Einleitung – Grauer und nasser Winter
In diesem Winter ist es nicht nur häufig grau gewesen, es ist auch einiges an Regen gefallen. Die Folge war wiederholt Hochwasser: Sicher ist den meisten auch noch das Hochwasser in vielen Landsteilen von Ende Dezember bis in den Januar in Erinnerung. Auch kürzlich sind die Pegel nach einer neuerlichen Dauerregenlage nochmal vielerorts über die Hochwassermarken geklettert.
Veränderung der Niederschläge in den vergangenen Jahrzehnten
Höchste Zeit mal einen kurzen Blick auf den aktuellen Stand des Niederschlags zu werfen. Seit Beginn des meteorologischen Winters hat es im Mittel über ganz Deutschland an 54 von 82 möglichen Tagen geregnet oder in anderen Worten: An zwei von drei Tagen gab es Niederschlag. Interessant sind aber besonders die Niederschlagsmengen.
In der folgenden Grafik sieht man die durchschnittlichen Niederschlagsmengen der Monate Dezember, Januar und Februar und den Gesamtwinter für die zwei Referenzperioden 1961 bis 1990 und 1991 bis 2020. Man erkennt, dass die Winterniederschläge im Zeitraum 1991 bis 2020 im Vergleich zum Zeitraum 1961 bis 1990 zugenommen haben. Die Winter sind also im Mittel nasser geworden.
Aktueller Winterniederschlag im Vergleich zu Rekorden und den Referenzperioden
Für den aktuellen Winter sind die Niederschläge in Form von roten Linien und die jeweilige Abweichung dazu in Prozent vom Mittel 1991-2020 eingetragen. Für Februar und den Gesamtwinter sind die Mengen nur vorläufig, den auch in den verbleibenden neun Tagen kann noch einiges an Niederschlag fallen.
Man erkennt, dass alle Wintermonate zum Teil deutlich nasser ausgefallen sind, als im vieljährigen Mittel. Das gilt ganz besonders für den Dezember 2023. Im Mittel über ganz Deutschland sind 72 % mehr Niederschlag gefallen als üblich. Dabei waren die Abweichungen im Norden und Osten am höchsten (hier nicht gezeigt). In Brandenburg fiel die doppelte Menge (+100 %), in Sachsen-Anhalt (+125 %) und Niedersachsen (+133 %) war es sogar mehr als die doppelte Monatsmenge im Vergleich zu 1961-1990.
Schaut man auf die Gesamtbilanz des Winters, dann sticht ganz klar das Jahr 1948 (Winter 1947/48) mit 304 l/qm als Flächenmittel über ganz Deutschland hervor. Das war direkt nach dem „Hungerwinter 1946/47“, einem der kältesten Winter in Deutschland seit Aufzeichnungsbeginn. Im Winter 1947/48 war es hingegen deutlich milder und vor allem niederschlagsreich. Ganze 66 % mehr Niederschlag gab es in jener Saison, wobei die größten positiven Anomalien im Süden und Südosten anzutreffen waren. Die Folge war häufiges Hochwasser. Das vor allem den Süden und Südwesten des Landes betraf. So liest man beispielsweise an der Saar von einer „Jahrhunderthochwasser“ zum Jahreswechsel 1947/48. Damals wurde zur Hilfe der Flutopfer sogar eine Briefmarkenserie aufgesetzt. Auch im Osten gab es im März als Folge des nassen Winters ein schweres Hochwasser, an der Oder war es eines der folgenreichsten der Neuzeit. Neben dem Niederschlag war aber auch Treibeis für das Hochwasser verantwortlich.
In jedem Fall ist der Winter 1947/48 mit Abstand auf Platz 1, gefolgt von 1993/94 und 1994/95 mit jeweils 278.6 l/qm im Deutschlandmittel. Der derzeitige Winter 2023/24 ordnet sich derzeit auf Platz 6 ein. Es ist aber mit Blick auf die noch zu erwartenden Niederschläge gut möglich, dass er am Ende auf Platz 5 oder 4 ins Ziel läuft.
Räumliche Verteilung der Niederschläge
Schauen wir nun noch auf die räumliche Verteilung. In der Grafik wurde Deutschland dafür nach Bundesländern unterteilt. Es wurde jeweils das Rekordjahr mit der Rekordmenge sowie der aktuelle Stand eingetragen. Man sieht, dass in der Südosthälfte der Winter 1947/1948 das Maß aller Dinge war, während nach Westen und Nordwesten die Winter 1993/1994 bzw. 1994/95 zu Buche schlagen. Daneben tauchen noch die Winter 1986/87 (Sachsen-Anhalt) und 1959/50 (Mecklenburg-Vorpommern) auf.
Setzt man den aktuellen Winter im Vergleich hinzu, so ist zu erkennen, dass dieser im Süden und Südwesten weit weg von den Rekordwerten entfernt ist. Je weiter man nach Norden und Osten kommt, desto näher rücken die Rekordwerte in Reichweite. In einigen Regionen sind schon jetzt neue Niederschlagsrekorde für den Winterniederschlag zu verzeichnen. In Brandenburg und Niedersachsen wurden die bisherigen Rekorde bereits im Flächenmittel übertroffen. Dort ist es also der nasseste Winter seit Aufzeichnungsbeginn. In Sachsen-Anhalt steht man kurz davor den Rekord zu knacken. In Mecklenburg-Vorpommern wird es knapp.
Entwicklung der Bodenfeuchte
Die großen Niederschlagsmengen haben natürlich dazu geführt, dass sich die Bodenfeuchte deutlich erholt hat. In einigen Regionen stehen aufgrund übersättigter Böden noch immer große Flächen unter Wasser. Auch in tieferen Schichten hat die Dürre in großen Landesteilen ein Ende. Kritisch sieht es allenfalls noch in der Mitte des Landes aus.
Ausblick
Schauen wir noch kurz auf die Aussichten. Auch in den nächsten Tagen bleibt es unbeständig. Die Prognose der Niederschlagssumme bis Monatsende zeigt, dass in einigen Regionen noch so einige Liter pro Quadratmeter zu den bisherigen gezeigten Mengen noch hinzukommen. Die endgültigen Zahlen folgen dann zum Monatsende.
Damit wird der Winter 2023/24 nicht nur als einer der mildesten Winter in die Geschichtsbücher eingehen, sondern in einigen Regionen auch als einer der nassesten. Er bestätigt damit den Trend hin zu größeren Niederschlagsmengen in den Wintermonaten.
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.02.2024
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