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Hey JUDE!

Das Lied „Hey Jude“ aus dem Jahr 1968 ist mit rund acht Millionen verkauften Exemplaren die erfolgreichste Single der BeatlesPaul McCartney schrieb es für John Lennons Sohn Julian. Dessen Spitzname war/ist Jules, weswegen der Titel auch zunächst „Hey Jules“ lautete. Paul McCartney komponierte das Lied, während er auf dem Weg zu Julian und dessen Mutter Cynthia war. Kurz zuvor hatte sich John Lennon von ihr getrennt und Julian sah seinen Vater fortan nur noch selten. Paul McCartney war für Julian eine Art väterlicher Freund oder Onkel. Er wollte ihm mit diesem Lied Mut zusprechen. Da Paul McCartney der Bezug zu Julian zu offensichtlich erschien, änderte er den Titel des Lieds letztendlich zu „Hey Jude“ ab.

JUDE ist auch der Name eines Zyklons, der bis vor ein paar Tagen mit wechselnden Intensitätsstufen Madagaskar, Mosambik und den Süden Malawis beschäftigte. JUDE erreichte zwar nur für kurze Zeit den Status eines Zyklons, dennoch sorgten Sturm- und Orkanböen sowie kräftige Regenfälle für Zerstörungen und Überschwemmungen. Auch Todesopfer, Vermisste und Verletzte sind zu beklagen. Die Zugbahn von JUDE war hierbei sehr interessant.

An dieser Stelle folgt zunächst noch ein kleiner Exkurs über tropische Tiefdruckgebiete, bevor genauer auf JUDE eingegangen wird.

Tropische Tiefdruckgebiete entstehen meist über den warmen (sub)tropischen Ozeanen. Sie weisen einen warmen Kern sowie eine axial-symmetrische und barotrope Struktur auf (barotrop = Flächen gleicher Temperatur verlaufen parallel zu Flächen gleichen Drucks). Die barotrope Struktur erkennt man beispielsweise daran, dass sie keine Fronten besitzen, da keine oder nur geringe Temperaturunterschiede am Boden vorliegen. Charakteristisch ist das kreisförmige, nahezu wolkenlose „Auge“ im Zentrum. Um das Auge herum befindet sich eine Wolkenwand aus hochreichender Konvektion, die sogenannte „eyewall„.

Bedingungen für das Auftreten von tropischen Tiefdruckgebieten sind:

1) Gewisse Entfernung zum Äquator (geografische Breite > 5 Grad), da ein signifikanter Coriolisparameter für die Rotation nötig ist

2) Meeresoberflächentemperaturen von über 26,5 Grad bis in eine Tiefe von 50 bis 150 m

3) Geringe vertikale Windscherung

4) Hochreichend labil geschichtete Atmosphäre

5) Feuchte mittlere Troposphäre

6) Anfangsstörung

Sobald eine solche Anfangsstörung eine geschlossene Zirkulation mit Windgeschwindigkeiten (über 10 min gemittelt) von bis zu 61 Kilometern pro Stunde aufweist, wird von einem tropischen Tiefdruckgebiet bzw. einer tropischen Depression gesprochen. Das nächste Entwicklungsstadium ist ein tropischer Sturm mit im Zentrum konzentrierter Konvektion und den spiralförmig angeordneten Regenbändern. Ab Windgeschwindigkeiten von 119 Kilometern pro Stunde spricht man dann je nach Ort ihres Auftretens von Hurrikans, Taifunen oder Zyklonen. Im südindischen Ozean und damit auch im Gebiet rund um Madagaskar wird der Begriff „Zyklon“ verwendet.

Zyklon JUDE entwickelte sich im südindischen Ozean nordöstlich von Madagaskar. Die Anfangsstörung verlagerte sich unter Verstärkung allmählich west-/südwestwärts und erreichte am Freitag, 07. März als tropischer Sturm den Norden Madagaskars. Dieser zog bei weiterhin west-/südwestlicher Verlagerung über die Straße von Mosambik hinweg, verstärkte sich dabei zu einem Zyklon und erreichte in der Nacht zum Montag, 10. März die Küste Mosambiks. Die Folge waren vor allem kräftige Regenfälle, bei denen Niederschlagsmengen innerhalb von wenigen Tagen zusammenkamen, die das für März übliche Mittel teils weit übertrafen.

Nachfolgend schwächte sich JUDE zügig zu einer tropischen Depression ab und verlagerte sich mit langsamer Zuggeschwindigkeit südwestwärts bis in die Grenzregion von Mosambik und dem Süden Malawis. Als JUDE erneut südostwärts in die Straße von Mosambik zog, erfolgte abermals eine Verstärkung zu einem tropischen Sturm und kurz vor der Südwestküste Madagaskars zu einem Zyklon. Die darauffolgende Zugbahn wurde von den Modellen zeitweise unterschiedlich gesehen. Dabei gab es zwei Varianten: JUDE könnte von dort entweder weiter südostwärts auf den Indischen Ozean ziehen oder einen Kurs erneut zurück in die Straße von Mosambik einschlagen. Letztendlich „entschied“ sich JUDE für die erste Variante und zog unter Abschwächung weiter auf das offene Meer hinaus.
 

