter viel Wasser, das im Winter bei gefrorenem Boden durch die Wurzeln nur schwer nachgeliefert werden kann. Deshalb ziehen Laubbäume im Herbst alle Nährstoffe aus den Blättern zurück. Dabei wird das grüne Chlorophyll in den Blättern abgebaut werden. Zurück bleiben gelbe und rote Blattfarbstoffe (Carotinoide und Anthozyane), die langsamer abgebaut. Dadurch entsteht die typisch leuchtend rote und gelbe Färbung der Blätter, wie sie sich derzeit in der Natur überall beobachten lässt. Sind dem Blatt alle Nährstoffe entzogen, wächst eine Trennschicht zwischen Blattstiel und Zweig. Nun genügt ein leichter Windstoß, um das Blatt vom Baum zu trennen.
Durch die Laubfärbung beziehungsweise den Laubfall wird in der Phänologie unter anderem auch der Beginn des Vollherbstes und des Spätherbstes definiert. Die phänologischen Jahreszeiten richten sich nach den für die Jahreszeit charakteristischen Entwicklungsstadien verschiedener mitteleuropäischer Pflanzen. Der Vollherbst beginnt, wenn Rosskastanie, Esche und Rotbuche ihr Laub verfärben. Der Spätherbst beginnt, wenn diese Baumarten ihr Laub verlieren, beziehungsweise die Laubfärbung der Stiel-Eiche beginnt.
Ausgelöst wird dieser Prozess durch die sich verkürzende Tageslänge und die sinkende Temperatur. Nach mehreren kühlen Nächten wird das Chlorophyll entsprechend schneller abgebaut. So richten sich die Blattfärbung und der Laubfall nach dem vorherrschenden Wetter im Herbst anstatt nach der Witterung im kommenden Winter. Deshalb lassen sich auch mit diesen Bauernregeln keine Aussagen über den Verlauf des kommenden Winters treffen. Betrachtet man die Laubfärbung am Beispiel der Stiel-Eiche, so lässt sich feststellen, dass diese dieses Jahr etwa 4 Tagen später eingesetzt hat, als im langjährigen Mittel. Zwar gab es im Oktober immer wieder kühle Phasen, dennoch fehlten bisher längere Perioden mit Nachtfrost, die eine schnellere Laubfärbung begünstigen.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 29.10.2020
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