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Kennen wir bereits das Wetter der nächsten sieben Wochen?

Am morgigen Donnerstag, den 27.06.2024, ist der “Siebenschläfertag”, einer der meteorologischen Lostage. Damit einher geht die alljährliche Fragestellung, ob das Wetter am morgigen Siebenschläfertag Aufschluss über das Wetter der nächsten sieben Wochen geben kann. Einige bekannte Bauernregeln zu diesem Tag lauten nämlich:

“Ist der Siebenschläfer nass, so regnet’s ohne Unterlass.”

“Regnet’s am Siebenschläfertag, es noch sieben Wochen regnen mag / der Regen sieben Wochen nicht weichen mag.”

“Wenn’s an Siebenschläfer regnet, sind wir sieben Wochen mit Regen gesegnet.”

“Wenn’s am Siebenschläfer gießt, sieben Wochen Regen fließt.”

“Scheint am Siebenschläfer Sonne, gibt es sieben Wochen Wonne.”

“Das Wetter am Siebenschläfertag noch sieben Wochen bleiben mag.”

Doch was ist dran an diesen Regeln oder sind deren Inhalt eigentlich nur ein Mythos? Und was hat eigentlich das putzige gleichnamige Nagetier mit dem Siebenschläfertag zu tun?

Das Tierchen hat tatsächlich nichts mit dem Siebenschläfertag zu tun. Der Ursprung findet sich in einer frühchristlichen Legende aus der Zeit der Christenverfolgung. Nach dieser Legende flüchteten sieben Brüder, die christliche Schafhirten waren, in eine Höhle bei Ephesos, um sich so vor ihren Verfolgern zu verstecken. Daraufhin wurde die Höhle von den Verfolgern zugemauert, um die Männer verhungern zu lassen. Dort fielen sie in einen tiefen Schlaf. Nach etwa 200 Jahren wachten sie wieder auf, als ein Hirte auf der Suche nach einer Unterbringungsmöglichkeit für seine Schafe die Höhle entdeckte. Die Männer bezeugten daraufhin ihren Glauben, starben allerdings kurze Zeit später. Ihnen zu Ehren wurde in der katholischen Kirche der 27. Juni als Gedenktag gewidmet. In der griechisch-orthodoxen Kirche ist es der 04. August und in der Ostkirche der 23. Oktober.

Kann das Wetter am Siebenschläfertag Aufschluss über das Wetter der nächsten sieben Wochen geben? Das Wetter der nächsten sieben Wochen kann man tatsächlich nicht am Wetter eines einzelnen Tages festmachen. Vielmehr muss eher der Zeitraum zwischen Ende Juni und Anfang Juli als Kriterium herangezogen werden. Nach der Gregorianischen Kalenderreform wäre dieser Lostag zudem eigentlich am 07. Juli. Grundsätzlich besteht für großräumige Wetterlagen in diesem Zeitraum eine Erhaltungstendenz über mehrere Wochen. Bezieht man die Regel des Siebenschläfertages also nicht auf einen einzelnen Tag, sondern auf den genannten Zeitraum, dann bewahrheitet sich diese Regel in etwa zwei von drei Jahren.

Der Siebenschläfertag gehört damit zu den Singularitäten, also den Witterungsregelfällen in der Meteorologie. Andere bekannte Beispiele für solche Singularitäten sind die Eisheiligen, die Schafskälte, die Hundstage, der Altweibersommer oder das Weihnachtstauwetter.

Und wie wird das Wetter am morgigen Donnerstag? Interessant ist erst einmal auch noch, wie das Wetter am heutigen Mittwoch ist. Gewittertechnisch geht es heute nämlich auch schon zur Sache. Dies betrifft in erster Linie die beiden südlichen Bundesländer. Doch zunächst die guten Nachrichten. Im Norden und in der Mitte verspricht der Tag sommerlich zu werden: Sonne satt und Höchstwerte zwischen 27 und 32 Grad. Allenfalls direkt an den Küsten ist es etwas frischer. Verantwortlich für diesen sommerlichen Wetterabschnitt ist das Hoch BIE, welches sich nordöstlich von uns vorübergehend eingenistet hat.

Auch im Süden liegen die Höchstwerte bei meist sommerlichen 26 bis 30 Grad. Im äußersten Süden reicht es aufgrund der morgendlichen Gewitter allerdings “nur” für 23 bis 26 Grad. Die Gewittertätigkeit ist insbesondere in den beiden südlichen Bundesländern bereits wieder in vollem Gange. Später können dann auch im zentralen Bergland einzelne Gewitter auftreten. Aufgrund der geringen Zuggeschwindigkeit steht bei diesen Gewittern hauptsächlich der (extrem) heftige Starkregen im Fokus. Dieser tritt zwar nur sehr lokal und eng begrenzt auf, dort kann es aber dann durchaus heftig werden. Dann ist mit vollgelaufenen Kellern und Tiefgaragen zu rechnen, kleine Bäche können kurzzeitig anschwellen. Verantwortlich für diese Gewitter ist ein Tief über Italien, welches vor allem in höheren Luftschichten ausgeprägt ist. Dieses transportiert feuchte und zu Gewittern neigende Luft in den Süden Deutschlands.

DWD Kennen wir bereits das Wetter der naechsten sieben Wochen

Nachfolgend verlagert sich dieses Tief dann allmählich nordostwärts. Am heutigen Mittwoch sind die beiden südlichen Bundesländer von den Gewittern betroffen, am morgigen Donnerstag sind es dann weite Teile des Landes. Im Norden, im Westen sowie entlang des Oberrheingrabens wird es zudem ein schwül-heißer Tag mit Höchstwerten von 30 Grad und etwas darüber.

DWD Kennen wir bereits das Wetter der naechsten sieben Wochen 1

Würde man die Siebenschläfer-Regel wortwörtlich nehmen, würden uns also sieben schwül-heiße Wochen mit wahren “Wasserbomben” an Gewittern bevorstehen.

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Egerer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.06.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Reinhard Süring – Bis an die Grenzen und darüber hinaus (Teil 1)

Der 15. Mai ist aus meteorologischer Sicht kein ganz gewöhnlicher Tag. Nein, gemeint ist nicht irgendein Schwergewittertag in den letzten Jahrzehnten oder ein besonders “knackiges” Ende der Eisheiligen in der jüngsten Vergangenheit. Für diese Art von Gedächtnis, bei dem sämtliche Tage, Wochen und Monate mit markanten Wetterereignissen abgespeichert werden und im Falle eines Weckens aus dem Tiefschlaf nachts um drei sofort abrufbar wären, braucht man ohnehin einen siebten Sinn. Einige unserer Kolleginnen und Kollegen können das traumwandlerisch. Bewundernswert! Ob Reinhard Süring auch ein derartiges Datumsgedächtnis hatte, ist nicht überliefert. Gleichwohl hat er in der Meteorologie mächtige Fußstapfen hinterlassen.

Das Licht der Welt erblickte Reinhard Joachim Süring im Jahr 1866 in Hamburg. Schon früh war er an Naturwissenschaften und speziell an den Bedingungen und Prozessen in höheren Luftschichten interessiert. So promovierte er nach seinem Studium für Mathematik und Naturwissenschaften in Göttingen, Marburg und zuletzt Berlin dort 1890 mit seiner Arbeit über “Die vertikale Temperaturabnahme in Gebirgsgegenden in ihrer Abhängigkeit von der Bewölkung”. Wie dem abgebildeten Deckblatt zu entnehmen ist, wurde “vertheidigen” damals übrigens noch mit “h” geschrieben.

DWD Reinhard Suering Bis an die Grenzen und darueber hinaus Teil 1 1

Im gleichen Jahr wurde er Assistent am Preußisch-Meteorologischen Institut in Berlin und mit Gründung des Meteorologisch-Magnetischen Observatoriums in Potsdam im Jahre 1892 auch dort. Die erste offizielle Wetterbeobachtung der Säkularstation Potsdam fand am Neujahrstag des Jahres 1893 statt und wurde von Reinhard Süring vorgenommen. Das Wort säkular stammt aus dem Lateinischen (saeculum) und bedeutet Jahrhundert. Die Messreihe in Potsdam ist mit inzwischen über 130 Jahren eine der ältesten Deutschlands. Fortan war er in der Region fest verwurzelt.

Nach der Geburt seiner ersten von insgesamt drei Töchtern mit seiner Ehefrau Olga Elisabeth Wedekind leitete Süring von 1901 an die Gewitterabteilung des Preußisch-Meteorologischen Instituts. Nun war der Stand der damaligen Meteorologie natürlich noch fernab irgendwelcher Modellberechnungen oder Basiskonzepten, wie beispielsweise auch in dieser Rubrik bereits vorgestellten “Zutatenmethode”. Die Faszination fürs Wetter und insbesondere der Wolkenphysik (Entstehungs- und Umwandlungsprozesse) hatten es ihm aber ganz besonders angetan.

Was lag da näher als der Gedanke mithilfe einer bemannten Ballonfahrt selbst einmal in die Wolkenwelt einzutauchen und Messungen vorzunehmen, zumal der Kollege Richard Aßmann (Erfinder des Aspirationspsychrometer) mittels eines unbemannten Registrierballons jüngst eine erstaunliche Entdeckung machte: Laut seiner Messungen hörte nämlich die Temperaturabnahme mit zunehmender Höhe in Schichten zwischen 10 und 13 Kilometer plötzlich auf und kehrte sich gar in eine Zunahme um, was angezweifelt wurde – sogar von Aßmann selbst. Also schnappte sich Reinhard Süring am 31. Juli 1901 seinen Kollegen und im Übrigen zugleich auch engsten Mitarbeiter Aßmanns, Professor Arthur Berson und stieg mit diesem um 11 Uhr Ortszeit mit dem mit Wasserstoff gefüllten Ballon “Preußen” vom Tempelhofer Feld aus in die Luft. In ihrem Bericht über diese denkwürdige Ballonfahrt schrieben sie:

DWD Reinhard Suering Bis an die Grenzen und darueber hinaus Teil 1

“…Nach 40 Minuten hatte der Ballon bereits eine Höhe von 5000 Metern erreicht. Erst in dieser Höhe nahm der Ballon seine Kugelform an. Die Temperatur war um mehr als 30 Grad auf minus 7 Grad gesunken. Wir fingen bereits zwischen 5 und 6 km Höhe mit der regelmäßigen Sauerstoffatmung an. Nach etwa dreistündiger Fahrt hatten wir 8000 Meter erstiegen, nach 4 Stunden 9000 Meter. Der Einfluss der nunmehr unter 1/3 Atmosphärendruck verdünnte und auf minus 32 Grad abgekühlten Luft machte sich in einer Steigerung der Schlafbedürfnisse geltend. Die letzte den Druck und die Temperatur umfassende Beobachtungsreihe wurde in 10225 Metern prompt und völlig deutlich niedergeschrieben. Bald darauf fielen wir beide in tiefe Ohnmacht; Berson zog noch unmittelbar vorher mehrfach das Ventil, als er schon seinen Gefährten (Süring) schlafen sah (Berson und Süring 1901). …”

Na, neugierig wie’s weitergeht? Dann verpassen Sie nicht die in Kürze erscheinende Fortsetzung.

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.05.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Osterquiz

Ostern steht vor der Tür und mit dem heutigen Karfreitag haben sicherlich einige von Ihnen ein paar freie Tage vor sich. Damit es Ihnen dabei nicht langweilig wird, gibt es heute wieder einmal ein kleines Wetterquiz. Die Buchstaben der jeweils richtigen Antworten ergeben dabei ein immer wiederkehrendes und sogar derzeit aktives Wetterphänomen. Viel Spaß beim Rätseln!

Frage 1: Was gab es in Deutschland an Ostern noch nie?

D: Eine mehrere Zentimeter dicke Schneedecke selbst im Tiefland.
E: Einen heißen Tag (30 Grad und mehr).
F: Eine tropische Nacht (Tiefstwerte nicht unter 20 Grad).

Frage 2: Als “Höheneier” bezeichnet man in der Wettervorhersage umgangssprachlich…

N: … Messinstrumente, die in einer eiförmigen Schutzhülle an einem Wetterballon befestigt aufsteigen.
O: … kleinräumige Tiefdruckgebiete in höheren Luftschichten.
P: … das, was Vögel beim Überflug einer Messstation hin und wieder ablassen.

Frage 3: Auf was deutet eine Art Rippenmuster bei der Bewölkung im Satellitenbild hin?

C: sehr starke Höhenwinde
D: hohe Ozonwerte
E: Saharastaub

Frage 4: Der Monat mit den im Mittel meisten starken Tornados (F2 und stärker) liegt im meteorologischen…

H: … Frühling
I: … Sommer
J: … Herbst

Frage 5: Welche Aussage stimmt?

L: Es gab bisher in diesem Jahr etwa fünfmal so viele benannte Tiefs wie Hochs.
M: Letztes Jahr war das Tief-Hoch-Verhältnis bis Ende März nahezu ausgeglichen.
N: Für dieses Jahr sind bereits alle noch kommenden Hochs und Tiefs benannt.

Und, haben Sie das Lösungswort herausgefunden? Die Auflösung zum Quiz gibt es am morgigen Samstag an dieser Stelle.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.03.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter

Am 14. Oktober 2023 konnte in Nord-, Mittel- und Südamerika eine ringförmige Sonnenfinsternis beobachtet werden. So eindrucksvoll solche Ereignisse sind, so ist auch der Einfluss einer Sonnenfinsternis auf die meteorologischen Prozesse in der Troposphäre hochinteressant. Nicht nur die Temperaturabnahme während der Zeit des Kernschattens lässt sich mittlerweile mit hochauflösenden Wettermodellen simulieren und im Nachhinein auch messen, auch die daraus resultierende vorübergehende Auflösung von Cumuluswolken oder Abschwächung von Gewittern lässt sich eindrucksvoll in Satellitenbildern erkennen. So auch geschehen bei der diesjährigen Sonnenfinsternis in Yucatán, Mexiko.

Dass eine Sonnenfinsternis einige meteorologische Parameter wenigstens kurzzeitig beeinflussen kann, ist schon lange Gegenstand von Untersuchungen. Mittlerweile wurden bereits mehr als 44 partielle und totale Sonnenfinsternisse untersucht. Dabei wurden Daten oder detaillierte Beschreibungen der Ereignisse herangezogen, die mindestens bis ins Jahr 1834 zurückreichen. Es ergaben sich zum Teil beeindruckende Messergebnisse beziehungsweise wurden die historischen Beschreibungen in Studien mit hochaufgelösten Modellen bestätigt.

Das Offensichtlichste bei einer Sonnenfinsternis ist die sich abschwächende beziehungsweise temporär vollständig unterbundene Sonneneinstrahlung in Richtung Erdoberfläche, wobei dadurch die Erwärmung beeinträchtigt oder gar unterdrückt wird. Verständlicherweise gibt es dabei Unterschiede zwischen einer totalen, ringförmigen oder partiellen Sonnenfinsternis.

Die Abkühlungsrate durch eine Sonnenfinsternis ist besonders im Sommer markant, wenn die Sonne ihren Höchststand erreicht sowie zur Mittagszeit. Aber auch an einem schönen Frühlingsmorgen mit viel Einstrahlung können die Unterschiede bedeutend ausfallen, da die Sonne zu der Zeit bereits viel Kraft zum Heizen besitzt. Wie markant dann ein Temperaturrückgang ausfallen kann, zeigte sich am 21. Juni 2001 in Simbabwe, wo eine Sonnenfinsternis zur Mittagszeit einen gemessenen Temperaturrückgang von rund 5 Kelvin zur Folge hatte. Die bisherigen Spitzenwerte erreichten nebenbei bemerkt rund 7 Kelvin; in der Luftschicht direkt über dem Boden sogar rund 10 Kelvin. Allerdings müssen für einen solchen Temperaturrückgang auch alle Bedingungen passen, also dass etwa keinerlei Wolken vorhanden sind. Die real gemessenen Werte wurden im Nachhinein durch Modellsimulationen bestätigt.

Verständlich, dass diese Temperaturunterschiede nicht selten auch Einfluss auf die Stabilität der Grenzschicht haben. Dazu wurden unter anderem von Vogel et al. Modellsimulationen zur Sonnenfinsternis vom 11. August 1999 in Südwestdeutschland durchgeführt, wobei in diesem Fall wolkenfreie Bedingungen angenommen wurden (was real leider nicht der Fall war). Es wurde in der Simulation nicht nur eine markante Abkühlung beobachtet, sondern auch eine deutliche Stabilisierung der Grenzschicht. Die Grenzschicht ist die Region, woher der Aufwind für die sommerlichen Haufenwolken all seine Energie in Form von warmer und feuchter Luft bezieht. Je wärmer und feuchter diese Luftmasse ist, desto leichter kann sie in Form einer sogenannten “Thermikblase” oder eines “Thermikschlauchs” aufsteigen, gegebenenfalls kondensieren und die Haufenwolke bilden. Kühlt sich die Luftmasse dabei ab, können sich besonders schwache und junge Aufwindschläuche stark abschwächen oder gar zusammenbrechen.

DWD Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter 1

So geschehen auch bei der kürzlich aufgetretenen ringförmigen Sonnenfinsternis in Yucatán, Mexiko. In der ersten Abbildung vom 14. Oktober 2023, 18:00 UTC ist die Konvektion, die sich zur Mittagszeit in Yucatán gebildet hatte, erkennbar. Besonders im Norden (rote Ellipse) hatten sich bereits recht gut organisierte Konvektionsstraßen entwickelt, die sich durch hochreichende Quellbewölkung und starkes Absinken dazwischen auszeichneten. Weiter südöstlich im Binnenland (orange Ellipse) war die Konvektion hingegen deutlich schwächer ausgeprägt.

DWD Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter 2

Direkt nach der ringförmigen Sonnenfinsternis ist deutlich zu erkennen, welche Thermikblase überlebt hatte und welche nicht. Nur die Konvektion entlang der gut organisierten Wolkenstraßen im Norden konnte die temporäre Abkühlung überstehen, während sonst über Land teilweise wolkenarme Bedingungen vorherrschten. An diesem Beispiel lassen sich auch die Unterschiede zwischen Land und Meer eindrucksvoll verstehen: Während die fehlende Sonneneinstrahlung über Land für eine rasche Abkühlung sorgte, hielt sich die Konvektion über dem Meer (grüne Ellipse) deutlich besser, da dort das warme Meereswasser weiterhin für einen ausreichenden Energieeintrag sorgte.

Auf der Plattform X wurden zahlreiche Bilder der ringförmigen Sonnenfinsternis vom 14. Oktober 2023 veröffentlicht. Unter anderem ließ sich dort auch das nachfolgende Komposit von Alexander Spahn (@spahn711) mit dem Shiprock (New MexikoUSA) im Vordergrund finden.

DWD Sonnenfinsternisse und ihre Auswirkungen auf das Wetter

Haben Sie auch Lust auf eine Sonnenfinsternis bekommen? Lange müssen Sie auf eine totale Sonnenfinsternis nicht mehr warten. Die nächste wird am 8. April 2024 in Teilen Nordamerikas zu sehen sein. Lassen Sie sich diese nicht entgehen, denn auf eine totale Sonnenfinsternis in Deutschland zu warten, macht für Viele von uns keinen Sinn. Erst am 3. September 2081 wird die Bodenseeregion von der nächsten Sonnenfinsternis erfasst; Norddeutschland kann sich am 7. Oktober 2135 auf eine solche freuen.

Eine andere Finsternis steht in Deutschland aber schon an diesem Wochenende an. Samstagabend von halb zehn bis kurz vor elf (Beginn: 21:35 Uhr – Maximum: 22:14 Uhr – Ende 22:52 Uhr, Zeiten in MESZ) verdunkelt die Erde den Mond. Die größten Chancen, diese partielle Mondfinsternis zu sehen, bestehen voraussichtlich vom Emsland über die Region rund um den Harz bis in die Lausitz. Auch südlich der Donau sind die Aussichten gut.

Noch ein Hinweis nebenbei: Wussten Sie, dass eine Finsternis nie allein auftritt? In etwa zwei Wochen vor oder nach einer Sonnenfinsternis findet IMMER eine Mondfinsternis statt.

Dipl.-Meteorologin Julia Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Energieinput von oben

Ein maßgeblicher Faktor der Strahlungsbilanz in unserem Klimasystem Erde-Atmosphäre ist die sogenannte Globalstrahlung. Unter dieser versteht man die gesamte an der Erdoberfläche auf einer horizontalen Ebene empfangene Solarstrahlung. Die Globalstrahlung setzt sich dabei aus der direkten Strahlung (d.h. jene Strahlung, die Schatten werfen kann) und der gestreuten (diffusen) Sonnenstrahlung aus der Himmelshalbkugel zusammen. Die extraterrestrische Strahlung (d.h. die auf die Atmosphäre auftreffende Strahlung) wird nämlich beim Passieren der Erdatmosphäre verändert und erfährt beispielsweise eine Abschwächung (Extinktion) durch die Streuung/Reflexion an Luftmolekülen, Wolken, Wasser- und Staubteilchen. Zudem erfolgt auch eine Absorption durch Wasserdampf und atmosphärische Spurengase, diese soll an dieser Stelle aber nicht weiter behandelt werden. Als Faustregel gilt, dass bei Sonnenhöhen von mehr als 50° und wolkenlosem Himmel die Globalstrahlung zu ca. 75 % aus direkter Sonnenstrahlung besteht, bei einem deutlich tieferen Sonnenstand (ca. 10°) nur noch zu 33 %. D.h. bei tieferen Sonnenständen überwiegt die diffuse Himmelsstrahlung gegenüber der direkten Strahlung deutlich.

DWD Energieinput von oben

Die Globalstrahlung kann mit einem sogenannten Pyranometer  sehr gut gemessen werden. Dieses besteht aus für die kurzwellige Strahlung durchlässigen und auch als Witterungsschutz dienenden Halbkugeln und hintereinander geschalteten Thermoelementen (geschwärzte Thermosäule) als Sensor. Die geschwärzten Empfangsflächen der aktiven Lötstellen der Thermoelemente absorbieren die einfallende Strahlung und erwärmen sich gegenüber den passiven Lötstellen innerhalb des Geräts. Die auftretenden Temperaturdifferenzen erzeugen Thermospannungen, die ein Maß für die empfangene Bestrahlungsstärke sind. Mit einer entsprechenden Abschattung (Schattenring) kann mit diesem Gerät auch die diffuse Strahlung bestimmt. Auf jeden Fall ist eine sogenannte Horizontfreiheit, d.h. kein Horizonteinschränkung durch Bäume, Gebäude oder Bergrücken erforderlich.

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Aufgrund der starken Abhängigkeit der Globalstrahlung vom Sonnenstand besteht in unseren Breiten ein immenser Jahresgang. So liegt die mittlere Monatssumme für Deutschland im Zeitraum 1991 bis 2020 für den Monat Dezember beispielsweise unter 20 kWh/m², bei höchstem Sonnenstand in den Sommermonaten Juni und Juli bei über 160 kWh/m² . Außerdem ist in der Abbildung anhand des „Box-Plots“ auch das 25 % und 75 % bzw. das 10 und 90 % Perzentil (d.h. die wahrscheinlichste Schwankungsbreite bzw. der fast maximale Erwartungswert) ersichtlich (Erklärung in der unteren Legende beachten). Für das aktuelle Jahr 2023 lag die Monatssumme im Juni beispielsweise bei sehr hohen 199 kWh/m² und damit deutlich über dem normalerweise erwarteten Wertebereich. Auch im kürzlich abgelaufenen September ist dieser Effekt aufgetreten: die Monatssumme von 124 kWh/m² liegt deutlich oberhalb des Mittelwerts, der bei etwas unter 100 kWh/m² zu finden ist. Diese deutlichen Ausreißer führen nun dazu, dass die mittlere Jahressumme der Globalstrahlung von 1086 kWh/m² (1991 bis 2020) dieses Jahr wahrscheinlich schon im Oktober übertroffen wird. Den absoluten Spitzenrang nimmt im Bezugszeitraum seit 1983 das vergangene Jahr 2022 mit einer Jahressumme von 1227 kWh/m² ein.

Generell ist festzustellen, dass es seit 1983 einen eindeutigen positiven Trend der Jahressummen der Globalstrahlung gibt . Legt man einen linearen Trend in die Datenpunkte ergibt sich eine Steigerung von etwa 3,6 kWh/m² pro Jahr. Das bedeutet, dass in 10 Jahren im Deutschlandmittel 36 kWh/m² hinzugekommen sind. Sehr schön ersichtlich sind auch die zwei „Ausreißer“ in den vergangenen Jahren sowie das Jahr 2003.

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Außerdem unterliegt die Globalstrahlung in Deutschland aufgrund der Geographie und der Geometrie der einfallenden Strahlung einer regionalen Differenzierung. In den Mittelwerten der Jahressummen im Zeitraum von 1991 bis 2020 gibt es im Süden der Bundesrepublik deutlich höhere Werte als im Norden und Nordwesten Deutschlands. Die höchsten Werte der Globalstrahlung werden etwa in einem Streifen vom Bodensee über das Alpenvorland bis zum Inn und der Salzach sowie am Oberrhein und am Neckar erreicht. Im Vergleich zu den geringeren Werten im Norden (knapp über 1000 kWh/m²) werden im Süden fasst 200 kWh/m² im Jahr mehr erreicht.

Die erwähnten Abbildungen sind unter zu finden.

Mag.rer.nat Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.10.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Als Wetterdaten laufen lernten

Zugegeben, wirklich laufen können Wetterdaten auch heute nicht. Aber sie werden in einem globalen Netzwerk gesammelt und in (Achtung: Wortspiel) Windeseile verteilt. Somit stehen Messwerte schon wenige Minuten nach der Registrierung global zur Verfügung, und dies gilt auch für die abgelegensten Stationen auf dem Globus.

Dagegen dauerte es im Mittelalter Tage oder Wochen, bis wesentliche und bedeutende Informationen auch nur die nächste Stadt erreichten. Und das galt natürlich auch für Informationen bezüglich des Wetters. Schneller lief die Informationsübertragung dann mit Einführung eines relativ engmaschigen, regelmäßig bedienten Stafettenreiter-Postsystems. Die Geschwindigkeit dieses Posttransports lag dabei meist im einstelligen km/h-Bereich.

Aber: Für den Transport von Wetterdaten ist auch das natürlich viel zu langsam. Das aktuelle Tief KILIAN bewegt sich beispielsweise mit etwa 50 km/h – und damit schneller als jeder Postreiter.

Für den Traum der Menschheit, das Wetter vorherzusagen, waren diese Geschwindigkeiten natürlich nicht annähernd ausreichend. Denn neben der Aufgabe, an möglichst vielen Orten das Wetter regelmäßig und zeitgleich zu beobachten und diese Informationen schnell an einem Ort zusammenzutragen (das ist das klassische Betätigungsfeld der synoptischen Meteorologie), stand man auch vor der Herausforderung, die aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse möglichst rasch wieder an potentielle Nutzer zu verteilen. Auf die in früheren Jahren mindestens ebenso große Herausforderung, aus den registrierten Daten und ihrer zeitlichen Änderungen zeitnah eine mögliche zukünftige (Wetter-)Entwicklung abzuleiten, soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.

Eine ausreichend schnelle Datenübertragung war erstmals mit der Erfindung bzw. Weiterentwicklung der Telegrafie möglich. Mit ihrer Hilfe konnte man Wetterdaten verschiedener Orte sammeln, schnell zusammenführen und die Auswertungen dann auch schnell wieder verteilen. Genau genommen muss man an dieser Stelle allerdings sagen: Man hätte es machen können, lange Zeit hat man es aber nicht gemacht. Bis im Jahr 1854 während des Krimkrieges die alliierte Flotte von einem Orkan versenkt wurde.

Der französische Kaiser Napoleon III soll erzürnt gewesen sein – und der Leiter der Pariser Sternwarte, Urbain Le Verrier, beschäftigte sich in der Folge mit der Frage, ob es möglich wäre, solche Stürme vorherzusagen. Natürlich nicht in unserem heutigen mathematisch-physikalisch berechnenden Sinn, sondern mehr im Sinn einer Warn- bzw. Meldekette. Le Verrier, der 1845/46 die Existenz des Planeten Pluto postulierte und dessen Name sogar auf dem Eiffelturm verewigt ist, kam zu einem positiven Ergebnis. Und präsentierte am 19. Februar 1855 eine Wetterkarte auf Basis telegrafierter Wetterdaten. Damit war er in Europa führend. Aber in den USA war man noch etwas schneller.

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Schon mit der operationellen Einführung des Telegrafen 1845 kam man dort auf die Idee, Wetterdaten zu sammeln. Im Jahr 1849 lieferten bereits über 100 Freiwillige zu festgelegten Zeiten Wetterinformationen per “Fernschreiber“, dazukamen noch Meldungen der US Army. Am Rande sei hier erwähnt, dass der DWD auch heute noch auf die wertvollen Informationen von ehrenamtlichen Wettermeldern baut, zu denen vor noch gar nicht allzu langer Zeit die anlassbezogen, hochladbaren Wetterinfos in der DWD-App hinzugekommen sind.

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Portrait of Urbain Jean Joseph Le Verrier; 1811-1877. By: Rosselin. . Page or plate: 12.5 x 10 cm

Doch zurück nach Amerika. In den Vereinigten Staaten der späten 1840er und der 1850er Jahre gingen die Wetterinformationen an die sogenannte “Smithsonian Institution“. Diese wurde am 10. August 1846 durch ein Gesetz des US-Kongresses gegründet. Die finanziellen Mittel dazu stammten aus dem Nachlass von James Smithson, was dann auch den Namen erklärt. Und die Aufgabe der Smithsonian Institution war (und ist) die “Vermehrung und Verbreitung von Wissen“.

“Vermehrung und Verbreitung von Wissen“, damit sind wir bei der zweiten großen Persönlichkeit dieses Beitrages angelangt: Joseph Henry. Dieser war nicht nur von 1846 bis 1878 und somit 32 Jahre (!) amtierender Vorsitzender der Smithsonian Institution, sondern er ist auch Namensgeber der SI-Einheit für die Elektrische Induktivität – und erbrachte u.a. 1831 den Nachweis, dass mit Hilfe eines Telegrafen Nachrichten zwischen zwei Orten ausgetauscht werden können. Also sozusagen den Nachweis, dass man (auch) Wetterdaten “Beine machen“ kann.

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“Record Unit 95, Box 11, Folder 15”

Aber Henry war in seinem Wirken keineswegs auf Elektrizität und den damit verbunden Magnetismus fokussiert. Das wissenschaftliche Multitalent, das als Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina durchaus auch Kontakte nach Deutschland hatte, forschte u.a. im Bereich der Akustik, konstruierte Leuchttürme und beschäftigte sich mit dem Wetter. Dabei erkannte er sofort, dass die schnelle Übertragung von Wetterdaten mittels Telegrafen gewinnbringendem Nutzen für die Meteorologie bringen würde. Entsprechend zeichnete er auf, was ihm die o.g. Freiwilligen und die US Army übermittelten. Und schuf somit die erste(n) Wetterkarte(n) der Welt – noch vor derjenigen von Le Verrier.

Leider war es dem Autor nicht möglich, bei seinen Recherchen genaueres über die Form und den Inhalt der Wetterkarten von Le Verrier und Henry herauszufinden. Es ist aber anzunehmen, dass bei beiden die potentiell schadenträchtigen Wetterlagen besonders im Focus standen. Bei Le Verrier kann dies sogar als sicher gelten, denn immerhin war es bei ihm ein Unwetterereignis, das den Impuls für seine Untersuchungen gab. Aber auch in Nordamerika zogen Unwetter das Interesse der Forschergemeinde auf sich. So zeigt Abbildung 4 die Zugbahn eines Sturms am 21. August 1857, der knapp nördlich von Milwaukee auf den Lake Michigan traf.

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Unabhängig von den exakten Inhalten und auch unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge der Wetterkarten von Le Verrier und Henry – die Leistung der beiden Forscher kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Denn die Idee, Wetterdaten zu einem festen Zeitpunkt in einem größeren Gebiet oder sogar weltweit darzustellen bzw. den räumlich-zeitlichen Ablauf eines Ereignisses wiederzugeben, erweist sich noch heute als Erfolgsmodell.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.09.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Reynolds und die Turbulenz

Die Reihe namhafter Physiker und Mathematiker mit Bezug zur Meteorologie setzen wir im heutigen Tagesthema fort mit Osborne Reynolds, einem der Pioniere auf dem Gebiet der Strömungsmechanik.