Sprühende Funken auf dem Brocken
Der ein oder andere hat vielleicht schon davon gehört, aber nur wenige haben sie schon einmal selber gesehen: Sankt-Elms-Feuer, oder auch einfach nur Elmsfeuer genannt, gehören zu den selten auftretenden atmosphärischen Phänomenen. Sie gehören dabei zur Klasse der sogenannten Elektrometeore, gemeinsam mit – zum Beispiel – den klassischen Gewitterblitzen oder Roten Kobolden (Erläuterungen hierzu finden sich unter anderem im DWD-Glossar). Als Elektrometeor werden alle hör- oder sichtbaren Erscheinungen genannt, die in Folge der atmosphärischen Elektrizität auftreten.
Ein Sankt-Elms-Feuer ist eine länger anhaltende elektrische Lichterscheinung. Dabei handelt sich um funkenähnliche Entladungen, die von – oft metallischen – Gegenständen auf der Erdoberfläche ausgehen. Das können zum Beispiel Fahnenmasten, Blitzableiter oder Schiffsmasten sein. Aber auch auf Tragflächen und Windschutzscheiben von Flugzeugen wurden schon Sankt-Elms-Feuer beobachtet. Benannt ist es nach einem früheren Schutzheiligen der Seeleute, Bischof Erasmus von Antiochia (italienisch “Elmo”), welcher angerufen wurde, wenn Seefahrer durch einen Sturm in Not gerieten.
Auch in den Archiven des Deutschen Wetterdienstes finden sich Berichte über Sankt-Elms-Feuer. So heißt es in der Chronologie zur Wetterbeobachtung auf dem Brocken in einem Ausschnitt: “Am 3. Januar 1949 um 18:25 MEZ (Mitteleuropäische Zeit. +1 h gegenüber dem Nullmeridian in Greenwich, England) trat im Rundfunkempfang das uns für St. Elmsfeuer bekannte charakteristische Rauschen auffallend stark auf. Wir eilten sofort auf den Turm, wo wir Zeugen eines grandiosen Schauspiels wurden. Jede Spitze, vor allem aber jede ‘Blume’ des starken Nebelfrostes war mit einem Flämmchen besetzt. Der vollständig vereiste Windfahnenaufbau war mit Flämmchenbüscheln dekoriert. Sobald wir auf die Plattform heraustraten (23 m über dem Erdboden), waren wir fast im Handumdrehen in eine Glorie eingehüllt. Leicht ausgestreckte Hände waren mit langen Geisterfingern besetzt. Das Knistern und Prickeln war deutlich fühlbar. Ich habe häufig Elmsfeuer auf Bergen erlebt, aber noch keines, wo die positiven Büschel, wie hier, mehr als Mittelfingerlänge aufwiesen! Das Rauschen steigerte sich bei starken Böen bis zu einem hellen Pfeifen und endete um 18:42 MEZ. Witterung: dichtester Nebel, Sicht maximal 20 m. Schauerartig anschwellendes Schneegestöber, grobflockig ohne Graupel, bei stark böigem SW 8, Temperatur -3,6°C.” (aus “Geschichte der Meteorologie” Nr. 11 – 120 Jahre Wetterbeobachtung auf dem Brocken (Harz))
Im April dieses Jahres konnten nun mittels einer in Kooperation zwischen Deutschem Wetterdienst und dem Innovations- und Gründerzentrum Wernigerode eingerichteten Webcam auf dem Brocken auftretende Sankt-Elms-Feuer auch erstmals fotografisch beobachtet werden. Dabei trat ein Sankt-Elms-Feuer gleich an mehreren Tagen auf: einmal am Abend des 5. April 2022 und einmal am 8. April 2022 um kurz nach Mitternacht. Ganz ungefährlich ist dieses Schauspiel dabei nicht, denn beim Auftreten eines Sankt-Elms-Feuer besteht deutlich erhöhte Blitzschlaggefahr. Wirft man einen Blick zurück auf die Wetterlage, so erscheint das Ganze auch ziemlich plausibel. Während dieser Zeit traten wiederholt Schauer und Gewitter auf – unter anderem auch auf dem Brocken.
M.Sc. Felix Dietzsch, mit Material von Anja Juckeland (DWD Leipzig)
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 07.05.2022
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!