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Spannender nächtlicher Temperaturverlauf in Oberbayern

Das erste verbreitet sommerliche und rekordverdächtige Wochenende in diesem Jahr in Deutschland ist nun Geschichte. Am wärmsten war dabei der Samstag, an dem es mit Ausnahme des Nordens und Ostens sowie der Hochlagen verbreitet einen Sommertag mit Höchstwerten über 25 °C gab. Nähere Informationen dazu und warum es am gestrigen Sonntag nicht ganz so warm wurde, gibt es im.

Aber nicht nur die Tageshöchstwerte waren ungewöhnlich und rekordverdächtig, sondern auch die Tiefstwerte der vergangenen zwei Nächte. Beispielsweise wurden in der Nacht zum Sonntag nach vorläufigen und noch nicht validierten Messungen in Quedlinburg (Sachsen-Anhalt) 20,0 °C, in Bad Harzburg (Niedersachsen) 19,2 °C und in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) 18,7 °C registriert. Quedlinburg erreichte somit sogar eine Tropennacht, bei der der nächtliche Tiefstwert laut Definition nicht unter 20,0 °C liegen darf. Der Monatsrekord für das deutschlandweite höchste Minimum datiert vom 23.04.1968 mit 20,2 °C in Nossen und Altergeringswalde (beides Sachsen). An einigen Stationen wurden aber neue Monatsrekorde für das höchste je gemessene Minimum gebrochen. Für Anfang April ist das absolut außergewöhnlich.

DWD Spannender naechtlicher Temperaturverlauf in Oberbayern

Nun wollen wir uns aber einem spannenden und ungewöhnlichen Verlauf der Temperatur in der vergangenen Nacht zweier Orte in Oberbayern widmen. Die Protagonisten sind Wielenbach, das auf etwa 550 m etwas südlich des Ammersees liegt und Bad Kohlgrub am Fuße des Ammergebirges auf knapp 750 m. Die zwei Orte trennen also fast 200 Höhenmeter und rund 25 km Luftlinie.

DWD Spannender naechtlicher Temperaturverlauf in Oberbayern 1

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Die Grafiken wurden von  entnommen und unter findet sich eine umfassende Legende zu den dargestellten Linien. Wir wollen uns aber hauptsächlich auf die obere rote Linie, die den zehnminütigen Lufttemperaturverlauf darstellt und die zwei blauen Linien, die den Verlauf des Taupunktes und der relativen Luftfeuchte zeigen, konzentrieren. Schon zu Beginn der Nacht ergeben sich Unterschiede bei den Meteogrammen. Während in Wielenbach die Lufttemperatur langsam aber sicher ab- und die relative Luftfeuchte zunahm, änderten sich diese Werte in Bad Kohlgrub nur unwesentlich. Dies deutet darauf hin, dass sich im tiefer gelegenen Wielenbach bereits eine bodennahe Kaltluftschicht ausbilden konnte, was im höher gelegenen Bad Kohlgrub nicht der Fall war. Im weiteren Verlauf der Nacht konnte sich die Lufttemperatur in Wielenbach immer weiter abkühlen. Ganz anders was es hingegen in Bad Kohlgrub. Dort kam es ab etwa 0 UTC zu einem deutlichen Anstieg der Lufttemperatur und gegen 1:30 UTC wurden außergewöhnlich warme 24 °C erreicht. Dazu trocknete die Luftmasse erheblich ab und der Taupunkt sank von +5 °C auf Werte um -4 °C. Was war nun der Auslöser dieses Temperaturanstiegs und warum wurde es weiter nördlich nicht wärmer?

Eine mögliche Erklärung liegt darin, dass sich in Bad Kohlgrub mitten in der Nacht der Föhn durchgesetzt hat. Dieser sorgte für eine leichte Turbulenz im Bereich der bodennahen Kaltluftschicht, wodurch diese durchbrochen werden konnte und es zu einer Durchmischung der Luftmasse kam. In Wielenbach hingegen konnte sich der Föhn nicht durchsetzen und dort hielt sich eine dünne und entkoppelte Kaltluftschicht, in der sich die Lufttemperatur bis zum Morgen immer weiter abkühlte. Erst nach Sonnenaufgang nahm der normale Tagesgang wieder seinen Lauf und die Lufttemperatur stieg wieder an. Der Rückgang der Lufttemperatur am frühen Morgen in Bad Kohlgrub war vermutlich damit verbunden, dass der Wind sich etwas abschwächte und es somit vorübergehend nicht mehr zu einer Durchmischung der Luftmasse reichte.

Ein Ausblick in die kommenden Nächte zeigt, dass ab der Nacht zum Mittwoch die Minima wieder auf einstellige Werte sinken und vor allem in der Nacht zum Donnerstag droht in der Südosthälfte wieder Frost in Bodennähe.

Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.04.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

„Wissen Sie schon, wie das Wetter an Ostern wird?“

Seit einigen Wochen findet man sie immer wieder mal, sei es im E-Mail-Postfach oder am Telefon: Anfragen zum diesjährigen Osterwetter. Die Antwort war bisher mehr oder weniger immer dieselbe und lautete sinngemäß: „Keine Ahnung.“

Tatsächlich sind seriöse, detaillierte Prognosen maximal drei bis vier Tage im Voraus möglich. Das liegt in der Natur der Sache, denn schon der Ausgangszustand einer jeden Wetterprognose – der aktuelle Zustand der Atmosphäre – ist unter anderem aufgrund von Messungenauigkeiten und einer zu geringen weltweiten Messstationsdichte nicht hundertprozentig genau. Dieser Fehler nimmt mit der Vorhersagezeit mehr und mehr zu, sodass man sich den detaillierten Wetterablauf irgendwann selber würfeln kann.

Was allerdings im Großen und Ganzen recht gut funktioniert, ist, eine Aussage über den Trend der Wetterentwicklung zu treffen. Also zum Beispiel ob es wärmer wird oder ein Kaltlufteinbruch bevorsteht oder ob ein unbeständiger Witterungsabschnitt zu erwarten ist oder es komplett trocken bleibt. Das Zauberwort lautet „Ensembleprognose“.

Mit einer Ensembleprognose wird versucht, die mit der Zeit zunehmende Vorhersageunsicherheit abzuschätzen. Dabei wird für einen Ort nicht nur eine, sondern mehrere Prognosen mit leicht veränderten Anfangsbedingungen gerechnet. Dieses sogenannte Ensemble beinhaltet beim auf mittelfristige Vorhersagen spezialisierten Modell des EZMWF 51 Mitglieder, also 51 Vorhersagen. Je weiter sich diese Vorhersagen voneinander unterscheiden, desto unsicherer ist die Prognose. Liegen sie dagegen nah beieinander, ist sich das Ensemble einig, in welche Richtung sich das Wetter entwickeln soll.

Schauen wir im Folgenden doch einfach mal, ob und falls ja, welche Schlüsse die Ensembleprognose für das Osterwetter am Beispiel für Offenbach erlaubt.

DWD Wissen Sie schon wie das Wetter an Ostern wird

Im oberen Teil der Abbildung ist der Verlauf der Temperatur im Druckniveau 850 hPa dargestellt (entspricht etwa einer Höhe von 1500 m über dem Meeresspiegel). Dieses Niveau wird gerne genommen, da dort die Temperatur in der Regel nicht von bodennahen Prozessen wie die tägliche Erwärmung und nächtliche Auskühlung beeinflusst wird und damit besser die Qualität einer Luftmasse beschreibt. Man erkennt zunächst einmal gut, dass die einzelnen Vorhersagen (dünne, rot-gestrichelte Linien) bis einschließlich kommenden Montag sehr stark gebündelt sind. Danach fangen die Ensemblemitglieder zwar an, auseinanderzulaufen, das Gros zeigt allerdings bis Dienstag einen deutlichen Temperaturanstieg. Bei der dicken roten Linie handelt es sich übrigens um den sogenannten Hauptlauf, also der Vorhersagelauf, der mit den unveränderten Anfangsbedingungen gerechnet wurde.

Der untere Teil der Abbildung zeigt die Niederschlagsentwicklung. Man sieht zunächst einmal für dieses Wochenende von quasi allen Ensemblemitgliedern entsprechende Signale, wenngleich die prognostizierten Mengen nur gering sind. Zu Beginn der neuen Woche sind dann kaum noch Hinweise auf Niederschlag zu finden, ehe ab Wochenmitte das „Gezappel“ wieder zunimmt. Auch bei der Temperatur in 850 hPa wird es in der zweiten Wochenhälfte deutlich wilder. Der Spread, also der Bereich, den die Ensemblemitglieder aufspannen, ist recht groß und liegt etwa zwischen -4 und +11 Grad (in 1500 m Höhe wohlgemerkt). Auch am Osterwochenende ist der Spread zwar ähnlich groß, mit 0 bis 15 Grad aber auf einem etwas höheren Niveau. Zudem hält sich die Mehrheit der Mitglieder wie auch der Hauptlauf irgendwo zwischen 5 und 12 Grad auf. Alles Vorhersagen darunter und darüber sind daher eher unwahrscheinlich.

Übersetzen wir das alles nun nochmal: Nach klassischem, nass-kalten Aprilwetter am Wochenende steigt die Temperatur ab Montag ziemlich sicher wieder an und es bleibt zunächst weitgehend trocken. Ab Mitte der Woche wird es wahrscheinlich wieder unbeständiger und auch am Wochenende kann es durchaus sein, dass die im Garten versteckten Ostereier mal nass werden (muss aber nicht!). Dazu bleibt es voraussichtlich mild, an Ostern vielleicht sogar sehr mild (Höchstwerte eventuell zwischen 15 bis 20 °C). Ein weiterer Kaltlufteinbruch oder gar Eiersuchen im Schnee ist nach heutigem Stand also nicht zu erwarten. Diese Aussagen gelten so auch mehr oder weniger für ganz Deutschland, wobei die Schauerneigung in den westlichen Landesteilen etwas höher ist als in den Östlichen.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.03.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst