Satellitenmeteorologie (Teil 3) – Von kreisenden Adleraugen und unermüdlichen Ruhepolen
Heute stellen wir zwei unterschiedliche Arten von Wettersatelliten vor, die geostationären und die polarumlaufenden Satelliten.
Wettersatelliten sind in der heutigen modernen Meteorologie nicht mehr wegzudenken. Mit ihrem Blick aus dem Weltall auf unsere Erde leisten sie unter anderem unschätzbare Dienste bei der Wetteranalyse und der Vorhersage der nachfolgenden Stunden. Insbesondere in Regionen, in denen es kaum Wetterbeobachtungen vor Ort gibt (z.B. Ozeane, Wüsten, unbesiedelte Regionen), sind die Daten von Wettersatelliten unverzichtbar. Im dritten Teil dieser Reihe widmen wir uns den beiden sehr unterschiedlichen Arten von Wettersatelliten – den geostationären und den polarumlaufenden Satelliten. Beide haben gewisse Vor- und Nachteile, ihre Kombination liefert uns schließlich das bestmögliche Abbild des Wetters rund um den Globus.
Schauen wir uns zunächst die geostationären Satelliten an, die man mit etwas Augenzwinkern auch als unermüdliche Ruhepole bezeichnen könnte. Von der Erde aus betrachtet befinden sich diese Satelliten nämlich immer an derselben Stelle über dem Äquator, sie scheinen sich also für den Erdbeobachter nicht zu bewegen. Tatsächlich bewegen sich geostationäre Satelliten im Weltall natürlich schon; sie drehen sich nämlich mit derselben Winkelgeschwindigkeit um die Erde wie die Erde um sich selbst, sie folgen also der Erdrotation. Der Satellit verhält sich als wäre er an einer senkrechten langen starren Stange an einem Ort über dem Äquator befestigt und bewege sich mit der sich drehenden Erde mit. Mithilfe der klassischen Newtonschen Gesetze kann man berechnen, dass dies nur auf einer Kreisbahn in einer Höhe von etwa 35.800 Kilometern über dem Äquator möglich ist, der geostationären Umlaufbahn.
Dass sich geostationäre Satelliten also wie ein Ruhepol immer über derselben Stelle der Erde befinden, hat zwei entscheidende Vorteile. Zum einen ist die hohe zeitliche Auflösung zu erwähnen. Alle 5 bis 15 Minuten machen sie neue Aufnahmen von der Erde. Zum anderen „sehen“ die Satelliten bei jeder Aufnahme immer denselben Bildausschnitt, sodass man mit ihnen leicht Satellitenfilme erzeugen kann, die beispielsweise die Bewegungen von Wolkenfeldern im Zeitraffer zeigen. Man kennt diese Filme aus den Medien, aber auch in der synoptischen Meteorologie werden sie benutzt, um die Verlagerung und Veränderung von Wolken und Druckgebilden zu analysieren und ihre zukünftige Entwicklung abzuschätzen.
Geostationäre Satelliten haben aber auch Nachteile. Durch die recht große Entfernung zur Erde ist selbst mit den besten Radiometern (siehe Teil 1 zur Satellitenmeteorologie) die räumliche Auflösung begrenzt. Senkrecht unterhalb der Satelliten beträgt die Auflösung je nach Messgerät ca. 1 bis 5 km. Zu allen vier Bildrändern hin wird die Auflösung immer schlechter. In Ost-West-Richtung kann dies durch eine ausreichende Anzahl geostationärer Wettersatelliten ausgeglichen werden, die von der europäischen EUMETSAT (Meteosat-Satelliten), dem amerikanischen Wetterdienst NOAA (GEOS-Satelliten) sowie von den japanischen, chinesischen und indischen Wetterdiensten betrieben werden. Nach Norden und Süden hin haben aber alle geostationären Satelliten das gleiche Problem. Je weiter man sich vom Äquator entfernt, desto schräger blickt der Satellit auf die Erde (Effekt von Blickwinkel und Erdkrümmung) und desto unschärfer werden demnach die Aufnahmen. Von den beiden Polen der Erde (und deren Umgebung) können geostationäre Satelliten aufgrund der Erdkrümmung keine Aufnahmen machen.
Die genannten Nachteile gleichen die sogenannten polarumlaufenden Satelliten aus, die kreisenden Adleraugen unter den Satelliten. Sie bewegen sich auf einer polaren, sonnensynchronen Umlaufbahn um die Erde. Anders als die geostationären Satelliten fliegen die polarumlaufenden Satelliten also über den Erdbeobachter hinweg. Ein Umlauf dauert etwa 100 Minuten und die Erde wird in 12 Stunden einmal komplett abgetastet. Jeder Ort wird also von einem polarumlaufenden Satelliten zweimal täglich zu denselben Uhrzeiten überflogen, wo wir bereits beim Nachteil dieser Satelliten wären, der geringen Bildwiederholfrequenz (12 Stunden bzw. im sichtbaren Bereich ein Bild pro Tag pro Satellit). Von Vorteil ist hingegen, dass die polarumlaufenden Satelliten nur in einer Höhe von ca. 800 Kilometern über der Erdoberfläche kreisen, wodurch die Satellitenaufnahmen eine deutlich höhere räumliche Auflösung von ca. 100 bis 1000 m besitzen. Zudem nehmen sie auch an beiden Polen scharfe Bilder auf. Polarumlaufende Satelliten werden von den europäischen, amerikanischen, chinesischen und russischen Wetterdiensten betrieben.
Beide Satellitenarten in Kombination bilden die Erde lückenlos ab. Schnelle Bildfolgen in räumlich begrenzter Auflösung liefern die geostationären Satelliten, für hochaufgelöste Aufnahmen sowie für die Erfassung der Pole verwendet man polarumlaufende Satelliten.
Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 19.03.2021