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Schlechte Luft

Wer sich viel draußen aufhält und vielleicht auch seinen Sportgelüsten an der frischen Luft nachgeht, der hat in den letzten Tagen gemerkt, dass die Luft gar nicht so „frisch“ ist. Die Konzentration an Feinstaub hat sich seit dem Wochenende stark erhöht. Am gestrigen Mittwoch wurden an vielen Messstationen in der Nordhälfte Deutschlands die Grenzwerte für PM10 überschritten.

Der Grenzwert für PM10 – also Feinstaub mit einer Partikelgröße von maximal 10 Mikrometer (µm) – liegt bei 50 Mikrogramm (µg) pro Kubikmeter. Der Tagesmittelwert an PM10 darf laut Gesetz diesen Wert im Jahr an maximal 35 Tagen überschreiten. Aufs Jahr gesehen liegt der Grenzwert von PM10 in der Luft bei 40 µg/m³.

Für PM2.5 – also Feinstaub mit einer maximalen Partikelgröße von 2,5 µm – werden in den meisten Fällen/Ländern Jahresmittel betrachtet. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt einen Jahresmittelwert von 5 µg/m³. Diese Werte sind jedoch (noch) utopisch, denn in Europa hat man sich zunächst verpflichtet, einen Grenzwert von 25 µg/m³ einzuhalten. Das gelingt auch ganz gut und es gibt Bestrebungen, die Feinstaubkonzentration weiter zu reduzieren, weshalb man überlegt, die Grenzwerte herabzusetzen. Aktuell ist die Konzentration an PM2.5 regional stark erhöht und liegt deutlich über dem Grenzwert. 

Schlechte Luft teil 1

Tagesmittelwerte der Luftqualität in Deutschland am Mittwoch, den 12.02.2025, links PM10, rechts PM2.5 

Woher kommt der Feinstaub?
Es gibt diverse Quellen. Neben den Emissionen aus Kraftfahrzeugen, Kraft- und Heizwerken sowie der Industrie gelangt Feinstaub auch aus der Natur in die Luft, zum Beispiel durch Bodenerosion. Ein lokal nicht unwesentlicher Anteil stammt aus den immer beliebter werdenden Kaminöfen und Pelletheizungen, die im Winter häufiger Einsatz finden als im Sommer.

Wo liegt die Gefahr?
Der Feinstaub wird eingeatmet und kann bis in die Bronchien und bei sehr kleinen Partikeln auch in den Blutkreislauf vordringen. Es kommt in erster Linie zu Reizungen der Schleimhäute und Entzündungen. Durch Ablagerungen in den Blutgefäßen steigt aber auch die Gefahr von Thrombosen und es kann zu Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem kommen.

Wieso war/ist die Konzentration jetzt so hoch?
Grundsätzlich ist die Feinstaubkonzentration im Winter höher als zu anderen Jahreszeiten. Es wird mehr geheizt und Wege werden häufiger mit einem Kraftfahrzeug zurückgelegt. In diesem Winter beobachten wir zudem öfter Inversionswetterlagen. Wir haben eigentlich seit Wochen Hochdruckeinfluss in Deutschland. Nur selten haben Tiefdruckgebiete mit Wind und Regen für Durchmischung der Luft und dadurch Reinigung oder Weitertransport gesorgt. Vergangene Woche gab es eine ausgeprägte Hochdrucklage, die dafür gesorgt hat, dass die Luft weder verteilt noch ausgetauscht wurde. Stattdessen wird die Luft wie unter einem Deckel auf die Erdoberfläche gepresst. Sie bleibt quasi liegen und kann sich bei längerer Andauer der Wetterlage zunehmend mit Feinstaub anreichern.

Seit Montag sorgt Tiefdruckgebiet MAX für etwas mehr Hebung und Feuchte. Der fallende Regen und Schnee hat vor allem im Westen und Süden am gestrigen Mittwoch den Feinstaub aus der Luft gewaschen. 

Schlechte Luft teil 2
Karte Europa und Nordatlantik mit Druckzentren und Frontenvorhersage für Donnerstag, den 13.02.2025 mittags 

Im Norden sorgte auffrischender Wind im Grenzbereich zwischen Hoch- und Tiefdruckgebiet für eine Durchmischung der Luftschichten und dadurch eine Verbesserung der Luftqualität. Zwar gab es auch in anderen Bereichen Niederschläge, allerdings fielen diese deutlich geringer aus, konnten also weniger Feinstaub binden. Entsprechend ist in den Regionen die Feinstaubbelastung sehr hoch. 

Schlechte Luft teil 3 

Luftqualität in Deutschland am 13.02.2025 um 10 Uhr 

In den kommenden Tagen setzt sich in Deutschland wieder Hochdruckeinfluss durch. Der Wind schläft ein, die Niederschläge lassen nach. Mit nördlichem Wind kommt die Luft zwar über Nord- und Ostsee, ist potentiell also sauberer als Kontinentalluft aus anderen Ballungsgebieten, es ist allerdings damit zu rechnen, dass die Luft sich mit der liegenden Feinstaubluft vermischt. Insgesamt könnte die Höhe der Konzentration abnehmen, es ist aber auch wahrscheinlich, dass sich die „schlechte Luft“ in derzeit gute Regionen verteilt. Ob und inwieweit ein Tiefdruckgebiet über dem Atlantik nächste Woche bei uns für mehr Bewegung und einen Austausch der Luft sorgt, ist noch nicht sicher.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich Hochdruckgebiete nicht zum Austausch von Luft eignen, weder vertikal noch horizontal. Bei Hochdrucklagen muss also immer mit einer Zunahme von Schadstoffen in der Luft gerechnet werden. Bei Tiefdrucklagen findet eine Durchmischung und im besten Falle Auswaschung von Schadstoffen in bzw. aus der Luft statt. Sie eignen sich also zur Reinigung. Allerdings kann bei Wind die Bodenerosion zu einer Steigerung der Feinstaubkonzentration führen. Sieht man einmal von Saharastaub ab, ist dies jedoch in den meisten Fällen ein eher regionales oder lokales „Problem“.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.02.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

Lokaler Schneefall trotz Hochdruckwetter?

