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Wenn man einen “gewischt” bekommt…

Sicherlich kennen Sie das: Man gibt jemandem die Hand oder will nach dem Aussteigen die Autotür zuschlagen und Zack, bekommt man einen “gewischt”. Wenn Sie mal genauer darüber nachdenken, werden Sie vielleicht feststellen, dass Sie besonders im Winter “Opfer” dieser elektrischen Schläge wurden.

Warum das so ist, hat etwas mit der Feuchtigkeit der Luft zu tun. Die Luft ist im Winter nämlich trockener als im Sommer – zumindest was den absoluten Feuchtegehalt angeht. Das liegt daran, dass sie in den Wintermonaten im Normalfall deutlich kälter ist als im Sommer und somit weniger Wasserdampf aufnehmen kann. Während beispielsweise 1  Luft bei 20 Grad 17 g Wasserdampf speichern kann, sind bei 0 Grad nur noch maximal 5 g möglich. Bei -10 Grad reichen schon etwa 2 g Wasserdampf um 1  Luft zu sättigen.

Nun ist es aber auch so, dass man es in manchen Regionen gerade im Winter immer wieder mit zähem Nebel und Hochnebel zu tun hat und der besteht bekanntermaßen ja aus Wassertröpfchen. Zumindest dort könnte man jetzt natürlich sehr starke Zweifel an der Aussage hegen, die Luft im Winter sei trockener als im Sommer. Und diese Zweifel sind – relativ betrachtet – definitiv korrekt. Die sogenannte relative Feuchtigkeit gibt nämlich das Verhältnis zwischen der tatsächlich in der Luft befindlichen Wasserdampfmenge und der bei denselben Bedingungen maximal möglichen an. Trägt sie diese Maximalmenge in sich, ist sie gesättigt, wie man im Fachjargon sagt. Ihre relative Feuchte beträgt dann 100 % und es bilden sich Wolken oder Nebel.

Obwohl die Luft im Winter also absolut gesehen trockener ist als im Sommer, muss das relativ betrachtet nicht zwingend zutreffen, ganz im Gegenteil. Innerhalb von beheizten Räumen sieht das aber deutlich anders aus. Durch diverse Verdunstungsprozesse ist die Luft innerhalb eines Raums mit einem gewissen Feuchtegehalt angereichert. Beim Lüften wird diese durch kalte Luft ersetzt, die eine geringere (absolute) Wasserdampfmenge vorweist. Erwärmt man sie nun wieder auf dieselbe Raumtemperatur wie vor dem Lüften, ist sie in der Folge trockener.

Nun aber zur Elektrik! Unser Körper lädt sich tagtäglich auf, beispielweise durch die Reibung von Kleidung auf der Haut. Gleichzeitig stehen wir aber auch in ständigem Ladungsaustausch mit der Luft. Dieser Austausch klappt umso besser, je feuchter die Luft ist. Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich, dass er bei trockener Luft deutlich gehemmter vonstattengeht. Das führt wiederum dazu, dass sich unser Körper mehr und mehr auflädt, bis er schließlich etwas findet, über das der Ladungsüberschuss abfließen kann. Und das kann dann eben die Autotür oder die Hand des Gegenüber sein. Aber wie auch immer, die Entladung erfolgt im wahrsten Sinne des Wortes “schlagartig”.

Gefährlich ist dieser kleine Stromschlag übrigens nicht, es gibt aber sicherlich angenehmeres, oder? Wenn Sie das Risiko dafür, einen “gewischt” zu bekommen, reduzieren möchten, können Sie beispielsweise für eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit im Raum sorgen oder sich mit einer Feuchtigkeitscreme eincremen.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.01.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Guter Klang

In unserer beliebten Rubrik bleibt es heute musikalisch. Bereits beim gestrigen Thema des Tages wurde Bezug auf den heutigen internationalen “Tag ohne Musik” genommen und eine interessante Zeitreise durch sämtliche Jahrzehnte mit bekannten Hits und Bands mitsamt Wetterbezug unternommen. Der auf den britischen Konzeptkünstler Bill Drummond bis ins Jahr 2005 zurückgehende “Feiertag” soll keinesfalls gegen das Musizieren gerichtet sein, sondern vielmehr darauf aufmerksam machen, dass bei unserem überbordenden Medienkonsum heutzutage “Musik” an allen Ecken und Enden auftaucht – und sei es “nur” in Hintergrundgeräuschen, als eingespieltes Intro, Werbung zwischendurch oder in welcher Form auch immer. Laut Drummond täte es uns allen gut, mal innezuhalten und Musik wieder viel bewusster wahrzunehmen. Mal Hand aufs Herz: Hören Sie sich jede Sprachnachricht, jedes Video auf YouTube oder TikTok, jedes Lied im Radio oder auf Spotify, jedes Musical oder Sinfonieorchester (die Auswahl ist beliebig erweiterbar) bewusst und konzentriert von Anfang bis Ende an? Vermutlich die wenigsten von uns. Oft sind wir gedanklich längst woanders, wischen weiter, fühlen uns gestresst oder einfach nicht unterhalten genug. Schade eigentlich. Umso wichtiger ist es, daran zu erinnern, mal einen Moment der Stille zu genießen, um fortan Dinge wieder bewusster wahrzunehmen. Genau dafür soll der heutige Tag eigentlich genutzt werden.

Doch so richtig Spaß macht es doch erst, wenn man ein Instrument selber spielen lernt, singt (es zumindest versucht) oder aber denen andächtig lauscht, die es können. Zu den mit am häufigsten genannten Punkten, was man im Laufe seines Lebens bereut, gehört neben Berufs- und Beziehungsthemen im Bereich der persönlichen Entwicklung “nie ein Instrument gelernt zu haben”. Aus eigener Erfahrung sowie im Kollegium kann bestätigt werden: Dafür ist es nie zu spät!

Kommen wir nun aber zum eigentlichen Kern des Artikels, nämlich der Fragestellung, welche raumklimatischen Bedingungen ein bestimmtes Instrument bevorzugt. Starten wollen wir mit einem Klassiker: Der Gitarre. Egal ob platzsparend verstaut an der Wandhalterung oder aber im Gitarrenständer geparkt, es macht einen Unterschied, ob sie die Gitarre auf dem Dachboden, im Bad oder im Keller lagern. Im Gegensatz zu den robusten E-Gitarren bietet der hohle, relativ dünne Korpus akustischer Gitarren mit seinen oft unlackierten Oberflächen (zumindest mal im offenen Innenraum) ganz andere Angriffsflächen. Entscheidend ist die ideale Luftfeuchtigkeit zwischen 45 und 55 Prozent. Da Holz bekanntlich “arbeitet”, zieht es sich bei zu geringer Luftfeuchte zusammen beziehungsweise quillt bei zu hoher Luftfeuchte auf. Bei Ersterem kann es im Laufe der Zeit zu scharfkantigen Brüchen kommen, da sich das Griffbrett zusammenzieht; die Bundstäbchen, die aus Metall sind, aber nicht. Abhilfe schafft hier im Zweifel ein Gitarrenbefeuchter, ein kleines Etui mit eingebautem Schwämmchen. Zu hohe Luftfeuchtigkeit (auch in Verbindung mit hohen Temperaturen) erhöht das Risiko des Lösens von Verleimungen. Auch hierbei kann es im Laufe der Zeit zu starken Verwerfungen kommen, die ein Spielen unmöglich machen. Zudem besteht die Gefahr des Schimmelbefalls und anderer Holzkrankheiten. Daher ist es empfehlenswert, auch in diesen mitunter vielleicht seltener benutzten Räumen regelmäßig zu lüften, ein Hygrometer (Feuchtemessgerät) zur Kontrolle aufzustellen und direkte Nähe zu Heizkörpern zu vermeiden. Da häufig verschiedene Hölzer innerhalb einer akustischen Gitarre verbaut sind, ergeben sich manchmal zusätzliche Spannungsverhältnisse, da die Sorten unterschiedlich auf die vorhandenen Feuchtebedingungen reagieren. Extreme Temperaturen unter 0 Grad Celsius respektive über 40 Grad sind generell zu vermeiden, ebenso starke Temperaturschwankungen innerhalb kurzer Zeit. Also einfach mal im Winter die Gitarre nach längerem Außentransport noch etwas in der Tasche lassen und im Sommer vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Da sind verstimmte Saiten als weitere Folge noch das geringste Übel.

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Ähnliches gilt entsprechend auch für alle Holzblasinstrumente. Hier liegt die ideale Raumfeuchte sogar bei rund 60 Prozent. Durch anhaltende Feuchtigkeit können Federn und Achsen rosten und die Versilberung kann beeinträchtigt werden. Deshalb sollten Blasinstrumente generell nach jedem Gebrauch auseinandergenommen und die Teile (inklusive Mundstück und Blatt) mit einem Wischer getrocknet werden. Bei der allgemeinen Pflege müsse zudem auch Holz und Mechanik öfter geölt werden, bei der Gitarre reicht es oft beim Saitenwechsel aus.

Auch Flügel und Klaviere sind aus hochwertigen Naturmaterialien gefertigt und reagieren sensibel auf Veränderungen von Temperatur und Luftfeuchte. Ihr “Wohlfühlfenster” liegt ebenfalls bei rund 20 Grad sowie 50 Prozent relativer Luftfeuchte. Dauerhafte Werte über 60 beziehungsweise unter 40 Prozent sollten unbedingt vermieden werden. Da sich dies bei Lagerungen, Transporten, aber häufig auch nur begrenzt zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten im Vergleich zu deutlich kleineren Instrumenten mitunter nur schwer umsetzen lässt, gibt es einbaubare Systeme, die das Raumklima innerhalb des Pianos effektiv und erfolgreich regulieren. Damit man auch bis zum 21. November 2024 Freude an “Tagen MIT Musik” hat.

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.11.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Von Flüssen und Fluten

Wenn das Wort „Schottland” fällt, denkt man ja oft schon an den nächsten Urlaub, an Whisky (hier bitte ohne „e”!), die alten Gemäuer Edinburghs und Dudelsackmusik. Auch darüber ließe sich eine Menge schreiben, aber wir sind ja immer noch ein Wetterdienst und kein Reiseblog. Kommen wir also zum Thema: Während das Wetter bei uns im Süden bereits am vergangenen Wochenende noch immer recht sommerlich anmutete – die Höchstwerte lagen unter anderem am Oberrhein bei Werten um 25°C – hatten andere Teile Europas mit teils heftigen Regenfällen zu kämpfen. In diesem Fall traf es vor allem das südliche und zentrale Schottland inklusive der Highlands. Dort kam es unter anderem auch in größeren Städten wie Glasgow zu Überflutungen.

Dafür verantwortlich war eine nahezu stationäre Warmfront mit kräftigen und langanhaltenden Aufgleitniederschlägen. Die dafür nötigen Zutaten lieferten zwei Hauptakteure. Nummer Eins: Ein kräftiges Tief auf dem Atlantik, dessen Frontensystem bis nach Schottland reichte. Nummer 2: Ein ebenso kräftiges Hochdruckgebiet über Südwesteuropa. Beide zusammen sorgten für eine starke Strömung um das Hochdruckgebiet herum Richtung Schottland, wo die Luftmassen sich abregnen konnten. An dieser Stelle kommt noch ein dritter Faktor ins Spiel: Die Feuchte. Kräftiger Dauerregen ist nur mit ausreichend großer Zufuhr von Luftfeuchtigkeit möglich, und genau diese fand hier statt. Das Atlantiktief war nämlich in der Lage, subtropische Luftmassen über dem Meer anzuzapfen und bis in die mittleren Breiten zu transportieren. Im Zusammenspiel mit dem südwesteuropäischen Hochdruckblock griffen also die Zahnräder ineinander, sodass sehr viel Luftfeuchtigkeit aus südlichen Breiten bis nach Schottland und darüber hinaus gelangen konnte. Abbildung 1 zeigt den Transport von hohen Feuchtigkeitsmengen („Integrated Water Vapor”) nach Europa, wobei die Mengen über Schottland lokal betrachtet ein Maximum erreichen.

Solche Transport- oder Förderbänder von viel Luftfeuchtigkeit über hohe räumliche Distanzen kommen hin und wieder vor. Sie sorgen beim Auftreffen auf Land oft für heftige Niederschläge und Überflutungen. Ein klassisches Beispiel dafür sind derartige Wetterlagen, die oftmals zu Überschwemmungen in Kalifornien führen. Aufgrund der großen räumlichen Ausdehnung und der Menge an transportiertem Wasserdampf heißen diese atmosphärischen Förderbänder im englischen „Atmospheric River”, also „Atmosphärischer Fluss”, wobei sich der Fluss hier tatsächlich auf das Fließgewässer bezieht (es gibt auch noch den „Fluss” als physikalischen Prozess, dieser heißt im englischen allerdings „flux”).

DWD Von Fluessen und Fluten

Geregnet hat es am Ende eine Menge. Teilweise kamen Monatssummen innerhalb eines Tages zusammen. Bereits am vergangenen Freitag kamen schon verbreitet um 30 mm Niederschlag zusammen. Auf die dadurch bereits gesättigten Böden fiel dann am Folgetag nochmals die doppelte Menge. Die uns zur Verfügung stehenden Messwerte zeigen 24-stündige Summen von bis zu 65 mm. Allerdings ist aufgrund der Beschaffenheit der schottischen Gebirgslandschaft davon auszugehen, dass an einigen Stellen noch deutlich mehr gefallen ist, auch wenn aufgrund der dafür verantwortlichen Aufgleitvorgänge die Orografie nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte.

DWD Von Fluessen und Fluten

Gehört hat man von diesem Ereignis hierzulande zwar nicht allzu viel, aber der ein oder andere Zeitungsartikel lässt sich durchaus finden. Zum Beispiel berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung(siehe weitere Informationen zum Thema) via Agenturmeldung über das Hochwasser.

M.Sc. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst