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Gewitternachlese

Aus einem Höhentiefkomplex über den Britischen Inseln bildete sich bereits am Donnerstag ein Tiefdruckgebiet über der Biskaya. Es wurde auf den Namen FRIEDA getauft, stellte sich aber als wenig friedvoll heraus. FRIEDA zog am Donnerstag unter Verstärkung ost-nordostwärts über Frankreich hinweg und erreichte am Freitagmorgen (12.07.2024) den Westen und Südwesten Deutschlands. Auf ihrer Vorderseite führte sie extrem feuchte Mittelmeerluft ins Land und so bildeten sich bereits in den frühen Morgenstunden erste Schauer und Gewitter im Südwesten.

DWD Gewitternachlese

Die Schauer und Gewitter verlagerten sich in der ersten Tageshälfte nordostwärts, immer an der Vorderseite des Tiefs. Um die Mittagszeit lag FRIEDA über der westlichen Mitte Deutschlands. Die Gewitter zogen langsam in den Osten, wo sie in feucht-warmer und durch die Sonne aufgeheizter Luft Energie tankten und sich zu Unwettern entwickelten. Nördlich des Tiefs verlagerten sich Regenfälle nordwärts, die zunächst nur wenig Unwetterpotenzial hatten.

DWD Gewitternachlese 1

In der zweiten Tageshälfte zog die Kaltfront des Tiefdruckgebietes von Westen her in die westlichen und südwestlichen Landesteile. Sie labilisierte vorlaufend die eingeflossene feucht-warme Luftmasse und löste so heftige Gewitter im Süden Deutschlands aus. Auch im Norden wurde die Luft zunehmend instabil, sodass sich ebenfalls Gewitter bildeten. Im Osten verlagerten sich die Gewitter weiter ost-nordostwärts und zogen am Abend nach Polen ab.

 

DWD Gewitternachlese 4

In den Abendstunden lag die Kaltfront in einem Bogen über Deutschland, der vom Nordwesten über die Mitte bis zum Bodensee reichte. Auf der Vorderseite gab es vor allem im noch mit energiereicher Luft gefluteten Süden heftige Gewitter. Auch im Norden gab es teils kräftige Gewitter, im Osten beruhigte sich die Lage zunehmend. Im Westen floss hinter der Kaltfront stabilere und kühlere Luft ein, dort traten keine Gewitter mehr auf.

DWD Gewitternachlese 3

In der Nacht zum Samstag verlagerte sich die Kaltfront weiter ostwärts und verdrängte allmählich die feucht-warme Luft ost- und südostwärts. Nach Mitternacht ließen die Gewitter rasch nach. Übrig blieben noch skalige Regenfälle an der Front, die sich erst am Samstagvormittag über den Nordosten verabschiedeten.

Wie bereits geschrieben, war die Luftmasse extrem feucht. Das niederschlagbare Wasser (ppw = potential precipitable water) lag teils über 40 Millimeter pro Stunde. In den Warnkriterien des DWD bedeuten mehr als 40 mm/h extrem heftiger Starkregen. Das Potenzial für Gewitter mit extremem Starkregen war also gegeben.

DWD Gewitternachlese 2

Die Messungen aus dem Messnetz des Deutschen Wetterdienstes ergaben lokal sogar noch höhere Regenmengen. So wurden in Coesfeld (NRW) am Nachmittag 53,7 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde gemessen. Auch in Ostritz (SN) gab es mit 46 Liter pro Quadratmeter und in Kempten (BY) mit 43,7 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde am Abend extrem heftigen Starkregen.

Weitere (ausgewählte) Werte zum Starkregen:

Kloster Schäflarn (BY) 46,0 Liter/Quadratmeter
Tacherting (BY) 44,0 Liter/Quadratmeter
Reken (NRW) 39,4 Liter/Quadratmeter
Leipzig-Grünau (SN) 38,4 Liter/Quadratmeter
Feistenaich (BY) 33,0 Liter/Quadratmeter
Harth-Pöllnitz Neundorf (TH) 32,5 Liter/Quadratmeter
Winden (BW) 29,0 Liter/Quadratmeter
Köckte (ST) 26,0 Liter/Quadratmeter

Neben dem Starkregen gab es auch Hagel, der vom Messsystem leider nicht erfasst werden kann. Nutzermeldungen in der WarnWetter App und Daten aus dem Radarverbund des DWD lassen aber vor allem im Süden auf Hagelkorngrößen bis zu 4 cm schließen. Nach Norden hin war der Hagel meist deutlich kleiner. Meldungen belegten auch größere Hagelansammlungen im Süden Bayerns.

Vom Messnetz erfasst wurden teils schwere Sturmböen. In Baden-Württemberg und Bayern gab es in Verbindung mit Gewittern sogar orkanartige Böen (Stimpfach-Weipertshofen (BW) und Lindau (BY) je 104 km/h und somit Beaufort 11).

Weitere (ausgewählte) Windböen:

Spiekeroog (NI) 98 km/h (Bft 10)
Vogtareuth (BY) 97 km/h (Bft 10)
Altenstadt (BY) 94 km/h (Bft 10)
Schönharting (BY) 94 km/h (Bft 10)
Kempten (BY) 76 km/h (Bft 9)
Bückeburg (NI) 72 km/h (Bft 8)
Lindenberg (BB) 69 km/h (Bft 8)
Celle (NI) 68 km/h (Bft 8)

An diesem Wochenende liegt FRIEDA über der Nordsee und führt weiterhin feuchte und instabile Luft in den Norden und Nordwesten. Dort kann es weitere Schauer und auch einzelne Gewitter geben, allerdings sind Unwetter unwahrscheinlich.

Im übrigen Bundesgebiet setzt sich allmählich schwacher Zwischenhocheinfluss durch, bevor am Montag ab dem Abend ein neues Tiefdruckgebiet von Westen und Südwesten her wieder verbreitet Schauer und Gewitter bringt. Dann besteht abends und in der Nacht zum Dienstag erneut Unwettergefahr.

Diplom-Meteorologin Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.07.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Satellitenmeteorologie (Teil 3) – Von kreisenden Adleraugen und unermüdlichen Ruhepolen

Wettersatelliten sind in der heutigen modernen Meteorologie nicht mehr wegzudenken. Mit ihrem Blick aus dem Weltall auf unsere Erde leisten sie unter anderem unschätzbare Dienste bei der Wetteranalyse und der Vorhersage der nachfolgenden Stunden. Insbesondere in Regionen, in denen es kaum Wetterbeobachtungen vor Ort gibt (z.B. Ozeane, Wüsten, unbesiedelte Regionen), sind die Daten von Wettersatelliten unverzichtbar. Im dritten Teil dieser Reihe widmen wir uns den beiden sehr unterschiedlichen Arten von Wettersatelliten – den geostationären und den polarumlaufenden Satelliten. Beide haben gewisse Vor- und Nachteile, ihre Kombination liefert uns schließlich das bestmögliche Abbild des Wetters rund um den Globus.

Schauen wir uns zunächst die geostationären Satelliten an, die man mit etwas Augenzwinkern auch als unermüdliche Ruhepole bezeichnen könnte. Von der Erde aus betrachtet befinden sich diese Satelliten nämlich immer an derselben Stelle über dem Äquator, sie scheinen sich also für den Erdbeobachter nicht zu bewegen. Tatsächlich bewegen sich geostationäre Satelliten im Weltall natürlich schon; sie drehen sich mit derselben Winkelgeschwindigkeit um die Erde wie die Erde um sich selbst, sie folgen also der Erdrotation. Der Satellit verhält sich, als wäre er an einer senkrechten langen starren Stange an einem Ort über dem Äquator befestigt und bewege sich mit der sich drehenden Erde. Mithilfe der Newtonschen Gesetze kann man berechnen, dass dies nur auf einer Kreisbahn in einer Höhe von etwa 35.800 Kilometern über dem Äquator möglich ist, der geostationären Umlaufbahn.

Dass sich geostationäre Satelliten also wie ein Ruhepol immer über derselben Stelle der Erde befinden, hat zwei entscheidende Vorteile. Zum einen ist die hohe zeitliche Auflösung zu erwähnen. Alle 5 bis 15 Minuten machen sie neue Aufnahmen von der Erde. Zum anderen “sehen” die Satelliten bei jeder Aufnahme immer denselben Bildausschnitt, sodass man mit ihnen leicht Satellitenfilme erzeugen kann, die beispielsweise die Bewegungen von Wolkenfeldern im Zeitraffer zeigen. Man kennt diese Filme aus den Medien, aber auch in der synoptischen Meteorologie werden sie benutzt, um die Verlagerung und Veränderung von Wolken und Druckgebilden zu analysieren und ihre zukünftige Entwicklung abzuschätzen.

DWDssSatellitenmeteorologie Teil 3 Von kreisenden Adleraugen und unermuedlichen Ruhepolen

Geostationäre Satelliten haben aber auch Nachteile. Durch die recht große Entfernung zur Erde ist selbst mit den besten Radiometern (siehe Teil 1 zur Satellitenmeteorologie) die räumliche Auflösung begrenzt (Abbildung 1). Senkrecht unterhalb der Satelliten beträgt die Auflösung je nach Messgerät ca. 1 bis 5 km. Zu allen vier Bildrändern hin wird die Auflösung immer schlechter. In Ost-West-Richtung kann dies durch eine ausreichende Anzahl geostationärer Wettersatelliten ausgeglichen werden, die von der europäischen EUMETSAT (Meteosat-Satelliten), dem amerikanischen Wetterdienst NOAA (GEOS-Satelliten) sowie von den japanischen, chinesischen und indischen Wetterdiensten betrieben werden. Nach Norden und Süden hin haben aber alle geostationären Satelliten das gleiche Problem. Je weiter man sich vom Äquator entfernt, desto schräger blickt der Satellit auf die Erde (Effekt von Blickwinkel und Erdkrümmung) und desto unschärfer werden demnach die Aufnahmen. Von den beiden Polen der Erde (und deren Umgebung) können geostationäre Satelliten aufgrund der Erdkrümmung keinerlei Aufnahmen machen.

Die genannten Nachteile gleichen die sogenannten polarumlaufenden Satelliten aus, die kreisenden Adleraugen unter den Satelliten. Sie bewegen sich auf einer polaren, sonnensynchronen Umlaufbahn um die Erde. Anders als die geostationären Satelliten fliegen die polarumlaufenden Satelliten also über den Erdbeobachter hinweg. Ein Umlauf dauert etwa 100 Minuten und die Erde wird in 12 Stunden einmal komplett abgetastet. Jeder Ort wird also von einem polarumlaufenden Satelliten zweimal täglich zu denselben Uhrzeiten überflogen, wo wir bereits beim Nachteil dieser Satelliten wären, der geringen Bildwiederholfrequenz (12 Stunden bzw. im sichtbaren Bereich ein Bild pro Tag pro Satellit). Von Vorteil ist hingegen, dass die polarumlaufenden Satelliten in einer Höhe von nur ca. 800 Kilometern über der Erdoberfläche kreisen, wodurch die Satellitenaufnahmen eine deutlich höhere räumliche Auflösung von ca. 100 bis 1000 m besitzen (Abbildung 2). Zudem nehmen sie auch an beiden Polen scharfe Bilder auf. Polarumlaufende Satelliten werden von den europäischen, amerikanischen, chinesischen und russischen Wetterdiensten betrieben.

DWDssSatellitenmeteorologie Teil 3 Von kreisenden Adleraugen und unermuedlichen Ruhepolen 1

Beide Satellitenarten in Kombination bilden die Erde lückenlos ab. Schnelle Bildfolgen in räumlich begrenzter Auflösung liefern die geostationären Satelliten, für hochaufgelöste Aufnahmen sowie für die Erfassung der Pole dienen polarumlaufende Satelliten.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.07.2024
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Superzellen – was ist das eigentlich?

Um es gleich vorweg zu sagen: Es gibt nicht die eine Superzelle. Vielmehr bezeichnet der Begriff einen Gewittertyp mit ganz bestimmten Eigenschaften, der ihn von anderen Gewittern unterscheidet.

Wesentliches Merkmal einer Superzelle, über die sie sich auch definiert, ist die Rotation der Gewitterzelle. Genauer gesagt rotiert dabei der Aufwind um eine vertikal ausgerichtete Achse. Der Aufwind bewegt sich also spiralförmig nach oben. Grundsätzlich sind Superzellen eine Art von „organisiertem” Gewitter (es gibt auch noch andere Arten). Der Begriff „organisiert” bezieht sich dabei auf die Tatsache, dass in einer solchen Gewitterzelle Auf- und Abwinde voneinander getrennt sind. In einer handelsüblichen normalen Gewitterzelle sind Auf- und Abwinde dagegen zufällig angeordnet und von eher chaotischer Natur.

Oftmals rotiert der Aufwind in einer solchen Superzelle in zyklonale Richtung, also in dieselbe Richtung wie ein Tiefdruckgebiet. Aus diesem Grund wird dieser Teil einer Superzelle oft auch „Mesozyklone” genannt. Der Wortbestandteil „Meso-” bezieht sich dabei auf die Größenordnung dieses Wirbels. Dieser ist mit einem Durchmesser von meist zwischen 2 und 10 km deutlich kleiner als ein klassisches Tiefdruckgebiet. Diese haben in der Regel einen Durchmesser von 100 bis 1000 km.

Aber nicht nur aufgrund der Rotation kann man von einer Zyklone sprechen. Eine Superzelle weist auch weitere Eigenschaften eines Tiefdrucksystems auf, wie zum Beispiel eine Art Frontensystem. Neben dem Aufwindbereich unterscheidet man dabei verschiedene Abwindbereiche. Diese werden üblicherweise mit englischer Nomenklatur bezeichnet. Dabei existiert ein vorder- und ein rückseitiger Abwind, „Forward Flank Downdraft” und „Rear Flank Downdraft” genannt (Abkürzung FFD und RFD). In diesen Bereichen gelangt kalte Luft aus großen Höhen hinunter bis zum Boden, während andersherum die warme und feuchte Luft im Aufwind nach oben befördert wird. So ein Gewitter ist also ein riesiger Austauschmechanismus zwischen kalter Höhenluft und warmer Bodenluft, wenn die Temperaturunterschiede zwischen den Schichten zu groß werden.

Oftmals lässt sich am Rande einer Superzelle eine Kette von Haufenwolken beobachten: Die sogenannte „Flanking Line”. Dabei trifft warme Luft am Boden, die von der Zelle angesaugt wird („Inflow” genannt) auf den Pool ausfließender kalter Luft auf der Rückseite der Superzelle (RFD). Dabei muss die warme Luft des Inflows zwangsläufig auf die dichtere kalte Luft aufgleiten. Dabei bildet sich die Wolkenkette aus (Alle Features siehe Abbildung 1).

DWD Superzellen – was ist das eigentlich

Damit sich aber insbesondere Gewitter in Form von Superzellen ausbilden können, sind einige Randbedingungen vonnöten. Zum Einen braucht es ein gewisses Maß an Instabilität in der Troposphäre, der in der Regel durch den Parameter „CAPE” zum Ausdruck kommt. Zum Anderen ist Windscherung ein unabdingbares Kriterium, damit sich entstehende Gewitter entsprechend organisieren können. Scherung bezeichnet dabei die Änderung von Windgeschwindigkeit (Geschwindigkeitsscherung) und Windrichtung (Richtungsscherung) mit der Höhe. Je stärker diese ausgeprägt sind, desto besser können sich organisierte Gewitterzellen und insbesondere Superzellen bilden.

Die vorhandene Windscherung sorgt auch dafür, dass sich bestimmte Begleiterscheinungen nahezu ausschließlich im Rahmen eines superzellulären Gewitters ausbilden können. Da wäre zunächst der große Hagel zu nennen, der sich vor allem aufgrund der speziellen Aufwindstruktur ausbilden kann. In besonders gut ausgeprägten Superzellen erreichen die Körner hier schnell Größen von über 4 cm. Weitere Phänomene stehen vor allem mit Wind in Zusammenhang. Da wäre zunächst der sogenannte „Downburst” zu nennen. Downbursts sind heftige Fallwinde. Sie entstehen, wenn viel Niederschlag in eine ausgeprägte trockene und bodennahe Luftschicht fällt. Dabei verdunstet der Niederschlag rasch und kühlt dabei die Luft mit ab. Dadurch wird die Abwärtsbewegung noch solange beschleunigt, bis die Luft auf dem Boden auftrifft, wo sie sich gezwungenermaßen zur Seite ausbreiten muss. Dabei werden oftmals Windgeschwindigkeiten von über 120-140 km/h erreicht, in Extremfällen sogar über 200 km/h.

Ein weiteres Phänomen dürfte hinreichend bekannt sein: Superzellen sind die einzige Art von Gewittern, die Tornados produzieren können (von der Betrachtung von sogenannten Typ II-Tornados sei an dieser Stelle abgesehen). Hierbei wirken vor allem niedrige Wolkenhöhen und hohe Windscherung bereits im Bereich zwischen Boden und 1 km Höhe begünstigend. Dabei setzt sich vereinfacht gesagt die Rotation des Aufwindes bis zum Boden fort, wobei der Radius immer weiter abnimmt, was zu einer entsprechenden Zunahme der Windgeschwindigkeiten führt – ähnlich dem Pirouetten-Effekt beim Eiskunstlauf (In Wirklichkeit sind diese Mechanismen alle noch sehr viel komplizierter und auch noch immer nicht zu 100 % verstanden, aber auf diese Abhandlungen wollen wir an dieser Stelle verzichten).

Wie aber erkennt man nun eine Superzelle? Dazu kann man verschiedene Hilfsmittel verwenden. Sobald eine Superzelle in Kontakt mit der bodennahen Grenzschicht kommt, beginnt sie in ihrer Zugbahn nach rechts auszuscheren. Das lässt sich gut im Niederschlagsradar erkennen. Des Weiteren kann man sich den Dopplermechanismus des Radars zunutze machen. Dieser erkennt die Rotation der Mesozyklone. Zu guter Letzt lassen sich auch im Radarbild mitunter typische Signaturen im Reflektivitätsbild ausmachen („Hook Echo”). Mit bloßem Auge bilden sich oft klassische Wolkenstrukturen wie z.B. eine Wall Cloud (Mauerwolke) an der Aufwindbasis oder eine Shelf Cloud (sog. „Regalwolke” mit mehreren Schichten) am Abwindbereich aus. Mitunter ist bei ausgeprägten Superzellen sogar die Rotation der Aufwindwolke mit bloßem Auge zu erkennen.

Nicht jede Superzelle führt gleich zu schweren Unwettern. Aber schwere Unwetter werden oft durch Superzellen verursacht. Gleichzeitig stellen sie – je nach Sichtweise – eine der schönsten strukturellen Phänomene dar, die die Atmosphäre so zu bieten hat. Vielleicht sieht man ja schon das nächste Gewitter bereits mit anderen Augen.

DWD Superzellen – was ist das eigentlich 1

M.Sc. (Meteorologe) Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.07.2024
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Weiterhin wechselhaftes Sommerwetter

Am heutigen Mittwoch findet man ein Tief namens “Elke” über der Nordsee. An dessen Südflanke fließt mit einer südwestlichen Strömung schwülwarme Luft nach Deutschland. In diese Strömung eingelagert ist eine sogenannte Konvergenzlinie, die bereits am Vormittag über den mittleren Landesteilen für Schauer und einzelne Gewitter sorgt. Ab den Mittagsstunden können sich dann vielerorts weitere Schauer und Gewitter bilden. Insbesondere im Osten und Nordosten des Landes besteht dabei lokal die Gefahr von schweren Gewittern (Unwetter) mit heftigem Starkregen, Hagel sowie vereinzelt schweren Sturmböen.

DWD Weiterhin wechselhaftes Sommerwetter

Wenngleich in der Nacht zum Donnerstag die Unwettergefahr nachlässt, kommt es weiterhin zu gebietsweise durchziehenden Schauern und Gewittern. Zum Donnerstag fließt dann von Westen und Nordwesten etwas trockenere und kühlere Luft ein. Am Donnerstag selbst bleibt es vor allem im Osten und Süden in der weiterhin recht feuchten Luft bei Höchstwerten bis 29 Grad wechselhaft mit einigen Schauern und Gewittern, die am Abend aber allmählich abklingen. Im Norden und Westen wird es etwas kühler bei 22 bis 26 Grad, meist bleibt es dort niederschlagsfrei.

DWD Weiterhin wechselhaftes Sommerwetter 1

Vorübergehend stellt sich dann in der Nacht zum Freitag unter leichtem Zwischenhocheinfluss eine kurze, niederschlagsfreie Phase ein, bevor ein weiteres Tief namens “Frieda” zum Freitag von Frankreich und Benelux her weitere kräftige Schauer und Gewitter mit lokaler Unwettergefahr bringt. Diese überqueren Deutschland dann nordostwärts und gehen in der Nacht zum Samstag in der Osthälfte in schauerartigen und gewittrigen Starkregen über, der dort unwetterartig ausfallen kann. Allerdings bestehen derzeit noch einige Unsicherheiten in den Wettermodellen bezüglich des genauen Ablaufs und der räumlichen Verteilung der Niederschläge. Dies wird beispielsweise anhand der 12-stündigen Niederschlagsmengen in der Nacht zum Samstag recht deutlich. Während das deutsche und das britische Wettermodell durchaus unwetterartige Niederschlagsmengen simulieren, zeigen das europäische und amerikanische Modell hingegen nur geringe Niederschläge.

DWD Weiterhin wechselhaftes Sommerwetter

Rückseitig der Gewitter fließt ab der Nacht zum Samstag mit einer westlichen Strömung deutlich kühlere Luft von Westen zu uns ein, die sich dann am Samstag tagsüber auch in den Höchstwerten widerspiegelt: Lediglich im Osten steigt das Thermometer nochmals auf 25 Grad, im Westen und Nordwesten liegen die Temperaturen voraussichtlich nur bei kühlen 16 bis 18 Grad. Das Wettergeschehen kann sich am Wochenende jedoch deutlich beruhigen. Nur im äußersten Norden bleibt es noch wechselhaft und zeitweise windig bis stürmisch. Nach Süden zu ist es hingegen oft niederschlagsfrei. Zum Sonntag dreht die Strömung dann auf südwestliche Richtungen, sodass die Höchsttemperaturen meist wieder auf über 20 Grad ansteigen, im Süden und Osten werden auch wieder die 25 Grad erreicht.

MSc.Meteorologe Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.07.2024
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Kurze Hitze hier, extreme Hitzewelle dort

Am heutigen Dienstag gibt der (Hoch-) Sommer in unseren Breiten vorübergehend richtig Gas: An der Vorderseite von Tief ELKE (der Kern liegt heute etwa über der Keltischen See) werden sehr warme Luftmassen aus dem westlichen Mittelmeerraum nach Deutschland geführt. Die Temperaturen steigen am heutigen Tag südlich einer Linie Emsland-Uckermark verbreitet auf Werte von mehr als 30 Grad. Im Norden sowie im Bergland bleibt es ein paar Grad kühler. Dabei trägt abseits des äußersten Nordens reichlich Sonnenschein zum hochsommerlichen Wettercharakter bei. Der noch wirksame Einfluss von Hoch DOMINIK über Nordosteuropa sorgt außerdem dafür, dass das Schauer- und Gewitterrisiko ausgesprochen gering bleibt. Nur am westlichen Alpenrand kann ein abendliches Gewitter nicht ganz ausgeschlossen werden. Bereits in der Nacht zum Mittwoch nimmt der Tiefdruckeinfluss von Westen her aber zu, die am Mittwoch von West nach Ost Deutschland passierende Kaltfront sorgt für eine leichte Abkühlung – Werte von mehr als 30 Grad sind dann nur noch im Bereich der Lausitz wahrscheinlich.

DWD Kurze Hitze hier extreme Hitzewelle dort

Während die Hitze bei uns also eher eine „Eintagsfliege“ ist, ist die Situation im Südwesten der Vereinigten Staaten von Amerika eine ganz andere. Bereits seit der letzten Junidekade kommt es vor allem in den Bundesstaaten Kalifornien, Nevada und Arizona zu einer massiven Hitzewelle. Ein sich kaum veränderndes Strömungsmuster ermöglicht zum einen die Heranführung von heißen Luftmassen aus Süden, zum anderen können sich diese vor Ort durch hochdruckbedingten ungestörten Sonnenschein massiv aufheizen. An den letzten Tagen wurden beispielsweise im Kalifornischen Längstal Höchstwerte zwischen 40 und 48 Grad Celsius gemessen. In der Großstadt Las Vegas (Bundesstaat Nevada) stieg das Thermometer sogar vorübergehend auf 49 Grad. Der eindeutige Hitze-Hotspot war aber einmal mehr das sogenannte „Death Valley“ in der Mojave-Wüste. Jene Touristen, die sich noch dorthin trauten, mussten mit Temperaturen von bis zu 53 Grad zurechtkommen.

Das Death Valley („Tal des Todes“) ist Teil des gleichnamigen Nationalparks und liegt zu großen Teilen in Kalifornien. Das Tal liegt tiefer als der Meeresspiegel (tiefster Punkt ist das Badwater Basin mit -86 m; gleichzeitig tiefster begehbarer Punkt der Vereinigten Staaten) und ist von hohen Gebirgsketten umgeben (bis über 4400 m). Am 10.07.2021 wurde die bisher höchste (unbestrittene) Temperatur mit 54,4 Grad in Furnace Creek gemessen. Viele Abenteuertouristen besuchen jedes Jahr diese Region und werden unübersehbar mittels Anzeigetafeln vor den Gefahren der Hitze gewarnt. Beispielsweise kann man sich in einem klimatisierten Auto lange sicher fühlen, aber was passiert, wenn die Klimaanlage ausfallen sollte? Falsche Einschätzungen führen immer wieder zu Todesfällen, auch dieses Jahr kam bei der aktuellen Hitzewelle bereits ein Motorradfahrer ums Leben. Ein Ende der aktuellen extremen Hitzeperiode ist zunächst nicht in Sicht.

DWD Kurze Hitze hier extreme Hitzewelle dort 1

Doch kommen wir nach Deutschland zurück. Die Passage der Kaltfront von Tief ELKE geht nicht geräuschlos vonstatten. Bereits in der Nacht zum Mittwoch kommen in der Westhälfte teils starke Schauer und Gewitter mit Starkregen, Sturmböen und Hagel auf. Vereinzelt sind auch unwetterartige Entwicklungen, besonders im Grenzgebiet zu den Niederlanden und Belgien, möglich. Im Laufe der Nacht verlagern sich die Schauer und Gewitter zur Mitte. Am Mittwoch liegt der Schwerpunkt der Gewitter dann in der Osthälfte, dabei können ähnliche Begleiterscheinungen auftreten. Auch Unwetter durch heftigen Starkregen und Hagel sind örtlich möglich. Während es in Deutschland mit „nur“ noch sommerlichen Temperaturen weitergeht, wird die Hitze nach Südosteuropa abgedrängt – dort stellt sich eine längere Hitzewelle ein.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.07.2024
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Leuchtende Nachtwolken, die kältesten Wolken auf der Erde.

Leuchtende Nachtwolken unterscheiden sich von normalen Wolken durch ihre enorme Höhe. Während normale Wolken in der Troposphäre in Höhen bis zu 15 Kilometern zu finden sind, entstehen leuchtende Nachtwolken in der Mesopausenregion, in einer Höhe von 81 bis 87 Kilometern. Diese Region ist die kälteste Zone der Atmosphäre, wo im Sommer Temperaturen von unter -150 °C erreicht werden. Diese extrem niedrigen Temperaturen sind erforderlich, damit in diesen Höhen, trotz der sehr geringen Wasserdampfkonzentration, kleine Eiskristalle an Staubpartikeln kristallisieren können, wodurch die leuchtenden Nachtwolken entstehen.

Das scheinbare Leuchten der Wolken entsteht durch gestreutes Sonnenlicht. Wenn die Sonne etwa 6 bis 16 Grad unter dem Horizont steht, erscheint der Himmelshintergrund bereits dunkel, während die Wolken aufgrund ihrer großen Höhe noch von der Sonne beschienen werden und als leuchtende Nachtwolken erscheinen.

Dieses faszinierende Phänomen wird unter anderem am Leibniz-Institut für Atmosphärenforschung (IAP) in Kühlungsborn erforscht. Das IAP verwendet dazu ein LIDAR-Gerät (Light Detecting And Ranging) in der Arktis, das Laserstrahlen aussendet und die Rückstreuung an den Wolken misst und auswertet. Die entsprechenden Daten können auf der Webseite des IAP eingesehen werden.

Zuletzt konnten sehr helle leuchtende Nachtwolken über Deutschland in der Nacht zum 29. Juni 2024 beobachtet werden. Solch helle Wolken sind hierzulande relativ selten zu sehen. Auch wenn die Aktivität derzeit wieder abgenommen hat, lohnt sich doch nachts immer wieder ein Blick Richtung Norden. Für eine eventuelle Beobachtung bietet sich heute Nacht vielerorts ein klarer Himmel.

Wenn Sie leuchtende Nachtwolken beobachten oder fotografieren möchten, empfiehlt sich die Vorhersageseite des OSWIN-VHF-Radars am Leibniz-Institut für Atmosphärenforschung.

Dieses Radar ist in der Lage, leuchtende Nachtwolken in der Mesosphäre zu detektieren. Wenn in den Grafiken nach Sonnenuntergang starke Reflektivität in etwa 85 Kilometern Höhe auftritt, ist die Chance, leuchtende Nachtwolken in Mitteleuropa zu sehen, ziemlich hoch.

DWD Leuchtende Nachtwolken die kaeltesten Wolken auf der Erde

Diplom Meteorologe Christian Herold

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.07.2024
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30 Grad in Sicht – aber nur vorübergehend

Am gestrigen Samstag zeigte sich das Wetter in Deutschland sehr turbulent. Neben der Kaltfront des Sturmtiefs DELIA, das sich von England über die Nordsee nach Südskandinavien verlagerte, mischte auch eine vorgelagerte Konvergenz die Luftmasse ordentlich auf. Infolgedessen kam es gebietsweise zu teils kräftigen Schauern und Gewittern. An der Nordsee trat ein schwerer Sturm auf, auf den nordfriesischen Inseln und vereinzelt an der Westküste Schleswig-Holsteins wurden auch orkanartige Böen registriert. Spitzenreiter war dabei Strucklahnungshörn (Schleswig-Holstein) mit einer Böe von 115 km/hBft 11. Dicht darauf folgten List auf Sylt und Hallig Hooge (beide Schleswig-Holstein) mit 114 km/hBft 11 und 113 km/hBft 11. Die stärksten Gewitter traten im Süden und Osten auf. Während es nordöstlich von Bamberg gegen 14:30 Uhr MESZ zu Hagelkörnern mit Korngrößen um 4 cm kam, schüttete es in anderen Gebieten wie aus Eimern, was die nachfolgende Tabelle zeigt:

 

Ort Regenmenge Andauer
Oberschleißheim (BY) 40,7 l/qm 51 min
Nürnberg-Netzstall (BY) 30,1 l/qm 39 min
Fichtelberg Oberfranken-Hüttstadl 26,0 l/qm 56 min
Wendelstein-Kleinschwarzenlohe 25,1 l/qm 27 min

Doch nicht nur an der Nordsee wehte der Wind in Sturmstärke, sondern auch im Umfeld der kräftigen Gewitter gab es Sturm- und vereinzelt schwere Sturmböen.

Ort Windgeschwindigkeit Beaufort
Mühldorf am Inn (BY) 99 km/h 10
Hof-Plauen (BY) 94 km/h 10
Angermünde (BB) 89 km/h 10
Ergersheim-Neuherberg (BY) 87 km/h 9

DWD 30 grad in sicht aber nur voruebergehend

An den Alpen setzte im Nachgang an die Gewitter teils länger anhaltender und schauerartig verstärkter Regen ein, so dass bis heute Früh meist zwischen 15 und 30 l/qm innerhalb von 12 Stunden vom Himmel kamen.

Nach dem turbulenten und wechselhaften Samstag kehrt am heutigen Sonntag größtenteils Ruhe ein. Von Westen her hat sich nämlich Hoch DOMINIK nach Mitteleuropa geschoben und damit die Luftmasse stabilisiert. Hinter der Kaltfront ist nun mäßig warme Atlantikluft eingeflossen. In weiten Teilen des Landes steht somit ein freundlicher Sonntag ins Haus, an dem sich Sonne und Wolken den Himmel teilen. Die Höchstwerte liegen dabei zwischen 19 und 24 Grad. Lediglich im äußersten Süden regnet es bei maximal 15 bis 19 Grad noch öfters. Im Norden spuckt Tief DELIA, das mittlerweile mit seinem Kern etwas nördlich von Oslo liegt (Stand Sonntagmittag), noch ein wenig in die Wettersuppe. Einzelne Schauer und Gewitter stehen dabei auf dem Programm.

Zum Start in die neue Woche macht sich neuerlich eine warme Luftmasse aus dem Mittelmeerraum auf den Weg nach Mitteleuropa. Sommerliche Höchstwerte über 25 Grad und viel Sonnenschein stehen dann auf dem Programm. Nur an den Küsten und im angrenzenden Binnenland bleibt uns das leicht wechselhafte Schauerwetter erhalten. Dort sowie im Westen liegen die Höchstwerte meist zwischen 20 und 25 Grad.

Am Dienstag verstärkt sich die Warmluftzufuhr zwischen einem Tief über West- und Nordwesteuropa und hohem Luftdruck über Osteuropa noch deutlich. Verbreitet wird es hinter einer nach Norden durchschwenkenden Warmfront dann hochsommerlich warm bis heiß, denn die Luft kann direkt aus Südwesteuropa nach Mitteleuropa einfließen. Allerdings ist diese Luftmasse nicht nur sehr warm, sondern auch zunehmend feucht.

DWD 30 Grad in Sicht – aber nur voruebergehend 1

Die 30-Grad-Marke stellt mit Ausnahme des Nordens und Nordwestens kein allzu großes Hindernis dar. Die Sonne lacht oftmals vom Himmel, wenngleich sich hier und da Quellwolken dazu gesellen. Diese können sich am Nachmittag und Abend über dem süd- und südwestdeutschen Bergland sowie im äußersten Westen zu teils kräftigen Schauern und Gewittern ausbauen. Im Norden und Nordwesten fallen aus zeitweise etwas dichterer Bewölkung hier und da ein paar Tropfen und 30 Grad werden dort nicht erreicht.

Ab der Wochenmitte nimmt dann das Schauer- und Gewitterrisiko landesweit wieder deutlich zu. Lokal stehen erneut Unwetter auf dem Programm. Durch die Zufuhr von sehr feuchter Luft fühlt man sich dabei oftmals wie in einer Waschküche und auch nachts bleibt es sehr mild, teilweise stehen auch wieder Tropennächte an.
Maxima von über 30 Grad werden am Mittwoch noch im äußersten Osten und Südosten erwartet, aber auch sonst stehen sommerliche Werte zwischen 24 und 29 Grad auf der Agenda. Lediglich an der Nordsee und bei auflandigem Wind an der Ostsee wird es etwas weniger warm. In den Folgetagen gehen die Höchsttemperaturen dann aber wieder Stück für Stück etwas zurück und selbst die 25-Grad-Marke, die einen Sommertag definiert, wird am Wochenende immer seltener geknackt. Am ehesten ist dies noch im Süden und Osten der Fall.

DWD 30 Grad in Sicht – aber nur voruebergehend 2

Wer stabiles und hochsommerliches Hochdruckwetter sucht, muss sich auf den Weg nach Süd- und Südosteuropa machen. Dort gibt es nämlich badetaugliche 30 bis 40 Grad und viel Sonne. In Mitteleuropa deutet sich über längere Zeit stabiles Hochsommerwetter bis auf Weiteres nicht an.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.07.2024
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Tag des Bikinis

Vor 78 Jahren wurde der erste Bikini der Öffentlichkeit präsentiert. Erfinder war/ist der französische Modedesigner Louis Réard. Er wählte damals das Pariser Schwimmbad Piscine Molitor für seine Modenschau. Große Schwierigkeiten bereitete ihm das Finden eines Modells. Sein Bikini – der Name ist angelehnt an das Bikini-Atoll, auf dem zu der Zeit Atomtests stattfanden – war für damalige Zeiten zu freizügig und so musste er auf Micheline Bernardini zurückgreifen. Die damals 19-jährige verdiente ihr Geld als Stripperin im Casino de Paris.

Der durchaus knappe Zweiteiler, den Louis Réard am 05. Juli 1946 vorstellt, entsetzte vor allem die internationale Presse. Das männliche Publikum erfreute sich zu einem Großteil an der dargebotenen Mode. Im Ergebnis an den Aufschrei der Medien wurde der Bikini für einige Jahre an öffentlichen Stränden und in Badeeinrichtungen verboten. Erst in den späten 60er Jahren begann sich diese Art von Bademode durchzusetzen.

Zugegeben, das aktuelle Wetter lädt kaum zum Tragen eines Bikinis im Freien ein. Die letzten Tage und Wochen waren unbeständig mit wiederholten Schauern und Gewittern – bei denen man ein Bad im Freien unbedingt vermeiden sollte – und nur mäßig warmer Temperatur. Die wenigen Tage, an denen sich die Luft auf über 25 Grad erwärmte, schafften es kaum, die Seen adäquat aufzuheizen. Die Wassertemperatur an Nord- und Ostsee liegt aktuell bei 17 bis 19 Grad. Auch die deutschen Binnenseen warten selten mir mehr als 20 Grad auf.

DWD Tag des Bikinis

Leider sind die Aussichten für die kommenden Tage nicht besser. Zwar wird es am morgigen Samstag in der Osthälfte sehr warm mit Höchstwerten bis 31 Grad, von Westen her ziehen aber Schauer und Gewitter auf und ostwärts durch. Grund dafür ist Tiefdruckgebiet DELIA – aktuell mit Zentrum bei den Britischen Inseln – die aus Südwesten feuchte und warme Luft ins Land führt. Hochdruckgebiet CLAUDIO über Osteuropa hält mit feuchter und warmer Luft dagegen (siehe auch Bild unter diesem Abschnitt). Es bildet sich eine Konvergenz, die die feucht-warme Luftmasse hebt und so für Schauer und Gewitter sorgt. Eine zweite Gewitterzone stellt die Kaltfront des Tiefs dar. Sie passiert unser Land in den Nachmittags- und Abendstunden. Dahinter fließt dann deutlich kühlere Luft ein, die am Sonntag nur noch für Maxima zwischen 18 und 23 Grad sorgt.

DWD Tag des Bikinis

Die Gewitter am Samstag sind für einmal keine Wasserbomben. Die grundsätzlich mäßige bis frische Strömung sorgt für Zug der Schauer- und Gewitterzellen. Das lässt nicht genug Zeit, um viel Wasser an einem Ort abzuregnen. Dennoch sind Mengen um 20 l/qm in kurzer Zeit möglich. Bei Mehrfachtreffern von Gewittern an einem Ort können die Mengen auch höher ausfallen. Neben Starkregen kann sich kleinkörniger Hagel bilden, der örtlich in größeren Mengen auftreten kann. Hagelansammlungen sind also möglich. Zudem sind in der frischen Strömung häufiger Sturmböen an den Gewittern wahrscheinlich. Vereinzelt lassen sich auch schwere Sturmböen (um 100 Kilometer pro Stunde) nicht ausschließen.

In der neuen Woche wird mit südwestlicher Strömung wieder wärmere Luft zu uns geführt, zeitgleich gelangt aber auch feuchte Luft zu uns und nach kurzer Zwischenhochphase am Montag wir müssen uns im Wochenverlauf wieder vermehrt auf Schauer und Gewitter einstellen.

Diplom Meteorologin Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.07.2024
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Wahlwetter in Großbritannien

Großbritannien wählt ein neues Parlament, das im Vereinigten Königreich als Unterhaus bezeichnet wird. Seit dem Jahr 1935 fanden alle Unterhauswahlen an einem Donnerstag statt. Damit unterscheidet sich der Wahltermin bei den Untertanen von König Charles III von den Terminen in den meisten westlichen Demokratien. Dort wird überwiegend an Wochenenden gewählt, wie dies vor kurzem auch in Frankreich der Fall war.

Das heutige Wahlwetter gibt sich dabei, zumindest aktuell und gebietsweise, gar nicht wirklich britisch. Denn über weiten Teilen Englands scheint die Sonne. In der ist dazu als Zahlenwert der Sonnenschein zwischen 09 und 10 Uhr MESZ (in Minuten) angegeben. Diesbezüglich schafft es England auf 40 bis 60 Minuten, ebenso übrigens wie die Ostküste Schottlands und die beiden südschottischen Großstädte Edinburgh und Glasgow. Warum ausgerechnet der Südosten und Osten Großbritanniens so viel Sonne abbekommen, wird beim Blick auf die kleine, eingebettete Karte (entnommen aus wikipedia.de) klar. An den Gebirgszügen in Schottland, Nordengland und Wales stauen sich die von Westen und Nordwesten hereinziehenden Wolken, was an der Westküste und den dortigen küstennahen Gebieten dichte Wolken, entsprechend wenig Sonne und auch etwas Regen bedeutet (graue Wolkenbedeckung und grün-gelb-orange Radarreflektivitäten in). Insofern gibt sich das Wetter in Schottland und Wales britischer als in England.

DWD Wahlwetter in Grossbritannien

 

Ein kleines Schmankerl zeigt sich beim Blick auf die Wolkenstrukturen über Wales. Diese zeigen ein streifenförmiges Muster, wobei die Streifen von Nord-Nordost nach Süd-Südwest verlaufen und damit senkrecht zur Windrichtung orientiert sind. Ähnliche, wenn auch nicht ganz so scharf ausgeprägt, zeigen sich die Wolkenmuster über der Irischen See. Es handelt sich dabei um, also stationäre Wellen, die bevorzugt auf der windabgewandten Seite von Gebirgen entstehen. Das wellenförmige, durch das Gebirge erzwungene Auf und Ab der Luftpakete sorgt dafür, dass in gleichmäßigen Abständen vom Gebirgskamm streifenförmige Wolken entstehen. Nebenbei bemerkt: Solche  nutzen Gleitschirm- oder Segelflieger gerne, um Höhe zu gewinnen, was sie dadurch erreichen, dass sie wolkenparallel entlang der Aufwinde der  fliegen.

DWD Wahlwetter in Grossbritannien 1

Aber zurück zum Wahlwetter. Für die westliche bis nordwestliche Strömung sorgt das Tief CAPRICE, das heute Mittag vor der Küste Südnorwegens zu finden ist . Sein Frontensystem überquert den Norden Deutschlands heute von West nach Ost, auf der Rückseite der Front wird Polarluft in einem großen Bogen über Island nach Großbritannien transportiert, wobei sie sich erwärmt (schraffierte Pfeile). Auf der Karte, die von unseren britischen Kollegen stammt, ist südwestlich von Irland auch schon ein neues Tief zu erkennen, welches auf den Namen DELIA hört. DELIA sorgt insbesondere am Samstag über Deutschland für turbulentes Wetter, aber das ist eine andere Geschichte.

Für die Briten, auf denen heute unser Hauptaugenmerk liegt, stellt sich natürlich die Frage, ob der Regenschirm, möglicherweise mit Union-Flag-Muster, mit zum Wahllokal genommen werden muss. Diesbezüglich bringt mehr Klarheit.

DWD Wahlwetter in Grossbritannien 2

Auf der linken Seite sind die 12stündigen Niederschlagsmengen bis heute Abend um 20 Uhr MESZ nach dem britischen Vorhersagemodell UK10, rechts die nach dem DWD-Modell ICONEU abgebildet. Abgesehen vom Norden sollte es in England wohl trocken bleiben, relativ wenig Regen wird auch in Wales und Nordirland erwartet. In Schottland sieht dies dagegen deutlich anders aus. Kräftige Stauniederschläge haben die Modelle vor allem für den Nordwesten auf der Agenda, punktuell rechnen unsere Kollegen sogar mit mehr als 25 mm (Liter pro Quadratmeter) an Regen. Da ist ein adäquater Regenschutz sicherlich angebracht.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.07.2024
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Wenn Druckgradienten die arktische Meereisbedeckung beeinflussen

Der letzte Blick auf die Meeresbedeckung rund um die Polregionen liegt an dieser Stelle schon etwas zurück. Zeitlich gesehen näher wir uns Anfang Juli schon langsam der Mitte des nordhemisphärischen Sommer- und südhemisphärischen Winterhalbjahres an.

Zunächst schauen wir auf die Entwicklung in Arktis in den letzten Monaten. Am 13. März 2024 erreichte das arktische Meereis mit 15,12 Millionen Quadratkilometern seine maximale winterliche Ausdehnung in diesem Jahr. Dieser Wert war der vierzehntniedrigste seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen im Jahr 1979. Nach dem Höchststand der Meereisausdehnung trat das Eis in der zweiten Märzhälfte zunächst nur langsam den Rückzug an. Verantwortlich dafür zeichnete sich das vorherrschende atmosphärische Zirkulationsmuster im März 2024. Dieses war gekennzeichnet durch einen starken Druckgradienten (hoher Druck bei Grönland steht niedrigem Druck über West- und Nordosteuropa gegenüber) über der Framstraße östlich von Grönland . Aus dieser Konstellation resultierten starke Winde aus nördlichen Richtungen, womit ein reger Meereisexport aus der Arktis nach Süden begünstig wurde, sodass eine relativ hohe Flächenausdehnung über den arktischen Gewässern erhalten blieb.

DWD Wenn Druckgradienten die arktische Meereisbedeckung beeinflussen

Die Meereisverluste im April und Mai lagen insgesamt im Bereich des langjährigen Durchschnitts, wobei die größten Verluste im April im Beringmeer und im Ochotskischen Meer zu verzeichnen waren. Der Mai war vor allem durch eine ungewöhnlich frühe Öffnung der östlichen Hudson Bay gekennzeichnet. Ursächlich dafür dürfte die Luftdruckverteilung im Mai gewesen sein. Hoher Druck über dem kanadischen Archipel stand niedrigerem Druck südlich davon gegenüber. Dies bedingte vermehrt östliche Winde über der Hudson Bay, die das Meereis nach Westen drückten.

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Einschließlich des Mai 2024 beträgt der lineare Abwärtstrend der arktischen Meereisausdehnung für den Monat Mai 31.000 Quadratkilometer pro Jahr bzw. 2,3 Prozent pro Jahrzehnt im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010. Basierend auf dem linearen Trend seit 1979 hat der Mai 1,61 Millionen Quadratkilometer an Meereis eingebüßt, was in etwa der Größe von Alaska entspricht. Im Juni 2024 war vor allem in der ersten und dritten Dekade eine Beschleunigung des Meereisrückganges zu verzeichnen, während in der Monatsmitte der Eisverlust etwas langsamer von statten ging. Zum aktuellen Zeitpunkt beträgt die Meereisausdehnung 9,62 Millionen Quadratkilometer (01.07.2024). Visuell zeigt die folgende Animation den Meereisrückgang seit dem jahreszeitlichen Maximum Mitte März.

DWD Wenn Druckgradienten die arktische Meereisbedeckung beeinflussen

Von der Arktis legen wir nun gedanklich eine weite Strecke zur Antarktis zurück. Dort schreitet das Wachstum mit dem australischen Winter voran. Im Mai und Juni war die Wachstumsrate im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010 zwar langsam, aber immer noch viel schneller als im zurückliegenden negativen Rekordjahr 2023. Am 1. Juli betrug die antarktische Meereisausdehnung 13,12 Millionen Quadratkilometer, was 1,75 Millionen Quadratkilometer unter dem Durchschnitt der Jahre 1981 bis 2010 aber deutlich über der für den 01. Juli 2023 gemessenen Ausdehnung von 12,57 Millionen Quadratkilometern liegt.

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Die Eiskante im Mai und Juni lag viel weiter südlich (unter der durchschnittlichen Ausdehnung) im östlichen Rossmeer-Sektor und der Amundsen-See sowie nördlich von Dronning Maud Land. Im Weddellmeer und unmittelbar westlich des Rossmeeres war die Ausdehnung höher (weiter nördlich) als im Durchschnitt. Dies hat zu einem ungewöhnlich asymmetrischen Ausdehnungsmuster um den antarktischen Kontinent geführt.

Das Negativrekordjahr 2023 beschäftigt derweil weiterhin die Wissenschaft. Eine  untersuchte das extrem niedrige antarktische Wintermaximum des vergangenen Jahres anhand von Modelldaten. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass ein solches Ereignis ohne Klimaerwärmung äußerst unwahrscheinlich ist. Wird der Treibhausgasantrieb mit einbezogen, wird das Ereignis wahrscheinlicher, ist aber immer noch selten. Die Modelle deuten darauf hin, dass es nach einem solchen extremen Tiefpunkt zu einer gewissen Erholung kommt, die in der Regel im folgenden Jahrzehnt eintritt, aber zu einer neuen, niedrigeren langfristigen durchschnittlichen Ausdehnung führt.

M.Sc. (Meteorologe) Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 03.07.2024
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