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Tief EMIR

Das Tiefdruckgebiet EMIR (international: CIARAN) liegt heute über der Nordsee und bringt dem Nordwesten und Westen noch steife bis stürmische Böen. Auch im höheren Bergland treten einzelne stürmische Böen oder Sturmböen auf. Details zur Entstehung des Tiefdruckgebietes und seiner Zugbahn vom Atlantik nach Westeuropa wurden bereits am Mittwoch im Thema des Tages behandelt (siehe ).

Bereits am Mittwoch frischte der Wind an der Biskaya und am Ärmelkanal signifikant auf. Bis zum Abend gab es erste Sturmböen, vereinzelt auch orkanartige Böen an der Westküste Frankreichs. In der Nacht zum Donnerstag traten in der Bretagne und Normandie Orkanböen, teils mit mehr als 170 Kilometer pro Stunde auf. In Pointe du Raz (West-Bretagne) wurde eine Böe von 207 km/h gemessen. Der Rekord liegt dort bei 216 km/h und stammt aus dem Jahre 1987. Auf der Insel Île de Batz (nördliche Bretagne) wurde mit einer Böe von 195 km/h ein neuer Windrekord aufgestellt. Der alte Rekord lag bei 173 km/h und wurde 1988 aufgestellt. Auch im Ort Lannion in der Bretagne im Département Côtes-d’Armor wurde mit einer Böe von 158 km/h der alte Rekord von 137 km/h aus dem Jahre 1999 deutlich überschritten.

Etwas weniger windig war es auf britischer Seite des Ärmelkanals. Dort wurden in Cornwall „nur“ orkanartige Böen bis 115 km/h registriert. Die gab es am Donnerstag auch an weiteren Abschnitten des Ärmelkanals auf französischer Seite. In Boulogne-sur-Mer wurde eine Orkanböe von 125 km/h gemessen. An der niederländischen und belgischen Nordseeküste traten verbreitet Sturmböen und schwere Sturmböen auf.

In Deutschland frischte der Südwestwind in der Nacht zum Donnerstag auf und brachte in der Eifel bereits am frühen Morgen eine orkanartige Böe von 104 km/h. Sonst lagen die Windböen in der Nacht meist zwischen 60 und 70, in Nordrhein-Westfalen teils bei 80 Kilometer pro Stunde. Bis zum Mittag frischte der Wind in der gesamten Westhälfte deutlich auf und erreichte teils Sturmstärke, im Bergland gab es zunehmend schwere Sturmböen, auf dem Brocken Orkanböen. Am Abend ließ der Wind sukzessive nach.

Ausgewählte Spitzenböen in Deutschland am Donnerstag, 02.11.2023:

Ort/Station

Windgeschwindigkeit in km/h

Brocken/Sachsen-Anhalt 142
Kall-Sistig/Nordrhein-Westfalen 104
Wasserkuppe/Hessen 97
Aachen-Orsbach/Nordrhein-Westfalen 93
Essen-Bredeney/Nordrhein-Westfalen 86
Werl/Nordrhein-Westfalen 86
Neu-Ulrichstein/Hessen 85
Düsseldorf/Nordrhein-Westfalen 83
Eisenach/Thüringen 81
Norderney/Niedersachsen 81
Alfeld/Niedersachsen 80
Trier-Petrisberg/Rheinland-Pfalz 76

Derzeit gilt: Nach dem Tief ist vor dem Tief und so ist es nicht verwunderlich, dass bereits eine neue Depression über dem Atlantik auf dem Weg nach West- und Mitteleuropa ist. FRED wird am Wochenende dichte Wolken und Regen bringen. Auch der Wind wird wieder auffrischen. Diesmal sind vor allem die Mitte und der Süden Deutschlands betroffen, das Starkwindfeld zieht nach derzeitiger Modelllage über die Südhälfte hinweg. Dabei treten stürmische Böen auf, vereinzelt auch Sturmböen. Im Bergland sind schwere Sturmböen bis hin zu orkanartigen Böen möglich. Nach Norden und vor allem Osten hin ist der Wind schwächer. Allerdings können an den Küsten auch steife bis stürmische Böen auftreten.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Der EMIR kommt! – oder: Orkan CIARAN formiert sich!

Der November macht in Deutschland da weiter, wo der Oktober aufgehört hat: Tiefdruckeinfluss. Genau genommen handelt es sich um einen Tiefdruckkomplex westlich der Britischen Inseln, der sich bis in die Labradorsee erstreckt und am heutigen Mittwoch zunächst der Nordwesthälfte und ab dem Abend auch den Südwesten mit Regenwolken versorgt.

So gefährlich wie interessant in den nächsten 24 Stunden wird dabei ein kleinräumiges Tief, das gestern Mittag noch knapp östlich von Neufundland lag mit einem Kerndruck von rund 1000 hPa. Es „hört“ auf den Namen EMIR beziehungsweise im internationalen Kontext auch auf CIARAN und konnte am Südrand des angesprochenen Tiefdruckkomplexes richtig Gas geben – sowohl was die zurückgelegte Strecke, als auch die Verstärkung angeht. Heute Mittag befindet es sich bereits über dem Ostatlantik, südwestlich von Irland mit einem Kerndruck von etwa 970 hPa und weitere zwölf Stunden später, also gegen Mitternacht, dürfte es mit etwas über 950 hPa den Ärmelkanal erreichen. Von dort zieht das Tief mit seinem Kern über die Südküste Englands hinweg ost-nordostwärts und erreicht in den Mittagsstunden des Donnerstags die Nordsee, wo es sich dann mehr und mehr abschwächt.

In der Folge muss ab der kommenden Nacht an der französischen Küste sowie an der englischen Südküste verbreitet mit Böen bis Orkanstärke gerechnet werden. Besonders heftig wird es nach aktuellem Stand die Bretagne treffen, wo an der Küste 150 bis 170 km/h, an exponierten Stellen vielleicht sogar noch etwas mehr, erwartet werden. Dort dürften auch noch bis weit ins angrenzende Binnenland Orkanböen auftreten. Extreme Orkanböen über 140 km/h drohen dann auch an den Küstenabschnitten der Normandie und eventuell auch der Region Hauts-de-France. Das dies natürlich massive Auswirkungen auf die dortige Infrastruktur haben wird, kann man sich leicht vorstellen. Im weiteren Verlauf sind dann die belgische und niederländische Küste betroffen, wo aufgrund des ablandigen Winds (Wind vom Land in Richtung See) und der allmählichen Abschwächung des Tiefs wohl „nur noch“ schwere Sturm- bis Orkanböen zu erwarten sind (90 bis 120 km/h).

DWD Der EMIR kommt oder Orkan CIARAN formiert sich 1

Daneben ist auch der Niederschlag ein Thema. Es werden kräftige und zum Teil langanhaltende Regenfälle erwartet, die vor allem im Nordwesten Frankreichs und im Süden Englands aufgrund der bereits gesättigten Böden zu Überschwemmungen führen können. Zudem wird natürlich auch ein sehr hoher Wellengang erwartet. Vor der Küste der Bretagne kann die signifikante Wellenhöhe bei zum Teil deutlich über 10 m liegen.

Auf uns in Deutschland greift das Windfeld von EMIR am Donnerstag zwar ebenfalls über, aber nur in stark abgeschwächter Form. Trotzdem dürfte es nach aktuellem Stand vor allem von der Nordsee bis ins Saarland und im Bergland durchaus stürmisch werden. In Zahlen umgemünzt bedeutet dies dort Böen in etwa zwischen 60 und 75 km/h, im Bergland sowie in exponierten Lagen auch bis 85 km/h. Auf den Mittelgebirgsgipfeln, an exponierten Küstenabschnitten der Nordsee und am Nordrand der Eifel würden auch einzelne schwere Sturmböen bis 100 km/h nicht verwundern. Böen bis Orkanstärke beschränken sich allenfalls auf den Brocken, den Feldberg im Schwarzwald und föhnbedingt eventuell auch auf hohe Alpengipfel. Entsprechende Warnungen dazu werden in den heutigen Abendstunden ausgegeben.

Und auf CIARAN folgt eine nachhaltige Wetterberuhigung? Nein! Es geht munter weiter auf dem Nordatlantik in Sachen Tiefdrucktätigkeit. Am Westrand des Tiefdruckkomplexes um CIARAN entwickelt sich neues Sturmtief, das in der Nacht zum Freitag der spanischen und dem Süden der französischen Atlantikküste Orkanböen bringt. Vor der Ostküste der USA formiert sich aktuell ebenfalls ein Sturmtief. Es zieht im Lauf dieser Woche über den Atlantik und könnte am Samstag erneut vor allem an der französischen Atlantikküste für Orkanböen sorgen.

Auch bei uns in Deutschland bleibt es in den kommenden Tagen im Großen und Ganzen wolkenreich, unbeständig und zeitweise windig bis stürmisch – alles aber kein Vergleich zu dem, was sich in Westeuropa abspielt.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst