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Mittagshitze vs. Höchsttemperatur

Hitze, also Temperaturwerte von 30 Grad und mehr, ist momentan bei uns in Deutschland kein Thema – ganz im Gegensatz zu Südeuropa bzw. dem Mittelmeerraum, worauf bereits letzten Sonntag an dieser Stelle eingegangen wurde. Aber auch bei uns ist die Kuh noch nicht vom…äh…Eis, denn die nächsten heißen Tage kommen bestimmt. Immerhin haben wir ja noch das letzte Drittel des Julis und noch den ganzen August vor uns, bevor im September die Hitzewahrscheinlichkeit dann doch allmählich abnimmt.

Immer wieder hört und liest man bei dieser Thematik von der sogenannten „Mittagshitze“, die man zurecht auch meiden sollte, wenn es irgendwie geht. Mit Blick auf den Tagesgang der Temperatur stellt man allerdings fest, dass die größte Hitze, also die Höchsttemperatur in unseren Breiten im Sommer tatsächlich meist erst abends, etwa gegen 18 Uhr erreicht wird. Aber sind Ihnen schon einmal Begriffe wie „Abendhitze“ über den Weg gelaufen? Wahrscheinlich eher nicht. Ist es jetzt mittags oder abends heißer?

Veranschaulichen wir den Tagesgang der Temperatur anhand einer Badewanne: Bei geöffnetem Abfluss drehen wir den Wasserhahn nun ein kleines Stück auf. Die Folge: Das Wasser fließt direkt über den Abfluss wieder ab. An eine Füllung der Wanne ist bei diesem Rinnsal nicht zu denken. Das ist in etwa gleichzusetzen mit den ersten einfallenden Sonnenstrahlen am Morgen. Drehen wir den Hahn nun langsam weiter auf, stellen wir fest, dass das Wasser allmählich anfängt zu steigen (entspricht dem Vormittagsverlauf). Zur Mittagszeit ist der Hahn voll aufgedreht und das Wasser (respektive die Sonneneinstrahlung bzw. die Lufttemperatur) steigt stark an.
Im Anschluss wird der Hahn nun langsam wieder zugedreht, es fließt aber immer noch mehr Wasser von oben nach, als unten abfließt – das Wasser (also die Lufttemperatur) steigt demnach immer noch, wenngleich nicht mehr so schnell (entspricht dem Nachmittagsverlauf). Erst im Laufe des Abends wird der Punkt erreicht, an dem das nicht mehr der Fall ist – der höchste Wasserstand bzw. die Höchsttemperatur ist erreicht. Es fließt nun wieder mehr Wasser ab als nach und der Wasserstand sinkt. Auf die Luft übertragen, reicht die Einstrahlung der immer tiefer stehenden Sonne nicht mehr aus, um es mit der Abkühlung der Luft aufnehmen zu können.

Und wie ist das jetzt mit der Mittagshitze, wenn es doch abends noch heißer ist? Die betrachteten Temperaturwerte werden im Schatten gemessen. Dort ist es mittags also noch kühler als abends. Befindet man sich in der Sonne, sieht das Ganze anders aus. Zur Mittagszeit steht sie in unseren Breiten am steilsten am Himmel, wodurch ihre Einstrahlung am stärksten ist, was für den Körper unter Umständen durchaus gefährlich werden kann. Abends fällt die Sonnenstrahlung dagegen deutlich flacher ein und ist dadurch auch spürbar schwächer.

Die Mittagshitze bezieht sich also auf den Aufenthalt in der prallen Sonne, die abendliche Höchsttemperatur auf die gemessenen Werte im Schatten. Beide schließen sich also nicht aus, ganz im Gegenteil.

Dipl.-Met Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.07.2023

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Kleine Gewitterkunde – Teil 1: Die Einzelzelle

In diesem Sommer gab es in Deutschland schon einige Gewittertage, auch die eine oder andere Schwergewitterlage stand schon auf dem Programm. Vielleicht ist Ihnen beim Blick aufs Radarbild schon einmal aufgefallen, dass Gewitter ganz unterschiedliche Formen annehmen können. Mal „ploppen“ Gewitter relativ wahllos auf, erzeugen ein typisches Streuselkuchenmuster auf dem Radarbild und sind jeweils nur über einem relativ kurzen Zeitraum zu sehen. Manchmal kommen aber auch Gewitter vor, die sich über Stunden halten und hunderte Kilometer zurücklegen können und bisweilen gibt es auch riesige Gewitterkomplexe, die großflächige Schäden anrichten können, wie vor gut zwei Wochen im Süden von Baden-Württemberg und Bayern.

Vor allem die atmosphärischen Verhältnisse entscheiden über den Gewittertyp. Während eine präzise Gewittervorhersage für einen bestimmten Ort nahezu unmöglich ist, werden die für Gewitter benötigten atmosphärischen „Zutaten“ von den Wettermodellen heutzutage gut erfasst. Das ermöglicht es dem Meteorologen, vorab Areale einzugrenzen, in denen mit Gewittern zu rechnen ist und welche Wettererscheinungen damit verbunden sein können.

Grundvoraussetzung für Gewitter ist ein großer Temperaturunterschied zwischen der Luft in Bodennähe und der Luft in höheren Atmosphärenschichten. Man spricht dann von einer „labilen“ Schichtung. Im Sommer wird dieser üblicherweise durch die starke Sonneneinstrahlung verursacht, die im Laufe eines Tages den Erdboden sowie die darüber liegende Luft erwärmt. Im Winter ist es genau umgekehrt. Nicht die starke Erwärmung am Boden, sondern einfließende Kaltluft in der Höhe ist der Grund für den starken vertikalen Temperaturunterschied. Zudem ist eine ausreichende Feuchtigkeit (insbesondere in unteren Atmosphärenschichten) eine essenzielle Zutat für die Bildung von Gewittern. Ganz egal, wodurch die vertikalen Temperaturgegensätze entstanden sind, ist die Atmosphäre danach bestrebt, diese auszugleichen. Zunächst beginnt die warme Luft, ausgehend von bodennahen Atmosphärenschichten, in große Höhen aufzusteigen. Ein sogenannter Aufwindbereich (engl. Updraft) als Ausgangspunkt einer jeden Gewitterzelle entsteht. Als Ausgleichsbewegung bildet sich im weiteren Verlauf ein Abwindbereich (engl. Downdraft), in dem die kühlere Luft aus der oberen Atmosphäre Richtung Boden strömt. Updraft und Downdraft haben alle Gewitter gemeinsam.

DWD Kleine Gewitterkunde Teil 1 Die Einzelzelle

Die sogenannte „Einzelzelle“ ist die einfachste Gewitterform. Sie besteht nur aus einem einzigen Auf- und Abwindbereich und hat eine horizontale Ausdehnung von etwa zehn Kilometern. Einzelzellen entstehen meist am Rande eines Hochdruckgebiets in einem Bereich mit geringen horizontalen Luftdruck- und Temperaturunterschieden, also fernab von Fronten innerhalb einer homogenen, warmen Luftmasse. Daher bezeichnet man sie in der Fachsprache auch als „Luftmassengewitter“. Der Wind ist in allen Höhen relativ schwach, sodass sich Einzelzellen nur sehr langsam bewegen oder sogar nahezu an Ort und Stelle verweilen.