Hey JUDE teil 1 

Grafik vom 14. März 2025 des europäischen Emergency Response Coordination Centre mit den von JUDE betroffenen Regionen (Quelle: https://erccportal.jrc.ec.europa.eu/ECHO-Products/Maps#/maps/latest)  

M.Sc. (Meteorologin) Tanja Egerer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.03.2025
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

 

Sturm im Paradies?

Schon seit ein paar Tagen beobachten wir im südwestlichen Indischen Ozean ein Tiefdruckgebiet, das sich zu einem kräftigen tropischen Tief entwickelt hat und den Namen ELEANOR trägt. Aktuellen Berechnungen zufolge soll das Tief in der Nacht zum Freitag vorübergehend den Hurrikan-Status erreichen. Dann wird eine Windgeschwindigkeit von mehr als 63 Knoten oder 117 Kilometern pro Stunde erwartet. Auf der Beaufortskala entspricht das Windstärke 11 und 12 (ab 118 Kilometern pro Stunde).

Bisher hielt sich ELEANOR über dem freien Ozean auf und beeinflusste kaum bewohntes Land. Nun aber verlagert es sich nach Süden und zieht am morgigen Donnerstag zwischen den Inseln Rodrigues und Mauritius durch.

DWD Sturm im Paradies

Die Zuggeschwindigkeit beträgt aktuell 7 Knoten (etwa 13 Kilometer pro Stunde). Aus Satellitenbildern wird eine Windgeschwindigkeit von 45 Knoten (83 km/h) mit Böen um 55 Knoten (102 km/h) abgeleitet. Am Donnerstag werden in verschiedenen globalen Wettermodellen Windgeschwindigkeiten rund um das Tief von 50 bis 60 Knoten (etwa 90 bis 110 km/h) simuliert. Dabei ist die Zugbahn leicht unterschiedlich.

Nach dem aktuellen Modelllauf des deterministischen IFS (vom europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage – EZMW) soll ELEANOR etwa 130 Kilometer östlich an Mauritius vorbeiziehen. Dabei können Windböen bis zu 35 Knoten (65 km/h) im östlichen Teil der Insel auftreten. Nach dem DWD-eigenen ICON-Modell zieht das Tief gut 200 km östlich an Mauritius vorbei. Entsprechend geringer ist der Wind, der die Insel am Donnerstagmorgen und -vormittag erreichen soll. Laut Berechnungen liegen die Windböen nur bei 22 Knoten, was in etwa 40 Kilometern pro Stunde entspricht. Die Inseln Réunion (westlich von Mauritius) und Rodrigues (weit östlich von Mauritius) werden vom tropischen Tief nicht unmittelbar beeinflusst.

DWD Sturm im Paradies

Die beiden deterministischen Modelle ICON und IFS deuten aktuell keine gefährliche Sturmlage für Mauritius an. Betrachtet man die Probabilistik, so liegen die Wahrscheinlichkeiten für Böen Beaufort 9 (ab 75 km/h) beim IFS bei 50 bis 60 Prozent für die östliche Inselregion. Für Beaufort 10 erreicht die Wahrscheinlichkeit hingegen kaum noch 30 Prozent. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung des ICON fällt noch geringer aus. Eine ausgewachsene Sturmlage an Land lässt sich also auch in der Proabilistik nicht finden. Wenn man sich allerdings auf dem Meer aufhält, sollte man sich auf hohe Wellen und schweren Sturm einstellen.

DWD Sturm im Paradies 1

Neben Wind bringen tropische Tiefs auch immer recht viel Regen. Im Falle von ELEANOR ist das nicht anders. Allerdings hängt die an Land ankommende Regenmenge ebenfalls stark von der Zugbahn des Tiefs ab. Beim IFS (Modell des EZMW) zieht das Tief im heutigen Modelllauf etwas weiter westlich als gestern noch. Das ICON lässt das Tief bekanntlich weiter östlich durchziehen. Entsprechend unterschiedlich gestaltet sich die Niederschlagsberechnung. Während beim IFS bis Donnerstagabend Regenmengen zwischen 80 und 120 Liter pro Quadratmeter in 36 Stunden fallen können, simuliert das ICON im gleichen Zeitraum nur 10 bis 15 Liter pro Quadratmeter. Deutlich mehr Regen sieht das US-amerikanische GFS-Modell. Dort werden, bei ähnlicher Zugbahn wie im IFS, Regenmengen zwischen 150 und 200 Litern, im Süden der Insel sogar bis zu 250 Liter prognostiziert.

DWD Sturm im Paradies 2

Die Behörden auf Mauritius stellen sich auf einen Sturm mit kräftigen Regenfällen ein. Man geht derzeit davon aus, dass sowohl Flug- als auch Schiffsverkehr nur eingeschränkt möglich sein werden.

Dipl. Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.02.2024
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst