Temperatursprung voraus?!
Zunächst bleibt uns der herbstliche Wettercharakter erhalten. Am Dienstag kündigt sich aber ein allmählicher Wetterumschwung an. Wird es dann auch wieder etwas wärmer?
Aktuell herrscht weitgehend ruhiges Wettergeschehen in Deutschland vor. Zwar greift die Kaltfront eines Finnlandtiefs namens „Helga“ auf den Norden Deutschlands über, aber diese schwächt sich auf ihrem Weg zu den Mittelgebirgen zunehmend ab. So fällt im Norden und der Mitte zeitweise etwas Regen, unmittelbar an den Küsten frischt der Wind vorübergehend stark bis stürmisch auf. Für mehr reicht es dann aber nicht. Dennoch fühlt es sich im Freien bei grauem Himmel und Tageshöchstwerten von 9 bis 13 Grad recht frisch an. Im Süden bleibt es unter dem Einfluss von Hoch „Otmar“ dagegen niederschlagsfrei. Dort gibt es einige Wolkenlücken, in der bevorstehenden Nacht zum Montag steht dann vor allem in höheren Lagen leichter Frost, in tiefen Lagen gebietsweise Frost in Erdbodennähe auf dem Programm. Zudem bildet sich stellenweise Nebel oder Hochnebel.
Am Montag nimmt der Einfluss von „Otmar“ noch etwas zu. So fällt im Norden und der Mitte nur noch vereinzelt Regen oder Sprühregen, im Südwesten und Süden zeigt sich nach Nebelauflösung sogar häufiger die Sonne. Trotzdem wollen die Temperaturen nicht wirklich in höhere Niveaus ansteigen – noch nicht!
Denn zum Start in die neue Woche intensiviert sich ein Tiefdruckkomplex über dem nahen Nordostatlantik, der im Laufe des Montags ein kleines, aber kräftiges und bisher noch namenloses Tief von den Azoren in Richtung Großbritannien „katapultiert“. Am Dienstag folgt sogleich ein weiteres Tief, das sich dann aus der Biskaya auf den Weg in Richtung Britische Inseln bzw. Nordsee macht. Dabei stellt sich bei uns eine kräftige südwestliche Strömung ein, die sehr milde und sehr feuchte Luftmassen aus den subtropischen Regionen in Richtung Mitteleuropa führt.
Zunächst treffen die Tiefdruckgebiete aber Portugal und Spanien. Bereits in der Nacht zum Dienstag greifen schauerartige Niederschläge und Sturmböen auf die Westhälfte der Iberischen Halbinsel über. Dort kann es dann auch recht heftig zugehen: In nur zwei Tagen werden dort gebietsweise 70 bis 150 l/qm erwartet, in der Spitze können die Niederschlagsmengen auch um 300 l/qm liegen.
Wer nun aber befürchtet, dass sich auch über Deutschland unwetterartige Niederschläge ergießen, kann beruhigt sein. Zwar können sich die beiden Tiefs auf ihrem Weg nach Großbritannien und der Nordsee nochmal kräftig intensivieren und sorgen dabei an südwestexponierten Küstenabschnitten von Irland, England und Wales für hohe Wellen und Böen bis in den orkanartigen Bereich, die warnwürdigen Auswirkungen auf Deutschland sollten sich jedoch weitgehend „im Rahmen“ halten.
Aber was heißt das genau? Zum Dienstag stellt sich in Deutschland eine stramme südwestliche Strömung ein und wir spüren einen allmählichen Wetterumschwung. Zum einen frischt im Laufe des Dienstags in den Hoch- und Leelagen der Mitte und im Süden allmählich der Wind auf. Zudem erwärmt sich die Luft im Süden nach Nebelauflösung bei teils sonnigen Bedingungen auf Temperaturwerte von bis zu 20 Grad. Im Westen und Norden ziehen hingegen erneut dichte Wolken auf und es fällt Regen. Dort dauert es etwas länger, bis sich die Wärme einfindet.
Am Mittwoch breitet sich die milde Luftmasse mit Temperaturen von 15 bis 20 Grad auf weite Teile Deutschlands aus. Im Süden werden mit Föhnunterstützung bei teils sonnigem Wetter sogar bis zu 24 Grad prognostiziert. Nur in den Küstenregionen im Norden bleibt es bei Werten um 14 Grad etwas kühler. Dazu zieht zeitweise weiterer Regen über die Nordwesthälfte hinweg. Dort legt der Wind noch eine Schippe drauf und weht in Böen vorübergehend stark bis stürmisch. Aber auch an den Alpen dreht der Föhnsturm auf.
Schaut man sich dazu die Modellprognosen des deutschen Wettermodells ICON und dessen Unsicherheiten anhand eines ortsbezogenen Beispiels (in diesem Fall Offenbach am Main) an, sieht man in der Abbildung zum Thema des Tages (unter https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/10/18.html) im oberen Teil die Temperatur in etwa 1500 Metern Höhe (850 hPa) in Grad Celsius, im unteren Teil ist die Temperatur in 2 Metern Höhe in Grad Celsius dargestellt. Dabei zeigt die orange Linie den sogenannten Hauptlauf des ICON. Die in verschiedenen Blaufarben markierten Bereiche stellen 39 weitere Modellläufe des ICON dar, die mit leicht variierten Anfangsbedingungen gerechnet wurden und so die Schätzung der Unsicherheit einer Vorhersage widerspiegeln, die von der begrenzten Kenntnis über den Zustand der Atmosphäre zu Beginn einer Modellsimulation und dem Modellfehler abhängig ist.
Betrachtet man sich nun sowohl die Temperatur in 1500 als auch in 2 Metern, fällt auf, dass uns der Zustrom milder Luft voraussichtlich bis zum Wochenende erhalten bleibt, wobei ab Donnerstag die Unsicherheiten vor allem hin zu kälteren Szenarien deutlich zunehmen (der blaue Bereich wird breiter). Im extremsten Fall (untere Fläche mit hellstem Blauton) könnte die Erwärmung nur von kurzer Dauer sein und bis Donnerstag das momentane Ausgangsniveau bereits wieder erreichen. Der wahrscheinlichste Fall ist jedoch, dass die Temperaturen erst im Laufe des Freitags allmählich wieder etwas abnehmen.
MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.10.2020