Rekordverdächtige Septemberhitze?
Spätsommerwetter mit teils über 30 Grad im September – ist das normal oder außergewöhnlich? Dieser Frage geht das heutige Thema des Tages ein wenig auf den Grund.
Das spätsommerliche, teils heiße Wetter hat sich in Deutschland breitgemacht, die Sonne scheint vielerorts von einem blank geputzten oder nur gering bewölkten Himmel. Der Norden ist temperaturtechnisch nicht so sommerlich aufgestellt, das Wetter an sich zeigt sich aber auch dort von seiner freundlichen Seite. Aber sind diese hohe Temperaturen jenseits der 30 Grad-Marke jetzt im September rekordverdächtig?
Am gestrigen Montag wurden mit Ausnahme des äußersten Nordens und des direkten Küstenumfeldes sowie einigen höheren Lagen verbreitet sommerliche Höchstwerte zwischen 25 und 30 Grad erreicht. Immer wieder konnte vor allem in den mittleren Landesteilen (grob gesprochen etwa zwischen Mittellandkanal und Main) sowie im Westen und Südwesten des Landes die 30-Grad-Marke überschritten werden – Spitzenreiter war Kaiserslautern mit 33,6 Grad, gefolgt von Trier mit 33,0 Grad am Petrisberg bzw. 32,8 Grad in Trier-Zewen. Vorbehaltlich der Prüfung des Höchstwertes wurde in Kaiserlautern dabei sogar ein neuer Monatsrekord erreicht, der alte Rekord stammt mit 32,2 Grad vom 13.09.2016.
Auch am heutigen Dienstag werden wieder sehr sommerliche Höchsttemperaturen erwartet. Vorhergesagt sind zwar auch wieder ein paar hohe Wolkenfelder, die die Sonneneinstrahlung etwas bremsen, dennoch soll es in weiten Teilen Deutschlands noch ein wenig wärmer werden als am Montag. Daher muss recht verbreitet mit einem heißen Tag, also Höchsttemperaturen über 30 Grad, gerechnet werden. Davon ausgenommen sind eigentlich nur wieder der äußerste Norden inklusive der Inseln und Küsten sowie größere Teile Bayerns. Dort muss sich der in der vergangenen Nacht gebietsweise gebildete Nebel zunächst wieder auflösen, so dass der Temperaturanstieg etwas gedämpfter ausfällt. Die erwarteten Spitzenwerte bis etwa 34 Grad dürften erneut im Westen Deutschlands und hier vor allem entlang von Rhein und Mosel zu finden sein.
Doch nun zu der Frage, ob diese Werte nun außergewöhnlich und/oder rekordverdächtig sind. Hier lohnt ein Blick in die Klimaaufzeichnungen. Bei den bisherigen Rekordwerten der Höchsttemperatur für September findet man als Monatsrekord 36,5 Grad. Dieser Werte wurde sowohl in Jena (Sternwarte, Thüringen) am 03. September 1911 als auch in Bühlertal (Baden-Württemberg) am 19. September 1947 gemessen. Die Messung von Bühlertal stellt zugleich auch den Dekadenrekord für die 2. Septemberdekade (11. bis 20. September). Angesichts des Sonnenstandes und der damit verbundenen Tages- und Nachtlänge sind Hitzerekorde in der ersten Septemberdekade wahrscheinlicher. Die Nächte werden im Verlauf des Septembers zunehmend länger, so dass nach klaren Nächten die Temperatur durchaus schon von einem recht niedrigen Niveau ansteigen muss. Dennoch lagert im Süden Europas oder auch in Nordafrika noch meist sehr warme Luft, die mit einer entsprechenden Anströmung nach Deutschland transportiert wird. Sommer- und auch heiße Tage treten demnach auch im September immer wieder auf, sind aber dennoch nicht der Normalfall.
Wie aus den Klimatabellen zu entnehmen ist, sticht in punkto Septemberhitze vor allem das Jahr 1947 heraus. In der 2. Septemberdekade stammen sage und schreibe die ersten 20 “Plätze” aus diesem Jahr. Natürlich liegen entsprechende Temperaturmessungen nur bei einem Teil der heute verfügbaren Wetterstationen vor bzw. einige Stationen werden heute aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr betrieben. Der September 1947 war einer der wärmsten September seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1881. Eine relativ lange Hitzeperiode von etwa 8 oder 9 Tagen und das auch noch in der zweiten Monatsdekade – etwa vom 11./12. bis 20. September – herrschte nahezu deutschlandweit. Das zeigt sich auch heute noch in den Statistiken. Bei den Monatsrekorden, also den Rekorden über den gesamten September, stammen einige auch aus anderen Jahren und dann auch ausschließlich aus den ersten 10 Tagen des Monats (1. bis 10. September = 1. Septemberdekade), wie z. B. 1895, 1911 (siehe Jena-Spitzenwert) oder auch 1953.
Als Fazit lässt sich vielleicht festhalten, dass wir in Teilen Deutschlands aktuell tatsächlich ein ungewöhnliches, aber durchaus nicht außergewöhnliches Hitzeereignis erleben. Deutschlandweit werden die Temperaturmaxima voraussichtlich unterhalb derer des Rekordjahres 1947 bleiben, einzelne Stations- oder Tagesrekorde – insbesondere an Stationen, die 1947 noch nicht gemessen haben – sind aber durchaus möglich. Der Tagesrekord für den heutigen Tag liegt z. B. bei 34,6 Grad in Königswinter-Heiderhof (Nordrhein-Westfalen) – und wie kann es anders sein, auch aus dem Jahr 1947. Eine Einstellung oder Überschreitung dieses Wertes ist heute lokal nicht ganz ausgeschlossen.
Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 15.09.2020
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