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Über die Erfindung des Barometers

Isobaren sind auf jeder Bodenanalysekarte des Deutschen Wetterdienstes zu sehen, die Linien gleichen Luftdrucks. Besonders viele Linien sind bei großen Druckunterschieden wie beispielsweise bei Orkanen zu sehen. Man spricht von Tiefdruckgebieten und Regionen hohen Luftdrucks. Es wird die Stärke des Luftdruckfalls oder -anstiegs beobachtet. Der Luftdruck stellt einer der elementarsten Größen in der Meteorologie dar. Dass wir den Luftdruck messen können, haben wir vor allem einem Mann zu verdanken: Evangelista Torricelli, dem Erfinder des Barometers.

ueber die erfindung des barometersSynoptische Bodenkarte des Deutschen Wetterdienstes vom 31.01.2025 00 UTC mit Isobarenfeld und Frontenanalyse. Quelle: DWD

Evangelista Torricelli war ein Schüler Galileo Galileis. Doch bevor überhaupt ein Gerät erfunden werden konnte, das den Luftdruck misst, musste erst die Idee des Luftdrucks als solches entdeckt werden. Bis ins 17. Jahrhundert hinein war die Substanz „Luft“ nicht wirklich greifbar. Sie war ein Medium, das einfach da war, ohne dass man ihm großartig Aufmerksamkeit schenkte. Das Wetter wurde durch die Winde herangeweht. Der Gedanke, dass Luft ein Gewicht hat, musste erstmal reifen. Noch abstruser schien damals die Vorstellung eines Vakuums, eines „Nichts“. Es stand die These im Raum, dass die Natur eine Abscheu gegen die Leere habe und wolle diese mit allen Mitteln füllen.

Ein Bewässerungsproblem brachte die Gelehrten dann auf die richtige Fährte. Mit der damaligen Technik konnte man Wasser nur etwa bis in eine Höhe von zehn Meter befördern. Die Errichtung einer neuen Gartenanlage erforderte aber, dass Wasser aus einem Brunnen über 20 Meter hochgeholt werden musste. Über dieses Problem korrespondierten unter anderen die Naturwissenschaftler Galieo Galilei und Giovanni Battista Baliani und Marin Mersenne. Baliani baute derweil an einem Wasser-Barometer, konnte aber die richtigen Schlüsse daraus noch nicht ziehen. Erst Evangelista Torricelli gelang es 1643 den Beweis dafür zu bringen, dass Luft Druck ausübt. Er lieferte dabei gleichzeitig die physikalische Erklärung, warum man das Wasser mit der damaligen Technik nicht aus einer größeren Tiefe als zehn Meter an die Oberfläche befördern konnte.

Torricelli experimentierte mit unterschiedlichen Flüssigkeiten unter anderem auch Quecksilber. Er füllte dabei ein Glasrohr, welches auf einer Seite verschlossen war, mit Quecksilber und drehte es kopfüber in eine Schüssel mit dem gleichen Metall. Zu seiner Überraschung blieb die Quecksilbersäule in etwa immer gleich hoch, etwa 76 cm, egal wie tief er das Glasrohr in den Quecksilberbehälter eintauchte. Was er entdeckt hatte, war der sogenannte „Luftdruck“: Die Atmosphäre übt einen konstanten Druck aus, der auf die Oberfläche des Quecksilbers in der Schüssel wirkt und damit das flüssige Metall in das Rohr hineindrückt. Es war der erste klare Beweis dafür, dass die Luftmasse nicht nur „da“ war, sondern Gewicht hatte. Das Vakuum, das sich im Glasrohr befindet, bezeichnet man auch heute noch als „Toricellische Leere“.

ueber die erfindung des barometers stationsbarometer

Durch seine Entdeckung und der Weiterentwicklung des Quecksilberbarometers konnten viele weitere Beobachtungen gemacht werden. Der berühmte Physiker Blaise Pascal, ein Zeitgenosse Torricellis, trug beispielsweise dazu bei, die theoretischen Grundlagen des Barometers weiter zu entwickeln. Er entdeckte unter anderem durch Experimente, dass sich der Luftdruck mit der Höhe über dem Meeresspiegel änderte. Das Quecksilberbarometer revolutionierte damit die Sichtweise auf die Atmosphäre und legte den Grundstein zur modernen meteorologischen Forschung. Durch Beobachtungen ließ sich schon recht bald erkennen, dass Luftdruckschwankungen mit Wetterwechseln zusammenhingen. Wenn der Luftdruck fiel, wurde es meist regnerisch und windig, wenn der Luftdruck stieg, lockerten die Wolken häufig auf und die Sonne zeigte sich. Die moderne Wettervorhersage war geboren.

Die ersten Luftdruck-Messungen wurden demnach mit „Höhe der Quecksilbersäule“ erfasst und hatten die Einheit Millimeter. Auch in Wetterkarten wurden Isobaren mit der Einheit Millimeter eingezeichnet wie beispielsweise im ersten „Internationalen Dekadenbericht der Deutschen Seewarte“ (siehe auch Thema des Tages vom 06.08.2024). Erst später hat sich die Einheit Hektopascal durchgesetzt. Einige, vor allem amerikanische Wetterstationen, melden aber bis heute noch „inHg“ also Höhe der Quecksilbersäule (Hg) in der Längeneinheit inch (in).

ersten internationalen dekadenberichts der deutschen seewarte
Seite 1 des ersten Internationalen Dekadenberichts der Deutschen Seewarte: 1. Juli bis 10. Juli 1900. Karte des Luftdrucks und der Temperaturabweichung sowie Schiffsbeobachtungen. Quelle: DWD, DWDBib

Bis vor wenigen Jahrzehnten wurde auch im Deutschen Wetterdienst unter anderen noch Quecksilberbarometer zur Messung des Stationsdruckes verwendet. Mittlerweile werden andere Messprinzipien zur Beobachtung des Luftdruckes genutzt, da zum einen ein Quecksilberbarometer unhandlich und schwer zu transportieren ist. Zum anderen ist Quecksilber auch giftig und eine elektronische Übermittlung des Luftdruckes wäre nur über Umwegen möglich. Für den normalen Hausgebrauch ist das Quecksilberbarometer also nicht zu empfehlen. Wer sich nach dem gleichen Messprinzip ein Wasser-Barometer bauen möchte, braucht dafür den nötigen Platz. Die Wasserröhre müsste nämlich aufgrund des geringeren spezifischen Gewichtes des Wassers über 10 Meter hoch sein. Viel weniger Platz benötigen dabei Dosenbarometer, die bereits im 19. Jahrhundert erfunden wurden, oder auch elektronische Barometer, die mittlerweile so klein sind, dass sie sogar in der ein oder anderen Fitnessuhr zu finden sind.

Sonja Stöckle
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.01.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Der geostrophische Wind – in kleiner, „appetitlicher“ Portion

In Mitteleuropa hat sich wettertechnisch aktuell ja etwas breit gemacht, was sich nicht nur wie Winter anfühlt, sondern was in höheren Lagen auch wie Winter aussieht – auch wenn der Blick auf den Kalender etwas anderes verspricht. Immerhin kann man aber konstatieren, dass sich über Mitteleuropa der Wind etwas beruhigt hat. Dieser ist in den vergangenen Tagen ja mitunter auch recht ruppig unterwegs gewesen.

Wenn man den Atlantik, das Mittelmeer oder auch das Nordmeer mit in die Betrachtung einbezieht, so zeigen sich aber auch aktuell einige Ecken, in denen der Wind auf die Tube drückt. Die beigefügte Abbildung zeigt für den gestrigen Mittwochmorgen in Gelb-, Orange- und Brauntönen Gebiete mit stärkerer Windentwicklung (Modelldaten aus ICON). Diesbezüglich fällt die Nordsee ins Auge, aber auch der Nordatlantik südöstlich von Grönland oder das westliche Mittelmeer (die beiden letztgenannten Gebiete sind dabei mit einem roten Kreis markiert). Im Mittelmeer ist es übrigens der Mistral – das bekannteste Windphänomen im bzw. am westlichen Mittelmeer – der mit voller Sturmstärke aus dem Rhônetal in den Löwengolf weht. Weitere Informationen zum Mistral stehen übrigens im zur Verfügung.

DWD Der geostrophische Wind in kleiner appetitlicher Portion

Neben den Starkwindfeldern sind in der Karte noch einige Hoch- und Tiefdruckzentren sowie die Isobaren, also die Linien gleichen Luftdrucks zu erkennen. Auffällig ist, dass der Wind immer dort kräftiger ausfällt, wo die Isobaren relativ eng zusammen liegen. Man sagt auch der Druckgradient, also der Druckunterschied in einer vorher festgelegten Entfernung, ist hoch. Und dieser Druckgradient ist oftmals, aber nicht immer der Auslöser für starken Wind.

Bei genauem hinsehen fällt auf: Obwohl der Mistral sogar etwas stärker weht als der namenlose Wind südöstlich von Grönland, ist der Druckgradient über dem westlichen Mittelmeer ein wenig schwächer ausgeprägt als auf dem Atlantik. Die entsprechenden Zahlenwerte finden Sie in den jeweiligen Erklärungskästen. Der Isobarenabstand bezieht sich dabei auf einen Druckunterschied von 3 Hektopascal und wurde im Bereich des stärksten Windes ermittelt.

Ist das ein Widerspruch zu der Aussage, dass der Wind vom Luftdruck abhängt? Nein, es gibt natürlich eine Erklärung. Sie wird von der Formel für den geostrophischen Wind geliefert, hier in einer etwas abgespeckten und damit appetitlicheren (oder einfach nur leichter verdaulichen) Form. Der geostrophische Wind stellt sich ein, wenn nur der Druckgradient und die von der Erdrotation verursachte Corioliskraft wirken. In der hier betrachteten zweidimensionalen Form lautet sie

DWD Der geostrophische Wind in kleiner appetitlicher Portion 1

Diese Formel ist weit weniger kompliziert als sie auf den ersten Blick aussieht. Der Wind, hier mit v abgekürzt, ist proportional zu Δp/Δx , dem letzten Faktor der Gleichung. Und der stellt letztendlich nichts anderes als den Druckgradienten dar, also die Änderung des Druckes p entlang einer Strecke x. Ist der Faktor groß, weht auch der Wind v entsprechend stark. Und wenn Δp/Δx zunimmt bzw. abnimmt, nimmt auch der Wind zu oder ab.

Im vorderen Teil der Gleichung stehen die drei physikalischen bzw. meteorologischen Größen ρ (Rho)ω (Omega) und sinφ (Sinus Phi). Sie stehen (zusammen mit dem Faktor 2, der hier im Weiteren unterschlagen wird) alle im Nenner eines Bruchs. Mit anderen Worten: Wenn diese Werte anwachsen, wird der Wert des Bruches kleiner und der Wind nimmt – von seinem Betrag her – ab.

Bei der Größe ω handelt es sich um die Winkelgeschwindigkeit der Erde, ein Maß für deren Rotationsgeschwindigkeit. Sie ist glücklicherweise konstant, sonst hätten wir zu den aktuell ohnehin schon großen Problemen auf unserem Planeten noch einige mehr zu meistern. Die zweite Größe ist ρ, die Luftdichte. Ist sie hoch, etwa auf der Erdoberfläche, so ist der Wind relativ schwach. Ist sie gering, etwa in größeren Höhen, so ist der Wind kräftiger. Für unsere Fragestellung aber ist sinφ die entscheidende Größe. Dabei ist φ selbst der Winkel der jeweiligen geographischen Breite, d.h. φ ist am Äquator 0°, am Nordpol 90° groß. Daraus ergibt sich für sinφ am Äquator der Wert null, am Nordpol aber der Wert eins – und sinφ wird kontinuierlich größer, je weiter man nach Norden zum Pol kommt.

Bezogen auf die Windgeschwindigkeit lässt sich daraus ableiten, dass der Wind bei gleichem Δp/Δx und bei gleicher Luftdichte ρ in höheren Breiten (also weiter im Norden) schwächer weht als in der Nähe des Äquators. Und genau das konnte man auch am gestrigen Mittwoch beobachten. Obwohl im Bereich des Mistrals der Druckgradient etwas geringer gewesen ist als über dem Nordatlantik, zeigte sich der Wind dort schneidiger als im höheren Breiten. Und dieser Effekt ist genau diesen höheren Breiten geschuldet.

Auf der Südhalbkugel verhält es sich übrigens ähnlich – aber mit umgekehrtem Vorzeichen. Der Wind wird bei gleichem Druckgradienten schwächer, je näher man zum Pol kommt. Aber er wird durch die Erdrotation dort in die andere Richtung abgelenkt. Mathematisch macht sich dies durch ein „Minus“ bemerkbar, das sich über sinφ in die Gleichung „schummelt“. Und offensichtlich zeigt sich dies auch daran, dass auf der Südhalbkugel, im Gegensatz zur Nordhalbkugel, der Wind im Uhrzeigersinn um Tiefdruckgebiete und entgegen dem Uhrzeigersinn um Hochdruckgebiete weht.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.04.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst