In Anlehnung an die Themenreihe „Der Einfluss von Wetter und Klima auf die Menschheitsgeschichte“ (Links zu den beiden bisherigen Teilen siehe unten) geht es heute um den „Schoolchildren’s Blizzard„.
Dieser Schneesturm fegte am 12. Januar 1888 über die US-amerikanischen Bundesstaaten der nordamerikanischen Great Plains und jährt sich am heutigen Freitag somit zum 135. Mal. Er forderte mindestens 200 Todesopfer, wobei die genaue Zahl eher höher liegen dürfte, da viele Menschen noch in den darauffolgenden Wochen an den Folgen ihrer Erfrierungen starben. Unter den Opfern waren viele Schulkinder, was dann auch letztendlich namensgebend für den Schneesturm war. Entweder wurden sie zu Beginn des Schneesturms von den Lehrern nach Hause geschickt oder sie harrten teils unzureichend bekleidet in den schlecht gedämmten Schulgebäuden aus, wo häufig das Heizmaterial ausging.
Bereits wenige Tage zuvor wehte ein Schneesturm über das Land. Der 12. Januar begann hingegen mild und sonnig. Viele Schulkinder wurden daher wieder zur Schule geschickt und die Farmer verrichteten liegengebliebene Arbeiten im Freien. Sie wussten nicht, dass am 11. Januar im Bereich von Alberta (Kanada) ein Bodentief entstanden war. Dieses war nach Montana und nachfolgend in den Nordosten von Colorado gezogen und hatte sich dabei verstärkt. Am 12. Januar gegen 15 Uhr erreichte es den Südosten von Nebraska und gegen 23 Uhr schließlich den Südwesten von Wisconsin. Dessen Warmfront führte zu den milden Bedingungen am Morgen. Der Schneesturm wurde dann durch das Zusammentreffen der (arktischen) Kaltfront mit einer warmen und feuchten Luft aus dem Golf von Mexiko ausgelöst. Die Temperaturen rasten binnen weniger Stunden in den Keller. Es wird davon berichtet, dass auch -40 Grad gemessen werden konnten.
Nachfolgend gab es viele Augenzeugenberichte, wie schnell und wie heftig der Schneesturm aufzog. Ein Augenzeuge beschrieb das Szenario beispielsweise mit großen Baumwollballen, die heranrollten. Sergeant Samuell Glenn, der sich zu diesem Zeitpunkt gerade auf einem Flachdach befand, schilderte, dass „die Luft etwa eine Minute lang völlig unbewegt und die Stimmen und Geräusche von der Straße unten wirkten, als drängen sie aus großer Tiefe herauf“. Zudem sei die Luft binnen kürzester Zeit „mit Schnee so fein wie gesiebtes Mehl gefüllt“ gewesen und man hätte selbst Gegenstände in nächster Nähe nicht mehr gesehen. Viele berichteten, dass dem Sturm ein lautes Geräusch verglichen mit einem herannahenden Zug vorausging. Dies kann möglicherweise damit erklärt werden, dass mit den ersten Böen bereits liegender Schnee nach oben gerissen wurde. Die Sichtweiten waren binnen kürzester Zeit stark reduziert, sodass die Orientierung sofort verloren ging. So wurde beispielsweise eine erfrorene Frau nicht weit entfernt von ihrer Haustür aufgefunden, die den Haustürschlüssel noch in der Hand hatte.
Dieses Ereignis wurde später auch in Literatur, Kunst und Musik aufgegriffen. In dem 1986 veröffentlichten Gedichtband „The Blizzard Voices“ erinnert Ted Kooser an zahlreiche Einzelschicksale. Ein halbabstraktes Wandmosaik im Nebraska-State-Capitol-Gebäude erzählt die Geschichte einer Lehrerin, die ihre Schüler mit einer Wäscheleine zusammenband und sicher durch den Sturm führte. Dieses Mosaik soll die Lehrerin Minnie Mae Freeman Penney darstellen, die als eine Heldin dieses Ereignisses gilt, da sie mehrere Kinder rettete. Ihr zu Ehren wurde ein Lied gewidmet.
Nur zwei Monate später wurden die Oststaaten von einem weiteren schweren Schneesturm heimgesucht. Dieser Schneesturm ging als der „Große Blizzard“ von 1888 in die Geschichte ein.
Kalt war es auch am 12. Januar 1987 im schweizerischen La Brévine, aber es herrschten immerhin keine solchen stürmischen Verhältnisse. Dieser Ort liegt im Neuenburger Jura im nahezu komplett abgeschlossenen Vallée de la Brévine. An diesem Tag wurden dort -41,8 Grad gemeldet, was den Kälterekord an einem bewohnten Ort in der Schweiz darstellt. Im Winter sammelt sich die kalte Luft in diesem Tal und kann in Strahlungsnächten (kaum Wolken bei schwachen Windverhältnissen) besonders gut weiter auskühlen. Aufgrund der Tatsache, dass dabei nicht selten Temperaturen von -30 Grad oder weniger erreicht werden, wird dieser Ort auch als „Sibirien der Schweiz“ bezeichnet.
Zum Thema „Kälte“ soll nicht unerwähnt bleiben, dass am morgigen Samstag in Großbritannien das „Fest des Hilarius von Poitiers“ begangen wird. Dieses Fest wird auch als der „kälteste Tag des Jahres“ gefeiert. Die Zusammenhänge sind da schnell erzählt: Der 13. Januar ist der Gedenktag für besagten Bischof und Kirchenlehrer und aus Großbritannien finden sich einige historische Berichte, die ein eisiges Temperaturniveau rund um dieses Datum dokumentieren.
Kalt war es in den letzten Tagen auch hier in Deutschland. So meldete beispielsweise die Station Bad Berka (Flugplatz) bis einschließlich der Nacht zum gestrigen Donnerstag in drei aufeinanderfolgenden Nächten eine Tiefsttemperatur von weniger als -15 Grad. Frostige Nächte gibt es gebietsweise zwar auch weiterhin, zweistellige Minusgrade werden aber allenfalls noch direkt an den Alpen erreicht.
M.Sc. (Meteorologin) Tanja Sauter
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.01.2024
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