Zunächst erwärmt die Sonne den Erdboden, der in der Folge auch die bodennahe Luft aufheizt. Er fungiert ähnlich einer Herdplatte, die von unten das Wasser in einem Kochtopf erwärmt. Angenommen, wir befinden uns über flachem Terrain, dann steigen ab einer gewissen Temperatur, der sogenannten Auslösetemperatur, Warmluftblasen auf, vergleichbar mit den Luftbläschen des zu kochen beginnenden Wassers. Wie im Kochtopf ist es quasi unmöglich vorherzusagen, wo die ersten Luftblasen aufsteigen. Solange die Atmosphäre labil geschichtet ist, erfährt die aufsteigende Luft immer weiteren Auftrieb und durch deren Sogwirkung kann immer weiter Warmluft von unten nachströmen. Beim Aufstieg kühlt sich die Luft ab. Da kalte Luft weniger Wasser speichern kann als warme Luft, kondensiert der unsichtbare Wasserdampf zu Wassertropfen, wodurch anfangs eine noch harmlose Blumenkohl-förmige Kumuluswolke entsteht. Innerhalb recht kurzer Zeit wächst diese weiter in die Höhe zu einer klassischen Gewitterwolke heran (Kumulonimbus). Im Aufbaustadium fällt noch kein Niederschlag und die Gewitterwolke besteht nur aus dem Updraft (Abbildung 1), in dem die Warmluft mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 40 bis 80 km/h in die Höhe schießt. Im Reifestadium ist der Updraft voll entwickelt und die Wolke erreicht eine Höhe von mehr als acht Kilometern. Am Oberrand strömt die Luft horizontal aus, wodurch die Gewitterwolke ihre typische Ambossform (Abbildung 2) erhält. Nach einer gewissen Zeit kann der Updraft die Niederschlagsteilchen nicht mehr schwebend halten, sodass sie im Downdraft zu Boden fallen und dabei die Luft mit nach unten reißen. Erreicht die Kaltluft des Downdrafts den Boden, fließt sie horizontal und symmetrisch zu allen Seiten aus. Die Kaltluft schneidet den Aufwindbereich vom Zustrom weiterer Warmluft am Boden ab, wodurch der Updraft zum Erliegen kommt. Die Einzelzelle schaufelt sich quasi ihr eigenes Grab, weshalb sie nur eine Lebensdauer von weniger als einer Stunde besitzt. Im Auflösestadium existiert dann nur noch der Downdraft.

DWD Kleine Gewitterkunde Teil 1 Die Einzelzelle 1

Einzelzellen sind klassische Wärme- oder Hitzegewitter. Sie sind unregelmäßig verteilt und treten meist am Nachmittag und Abend auf. Da sich die Luft entlang von Berghängen schneller aufheizen kann als über dem Flachland, kann die Luft entlang der Berghänge besonders leicht und frühzeitig aufzusteigen. Daher bilden sich die ersten Gewitter häufig über den (Mittel-)Gebirgen. Einzelzellen sind lokal eng begrenzt von Starkregen begleitet. In kräftigen Zellen kann es auch zu kleinkörnigem Hagel und kräftigen Böen kommen.

Welche weiteren Gewitterformen es noch gibt, erfahren Sie demnächst an dieser Stelle.

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.07.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Zyklonale Westlage

Derzeit liegt Deutschland etwas zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite befindet sich ein umfangreicher Tiefdruckkomplex über Nordeuropa und auf der anderen Seite liegt ein ausgedehntes Hochdruckgebiet über Südeuropa. Dies sorgt dort bekanntlich für eine anhaltende Hitzeperiode mit Höchstwerten jenseits der 40 Grad-Marke. Die Großwetterlage kann für Mitteleuropa mit „West zyklonal“ bezeichnet werden. Dies ist eine für die mittleren Breiten klassische Wetterlage.

DWD Zyklonale Westlage

Das Temperaturniveau ist dabei im Sommer meist im mäßig warmen Bereich angesiedelt. Je nachdem wie stark der antizyklonale Einfluss des Hochs (meist das Azorenhoch oder ein Ableger davon) über dem Süden und Südwesten ist, kann es dort warm bis sehr warm werden. Genau dies ist am Wochenende der Fall. Dann kann in den Süden und Südosten nochmals sehr warme Luft einströmen und die Höchstwerte steigen insbesondere am Sonntag in die Nähe der 30-Grad-Marke.

Insgesamt gestaltet sich das Wetter am morgigen Samstag zunächst noch recht freundlich. Die Sonne zeigt sich zwischen Wolkenfeldern immer wieder, im Südwesten auch sehr häufig und es bleibt trocken. Temperaturen zwischen 21 und 27 Grad werden als angenehm warm empfunden. In die Röhre schauen morgen wohl Urlauber und Anwohner an der Nordsee. Dort stehen kaum Sonne, immer wieder Regen und Höchstwerte unter der 20 Grad-Marke auf der Agenda.

In der Nacht zum Sonntag greifen Regenfälle auf den kompletten Norden über. An der Grenze zu Dänemark und an der Westküste Schleswig-Holsteins kann es je nach Modell 20 bis 30 Liter pro Quadratmeter Niederschlag geben. Ansonsten liegen die Niederschlagsmengen bis Sonntagmorgen im Norden meist bei 1 bis 10 Liter pro Quadratmeter. Im Tagesverlauf weiten sich die zeitweiligen Niederschläge dann südwärts aus. Im Süden und Südosten des Landes bleibt es noch trocken. Zudem lebt der Südwestwind stark böig auf, an der Nordsee und im Bergland drohen stürmische Böen.

DWD Zyklonale Westlage 1

Zum Start in die neue Woche wird es dann überall wechselhafter und deutlich nasser, da von Westen her zunehmend Frontensysteme auf Deutschland übergreifen und mit ihren Niederschlagsgebieten auch überqueren können. Zeit- und gebietsweise kommt es dann zu schauerartig verstärkten und teils gewittrig durchsetzten Regenfällen. Am Montag drohen im Südosten nochmals kräftige Gewitter samt lokalem Starkregen. Bis Mitte der kommenden Woche fallen im Durchschnitt 10 bis 20, in den Mittelgebirgen um 40 Liter pro Quadratmeter. Ganz im Norden und am Alpenrand können die Mengen auch noch höher ausfallen. Ein Vergleich der Modelle des Deutschen Wetterdienstes (ICON6), des Zentrums für mittelfristige Vorhersage (IFS) und des amerikanischen Wetterdienstes (GFS) zeigt die unterschiedlichen Niederschlagsschwerpunkte.

DWD Zyklonale Westlage 2

Betrachtet man abschließend noch den Temperaturverlauf für die drei deutschen Städte Hamburg, Dresden und München, dann lässt sich ein Abwärtstrend der Temperaturwerte bis Mitte der nächsten Woche feststellen. Sommerliche Höchstwerte jenseits der 25-Grad-Marke stehen dann zunächst nicht mehr auf dem Plan.

DWD Zyklonale Westlage

Für den weiteren Sommerverlauf und insbesondere das Wetter im kommenden August kann an dieser Stelle noch keine Auskunft getroffen werden.

Dipl.-Met Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.07.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Kleine Gewitterkunde – Teil 2: Die Multizelle

Nicht selten halten Gewitter die Warnmeteorologen des Deutschen Wetterdienstes auf Trab, da sie oft recht unvermittelt entstehen, plötzlich ihre Zugrichtung ändern oder sich wieder auflösen. Präzise Gemeinde-genaue Gewitterwarnungen können daher meist erst relativ kurz vor Eintreffen des Gewitters für Ihren Ort ausgegeben werden. Völlig unberechenbar sind sie dennoch nicht. Bereits vor Entstehung der Gewitter kann man eine Analyse der „Zutaten“ wie Feuchtegehalt der Atmosphäre, Änderung von Wind und Temperatur mit der Höhe (Scherung) sowie der atmosphärischen Schichtung vornehmen. Damit kann der Meteorologe Gebiete eingrenzen, in denen mit Gewittern zu rechnen ist und welcher Gewittertyp dort am wahrscheinlichsten ist.

Im Thema des Tages vom vergangenen Donnerstag (20.07.2023), welches die Einzelzelle als einfachste Gewitterform vorgestellt hat, wurde bereits erklärt, dass Gewitter in erster Linie dazu dienen, große vertikale Temperaturunterschiede in der Atmosphäre abzubauen. Dazu steigt zunächst die warme bodennahe Luft im Aufwindbereich (engl. Updraft) in große Höhen auf. Als Ausgleichsbewegung bildet sich im weiteren Verlauf ein Abwindbereich (engl. Downdraft), in dem die kühlere Luft aus der oberen Troposphäre Richtung Boden strömt.

Eine Einzelzelle besteht lediglich aus einem einzigen Auf- und Abwindbereich. Bei der sogenannten „Multizelle“ handelt es sich hingegen um einen Zusammenschluss mehrerer Gewitterzellen in verschiedenen Entwicklungsstadien mit mehreren Auf- und Abwindbereichen (siehe schematische Darstellung). Bildlich gesprochen ist eine Multizelle eine große Gewitterfamilie, die sich zu einem Mehrgenerationenhaushalt vereint hat.

DWD Kleine Gewitterkunde Teil 2 Die Multizelle

Alles beginnt mit einer Gewitterzelle, bestehend aus Updraft und Downdraft. Diese Initialzelle wird – um beim Bild der Großfamilie zu bleiben – auch als „Mutterzelle“ bezeichnet (Zelle 1). Sie bildet sich in einer Umgebung mit horizontalen Temperaturunterschieden. Entscheidend ist hierbei, dass dort der Wind mit der Höhe zunimmt und dabei auch seine Richtung ändert – beides zusammen bezeichnet man als vertikale Windscherung. (Auf die thermodynamischen Hintergründe dieses Zusammenhangs soll an dieser Stelle verzichtet werden und kann der interessierte Leser im DWD-Lexikon nachlesen, Stichwort Baroklinität.) Durch die unterschiedlich starken Winde kann der Downdraft am Boden nicht wie bei der Einzelzelle symmetrisch ausfließen. Auf der warmen Seite des Gewitters fließt der Downdraft besonders stark aus, wodurch sich eine sogenannte Böenfront formiert. Diese erkennen Sie als Beobachter daran, dass bereits vor dem aufziehenden Gewitter der Wind schlagartig und böig auffrischt und dabei die Temperatur abrupt sinkt. Die kalte und damit schwerere Luft (engl. Outflow) schiebt sich „mit Schmackes“ unter die Warmluft, sodass letztere an der Vorderseite der Böenfront gehoben wird. Der Aufwindbereich der zweiten Gewitterzelle, der sogenannten „Tochterzelle“, ist hiermit geboren, während sich der Updraft der Mutterzelle wieder abschwächt. Durch den zusätzlichen Hebungsantrieb der ausfließenden Kaltluft fällt der Updraft der Tochterzelle oftmals stärker aus als der der Mutterzelle. Da bei moderater Windscherung der Outflow mächtiger als die nach oben nachströmende Warmluft (engl. Inflow) ist, läuft auch dieser Updraft in den Kaltluftbereich und schwächt sich ab. Unter günstigen Bedingungen können sich entlang der Böenfront mehrfach hintereinander neue Tochterzellen bilden (Zellen 3 bis 5). Die heftigsten Niederschläge treten dabei im Bereich des stärksten Updrafts und Downdrafts hinter der Böenfront auf (Zelle 3).

Große horizontale Temperaturänderungen findet man zum Beispiel entlang einer Kaltfront. Im Sommer entsteht allerdings häufig schon im Vorfeld der Kaltfront, also noch im Warmluftbereich, ein flaches rinnenförmiges Tief, in das am Boden von beiden Seiten entlang einer Konvergenzlinie die Luft zusammenströmt und zum Aufsteigen gezwungen wird. Durch diese zusätzliche Hebung entwickeln sich dort oft die ersten Gewitter. Da vor der Kaltfront weiterhin Warmluft einfließt, nimmt der Wind mit der Höhe nicht nur zu, sondern wird zusätzlich nach rechts abgelenkt (thermischer Wind). Dies führt dazu, dass die Tochterzellen meist an der rechten Flanke der alternden Zellen entstehen, sodass die Verlagerung des Gewitterkomplexes diskontinuierlich wirkt und bezüglich der mittleren großräumigen Strömung etwas nach rechts ausschert.

Multizellen sind in Mitteleuropa die am häufigsten vorkommende Gewitterform. Sie besitzen einen Durchmesser von ca. 15 bis 30 Kilometern und können im Extremfall mehrere Stunden existieren, wohingegen die einzelnen Zellen des Gewitterkonglomerats wie bei der Einzelzelle nur etwa 10 bis 60 Minuten bestehen. Ihre Dynamik ist wesentlich stärker, sodass die Wettererscheinungen heftiger als bei der Einzelzelle ausfallen. Dabei kommt es entlang der Böenfront zu Sturmböen sowie zu heftigem Starkregen mit Gefahr lokaler Überschwemmungen und mittelgroßem Hagel.

DWD Kleine Gewitterkunde Teil 2 Die Multizelle 1

Im nächsten Teil dieser Serie geht es dann um die Superzelle…

Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.07.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Sommersternschnuppen – Perseiden

Wie jedes Jahr von Mitte Juli bis Mitte/Ende August kann man am Nachthimmel den Sternschnuppenstrom der Perseiden entdecken. Sternschnuppenströme werden nach den Sternbildern benannt, aus denen sie zu kommen scheinen. Im Fall der Perseiden ist es das Sternbild Perseus, das am Abendhimmel im Nordosten, etwas unterhalb des Sternbildes Kassiopeia, zu finden ist. Kassiopeia ist eines der bekanntesten Sternbilder am sommerlichen Nachthimmel und wird aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Buchstaben W als „Himmels-W“ bezeichnet.

Sternschnuppen sind Leuchterscheinungen, die von Staubpartikeln eines Kometen erzeugt werden, die beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühen und dadurch sichtbar werden. Die Erde „durchfliegt“ auf ihrer Bahn um die Sonne im Laufe des Jahres verschiedene Kometenschweife, in den Sommermonaten Juli/August ist es der Schweif des Kometen 109P/Swift-Tuttle.

Der gesamte Aktivitätszeitraum der Perseiden erstreckt sich vom 17. Juli bis zum 24. August. Die Intensität, also die Anzahl an beobachtbaren Sternschnuppen, steigt bis zum Maximum kontinuierlich an und geht dann wieder zurück. Das diesjährige Aktivitätsmaximum wird am 13. August mittags erwartet. Tagsüber wird man dann sicher keine Sternschnuppen sehen, das theoretische Maximum liegt bei etwa 100 Sternschnuppen pro Stunde. Diese theoretische Zahl an Sternschnuppen kann aber meist nicht beobachtet werden. Zum einen können aufgrund der Trübung durch die Atmosphäre deutlich weniger Schnuppen beobachtet werden, wenn sich der „Ausgangspunkt“ der Sternschnuppen (Radiant) noch recht nah über dem Horizont befindet. Die Zahl der beobachtbaren Sternschnuppen steigt also mit der Höhe des Radianten (im Fall der Perseiden also das Sternbild Perseus) am Himmel. Hinzu kommt, dass die theoretisch maximale Sternschnuppenrate für einen Radianten von 90 Grad gilt, der Ausstrahlungspunkt der Sternschnuppen müsste demnach im Zenit stehen. Dies ist aber beim Sternbild Perseus nicht der Fall, dadurch reduziert sich die Anzahl der beobachtbaren Schnuppen deutlich. Ein anderer wesentlicher Aspekt ist die Lichtverschmutzung in der Umgebung des Beobachtungsortes. Sind in der Umgebung wenige oder idealerweise keine Lichtquellen vorhanden, ergeben sich bessere Chancen Sternschnuppen zu beobachten.
Nichtsdestotrotz lohnt ein Blick in den Himmel, auch wenn man unter Berücksichtigung der genannten Faktoren wohl maximal eher 20 bis 30 Sternschnuppen pro Stunde erwarten kann. Die beste Beobachtungszeit liegt dabei in den frühen Morgenstunden zwischen 2 Uhr nachts und der Morgendämmerung, denn dann steht das Sternbild Perseus in Mitteleuropa recht hoch über dem Horizont. Zum Zeitpunkt des Maximums wird auch der Mond das Himmelsschauspiel kaum stören, am 1. August ist Vollmond, nachfolgend setzt dementsprechend die abnehmende Mondphase ein und am 16. August ist Neumond.

Für eine erfolgreiche Sternschnuppenjagd müssen natürlich die Bewölkungsverhältnisse passen. Ideal sind daher wolkenlose Verhältnisse… und das wird in den nächsten Nächten doch relativ schwierig. Die besten Chancen dürfte man in der kommenden Nacht zum Montag in Richtung Alpenrand haben, in der Nacht zum Dienstag eher im Nordosten des Landes und auch in der Nacht zum Mittwoch sind die Möglichkeiten der Sternschnuppensichtung wenn überhaupt am ehesten im Norden bzw. Nordosten vorhanden. Einen weiteren Ausblick vor allem auch in Richtung Perseiden-Maximum wagen wir an dieser Stelle aber noch nicht.

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.07.2023
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Per App zum Sportbootführerschein

Ahoi liebe Wasserbegeisterte, Surfer und Segler, heute wollen wir euch unseren Partner www.Bootspruefung.de vorstellen. Viele von euch haben wahrscheinlich schon einen Sportbootführerschein, aber falls ihr ihn bisher ausgelassen habt, aber Interesse besteht auch mal ein schnelleres oder größeres Motorboot zu fahren, solltet ihr das unbedingt nachholen. Der Aufwand ist überschaubar und dafür stehen euch zahlreiche Möglichkeiten offen, die Binnen- und Seeschifffahrtsstraßen mit einem Sportboot zu erkunden.

Benötigt wird der Sportbootführerschein (SBF), wenn ihr Motorboote mit mehr als 15 PS (Verbrennungsmotor) oder 10,2 PS (Elektromotor) bewegen wollt. Auf bestimmten Wasserstraßen ist zum Führen eines Segelbootes der erweiterte SBF-Binnen unter Segel  erforderlich. Mit Bootspruefung.de könnt ihr online oder per Mobile-App für den Sportbootführerschein lernen und müsst nur die Prüfung an einer Bootsschule vor Ort ablegen. Das Basisangebot ist kostenlos und nur für die Pro-Version wird eine einmalige Gebühr von 20 Euro erhoben.

Wann ihr einen SBF benötigt, welche Arten es gibt und wie ihr die Prüfungen ablegen könnt, erklären wir hier.

SBF-Binnen

Der Sportbootführerschein für Binnengewässer erlaubt euch Motorboote mit einer Leistung von mehr als 15 PS (Verbrennungsmotor) beziehungsweise 10,2 PS (Elektromotor) auf deutschen Binnengewässern wie Flüssen, Seen und Kanälen zu führen. Der SBF-Binnen ist außerdem in vielen weiteren Ländern vorgeschrieben und dient dazu, die Kenntnisse über die nautischen Regeln, die Sicherheit auf dem Wasser und das Verhalten in unterschiedlichen Situationen zu überprüfen. Ein Schwerpunkt liegt auf den Verkehrsregeln und den Umgang mit anderen Bootsfahrern.

SBF-Binnen unter Segeln

Grundsätzlich ist für das Führen von Segelbooten kein extra Führerschein vonnöten, aber einige Bootsverleihe bestehen auch beim Verleih von Segelbooten auf einen Nachweis, dass ihr dazu befähigt seid. Der SBF-Binnen unter Segeln ist zudem Voraussetzung zum Führen von Segelbooten mit mehr als 6 Quadratmetern Segelfläche in den meisten Berliner und Brandenburger Gewässern und kann auch im Ausland erforderlich sein.

Dieser Schein bestätigt, dass ihr die grundlegenden Segeltechniken beherrscht, Segelstellungen und Manöver durchführen könnt und mit den segelspezifischen Regeln vertraut seid. Der Sportbootführerschein-Binnen unter Segeln ermöglicht es, auf Binnengewässern eigenständig segeln zu gehen und die Freiheit des Segelsports zu genießen.

SBF-See

Der Sportbootführerschein zur See ist das Äquivalent zum SBF-Binnen und berechtigt zum Führen von Motorbooten mit mehr als 15 PS (Verbrennungsmotor) oder 10,2 PS (Elektromotor) in küstennahen Gewässern sowie auf Hochsee-Schifffahrtsstraßen. Dieser Führerschein bestätigt, dass ihr über umfangreiche Kenntnisse der Navigation, der Seemannschaft, der Wetterkunde und der Sicherheitsvorschriften verfügt.

Der Sportbootführerschein-See stellt sicher, dass ihr die spezifischen Herausforderungen und Gefahren des Führens eines Bootes auf hoher See bewältigen könnt. Hier gibt es keinen extra Segelschein, sondern Segelboote können auch mit diesem Schein geführt werden. Der SBF-See wird oft für den Charter von Sportbooten im Ausland gefordert, da er international anerkannt ist. Darüber hinaus ist dieser Führerschein in einigen Ländern Voraussetzung, um bestimmte Gewässer befahren zu dürfen.

Weitere Patente

Mit den Sportboot-Patenten könnt ihr im Amateurbereich schon fast alles fahren, allerdings kann es regional oder, wenn ihr Boote gewerblich führen wollt, nötig werden weitere Qualifikationen nachzuweisen. Zu nennen ist hier insbesondere das Bodenseeschifferpatent, welches zum Führen von Sportbooten auf dem Bodensee benötigt wird. Falls ihr den Bodensee befahren möchtet, solltet ihr diesen Schein vor allen anderen machen, denn damit spart ihr euch die Prüfungen zum SBF-Binnen.

Unter Umständen können in bestimmten Gewässer andere Regelungen (beispielsweise auf dem Rhein) gelten oder weitere Qualifikationen nachzuweisen sein. Wenn ihr eine Bootstour plant, ist es deshalb empfehlenswert, euch die regionalen Informationen für die Gewässer, die ihr befahren möchtet, anzusehen.

Der Sporthochseeschein sowie Zusatzqualifikationen im Bereich Funk sind für Hobby-Bootsführer in der Regel uninteressant.

Ablauf der Prüfungen

Die Prüfungen zu den Sportbootführerscheinen wie auch für das Bodenseeschifferpatent haben einen theoretischen und einen praktischen Teil. Die Prüfungen müssen vom Prüfungsausschuss des Deutschen Motoryachtverbandes (DMYV) oder des Deutschen Seglerverbandes (DSV) abgenommen werden. Dort kann man sich entweder selbstständig anmelden oder dies von der Bootsschule, bei der auch die praktische Ausbildung stattfindet, übernehmen lassen.

Um einen SBF zu erwerben, müsst ihr mindestens 16 Jahre alt sein und über eine ausreichende Sehkraft sowie nachweislich Zuverlässigkeit (KFZ-Führerschein oder Führungszeugnis) verfügen. Die theoretischen Prüfungen bestehen aus Fragen, die im Multiple-Choice-Verfahren zu beantworten sind, sowie einem Navigationsteil. Die praktische Prüfung umfasst das Vorführen einiger Manöver sowie das Knüpfen von Seemannsknoten. Wenn ihr mehrere Führerscheine erwerben möchtet, solltet ihr euch im Vorfeld über Synergieeffekte informieren. So könnt ihr von reduzierten Prüfungen und Kursgebühren profitieren.

 

Bild von Hands off my tags! Michael Gaida auf Pixabay