Ruhiges Hochdruckwetter dominierte in weiten Teilen des Landes in den vergangenen Tagen. Verbunden damit war vor allem auf den Bergen viel Sonnenschein. In den Nächten gab es verbreitet leichten bis mäßigen Frost. Zu Wochenbeginn lag das Hochdruckzentrum von CAROLINE direkt über Deutschland. Zudem nahm bei nur windschwachen Bedingungen die Feuchte in bodennahen Schichten zu, sodass sich in den Nächten in den Niederungen häufiger teils dichter Nebel und Hochnebel ausbilden konnte. In den Nebelgebieten reichte es bereits am Montag für Dauerfrost. So verharrten die Temperaturen vom Saarland über das Rhein-Main-Gebiet bis zur Donau gebietsweise auch tagsüber unter dem Gefrierpunkt.  

Lokaler Schneefall trotz Hochdruckwetter teil 1

Synoptische Übersicht für Dienstag, den 04.02.2024 um 06 UTC. Ein ausgeprägter Höhenrücken erstreckt sich bis nach Mitteleuropa und sorgt für eine leichte Erwärmung in höheren Schichten. (Quelle: DWD) 

Am Dienstag breitete sich von Westen ein Höhenrücken bis nach Mitteleuropa aus. Damit sickerte in der Höhe etwas mildere Luft ein, wodurch die Inversion weiter verstärkt wurde. So zeigte der Radiosondenaufstieg von Dienstagfrüh in Idar-Oberstein eine markante Inversion in etwa 400 Meter über Grund. An der Obergrenze der Nebelschicht herrschten Temperaturen um -7 Grad, während nur wenige Meter darüber Temperaturen von + 7 Grad beobachtet wurden. Oberhalb der Inversion sorgte großräumiges Absinken der Luftmasse für eine Erwärmung und Abtrocknung der Luft. So lag die relative Luftfeuchtigkeit in 2 Kilometer Höhe bei unter 10 Prozent. In der bodennahen Kaltluftschicht lag diese dagegen häufig bei über 95 Prozent und somit nahe der Sättigung.

Lokaler Schneefall trotz Hochdruckwetter teil 2

Satellitenbild und Temperaturen für Dienstag, den 04.02.2024 um 10 UTC. In den Niederungen im Südwesten zeigt sich weitgehend dichter Nebel und Hochnebel. (Quelle: DWD) 

Lokaler Schneefall trotz Hochdruckwetter teil 3

Radiosondenaufstieg von Idar-Oberstein für Dienstag, den 04.02.2024 um 10 UTC. Oberhalb der Inversionsschicht ist die sehr milde trockene Luft erkennbar. (Quelle: DWD) 

Durch zusätzlichen Eintrag von Wasserdampf und Aerosolen von Industrieanlagen kann es unter diesen Bedingungen in der Nähe von größeren Städten zu Industrieschneefall kommen. Durch die Emissionen von Wasserdampf und Kondensationskernen können die winzigen Wassertröpfchen gefrieren, da durch die hohe Aerosolanzahl in der Luft der Gefrierpunkt gesenkt wird. Somit entstehen winzige Eiskristalle, die zu Boden fallen. Aufgrund der geringen Fallhöhe und der kaum vorhandenen Turbulenz in der Nebelschicht ist Industrieschnee deshalb auch deutlich feiner als natürlicher Schnee. Dies konnte auch gestern vor allem in der Südwesthälfte beobachtet werden. So fiel beispielsweise in Frankfurt-Höchst zeitweise etwas Schnee. Aber auch an der Vorhersagezentrale in Offenbach konnte am Vormittag Industrieschnee betrachtet werden. Örtlich und eng begrenzt reichte es sogar für eine dünne Schneedecke.

Größere Mengen kamen aber nicht zusammen. Für reichlich Industrieschnee benötigt es über eine längere Zeit eine markante Inversionswetterlage mit Nebel und Hochnebel in den Niederungen. Zudem zeigten wissenschaftliche Studien, dass die Temperaturen dazu an der unteren Grenze der Inversionsschicht über einen längeren Zeitraum unter -7 Grad liegen und in der Höhe eine sehr warme und trockene Luftmasse vorherrschend sein müsste. Am heutigen Mittwoch greift allerdings von Nordwesten eine schwache Okklusionsfront auf Deutschland über. Diese führt zu einer vorübergehenden Abschwächung der Hochdrucklage. Industrieschnee ist somit vorerst kein Thema mehr. Allerdings kommt es im Zuge des Frontensystems am heutigen Mittwoch und auch am Donnerstag stellenweise zu gefrierenden Sprühregen. Vor allem am Donnerstag dürfen sich alle Winterfreunde in der Südhälfte gebietsweise auch auf echten Schnee freuen. Allerdings größtenteils nur in homöopathischen Mengen. Ein Wintereinbruch mit reichlich Schneefall ist vorerst nicht in Sicht!

M.Sc. Met. Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.02.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst